OGH 12Os22/97 (12Os23/97)

OGH12Os22/97 (12Os23/97)14.3.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 14.März 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Schindler, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Brandstätter als Schriftführerin, in der Strafsache gegen John A***** und Ikye N***** wegen des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens nach § 12 Abs 1, Abs 2 erster Fall SGG, § 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten John A***** gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 8.November 1996, GZ 10 Vr 482/96-90, sowie über die Beschwerde dieses Angeklagten gegen den zugleich gemäß § 494 a StPO gefaßten (Widerrufs-)Beschluß nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, hinsichtlich des Angeklagten John A***** sowie gemäß § 290 Abs 1 StPO auch in Ansehung des Mitangeklagten Ikye N***** im Ausspruch, daß das Suchtgiftverbrechen laut Punkt A des Urteilssatzes gewerbsmäßig begangen wurde, und in der darauf beruhenden rechtlichen Beurteilung der Tat nach § 12 Abs 2 erster Fall SGG sowie demgemäß in dem die beiden Angeklagten betreffenden Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung), überdies aber auch der den Angeklagten John A***** betreffende, mit dem Strafausspruch in untrennbarem Zusammenhang stehende (Widerrufs-)Beschluß gemäß § 494 a StPO aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

Mit seiner Berufung und Beschwerde wird der Angeklagte A***** auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen ihm auch die auf den erfolglos gebliebenen Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde entfallenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Soweit im Rechtsmittelverfahren von Bedeutung wurden John A***** und der Jugendliche Ikye N***** mit dem angefochtenen Urteil des - von John A***** teils vollendeten, teils versuchten (A/I und II), von Ikye N***** nur versuchten (A/II) Verbrechens nach § 12 Abs 1, Abs 2 erster Fall SGG und § 15 StGB, John A***** überdies des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG (C) schuldig erkannt und zu Freiheitsstrafen verurteilt. Gemäß § 494 a Abs 1 Z 4 StPO sprach das Erstgericht zugleich den Widerruf einer dem Angeklagten John A***** gewährten bedingten Strafnachsicht aus.

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs haben sie in Wien den bestehenden Vorschriften zuwider

A/ Suchtgift in einer großen Menge teils in Verkehr gesetzt, teils in Verkehr zu setzen versucht, indem

I. John A***** im Zeitraum von Dezember 1995 bis Jänner 1996 ca 10 Gramm Kokain an Yvonne Fi***** und Christian Fo***** verkaufte und

II. John A***** und Ikye N***** im einverständlichen Zusammenwirken als Beteiligte (§ 12 StGB) am 10.Juli 1996 ca 145,5 Gramm Kokain mit einer Reinsubstanz von 68 "und 13,3" Gramm einem verdeckten Ermittler zum Zweck des Ankaufes übergaben (US 7);

C/ John A***** außer den Fällen der §§ 12 und 14 a SGG im Zeitraum von Anfang 1996 bis 10.Juli 1996 wiederholt Kokain erworben und besessen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Schuldspruch allein von John A***** aus den Gründen der Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt teilweise Berechtigung zu.

Im Sinne der Subsumtionsrüge (Z 10) trifft es nämlich zu, daß das Erstgericht in den Entscheidungsgründen mit keinem Wort auf die - beiden Angeklagten angelastete - Absicht gewerbsmäßiger Begehung des Suchtgiftverbrechens (A/I und II) eingegangen und dieser Schuldspruch deshalb mit einem nichtigkeitsbegründenden Feststellungsmangel behaftet ist. Denn die bloße Bezeichnung der Tat und ihre rechtliche Qualifikation (§ 12 Abs 1 und Abs 2 erster Fall SGG) im Urteilsspruch vermag begründete - nach der Aktenlage auf Grund der Modalitäten des versuchten Drogenverkaufs (A/II) an sich indizierte - Feststellungen dieses subsumtionsentscheidenden spezifischen Schuldelementes nicht zu ersetzen (Mayerhofer StPO4 § 270 E 94 a).

Dieser Feststellungsmangel kommt auch dem Mitangeklagten Ikye N***** zustatten, der das Urteil in Rechtskraft erwachsen ließ (§ 290 Abs 1 StPO). Da er vom Obersten Gerichtshof nicht saniert werden kann, war spruchgemäß mit entsprechender Teilaufhebung vorzugehen (§ 285 e StPO).

Im zweiten Rechtsgang wird überdies zu prüfen sein, ob dem Qualifikationstatbestand des § 12 Abs 2 erster Fall SGG allenfalls eine Suchtgiftergebenheit und ein allein daraus resultierendes Tatmotiv der Angeklagten entgegensteht (§ 12 Abs 2 letzter Satz SGG).

Im übrigen ist die Nichtigkeitsbeschwerde offenbar unbegründet:

Der Umstand, daß sich der Beschwerdeführer in der Zeit vom 8.März bis 3. Juni 1996 in einem anderen Verfahren in Untersuchungshaft befunden hat, findet in der Urteilsannahme (zu C), daß er seit Jänner 1996 bis zu seiner neuerlichen Verhaftung am 10.Juli 1996 in unregelmäßigen Abständen Kokain konsumierte (US 8), zwanglos Deckung. Dieses Beweisergebnis mußte daher entgegen der Beschwerdeauffassung weder eigens erörtert werden (Z 5) noch bot es Anlaß zu gesonderten Feststellungen (Z 9 lit a).

Ob die Reinsubstanz der zu verkaufen versuchten Kokainmenge (zu Punkt A/II) im Sinne der erstgerichtlichen Annahme 81,3 Gramm oder - dem Untersuchungsbefund entsprechend (459/I) - wegen der in beiden Richtungen bestehenden Schwankungsbreite möglicherweise nur 54,7 Gramm betragen hat, betrifft keine entscheidende Tatsache, weil die von § 12 Abs 1 SGG vorausgesetzte große Menge von (hier) 15 Gramm in jedem Fall um ein Mehrfaches überschritten wird. Die dem Schöffengericht insoweit unterlaufene Ungenauigkeit (Z 5) kann demnach auf sich beruhen.

Im zuletzt erörterten Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde daher - gleichfalls schon bei einer nichtöffentlichen Beratung - sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO).

Die Berufung und die Beschwerde des Angeklagten A***** ist durch die Aufhebung des Strafausspruches und des Widerrufsbeschlusses gegenstandslos.

Die Kostenersatzpflicht dieses Angeklagten beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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