OGH 8Ob17/97a

OGH8Ob17/97a27.3.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer, Dr.Rohrer, Dr.Adamovic und Dr.Spenling als weitere Richter in der Konkurssache des Gemeinschuldners Dr.Peter S*****, Rechtsanwalt, infolge der Revisionsrekurse 1. des Gemeinschuldners Dr.Peter S*****, vertreten durch Dr.Helmut R*****, Rechtsanwalt in Innsbruck und 2. des Masseverwalters in diesem Konkursverfahren Dr.Wolfgang K*****, Rechtsanwalt in Voitsberg, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 23.Oktober 1996, GZ 3 R 155/96f-56, womit infolge Rekurses der Konkursgläubigerin Volksbank G***** reg.GenmbH, der Beschluß des Landesgerichtes Leoben vom 17.Juli 1996, GZ 17 S 150/95t-45, in der Fassung der Ausfertigung dieses Beschlusses vom 18. Juli 1996, GZ 17 S 150/95t-46, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Den Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.

Der Schriftsatz des Gemeinschuldners vom 24.3.1997 wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Über das Vermögen des Gemeinschuldners wurde mit Beschluß des Erstgerichtes vom 23.März 1995 (ON 2) der Konkurs eröffnet. Vom Konkurs sind zahlreiche, allesamt durch Hypotheken (über-)belastete, Liegenschaften des Gemeinschuldners erfaßt. Nach Verhandlungen des Konkursgläubigers und Mitgliedes des Gläubigerausschusses Volksbank G***** mit dem Masseverwalter erstellte diese ein Anbot zur Übernahme verschiedener Liegenschaften aus dem gemeinschuldnerischen Vermögen, welches jedoch im Gläubigerausschuß keine Mehrheit fand.

In der Folge stellte in einer Gläubigerausschußsitzung am 17. Juli 1996 (ON 45) der Masseverwalter den Antrag sämtliche Liegenschaften des Gemeinschuldners - wegen "Überlastung" - ebenso auszuscheiden, wie dessen etwaige Rechte gegen Gläubiger, insbesondere die Volksbank G*****.

Über diesen Antrag stimmte der fünf Mitglieder umfassende - Gläubigerausschuß mit 2 : 1 Stimmen für den Antrag ab. Vom Gläubigerausschuß war das Mitglied Finanzamt B***** bei der Abstimmung nicht anwesend, das Mitglied Volksbank G***** nahm infolge Nichtzulassung zur Stimmabgabe gemäß § 89 Abs 3 letzter Satz KO wegen des genannten Übernahmeantrages an der Abstimmung nicht teil.

Nach dieser Abstimmung faßte das Erstgericht einen mündlich verkündeten Beschluß (ON 45, AS 383) dessen Spruch - soweit relevant - lautet:

Sämtliche dem Schuldner Dr.Peter S***** gehörigen Liegenschaften, insbesondere die Liegenschaften EZ 98, KG 60004 B*****, EZ 372 der selben KG, EZ 392 der selben KG, EZ 835 der selben KG, EZ 1432 der selben KG und EZ 1629 der selben KG sowie die EZ 473 KG 60303 D***** und EZ 376, KG 55001 B***** und EZ 371 der selben KG werden gemäß § 114 Abs 4 KO ausgeschieden.

Am folgenden Tag, dem 18.Juli 1996, fertigte das Erstgericht einen schriftlichen Beschluß (ON 46) aus, dessen Spruch lautet:

In der Konkurssache des Dr.Peter S*****, RA in 8600 B***** wird von einer Geltendmachung einer vom Schuldner behaupteten Forderung gegen die Volksbank B***** sowie einer Veräußerung der dem Schuldner gehörigen Liegenschaften, insbesondere EZ 98 KG 60004 B*****, EZ 372 ds KG, EZ 392 ds KG, EZ 835 ds KG, EZ 1432 ds KG, EZ 1629 ds KG, EZ 473 KG 60303 D*****, EZ 1199 KG 60362 T*****, EZ 376 KG 55001 B***** und EZ 371 ds KG gemäß § 119 Abs 5 KO abgesehen und diese Forderung sowie die genannten Liegenschaften dem Schuldner zu seiner freien Verfügung überlassen.

Die Volksbank G***** erhob gegen den Beschluß ON 46 mit am 31.7.1996 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz Rekurs. Zur Rekurslegitimation wurde darauf verwiesen, daß ein überstimmtes Gläubigerauschußmitglied gegen einen Beschluß nach § 117 KO ein Rekursrecht zustehe, was auch für einen Beschluß nach § 119 Abs 5 KO gelten müsse. Inhaltlich monierte die Rekurswerberin, daß eine mit Absonderungsrechten offensichtlich überlastete Liegenschaft freigegeben werden solle, weshalb nicht nach § 119 Abs 5 KO vorzugehen gewesen wäre. Das Kaufanbot der Rekurswerberin sei vom Masseverwalter, vorbehaltlich der Genehmigung durch den Gläubigerausschuß, angenommen worden, jedoch hätte der Gläubigerausschuß überraschend nicht dieses Anbot, welches wesentliche Vorteile für die Masse gebracht hätte, angenommen, sondern beschlossen, die Liegenschaften als wertlos dem Gemeinschuldner zu überlassen. Die Ausscheidung wäre auch deshalb nicht vorzunehmen gewesen, weil aus teilweisen Mieterträgen der gemeinschuldnerischen Liegenschaften der Masse Erträge zufließen würden.

Nach ergänzenden Erhebungen gab das Oberlandesgericht Graz als Rekursgericht dem Rekurs - ohne inhaltlich darauf einzugehen - Folge und änderte den, teilweise unangefochtenen, erstgerichtlichen Beschluß (ON 45 und 46) dahin ab, daß der Antrag des Masseverwalters vom 17.7.1996, dem Schuldner sämtliche Liegenschaften wegen Überlastung zu überlassen, abgewiesen wurde. Das Rekursgericht sprach unter Hinweis auf § 426 ZPO (§ 171 KO) aus, daß der Beschluß ON 46 eine - den Erfordernissen der §§ 144 Abs 4 (gemeint: § 114 Abs 4) und 377 Abs 1 Geo nicht entsprechende - Ausfertigung des mündlich verkündeten Beschlusses ON 45 sei, weshalb sich der Rekurs gegen den Beschluß ON 45 idF ON 46 richte. Weiters führte das Rekursgericht aus, daß sich der im Protokoll der Gläubigerausschußsitzung vom 17. Juli 1996 zu ersehende Rechtsmittelverzicht allein auf die Gebührenbestimmung des Alpenländischen Kreditorenverbandes (AKV) und des Kreditschutzverbandes 1870 (KSV) beziehe.

Die Rekurslegitimation bejahte das Rekursgericht, weil im Verwertungsverfahren auch die einzelnen Mitglieder des Gläubigerausschusses antrags- und mitwirkungsberechtigt seien. Der vom Gesetzgeber gewünschte Gläubigerschutz sei nur gewährleistet, wenn den überstimmten Mitgliedern des Gläubigerausschusses auch ein Rekursrecht eingeräumt würde, was auch für Beschlüsse gemäß § 119 Abs 5 KO zu gelten habe. Zwar sei ein Gläubigerausschußmitglied, dem gemäß § 89 Abs 3 letzter Satz KO kein Stimmrecht zukomme, nicht rekurslegitimiert (8 Ob 2116/96a) und gelte dies auch für Gläubigerausschußmitglieder, die aufgrund eigenen Entschlusses nicht an einer Abstimmung teilnehmen, im gegenständlichen Fall aber treffe dies nur im Hinblick auf einzelne Liegenschaften (EZ 98, 372, 392 und 835 der KG B*****) zu, im übrigen (betreffend die weiteren Liegenschaften) sei eine solche Beziehung nicht erkennbar, weshalb die Rekurswerberin insoweit auch keinesfalls vom Stimmrecht ausgeschlossen sei. Der vom Erstgericht undifferenziert und uneingeschränkt ausgesprochene Stimmrechtsausschluß sei daher unberechtigt. Obwohl von der Rekurswerberin die Stimmrechtsentscheidung unangefochten blieb, sei deren Rekurslegitimation gegen die Überlassung aller Liegenschaften zu bejahen, zumal das Vorliegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen eines in Betracht kommenden Rechtsmittels nach allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten von amtswegen zu prüfen sei.

Weiters führte das Rekursgericht aus, daß ein wirksamer Beschluß des Gläubigerausschusses nicht vorliege, weil ein solcher der absoluten Kopfmehrheit aller (nicht bloß der anwesenden stimmberechtigten) Mitglieder des Gläubigerausschusses bedürfe. Dies gelte selbst dann, wenn der Stimmrechtsausschluß der Rekurswerberin gerechtfertigt gewesen wäre, weil auch diesfalls die Mehrheit der vier verbleibenden Mitglieder, sohin drei Dafür-Stimmen, notwendig gewesen wären, tatsächlich hätten aber nur zwei Miglieder für die Überlassung der Liegenschaften an den Gemeinschuldner gestimmt, weshalb der Beschluß gesetzwidrig zustandegekommen sei. Gegen gesetzwidrige Beschlüsse hätte aber das Konkursgericht die Pflicht zur Aufhebung des Beschlusses und zum Verbot seiner Ausführung (Bartsch/Pollak I, Anm 6 zu § 96 [KO]), weshalb der angefochtene Beschluß abzuändern gewesen sei.

Schließlich sprach das Rekursgericht aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Frage der Rekurslegitimation eines zwar zu Unrecht, jedoch widerspruchslos, vom Stimmrecht im Gläubigerausschuß ausgeschlossenen Mitgliedes gegen einen die beschlossene Maßnahme genehmigenden Beschluß des Rekursgerichtes - soweit überblickbar - eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.

Gegen diesen Beschluß richten sich die Revisionsrekurse des Gemeinschuldners und des Masseverwalters, in denen der Gemeinschuldner Mangelhaftigkeit des Verfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtige rechtliche Beurteilung, der Masseverwalter ausschließlich unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht.

Der Gemeinschuldner beantragt dem Revisionsrekurs Folge zu geben und in der Sache selbst den Beschluß des Erstgerichtes (ON 45) wieder herzustellen, hilfsweise den angefochtenen Beschluß zu beheben und zur neuerlichen Entscheidung an die Unterinstanzen zu verweisen.

Der Masseverwalter beantragt die Abänderung des angefochtenen Beschlusses dahingehend, daß der erstinstanzliche Beschluß wiederhergestellt, hilfsweise, daß die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverwiesen werde.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekurse sind aus dem vom Rekursgericht dargelegten Grund zulässig, sie sind aber nicht berechtigt.

1. Zum Revisionsrekurs des Gemeinschuldners:

Zur Mangelhaftigkeit führt der Revisionsrekurswerber aus, daß nicht erkennbar sei, aus welchen Gründen das (Rekurs-)Gericht zur Rechtsmeinung gelange, daß es sich beim erstinstanzlichen Beschluß ON 46 um eine Ausfertigung des Beschlusses ON 45 handle. Tatsächlich handle es sich um einen antragslos ergangenen Beschluß, der schon deshalb keine Ausfertigung des mündlich verkündeten Beschlusses sein könne, weil er auf andere Rechtsgründe abstelle.

Diesen Ausführungen ist nicht beizupflichten. Das Rekursgericht hat unter Hinweis auf § 426 ZPO iVm § 171 KO angenommen, daß es sich beim Beschluß des Erstgerichtes ON 46 um die schriftliche Ausfertigung des Beschlusses ON 45 handle. Gemäß § 426 Abs 1 ZPO sind mündlich verkündete Beschlüsse den anwesenden Parteien dann schriftlich zuzustellen, wenn diesen ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluß zusteht. Gemäß Abs 2 leg cit sind solche schriftlichen Ausfertigungen auch jenen Parteien zuzustellen, die bei der mündlichen Verkündung nicht anwesend waren. Zutreffend geht daher das Rekursgericht davon aus, daß es sich beim Beschluß ON 46 um die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Beschlusses ON 45 handelt. Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens vermag der Revisionsrekurs damit nicht aufzuzeigen.

Zur Aktenwidrigkeit führt der Revisionsrekurswerber aus, daß das Rekursgericht davon ausgehe, daß (auch) der Beschluß des Erstgerichtes vom 17.Juli 1996 (ON 45) angefochten sei, gegen diesen sei jedoch keinesfalls ein Rekurs erhoben worden.

Auch insoweit ist der Revisionsrekurswerber darauf zu verweisen, daß zum einen das Rekursgericht zu Recht den Beschluß ON 46, worauf noch einzugehen ist, als Ausfertigung des mündlich verkündeten Beschlusses ON 45 gewertet hat, zum anderen, daß Aktenwidrigkeit nur dann vorliegt, wenn die Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage, das heißt einem bei der Darstellung der Beweisergebnisse unterlaufenen Irrtum, getroffen wurden (Kodek in Rechberger, ZPO Komm Rz 4 zu § 503).

Zur unrichtigen rechtlichen Beurteilung schließlich führt der Revisionsrekurswerber aus, daß der Beschluß des Erstgerichtes vom 17.7.1995 (ON 45) formell und materiell rechtskräftig sei, weil es sich um einen Beschluß gemäß § 114 KO handle, der eine Äußerung, nicht aber eine Beschlußfassung des Gläubigerausschusses voraussetze, weshalb die erfolgte Abstimmung rechtsirrtümlich erfolgt sei und diese Abstimmung selbst daher keine Rechtswirkungen entfalte. Weiters führt der Revisionsrekurswerber aus, der erstgerichtliche Beschluß vom 18.7.1996 (ON 46) sei antragslos zustandegekommen, er widerspreche dem Antrag des Masseverwalters ebenso wie dem Abstimmungsergebnis. Dieser Beschluß stelle auf § 119 KO ab und widerspreche insoweit dem § 425 Abs 2 ZPO, als das Gericht an die eigenen Beschlüsse gebunden sei, soweit sie nicht bloß prozeßleitender Natur sind. Auch sei der Beschluß vom 17.7.1996 (ON 45) ein solcher prozeßbeendender Natur. Aus diesen Gründen sei der Beschluß ON 46 aus mehrfachen Erwägungen von Nichtigkeit umfaßt. Das Rekursgericht hätte, indem es - ohne, daß dies vom Rekurswerber beantragt worden sei - die beiden Beschlüsse vom 17. und 18.7.1996 in eine Verbindung miteinander bringe, eine unrichtige Rechtsmeinung vertreten. Aber selbst, wenn man dem Rekursgericht folgen würde hätte dieses, welches Bartsch/Pollak I, Anm 4 zu § 89 KO aE zitiere, erkennen müssen, daß im Falle der Stimmengleichheit der Masseverwalter entscheide. Schließlich vermeint der Revisionsrekurswerber das Rekursgericht hätte erkennen müssen, daß seit 17.7.1996 der gegenständliche Konkurs gemäß § 166 Abs 2 KO (von Amts wegen) aufzuheben "ist".

Auch dieser Auffassung des Revisionsrekurswerbers kann nicht gefolgt werden. Schon der undifferenzierte Verweis auf § 114 KO ist in dieser Form nicht überzeugend. Richtig ist zwar, daß im Anwendungsbereich des Abs 1 leg cit, wie auch jenem des Abs 3, die Mitwirkung des Gläubigerausschusses auf ein Äußerungsrecht reduziert ist. Für den vom Erstgericht - unrichtigerweise - herangezogenen Abs 4 des § 114 KO gilt dies, wie sich unmittelbar aus dem Wortlaut ableiten läßt (arg: "bestimmen") jedoch gerade nicht (idS bereits Bartsch/Pollak I, Anm 17 zu § 119 KO). Das Erstgericht hat daher über den Antrag des Masseverwalters, dem Gemeinschuldner ua sämtliche Liegenschaften zu überlassen, zu Recht eine Abstimmung des Gläubigerausschusses veranlaßt, die auch, nämlich als Voraussetzung für eine entsprechende konkursgerichtliche Beschlußfassung, Rechtswirkungen entfaltet.

Was weiters den Einwand des Revisionsrekurswerbers anlangt, der erstgerichtliche Beschluß ON 46 sei antragslos ergangen, so ist dieser auf die Bestimmung des § 426 ZPO zu verweisen, wonach mündlich verkündete Beschlüsse grundsätzlich in schriftlicher Ausfertigung zuzustellen sind. Nachdem eine abweichende Bestimmung im vorliegenden Fall nicht Platz greift, hatte daher das Erstgericht den Beschluß vom 17.7.1996 schriftlich auszufertigen. Davon ausgehend hat aber auch das Rekursgericht zutreffend den Beschluß vom 18.7.1996 (ON 46) als Ausfertigung des mündlich verkündeten Beschlusses ON 45 aufgefaßt. Soweit der Beschluß ON 46 auch die Liegenschaft EZ 1199 KG ***** anführt, ist dies, weil die Anführung einzelner Liegenschaften bloß deklarativer Natur ist, unbeachtlich, weil aus dem Beschluß ON 45 zweifelsfrei hervorgeht, daß dem Gemeinschuldner alle (arg: "sämtliche") Liegenschaften zur freien Verfügung überlassen werden. Soweit sich der Beschluß ON 46 anstatt auf § 114 Abs 4 - richtigerweise - auf § 119 Abs 5 KO stützt, stellt er sich bloß als Berichtigung einer offenbaren Unrichtigkeit (§§ 430 iVm § 419 Abs 1 ZPO) des Beschlusses ON 45 dar. Der normative Inhalt, nämlich die Überlassung der vom Konkurs erfaßten Liegenschaften an den Gemeinschuldner geht aus dem Beschluß ON 45 zweifelsfrei hervor, woran auch die - entgegen der Bestimmung des § 114 Abs 2 Satz 1 Geo im Spruch erfolgte, im übrigen aber durch ON 46 berichtigte - unrichtige Zitierung des § 114 Abs 4 KO nichts ändert. Es kann daher auch nicht davon gesprochen werden, daß das Erstgericht durch die Ausfertigung ON 46 die Bindungsbestimmung des § 425 Abs 2 ZPO nicht beachtet hätte, weil eben aus normativer Sicht der Beschluß ON 46 dem Beschluß ON 45 völlig entspricht.

Der Revisionsrekurswerber verkennt schließlich auch die Reichweite des § 166 KO, wenn er vermeint der Konkurs "ist" aufzuheben, weil gemäß dem hier einzig relevanten Tatbestand eine Konkursaufhebung nur dann zu erfolgen hat, wenn das gemeinschuldnerische Vermögen zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens nicht hinreicht. Die Überschuldung bzw Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners ist eine Voraussetzung der Konkurseröffnung, bedeutet aber nicht, daß damit kein kostendeckendes Vermögen vorhanden ist, sodaß nicht davon gesprochen werden kann, der Beschluß vom 17.7.1996 sei konkursbeendend.

Schließlich ist dem Revisionsrekurswerber auch insoweit nicht zu folgen, als er vermeint, nach Bartsch/Pollak (I Anm 4 zu § 89 KO) komme im Falle der Stimmengleichheit dem Masseverwalter ein Dirimierungsrecht zu. Diese Anmerkung beruht auf § 89 Abs 3 KO idF vor dem IRÄG 1982 (BGBl 1982/370). Mit diesem Gesetz wurde der § 89 Abs 3 KO insoweit neu gefaßt als der entsprechende Halbsatz, der dem Masseverwalter ein solches Dirimierungsrecht einräumte (der allerdings schon ursprünglich auf einem Redaktionsversehen beruhte [vgl AB 1147 BlgNR 15. GP 23]) entfiel.

2. Zum Revisionsrekurs des Masseverwalters:

Der Revisionsrekurswerber ist der Auffassung, daß das Rekursgericht den Beschluß ON 46 zu Unrecht als schriftliche Ausfertigung des Beschlusses ON 45 deutet. Dazu ist auf die obigen gegenteiligen Ausführungen zu verweisen, wonach das Rekursgericht zu Recht davon ausgegangen ist, daß der Beschluß ON 46 die schriftliche Ausfertigung des Beschlusses ON 45 ist. Soweit der Revisionsrekurswerber releviert, daß im Beschluß ON 45 die Liegenschaft EZ 1199 KG ***** nicht enthalten und im Beschluß ON 46 die weiteren Liegenschaften ein zweitesmal ausgeschieden worden wären, so ist er darauf zu verweisen, daß die Erwähnung der Liegenschaften bloß deklarativ ist, weil aus ON 45, wie auch ON 46 unzweifelhaft hervorgeht, daß alle vom Konkurs erfaßten Liegenschaften dem Gemeinschuldner überlassen werden sollen. Damit greift auch das weitere Argument des Revisionsrekurswerbers, angefochten sei nur der Beschluß ON 46, weshalb ON 45 rechtskräftig sei, nicht. Tatsächlich handelt es sich, wie ausgeführt, um einen Beschluß, der von der Volksbank G***** auch - und zwar inhaltlich erkennbar - rechtzeitig angefochten wurde.

Der in der Tagsatzung des Erstgerichts ON 45 protokollierte Rechtsmittelverzicht bezieht sich, wie vom Rekursgericht erhoben und der Rekursentscheidung zugrundegelegt, ausschließlich auf die Gebührenbestimmung des AKV und des KSV, weshalb auf den Einwand des Revisionsrekurswerbers, wonach ein Rechtsmittelverzicht auch im Hinblick auf den Beschluß ON 45 erfolgt sei, ebensowenig einzugehen ist, wie auf die - hypothetische - Frage, ob ein Rechtsmittelverzicht aller Gläubigerausschußmitglieder sinnvoll gewesen wäre.

Soweit weiters releviert wird, daß im Falle der Ausscheidung nach § 114 Abs 4 KO der Gläubigerausschuß bloß ein Anhörungsrecht habe, ist ebenfalls auf die obigen Ausführungen zu verweisen, wonach eine Ausscheidung allein auf Grundlage des § 119 Abs 5 KO erfolgen kann. Dies, weil der Begriff der Verwertung iS des § 114 Abs 4 KO, nicht auch die Überlassung von Liegenschaften an den Gemeinschuldner erfaßt (so stellen auch Bartsch/Pollak, aaO, Anm 17 zu § 119 die - nicht zustimmungspflichtige - Verwertung der - zustimmungspflichtigen - Überlassung von Sachen an den Gemeinschuldner gegenüber).

Die Auffassung des Revisionsrekurswerbers, § 89 Abs 3 KO sei dahin auszulegen, daß lediglich die Mehrheit der Mitglieder des Gläubigerausschusses an der Abstimmung teilnehmen müsse, widerspricht dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung.

Nach § 89 Abs 3 KO bedarf ein Beschluß so vieler Stimmen, als es der Mehrheit aller Mitglieder des Gläubigerausschusses entspricht. Dabei kommt es nach der klaren Intention dieser Bestimmung allein darauf an, ob eine Mehrheit aller Mitglieder, nicht bloß der Mehrheit der Anwesenden oder Abstimmenden (vgl Bartsch/Pollak I, aaO, Anm 4 zu § 89; Bartsch/Heil, Grundriß4 Rz 278; Petschek/Reimer/Schiemer, Insolvenzrecht [1973] 207) vorliegt. Dieses Ergebnis wird durch eine historische Interpretation gestützt, weil zwar ursprünglich im Gesetzwerdungsprozeß an eine Regelung ähnlich der vom Revisionsrekurswerber angesprochenen, gedacht war, ein solcher Weg aber bewußt nicht beschritten wurde (vgl Petschek/Reimer/Schiemer, Insolvenzrecht [1973] 207 FN 67).

Ebenfalls nicht zu folgen ist der Ansicht des Revisionsrekurswerbers, der Volksbank G***** fehle die Beschwer, weil sie auch die Möglichkeit habe einen Übernahmsantrag im Exekutionsverfahren zu stellen und, weil sie auch auf die nicht abgedeckten Forderungsteile verzichtet habe.

Der Oberste Gerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung (zuletzt etwa 8 Ob 5/96 mit Hinweisen auf die Vorjudikatur) davon aus, daß nur demjenigen ein Rekursrecht zukommt, der durch eine Entscheidung nicht bloß in seinen wirtschaftlichen Interessen, sondern in einem Recht verletzt ist.

Das Rekursgericht hat die Rekurslegitimation der Volksbank G***** deshalb bejaht, weil - soweit die Beschlußfassung im Gläubigerausschuß auch die Überlassung von Liegenschaften, für welche die Volksbank G***** kein Kaufanbot gelegt hatte, betraf - diese insoweit keinesfalls vom Stimmrecht ausgeschlossen gewesen wäre, weshalb sich der Stimmrechtsausschluß als unbegründet erweise.

Dabei ist vorab und klarstellend festzuhalten, daß der Gläubigerausschuß zum einen über das Übernahmsanbot der Volksbank G***** zum anderen über den Antrag des Masseverwalters abstimmte.

Entgegen der Auffassung des Rekursgerichtes sind diese beiden Beschlußfassungen auch getrennt voreinander zu behandeln, weil der Umstand, daß die Volksbank G***** bei der Beschlußfassung über deren Übernahmsantrag ausgeschlossen ist, nicht deren Stimmrecht bei der nachfolgenden Abstimmung über den Ausscheidungsantrag des Masseverwalters berührt.

So hat der erkennende Senat jüngst ausgesprochen, daß der Ausschluß von der Stimmrechtsausübung "in eigener Sache" (§ 92 Abs 4, 89 Abs 3 letzter SatzKO) gegeben ist, wenn der Abstimmende von einer Verpflichtung befreit oder Vorteilsempfänger wird, oder er Subjekt des abzuschließenden Rechtsgeschäfts werden soll (8 Ob 2116/96a = ecolex 1997, 165 Anm J.Zehetner). Dies ist hier nicht der Fall. Das Anbot der Volksbank G***** fand im Gläubigerausschuß keine Mehrheit. Die darauf folgende Abstimmung, über den Ausscheidungsantrag des Masseverwalters betrifft hingegen keine "eigene Sache" der Volksbank G*****. Daß sie durch diese Beschlußfassung auch in ihrer wirtschaftlichen Sphäre berührt ist, ergibt sich aus deren Gläubigerstellung, vermag aber nicht deren Stimmrechtsausschluß zu begründen. Vielmehr nimmt die Konkursordnung auf den Umstand, daß bei Beschlußfassung auch Eigeninteressen mitverfolgt werden, insoweit Bedacht als neben straf- und zivilrechtlichen Folgen (vgl Petschek/Reimer/Schiemer, Österr. Insolvenzrecht 1973, 204), dem Konkursgericht ein Aufsichtsrecht im Hinblick auf die im Gläubigerausscuß gefaßten Beschlüsse auf deren Gesetz- wie auch Zweckmäßigkeit eingeräumt ist.

Die folgenden Ausführungen beziehen sich daher ausschließlich auf die Willensbildung des Gläubigerausschusses über den Ausscheidungsantrag des Masseverwalters.

Der erkennende Senat hatte sich bereits in der E 8 Ob 2, 3/92 (= EvBl 1992/152, 622) mit einer ähnlichen Problematik, nämlich der Rekurslegitimation eines überstimmten Mitgliedes des Gläubigerausschusses zu befassen. Die Rekurslegitimation wurde bejaht, weil im Verwertungsverfahren nicht bloß die Organe des Konkursverfahrens antrags- und mitwirkungsberechtigt sondern - zum Schutz der Gläubigerminderheiten (AB 1147 BlgNR 15. GP 24) - auch die einzelnen Mitglieder des Gläubigerausschusses. Zur Begründung wurde darauf verwiesen, daß in diesem Fall eine Antragstellung nach § 95 Abs 3 KO nicht in Frage komme, weil der Beschluß des Gläubigerausschusses zu seiner Wirksamkeit ohnedies der Zustimmung des Konkursgerichtes bedarf. Die Möglichkeit der Abfassung eines Minderheitsberichtes nach § 89 Abs 4 KO, der auch zu spät kommen kann, stellt demgegenüber keine taugliche Abhilfe dar. Es wäre ein Wertungswiderspruch, würde man dem einzelnen Mitglied des Gläubigerausschusses gegen die Ausführung eines Beschlusses gemäß § 95 Abs 3 KO den Rekurs einräumen, nicht aber in den schwerwiegenden Fällen des § 117 KO. Schließlich sei aus dem Gesamtkonzept des IRÄG 1982 eine Ausrichtung im Hinblick auf eine Straffung des Konkursverfahrens abzuleiten, dieser Absicht stehe jedoch der vom Gesetz ebenfalls gewünschte Schutz der Gläubigerminderheiten gegenüber. Insgesamt wurde daher im Hinblick auf die überblickbare Zahl der (überstimmten) Mitglieder des Gläubigerausschusses diesen ein Rekursrecht eingeräumt, weil damit nicht mit unabsehbaren Verfahrensverzögerungen zu rechnen ist (vgl auch ecolex 1997, 165).

Legt man nun diese Entscheidung zugrunde, so zeigt sich, daß die dort vorgenommenen Wertungen auch auf den gegenständlichen Fall übertragbar sind. Dem - wenngleich widerspruchslos - zu Unrecht ausgeschlossenen Mitglied des Gläubigerausschusses Volksbank G***** wurde das Stimmrecht entzogen, weshalb es, mehr noch, als ein bloß überstimmtes Mitglied des Gläubigerausschusses, in ihren wie auch den von ihr (mit-)vertretenen Rechten der Gläubigerminderheiten beschnitten ist. Nachdem die Zahl der zu Unrecht ausgeschlossenen Mitglieder des Gläubigerausschusses ebenso überblickbar ist (iaR wohl noch geringer sein wird), wie jene der überstimmten Mitglieder eines Gläubigerausschusses, können die durch die Einräumung eines Rekursrechts allenfalls auftretenden Verfahrensverzögerungen um den Preis eines effektiven Schutzes der Gläubigerminderheiten in Kauf genommen werden.

Damit ergibt sich aber auch, daß das Rekursgericht eine Rekurslegitimation der Volksbank G***** - im Ergebnis - zu Recht angenommen hat; weiters, daß das Rekursgericht infolge Fehlens der gesetzlichen Voraussetzung - nämlich einer Stimmenmehrheit im Gläubigerausschuß - den Beschluß des Erstgerichtes vom 17.7.1996 in der Fassung der Ausfertigung vom 18.7.1996 zu Recht - auch ohne, daß dies im Rekurs releviert worden wäre (§ 173 Abs 5 KO; idS bereits Pollak, Konkursverfahren, Anm 6 zu § 95 KO) - im Sinne der Abweisung des Antrages des Masseverwalters abgeändert hat (vgl zu § 95 Abs 3 KO zur Prüfung der Beschlüsse des Gläubigeranschlusses 8 Ob 2116/96a = ecolex 1997, 165 mit Anm J.Zehetner).

Den Revisionsrekursen war daher ein Erfolg zu versagen.

Nachträge zum Rechtsmittel sind wegen des Grundsatzes der Eimaligkeit unzulässig, weshalb die nachträgliche Eingabe vom 24.3.1997 zurückzuweisen war.

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