Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Albert S***** wurde (gemeinsam mit einem rechtskräftig verurteilten Mitangeklagten) des (versuchten) Verbrechens nach § 15 Abs 1 StGB, § 12 Abs 1 und 2 erster Fall SGG (I.) sowie der Vergehen nach § 16 Abs 1 SGG (II.) und nach § 36 Abs 1 Z 2 WaffG (III.) schuldig erkannt.
Ihm liegt zur Last (gemeinsam mit dem Mitangeklagten) versucht zu haben, 281,4 Gramm Amphetamin (Reinheitsgehalt mindestens 37 Gramm, höchstens 43,6 Gramm) in Verkehr zu setzen (I.). Darüber hinaus wird ihm angelastet, außer den Fällen der §§ 12 und 14 a SGG Cannabisprodukte, Amphetamin und Kokain besessen und teilweise auch an den Mitangeklagten überlassen (II.) sowie (im April 1996) ein Springmesser besessen zu haben (III.).
Rechtliche Beurteilung
Die sich gegen die Schuldsprüche nach dem Suchtgiftgesetz wendende, auf § 281 Abs 1 Z 4 und 5 a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.
Die Verfahrensrüge (Z 4) bemängelt zunächst die Abweisung des Antrages auf Ladung und Vernehmung "der Vertrauensperson" (S 19/II; gemeint offenbar jene, die dem verdeckten Ermittler mitteilte, daß der Angeklagte Kokain zum Verkauf anbiete, S 519/I). Dieser Antrag war in der Hauptverhandlung vom 13.September 1996 gestellt (S 563/I) und in jener vom 22.Oktober 1996 ebenso ohne Angabe eines Beweisthemas und weiteren Vorbringens wiederholt worden (S 17/II). Erst die Nichtigkeitsbeschwerde führt dazu aus, die Aussage dieses Zeugen hätte ergeben, daß die Durchführung des Suchtgiftgeschäftes (zu I.) ausschließlich auf übermäßiges Drängen dieses "agent provocateur" zurückzuführen gewesen wäre, was sich bei der Beurteilung des über den Beschwerdeführer verhängten Strafmaßes wesentlich ausgewirkt hätte (S 86/II).
Das Erstgericht hat die Durchführung dieses Beweises in mehrfacher Hinsicht zu Recht abgelehnt. Vor allem mangelt es dem Antrag bereits an der essentiellen Voraussetzung der Anführung jener Umstände, die durch das beantragte Beweismittel erwiesen werden sollen (Mayerhofer, StPO4, § 281 Z 4 E 16, 18, 19 ua). In der Nichtigkeitsbeschwerde kann dies nicht mehr nachgeholt werden, weil das Schöffengericht lediglich in der Lage ist, über den Antrag auf Grund der Sachlage zur Zeit seiner Beschlußfassung, also soweit sein Kenntnisstand reicht, zu entscheiden. Im übrigen zeigt das Beschwerdevorbringen, daß sich der Antrag auf keinen für die Schuldfrage entscheidungswesentlichen Umstand, sondern nur auf die Strafbemessung bezieht.
Des weiteren releviert die Verfahrensrüge (damit inhaltlich auch den Nichtigkeitsgrund nach Z 3 heranziehend) eine Verletzung von Verteidigungsrechten des Angeklagten durch das Vorgehen des Erstgerichtes bei der Vernehmung des verdeckten Ermittlers, eines dem Bundesministerium für Inneres zugeteilten Polizeibeamten, als Zeugen.
Das Schöffengericht beobachtete dabei die Vorschriften der §§ 166 a, 229 und 250 StPO (S 7/II ff). Zunächst wurde die Identität dieses Zeugen durch einen anderen, namentlich bekannten festgestellt und in weiterer Folge dessen Vernehmung unter Wahrung seiner Anonymität gemäß § 166 a StPO durchgeführt, welche Anwendung angezeigt war, weil im Verfahren bereits erfolgte Einschüchterungsversuche im Zusammenhang mit Suchtgiftgeschäften gegenüber anderen Personen hervorgekommen waren (US 20; vgl RV 35 ff zu StPÄG 1993, mitgeteilt bei Pleischl/Soyer, StPO, S 119).
Die Beschwerdebehauptungen, es hätten sich anläßlich der Zeugenvernehmung des verdeckten Ermittlers ernsthafte Zweifel an dessen Identität sowie seiner Kenntnis des Suchtgiftmilieus ergeben, sind verfahrensfremd. Ebensowenig kann die Beschwerde auch nur andeutungsweise Umstände für eine Behinderung des Fragerechtes des Verteidigers anführen. Hätten sich aufklärungsbedürftige Tatsachen nach Kenntnisnahme der Aussage des Zeugen durch den Angeklagten (S 15/II) ergeben, wäre es Aufgabe des Verteidigers gewesen, eine ergänzende Vernehmung des Zeugen zu beantragen. Nach der Sachlage ergab sich für das Gericht kein Grund für eine Ergänzung der Zeugenvernehmung von Amts wegen.
Daß letztlich das Schöffengericht auch bei der Anwendung des § 250 StPO dem Gesetz gemäß vorgegangen ist, wurde schon dargetan (neuerlich S 15/II).
Die Tatsachenrüge verfehlt ebenso ihr Ziel. Urteilsnichtigkeit (Z 5 a) wird nur dann bewirkt, wenn ein Vergleich aktenkundiger Umstände mit den korrespondierenden Urteilsfeststellungen erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit entscheidender Urteilsannahmen ergibt. Keinesfalls können damit die freien Erwägungen des Tatgerichtes zum Beweiswert der von ihm der Tatsachenfeststellung zugrunde gelegten Beweismittel angefochten werden.
In Wahrheit unternimmt die Rüge aber eben dieses, indem sie mit aus dem Zusammenhang gelösten Urteilspassagen und Teilen der Aussage des Mitangeklagten in der Hauptverhandlung die vom Erstgericht festgestellte Rolle des Beschwerdeführers bei der Durchführung des versuchten Suchtgiftgeschäftes in Zweifel zu ziehen sucht. Das Erstgericht hat dazu die Angaben des Mitangeklagten anläßlich der Vernehmung unmittelbar nach seiner Verhaftung sowie vor dem Journalrichter herangezogen und dazu eine den Denkgesetzen nicht widersprechende Begründung gegeben (US 13 ff). Aus seinen eingehenden Überlegungen zu den Ursachen der Änderung der Verantwortung des Mitangeklagten im Zuge des Verfahrens (insbesondere US 19 ff) können auch im Vergleich mit den zu II. angestellten Erwägungen (US 12) keine erheblichen Bedenken gegen die den relevanten Sachverhalt tragenden Feststellungen abgeleitet werden.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher nach § 285 d Abs 1 Z 2 StPO als offenbar unbegründet, keineswegs jedoch als "so schlecht" oder "unbeachtlich" wie die Äußerung des Verteidigers gemäß § 35 (2) StPO zur kursorischen Stellungnahme der Generalprokuratur zur Nichtigkeitsbeschwerde meint, bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde folgt (§ 285 i StPO).
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