OGH 13Os185/96

OGH13Os185/9626.3.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. März 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel, Dr. Rouschal, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Miljevic als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Lars S***** wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Sazburg als Schöffengericht vom 23. August 1996, GZ 31 Vr 2917/94-50, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Lars S***** wurde des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 StGB schuldig erkannt, weil er von Jänner bis März 1994 in Salzburg und anderen Orten ihm von (richtig:) "Vereinen bosnischer islamischer Gemeinschaften - Salzburg und Innsbruck" zum Ankauf von Nahrungsmittelpaketen in Schweden und zu deren anschließendem Transport nach Tuzla (Bosnien) zwischen dem 27.Dezember 1993 und dem 12. Jänner 1994 übergebene Spendengelder von insgesamt 92.009,-- DM sich oder einem Dritten mit dem Vorsatz zugeeignet hat, sich oder den Dritten dadurch unrechtmäßig zu bereichern.

Rechtliche Beurteilung

Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer nominell auf die Z 4, 5, 5 a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Der Verfahrensrüge (Z 4) kann schon deshalb nicht vom Angeklagten geltend gemacht werden (§§ 282, 281 Abs 3 StPO), weil alle - mit den abgewiesenen Anträgen - zu beweisenden Umstände vom Schöffengericht ausdrücklich (US 11) unterstellt wurden (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 ENr 63 a). Im übrigen betrafen die Beweisanträge auf Abspielen eines Videofilmes, auf zeugenschaftliche Einvernahme der Nadja B***** (S 143 verso f/II) und auf Einsicht in die Buchhaltungsunterlagen bzw die Einholung eines Buchsachverständigengutachtens (S 145 verso/II) keine schuld- oder strafsatzentscheidenden Tatsachen. Geht es doch im vorliegenden Fall ausschließlich darum, daß der Beschwerdeführer über die ihm zum Zwecke des Ankaufs von Hilfspaketen anvertrauten Spendengelder widmungswidrig mit dem Vorsatz verfügt hat, sich bzw den von ihm geführten Verein "Trade for Aid" unrechtmäßig zu bereichern. Somit ist - was das Erstgericht im übrigen gleichwohl (US 6) festgehalten hat - nicht entscheidungswesentlich, ob durch sonst deliktsfreie Aktivitäten des Angeklagten der notleidenden Bevölkerung in Tuzla (andere) Hilfsgüter zugekommen sind bzw daß der Angeklagte andere Transporte widmungsgemäß durchgeführt hat. Gleiches gilt für die durch die Organisation Care International verursachten organisatorischen Schwierigkeiten Anfang 1994, die Art und Weise der Verteilung der aus der früheren Lieferung stammenden Hilfsgüter in Tuzla, das Motiv des Angeklagten für den Weitertransport dieser Waren dorthin und die "tatsächliche Höhe der in die Logistik des Transportes eingeflossenen Gelder".

Entgegen der Mängelrüge (Z 5) widerspricht die Urteilsfeststellung (US 5), wonach die vom Angeklagten bzw seinem Verein "Trade for Aid" vertraglich zugesicherten Leistungen die Bewirkung von Soforthilfe an die im Kriegsgebiet und Tuzla notleidenden nahen Verwandten bzw Bekannten oder Freunde der Spender umfaßte (zwar der Verantwortung des Angeklagten, aber) nicht den Angaben der in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen. Haben doch sowohl Ahmet K***** (S 133 verso f/II) als auch Mehmet Sa***** (S 143 verso/II) angegeben, daß Zweck der Aktion vor allem die Versorgung individuell bezeichneter Personen aus dem oben angeführten Angehörigen- und Freundeskreis der Spender war und lediglich allenfalls - nach Maßgabe der Entscheidung der zuständigen Stellen vor Ort - ein Teil der Pakete auch anderen Personen zugute kommen sollte.

Abgesehen davon ist dieser Umstand schon deshalb nicht entscheidend, weil nach den unstrittigen Feststellungen des Erstgerichtes um die verfahrensrelevanten Spendengelder überhaupt keine Lebensmittel angekauft, sondern diese für andere Zwecke verbraucht wurden.

Mit der Behauptung, bei lebensnaher Betrachtung könne jeder vernünftige Mensch davon ausgehen, daß eine Vorgangsweise wie die des Angeklagten Zustimmung finde und zweckmäßiger sei als das Belassen früherer Warenlieferungen im Depot von Metkovic, versucht die Beschwerde die Beweiswürdigung des Erstgerichtes nach Art einer (unzulässigen) Schuldberufung zu bekämpfen, ohne dabei formale Begründungsmängel aufzuzeigen.

Auch der Hinweis auf eine angebliche "Aktenwidrigkeit" der Feststellung, die "Gewinnspanne" des Angeklagten habe pro Paket 30 bis 35 % betragen, geht schon deshalb fehl, weil das Gericht damit weder den Inhalt einer Urkunde noch einer Aussage widergegeben hat (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 5, E VI). Ob letztlich die Ausgaben des Vereins "Trade for Aid" in dessen Einnahmen Deckung fanden oder nicht, ist belanglos, auch wenn der Angeklagte daraus sein folgendes Vorgehen persönlich als "Nothilfe" betrachten will. Fehlte doch dafür in erster Instanz ein entsprechend beweismäßig zu erörterndes Substrat.

Keine Unvollständigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen ist in der - entgegen dem weiteren Rechtsmittelvorbringen ausführlich und mängelfrei begründeten (US 8 bis 11) - Feststellung der Tatrichter über die fehlende Zustimmung der Zeugen K***** und Sa***** zu einer widmungsfremden Verwendung der Geldspenden zu sehen; hat doch das Erstgericht weder in der Hauptverhandlung erörterte entscheidende Tatsachen oder aufgenommene Beweise noch sonst im Beweisverfahren hervorgekommene Umstände übergangen oder ungewürdigt gelassen. Strafrechtlich relevant ist im vorliegenden Zusammenhang nicht die Art und Weise der Verteilung von Hilfspaketen überhaupt, sondern, daß die dem Angeklagten von den genannten Zeugen anvertrauten Geldspenden nur dem Ankauf und der Zustellung von Hilfspaketen bestimmten Inhaltes an bestimmte Personengruppen dienen sollten, was aber zugegebenermaßen nicht geschah.

Soweit der Nichtigkeitswerber mit dem Ziel, diese Zeugen unglaubwürdig erscheinen zu lassen, auf seine oftmaligen Telefonate mit Sa*****, das "persönliche Verbundenheitsgefühl und Vertrauen", die (angebliche) Lebensfremdheit der Angaben des K*****, wonach anläßlich einer Demonstration über den Transport nicht gesprochen wurde, und die möglichen Schwierigkeiten dieser Zeugen gegenüber den Spendern des Geldes hinweist, stellt sich sein Rechtsmittel lediglich als - die Beweiskraft einzelner Beweismittel erörternde - unzulässige Anfechtung der Beweiswürdigung eines Kollegialgerichtes dar. Ganz abgesehen, daß er weitere vorliegende zu seinem Nachteil ausschlagend gewürdigte Beweismittel (zB Schreiben an Sa*****, US 9 f) übergeht.

Die Tatsachenrüge (Z 5 a) widerholt die schon im Rahmen der Mängelrüge vorgebrachten Einwände, ohne jedoch sich aus den Akten ergebende Bedenken - und schon gar nicht solche erheblicher Art - gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen aufzeigen zu können.

Gleiches gilt für die weiteren Rechtsmittelausführungen über den Charakter, Inhalt und die Zweckbestimmung vom Angeklagten erfolgreich abgewickelten Lebensmittellieferung, wofür er auch einen Teil der vorliegenden Spenden verwendet haben will. Eine Vorgangsweise, die dem mit den vorliegend erhaltenen Geldern übernommenen Auftrag widersprach. Ging es doch bei der verfahrensrelevanten Spendenaktion um die Finanzierung einer ganz bestimmten (neuen) Lieferung für einen ganz konkreten (sogar schriftlich fixierten) Personenkreis und nicht um die allgemeine Unterstützung von Bedürftigen durch Lebensmitteltransporte.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a), schon das "achtenswerte Motiv" stelle den Bereicherungsvorsatz des Angeklagten in Frage, wozu komme, daß er die zum Transport angeschafften LKWs später (= nach der Veruntreuung der Gelder) den Geldgebern als teilweisen (Schaden-)Ersatz angeboten habe, ist nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt, weil sie die (ohnehin diese Vorgänge würdigenden) Urteilsannahmen zur subjektiven Tatseite (US 6, 11) übergeht. Die Behauptung des Beschwerdeführers er habe "ehrenwert" gehandelt, weil er andere als die ihm von den Spendern bezeichneten Personen Hilfspakete (auch von anderen Geldern angeschafft) zukommen ließ, betrifft nur allenfalls die Strafzumessung (s § 34 (1) Z 3 StGB) und damit ein Berufungsvorbringen. Zudem verkennt der Beschwerdeführer, daß mit den verfahrensgegenständlichen Geldern überhaupt keine Pakete angekauft wurden. Diese festgestellte fehlende Anschaffung von Hilfspaketen widerspricht auch dem Beschwerdevorbringen, daß dem "vereinbarten Adressatenkreis der gegenständlichen Vereinbarung tatsächlich" etwas zugekommen ist bzw vermengt prozeßordnungswidrig verfahrensrelevante Feststellungen mit völlig verfahrensfremden Sachverhalten. Die Überlegung, daß deshalb "im Zweifel" dem Angeklagten Vorsatz nicht unterstellt werden könne, entspricht abermals nicht der Prozeßordnung und dem geforderten Vergleich getroffener Feststellungen mit dem Gesetz, worauf auch die (unter Z 10) ausgeführte Rechtsrüge hinausläuft, indem sie (zumindest zum Teil) die (zur Gänze) veruntreuten Gelder um Ausgaben, die der Angeklagte sonst für die hilfsbedürftige Bevölkerung in Bosnien (aus anderen Spenden) getätigt haben will, urteilsfremd und damit unzulässig reduziert.

Der (formell weiters unter Z 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene) Einwand fehlender Feststellungen darüber, in welchem Ausmaß der Angeklagte durch die tatsächliche Anlieferung von Hilfspaketen (anderer Spendenaktionen) nach Tuzla "der gegenständlichen Vereinbarung tatsächlich nachgekommen" sei, geht schon deshalb ins Leere, weil er auf einer urteilsfremden Annahme dieser Vereinbarung beruht.

Prozeßordnungswidrig ist aus diesem Grunde auch das Vorbringen, die Feststellungen zum Bereicherungsvorsatz seien für die Annahme der subjektiven Tatseite der Veruntreuung nicht ausreichend, weil der Angeklagte "tatsächlich dem Übereinkommenszweck nachgekommen sei".

Die teils unbegründete, teils nicht gesetzmäßig ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war daher zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO), sodaß über die Berufung das Oberlandesgericht Linz zu entscheiden hat (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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