OGH 8ObA2258/96h

OGH8ObA2258/96h13.3.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer und Dr.Rohrer und die fachkundigen Laienrichter OSR Dr.Friedrich Weinke (Arbeitgeber) und Mag.Kurt Retzer (Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Ingrid H*****, vertreten durch Dr.Georg Grießer und Dr.Roland Gerlach, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei P***** AG, *****, vertreten durch Schönherr, Barfuß, Torggler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung (Streitwert S 350.000,--), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 10.April 1996, GZ 8 Ra 123/95-19, mit dem der Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 3.Juli 1995, GZ 32 Cga 250/94i-14, im Sinne der Aufhebung Folge gegeben wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Da die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es auf diese zu verweisen (§ 48 ASGG).

Dem Revisionsrekurs der beklagten Partei, die sich dadurch beschwert erachtet, daß das Berufungsgericht ihrer Berufung nur im Sinn ihres hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages, nicht aber im Sinn ihres primär gestellten Abänderungsantrages Folge gegeben hat, ist zu erwidern, daß die Rechtssache nach den getroffenen Feststellungen, von denen sich der Revisionsrekurs allerdings in etlichen Punkten entfernt, noch nicht spruchreif ist.

Die seit 1.8.1957 bei der beklagten Partei als Laborangestellte beschäftigte Klägerin begehrt mit der vorliegenden Klage - kurzgefaßt - die Feststellung, daß die beklagte Partei verpflichtet sei, ihr eine Zuschußpension zu bezahlen, wenn sie nach Erreichung des Pensionsalters aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.

Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kann sich die Klägerin - ebenso wie die Kläger in den gleichgelagerten Fällen 8 ObA 2253/96y und 8 ObA 2254/96w - nicht auf eine individuelle Pensionszusage, sondern nur auf eine betriebliche Übung stützen.

Ob ihr unter diesem Titel eine Zusatzpension zusteht, hängt - wie das Berufungsgericht im vorliegenden Fall und der Oberste Gerichtshof in den genannten Parallelfällen ausgeführt hat - davon ab, ob in den jeweiligen Pensionszuerkennungsschreiben der beklagten Partei im maßgeblichen Zeitraum auf die Freiwilligkeit und jederzeitige Widerruflichkeit hingewiesen worden ist:

Mag zwar auch erst in der Zusammenfassung der intern ergangenen Richtlinien vom 18.12.1974 ein Hinweis auf die Freiwilligkeit und jederzeitige Widerruflichkeit der Zuschußpensionen enthalten sein, so darf aber ein allfälliger in den einzelnen Pensionszuerkennungsschreiben enthaltener Hinweis bei der Konkretisierung der Betriebsübung keinesfalls außer Acht gelassen werden. Die Berechnungsweise der Pensionen ist dem Betriebsrat offenbar gerade aufgrund dieser konkreten Pensionszuerkennungsschreiben bekannt geworden. Ihm ist daher der gesamte Inhalt der einzelnen ihm zugekommen Pensionszuerkenntnisschreiben nicht verborgen geblieben; daher muß der Gesamtinhalt zur Beurteilung herangezogen werden; eine "selektive" Kenntnisnahme von Teilen des Erklärungsverhaltens der beklagten Partei bei gleichzeitiger Nichtbeachtung anderer Teile (allfälliger Hinweis auf Widerruflichkeit) scheidet aus und könnte zu keiner Betriebsübung im Sinn der Einräumung unwiderruflicher Pensionszusagen führen.

Bloße Individualzusagen gegenüber einzelnen Arbeitnehmern begründen noch keine "Betriebsübung". Da es an einer generellen Absprache zwischen Betriebsrat und der Unternehmensleitung fehlt, ist somit entscheidend, ob schon seit jeher grundsätzlich anläßlich der tatsächlichen Gewährung der einzelnen Zusatzpensionen von der beklagten Partei auf die Freiwilligkeit und Widerruflichkeit dieser Leistungen hingewiesen wurde. War dies allgemein der Fall, dann bilden diese Kriterien einen wesentlichen Inhalt der Betriebsübung. Demnach bedarf es aber eindeutiger Feststellungen, wann erstmals und mit welchem Wortlaut die einzelnen Pensionszuerkennungsschreiben ergangen sind und ob durch ihren maßgeblichen Gesamtinhalt in der Folge während einer gewissen Dauer eine Betriebsübung in der einen oder anderen Weise begründet wurde.

Da die Klägerin bereits in der zweiten Jahreshälfte 1972 die Pensionsanwartschaft erreicht hat und ein damals bereits allfällig entstandener unwiderruflicher Rechtsanspruch nicht mehr einseitig (vgl 9 ObA 2231/96w und 9 ObA 2232/96t), auch nicht durch später abweichende betriebliche Übung (nämlich Hinweis auf die Freiwilligkeit und Widerruflichkeit der Pensionszusage in den Pensionszuerkennungsschreiben) beseitigt werden konnte, kommt es daher darauf an, welchen Inhalt bis zu diesem Zeitpunkt die Pensionszuerkennungsschreiben der beklagten Partei haben und auf welche Betriebsübung hieraus geschlossen werden kann.

Eine abschließende Beurteilung der Betriebsübung als Anspruchsgrundlage ist daher noch nicht möglich; es bedarf vielmehr der Ergänzung des Verfahrens durch das Erstgericht. Dem Revisionsrekurs der beklagten Partei muß deshalb ein Erfolg versagt bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisonsrekursverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 2 ZPO.

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