OGH 14Os132/96 (14Os133/96)

OGH14Os132/96 (14Os133/96)11.3.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. März 1997 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. E.Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hofbauer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Franz M***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 21. Mai 1996, GZ 5 Vr 2016/96-93, ferner über eine Beschwerde gemäß § 494 a Abs 4 StPO des Angeklagten nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Franz M***** des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er vom 30. November 1989 bis August 1995 in zahlreichen, im Urteil detailliert angeführten Fällen mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz verschiedene Personen durch die Vorspiegelung seiner Zahlungsfähigkeit und -willigkeit, somit durch Täuschung über Tatsachen, zu Handlungen verleitet, die sie an ihrem Vermögen in einem insgesamt 500.000 S übersteigenden Betrag schädigten, wobei er in der Absicht handelte, sich durch die wiederkehrende Begehung von zum Teil schweren Betrugshandlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen den Schuldspruch richtet sich die auf die Z 3, 5, 5 a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der auch den Strafausspruch mit Berufung und einen gleichzeitig ergangenen Widerrufsbeschluß mit Beschwerde anficht.

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Unter dem Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 3 StPO behauptet der Beschwerdeführer eine Verletzung der Bestimmungen des § 252 Abs 1 und Abs 3 StPO, die er darin erblickt, daß die - im übrigen einvernehmliche (§ 252 Abs 1 Z 4 StPO) - Verlesung der Zeugenprotokolle in der Hauptverhandlung nicht wortwörtlich, sondern teilweise nur durch einen Inhaltsbericht des Vorsitzenden erfolgt und dem Angeklagten entgegen § 252 Abs 3 StPO nicht die Möglichkeit der Stellungnahme nach jeder Vorlesung geboten worden sei.

Dabei wird zunächst übersehen, daß ein Verstoß gegen § 252 Abs 3 StPO nicht mit Nichtigkeit bedroht ist. Ein solcher könnte lediglich als Verfahrensmangel iSd Z 4 des § 281 Abs 1 StPO unter den hiefür erforderlichen formellen Voraussetzungen einer entsprechenden Antragstellung releviert werden.

Im übrigen aber verkennt der Beschwerdeführer, daß § 252 Abs 1 StPO Ausnahmen vom grundsätzlichen Verbot der Verlesung der dort angeführten Protokolle statuiert, und demgemäß nur eine darnach unstatthafte, nicht aber eine zulässige, wenn auch unvollständige Verlesung der Nichtigkeitssanktion unterliegt.

Der Einwand, den Feststellungen lägen Beweisergebnisse zugrunde, die aufgrund einer nur auszugsweisen Verlesung nicht in die Hauptverhandlung eingebracht worden seien - womit der Sache nach der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5 StPO geltend gemacht wird - findet zudem in der Aktenlage keine Deckung. Der Beschwerdeführer muß sich nämlich entgegenhalten lassen, daß dem Hauptverhandlungsprotokoll, dessen Richtigkeit nicht in Zweifel gezogen wurde, nicht zu entnehmen ist, daß die Verlesung der in Rede stehenden Vernehmungsprotokolle nicht gesetzeskonform vorgenommen worden sei.

Zu der vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang vermißten Erörterung von nicht näher substantiierten Widersprüchen zu der im Vorverfahren deponierten Beschuldigtenverantwortung bestand schon deshalb kein Anlaß, weil der Angeklagte demgegenüber in der Hauptverhandlung vom 21. Mai 1996, wie schon weitgehend vor dem Untersuchungsrichter (187/I), sich unter Distanzierung von entgegenstehenden früheren Einlassungen - mit Ausnahme zum Vorwurf der Gewerbsmäßigkeit - vollinhaltlich schuldig bekannte (391 ff/IV). Soweit das hiezu erstattete Beschwerdevorbringen daher auf die Beweislage einzelner Fakten eingeht, vermag es auch unter dem Aspekt eines Begründungsmangels (Z 5) keine Unvollständigkeit aufzuzeigen, sondern erschöpft sich in einer unzulässigen Bekämpfung der erstinstanzlichen Beweiswürdigung.

Die ausdrücklich auf Z 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Beschwerdeausführungen entbehren, soweit sie behaupten, die Urteilsfeststellungen stünden im Widerspruch zu den Aussagen der Zeugen, jeglicher Konkretisierung und sind damit einer sachlichen Erwiderung nicht zugänglich. Davon abgesehen stehen die entscheidungswesentlichen Feststellungen durchaus im Einklang mit den Angaben der Zeugen, deren Richtigkeit vom Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung vom 21. Mai 1996 auch nicht in Abrede gestellt worden war. Welche Aussagen vom Gericht, das sich im Hinblick darauf und auf die geständige Verantwortung des Angeklagten mit den Verfahrensergebnissen nicht im einzelnen auseinandersetzen mußte, mit Stillschweigen übergangen und welche widerstreitenden Beweise nicht erörtert wurden, vermochte der Beschwerdeführer nicht darzulegen.

Die auf dem auch die innere Tatseite umfassenden Schuldeinbekenntnis des Angeklagten (391 ff/IV) beruhenden Urteilsannahmen zur subjektiven Tatseite (US 32 f) sind damit entgegen der Beschwerdeansicht mängelfrei begründet. Eben dieses mit den übrigen Beweisergebnissen übereinstimmende Geständnis entband die Tatrichter von der Verpflichtung, die davon abweichenden Passagen der Verantwortung des Angeklagten im Vorverfahren, die er in der Hauptverhandlung vom 21. Mai 1996 fallengelassen hatte, einer detaillierten Betrachtung zu unterziehen. Dies gilt für den Versuch, die Annahme der Irreführung von Geschäftspartnern durch den Hinweis auf ein erwartetes Wohnbauförderungsdarlehen von 600.000 S zu bekämpfen ebenso wie für das Vorbringen, der Beschwerdeführer habe damit gerechnet, daß seine Auftraggeber bzw Dienstgeber die Forderungen aus den Fakten 1, 3 und 4 begleichen werden, oder die Behauptung, seine Schwiegermutter habe die Schuld aus dem Faktum 2 bezahlt.

Soweit der Beschwerdeführer die Irreführung der von ihm in Anspruch genommenen Rechtsanwälte über seine finanzielle Lage bestreitet, erschöpft sich die Beschwerde in einer unzulässigen Bekämpfung der Beweiswürdigung der Tatrichter.

Dem gegen die Feststellung der Schadenshöhe erhobenen Einwand der Undeutlichkeit der Begründung ist entgegenzuhalten, daß sich die Überschreitung der Qualifikationshöhe von 500.000 S aus der Zusammenrechnung der einzelnen Schadensbeträge eindeutig ergibt. Inwieweit die Aussprüche hierüber widersprüchlich bzw nicht nachvollziehbar seien, vermochte der Beschwerdeführer nicht darzulegen, weshalb die Beschwerde auch in diesem Punkte nicht gesetzmäßig ausgeführt ist.

Mit der Tatsachenrüge (Z 5 a) vermag der Beschwerdeführer keine erheblichen, sich aus den Akten ergebenden Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen aufzuzeigen.

Der Vorwurf, das Gericht habe zur subjektiven Tatseite durch Unterlassung der amtswegigen Wahrheitsforschung zugängliche Beweismittel "nicht oder in erheblichen Punkten derart unvollständig ausgeschöpft, daß dadurch die Überzeugungskraft der Grundlagen für den Schuldspruch wesentlich berührt" wurde, geht schon deshalb fehl, weil sich das Schöffengericht auf das in der Hauptverhandlung vom 21. Mai 1996 abgelegte, umfassende und mit den übrigen Beweisergebnissen im Einklang stehende Geständnis des Beschwerdeführers (391 f/IV) stützen konnte (US 33). Der Versuch, dieses Schuldeinbekenntnis zur subjektiven Tatseite teils durch aktenfremdes, teils durch Bezugnahme auf seine Verantwortung vom 15. Dezember 1995 - die er nur im Umfang seines Geständnisses aufrecht erhielt (393/IV) - in Zweifel zu ziehen, läßt die vor dem Untersuchungsrichter (187 ff/I) deponierte Verantwortung des Angeklagten sowie seine Angaben vor der Polizei außer Acht, auf welche er sich ausdrücklich berufen hat (393/IV). Dies gilt insbesondere für das Vorbringen, auf die Möglichkeit der Bezahlung der jeweils eingegangenen Schulden aufgrund eines erwarteten Landesförderungsdarlehens vertraut zu haben, zumal er sich von seinen Vertragspartnern zumindest zum Teil Leistungen erbringen ließ, die von der Förderung keinesfalls umfaßt waren (vgl die Fakten 19, 27, 33, 36, 37). Dazu übersieht der Beschwerdeführer auch, daß das Erstgericht - in Übereinstimmung mit dem Geständnis des Angeklagten (391/IV) - die Feststellung getroffen hat, daß dem Angeklagten bewußt war, er werde das Wohnbauförderungsdarlehen nur dann erhalten, wenn sein Eigentumsrecht an der Liegenschaft im Grundbuch einverleibt ist, was jedoch angesichts seiner angespannten finanziellen Situation nicht möglich war (US 23). Denn nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens war der Angeklagte nicht in der Lage, den Kaufpreis für das Haus in voller Höhe aufzubringen, sodaß er das Wohnbauförderungsdarlehen zum Teil zur Finanzierung des Kaufes zu verwenden trachtete, wobei der Anspruch auf den Bezug des Darlehens sogar an eine (weitere) Bank abgetreten war (s Zeuge Dr. Z*****, 393/IV ff). Bedenken gegen die Feststellung seines Schädigungsvorsatzes in den 40 (!) Betrugsfakten vermag der Beschwerdeführer mit dem Hinweis auf das (unter der Bedingung des Erwerbs des bücherlichen Eigentums an der Liegenschaft) zugesagte Wohnbauförderungsdarlehen somit nicht zu erwecken.

Im Hinblick darauf kann auch der Rechtsrüge (Z 9 lit a), mit der der Beschwerdeführer das Fehlen von Feststellungen zum Schädigungsvorsatz reklamiert, kein Erfolg beschieden sein, übergeht er doch die hiezu ausdrücklich getroffenen Konstatierungen (US 32). Desgleichen orientiert sich der Beschwerdeeinwand der Aktenwidrigkeit der Feststellungen zum Täuschungsverhalten nicht am Urteilssachverhalt, von dem sich der Angeklagte auch bei Bekämpfung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite (abermals) entfernt. Die Rechtsrüge verfehlt solcherart eine gesetzmäßige Ausführung zur Gänze.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet (§ 285 d Abs 1 Z 2 StPO), teils als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt (§ 285 d Abs 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO) bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen, woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Graz zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde folgt (§ 285 i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390 a StPO begründet.

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