OGH 10ObS53/97k

OGH10ObS53/97k6.3.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer und Dr.Ehmayr sowie die fachkundigen Laienrichter Mag.Dr.Jörg Krainhöfner (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Helmut Prenner (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Franz H*****, Vertragsbediensteter, ***** vertreten durch Dr.Wolfgang Berger und Dr.Josef W. Aichlreiter, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Adalbert-Stifter-Straße 65, 1200 Wien, Im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Versehrtenrente, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19.November 1996, GZ 11 Rs 204/96s-26, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 6.Mai 1996, GZ 17 Cgs 170/94i-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die Unterlassung der Ergänzung des lungenfachärztlichen Gutachtens sowie der Veranlassung der Erstellung diverser Hilfsbefunde (Röntgenaufnahmen, tomographische Untersuchung) und der Parteienvernehmung des Klägers waren bereits Gegenstand der Mängelrüge der Berufung. Das Berufungsgericht hat sich mit diesen Ausführungen auseinandergesetzt und ist zum Ergebnis gelangt, daß ein Verfahrensmangel nicht vorliege. Es enstpricht der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senates, daß auch in Sozialrechtssachen angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen vom Berufungsgericht verneint wurde, im Revisionsverfahren nicht neuerlich mit Erfolg geltend gemacht werden können (SSV-NF 7/74 mwH uva). Mit ausführlicher Begründung wurde in kritischer Auseinandersetzung mit gegenteiligen Stellungnahmen im Schrifttum die Ausdehung der von der Rechtsprechung für bestimmte familienrechtliche Verfahren entwickelten Ausnahmen von diesem Grundsatz auf Sozialrechtssachen abgelehnt. Der Grund für diese Ausnahmen liegt vor allem darin, daß in diesen (familienrechtlichen) Verfahren die Erforschung der materiellen Wahrheit absoluten Vorrang genießt; dieser Grundsatz gilt jedoch in Sozialrechtssachen nicht (SSV-NF 2/115). Dem Obersten Gerichtshof ist daher das Eingehen auf die Ausführungen der Mängelrüge der Revision verwehrt.

Da die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es, auf diese Ausführungen zu verweisen (§ 48 ASGG).

Gegenstand der Rechtsrüge ist ausschließlich die Frage der Zulässigkeit der Neufeststellung der Versehrtenrente im Hinblick auf den am 10.7.1992 im Verfahren zu 17 Cgs 168/90 des Erstgerichtes geschlossenen Vergleich, mit dem sich die beklagte Partei verpflichtete, dem Kläger ab 5.2.1990 eine Versehrtenrente im Ausmaß von 40 vH der Vollrente als Dauerrente zu gewähren. Der Kläger vertritt den Standpunkt, daß durch diesen Vergleich die Frage des Rentenanspruches des Klägers verbindlich für die Zukunft gestaltet worden sei; es bestehe keine Eingriffsmöglichkeit der beklagten Partei in das durch den Vergleich abschließend geregelte Rechtsverhältnis. Dem kann nicht beigetreten werden.

Gemäß § 183 Abs 1 ASVG ist die Rente bei einer (dort näher definierten) wesentlichen Änderung der Verhältnisse, die für die Feststellung einer Rente maßgebend waren, neu festzustellen.

Dem im Vorverfahren geschlosssenen Vergleich lagen die dort erhobenen ärztlichen Gutachten zugrunde, nach denen beim Kläger aus medizinischer Sicht eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 vH bestand. Im Hinblick auf diese Lage des Beweisverfahren wurde der Vergleich nur in Vorwegnahme einer entsprechenden urteilsmäßigen Entscheidung geschlossen; die beklagte Partei verpflichtete sich im Vergleichsweg zu einer Leistung, mit deren urteilsmäßiger Auferlegung nach dem Stand des Verfahrens zu rechnen war. Dafür, daß die beklagte Partei darüberhinaus weitere Verpflichtungen eingehen wollte, insbesondere, daß sie mit dem Vergleichsabschluß auf ihr, ihr in § 183 Abs 1 ASVG eingeräumtes Recht zur Neufeststellung der Rente, verzichtet hätte, bestehen keine Anhaltspunkte. Ebenso wie aber die Rechtskraft von Bescheiden oder gerichtlichen Urteilen einer Neufeststellung der Rente gemäß § 183 Abs 1 ASVG nicht im Wege stehen, zumal die Neufeststellung einer Rente begrifflich eine rechtskräftige Vorentscheidung zur Voraussetzung hat, hindert auch die materiellrechtliche Bindungswirkung eines gerichtlichen Vergleiches die Neufeststellung einer Rente nach der zitierten Gesetzesstelle nicht. Da der Gesetzgeber die Möglichkeit einer Neufeststellung in § 183 Abs 1 ASVG ausdrücklich normiert hat, bedarf es eines entsprechenden Vorbehaltes bei Abschluß des Vergleiches nicht.

Der Kläger wendet dagegen ein, daß es die beklagte Partei bei dieser Sicht in der Hand hätte, an einem Tag einem Vergleich abzuschließen, diesen aber, wenn sie ihn als nachteilig empfindet, am nächsten Tag durch eine Neufeststellung der Rente außer Kraft zu setzen. Abgesehen davon, daß in diesem Fall die Feststellung der Rente durch den Vergleich erfolgt, so daß die einjährige Sperrfrist des § 183 Abs 2 ASVG vom Tag des Vergleichsabschlusses zu rechnen ist, läßt der Kläger dabei außer Acht, daß die Neufeststellung einer Rente eine wesentliche, seit Vergleichsabschluß eingetretene Änderung der Verhältnisse zur Voraussetzung hat. Eine solche wesentliche Änderung der Verhältnisse ist aber beim Kläger nach den Feststellungen seit dem Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses eingetreten.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe, die einen Kostenzuspruch aus Billigkeit rechtfertigen könnten, wurden weder geltend gemacht, noch ergeben sich Anhaltspunkte für solche Gründe aus der Aktenlage.

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