OGH 10ObS62/97h

OGH10ObS62/97h6.3.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer und Dr.Ehmayr sowie die fachkundigen Laienrichter Mag.Dr.Jörg Krainhöfner (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Helmut Prenner (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialechtssache der klagenden Partei Christine T*****, vertreten durch Dr.Arnulf Summer und Dr.Nikolaus Schertler, Rechtsanwälte in Bregenz, wider die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Adalbert-Stifter-Straße 65, 1200 Wien, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Versehrtenrente, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 5.November 1996, GZ 25 Rs 103/96z-41, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht vom 6.Mai 1996, GZ 35 Cgs 215/94y-35, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die Frage, wie weit die Erwerbsfähigkeit aus medizinischer Sicht gemindert ist, gehört dem Tatsachenbereich an (SSV-NF 3/128, 6/15 mwH uva). Die Aussagen der medizinischen Sachverständigen über bestehende Funktionseinschränkungen und Behinderungen bilden die Begründung für die gutächtliche Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit durch die Folgen eines Unfalles oder einer Berufskrankheit gemindert ist; sie sollen diese Beurteilung für das Gericht nachvollziehbar machen, um ihm eine entsprechende Würdigung des Sachverständigengutachtens zu ermöglichen. Einer vollständigen urteilsmäßigen Feststellung aller vorhandenen Unfallfolgen bedarf es daher nicht; maßgeblich ist nur die Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit aus medizinischer Sicht. Die Unterlassung der Feststellung aller bei der Klägerin bestehenden Behinderungen bildet daher keinen Verfahrensmangel. Die Feststellung, daß bei der Klägerin aus medizinischer Sicht eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 45 vH besteht, ist aber im Revisionsverfahren nicht mehr überprüfbar.

Die sogenannte medizinische Minderung der Erwerbsfähigkeit bildet im allgemeinen auch die Grundlage für deren rechtliche Einschätzung, wenn Abweichungen hievon nicht unter besonderen Umständen geboten sind. Der Umstand, daß die Klägerin von bestimmten auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehenden Tätigkeiten ausgeschlossen ist, ist bei der Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit aus medizinischer Sicht bereits berücksichtigt. Ein Abweichen von der medizinischen Minderung der Erwerbsfähigkeit kommt nur bei Vorliegen eines Härtefalles in Frage. Ein solcher liegt nur dann vor, wenn den Versicherten infolge der Aufgabe oder erheblichen Einschränkungen der bisherigen Tätigkeit beträchtliche Nachteile in finanziell-wirtschaftlicher Hinsicht treffen und eine Umstellung auf andere Tätigkeiten unmöglich ist oder ganz erheblich schwerfällt, wobei im Interesse der Vermeidung einer zu starken Annährerung an eine konkrete Schadensberechnung ein strenger Maßstab anzulegen ist (SSV-NF 6/45). Allein der Umstand, daß eine unfallbedingte Einschränkung den Versicherten bei Ausübung seines konkreten Berufes in größerem Außmaß behindert, rechtfertigt nicht die Annahme einer über der medizinische Einschätzung liegenden Minderung der Erwerbsfähigkeit (SSV-NF 6/130). Die Klägerin hat als Kellnerin nicht einen so spezialisierten Beruf ausgeübt, daß der Umstand, daß sie diesem Beruf nicht mehr nachgehen kann, als Härtefall qualifiziert werden könnte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe, die einen Kostenzuspruch aus Billigkeit rechtfertigen könnten, wurden weder geltend gemacht, noch ergeben sich Anhaltspunkte für solche Gründe aus der Aktenlage.

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