Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie insgesamt wie folgt zu lauten haben:
"Zur Sicherung des inhaltsgleichen Anspruches der Klägerin wider die Beklagten auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen wird den Beklagten ab sofort verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in von ihnen verlegten periodischen Druckwerken, insbesondere in der 'N***** Zeitung', Werbeeinschaltungen Dritter zu veröffentlichen, in denen ein Preisnachlaß beim Kauf einer Ware oder Inanspruchnahme einer Dienstleistung verbrieft ist (Gutscheine zum Ausschneiden), sofern die Werbeeinschaltung geeignet ist, Verbraucher ohne jede sachliche Prüfung, allein wegen der Möglichkeit, die Gutscheine zu erwerben, zum Kauf von Ausgaben von von den Beklagten verlegten Druckwerken zu verleiten.
Das Mehrbegehren, den Beklagten zu verbieten, unentgeltliche Zugaben anzukündigen und/oder zu gewähren, insbesondere Gutscheine zum Ausschneiden, wenn der in den Gutscheinen verbriefte Wert gewiß ist, und der mit den Gutscheinen verbriefte Wert den Kaufpreis der Zeitschrift nicht nur geringfügig übersteigt, wird abgewiesen.
Die Klägerin ist schuldig, den Beklagten die mit S 7.272,54 bestimmten anteiligen Äußerungskosten (darin S 1.212,09 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen."
Die Klägerin hat die halben Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen; die halben Kosten hat sie endgültig selbst zu tragen.
Die Klägerin ist schuldig, den Beklagten die mit S 20.007,80 bestimmten anteiligen Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 3.334,64 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Klägerin ist Eigentümerin und Verlegerin der Zeitschrift "t*****". Die Erstbeklagte ist Verlegerin der Tageszeitungen "N***** Zeitung" und "K*****"; die Zweitbeklagte ist persönlich haftende Gesellschafterin der Erstbeklagten.
In der Ausgabe der "N***** Zeitung" vom 20.12.1995 erschien auf Seite 3 folgende Einschaltung:
Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in von ihnen verlegten periodischen Druckwerken, insbesondere in der "N***** Zeitung", unentgeltliche Zugaben anzukündigen und/oder zu gewähren, insbesondere Gutscheine zum Ausschneiden, wenn der in den Gutscheinen verbriefte Wert gewiß ist, und der mit den Gutscheinen verbriefte Wert den Kaufpreis der Zeitschrift nicht nur geringfügig übersteigt; und/oder Werbeeinschaltungen Dritter zu veröffentlichen, in denen ein Preisnachlaß beim Kauf einer Ware oder Inanspruchnahme einer Dienstleistung verbrieft ist (Gutscheine zum Ausschneiden), sofern die Werbeeinschaltung geeignet ist, Verbraucher ohne jede sachliche Prüfung, allein wegen der Möglichkeit, die Gutscheine zu erwerben, zum Kauf von Ausgaben von von den Beklagten verlegten Druckwerken zu verleiten, in eventu, Werbeeinschaltungen Dritter mit zum Ausschneiden bestimmten Gutscheinen, die einen Preisnachlaß von mehr als dem 3-fachen des Kaufpreises der Zeitung beim Kauf von Waren verbriefen, in der "N***** Zeitung" zu schalten.
Mit dem B*****-Inserat kündigten die Beklagten Zugaben an und gewährten sie auch. Sie hätten es unterlassen, dafür Sorge zu tragen, daß Gutscheine auch unabhängig vom Bezug einer Ausgabe erhalten werden konnten. Die Gutscheine bewirkten einen unzulässigen Anlockeffekt für den Erwerb weiterer Ausgaben.
Die Beklagten beantragen, den Sicherungsantrag abzuweisen.
Die B*****-Bons seien weder außerhalb der Zeitung noch auf dem Titelblatt angekündigt worden. Im Inserat werde darauf hingewiesen, daß weitere Bons telefonisch angefordert werden können. Das sei eine dem Kauf eines weiteren Zeitungsexemplares zumindest gleichwertige Alternative. Die Beklagten hätten annehmen können, daß durch diesen Hinweis jeder unzulässige Kaufanreiz für die Zeitung ausgeschaltet werde. Das Begehren sei verfehlt; der behauptete Verstoß gegen das Zugabenverbot werde schon durch den ersten Teil des Sicherungsantrages (Punkt 1.1 des Urteilsbegehrens) erfaßt. Allerdings werde durch die bloße Ankündigung von Zugaben in Zeitschriften noch kein unzulässiger Kaufanreiz für das Druckwerk ausgeübt.
Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung.
Durch die abgedruckten Gutscheine werde der Absatz der Zeitung gefördert. Da mit "Schnell! Solange der Vorrat reicht!" geworben werde, werde der Konsument weitere Exemplare der Zeitung kaufen und nicht umständlich Gutscheine telefonisch anfordern.
Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes mit der Maßgabe, daß es den Beklagten verbot, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in von ihnen verlegten periodischen Druckwerken, insbesondere der "N***** Zeitung", unentgeltliche Zugaben anzukündigen und/oder zu gewähren, insbesondere
a) Gutscheine zum Ausschneiden, wenn der in den Gutscheinen verbriefte Wert gewiß ist und der mit den Gutscheinen verbriefte Wert den Kaufpreis der Zeitschrift nicht nur geringfügig übersteigt, und/oder
b) Werbeeinschaltungen Dritter, in denen ein Preisnachlaß beim Kauf einer Ware oder Inanspruchnahme einer Dienstleistung verbrieft ist (Gutscheine zum Ausschneiden), sofern die Werbeeinschaltung geeignet ist, Verbraucher ohne jede sachliche Prüfung, allein wegen der Möglichkeit, die Gutscheine zu erwerben, zum Kauf von Ausgaben von von den Beklagten verlegten Druckwerken zu verleiten.
Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Sowohl durch die Überschrift "Schnell! Solange der Vorrat reicht!" als auch durch die zeitliche Nähe zu Weihnachten sei ein großer Anreiz geschaffen worden, sofort weitere Gutscheine zu beschaffen. Kein Käufer habe damit rechnen können, daß telefonisch bestellte Bons noch vor dem 23.12.1995 einlangen würden. Interessierte Käufer hätten daher eine weitere oder weitere Zeitung(en) gekauft. Die Beklagten hätten nicht annehmen können, durch den Hinweis auf die alternative Bezugsmöglichkeit jeden unzulässigen Kaufanreiz für die Zeitung zu beseitigen. Das Begehren sei nicht verfehlt; auch sein zweiter Teil stütze sich auf das Zugabenverbot. Um jeden Zweifel auszuschalten, sei der Spruch geringfügig umzuformulieren gewesen.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig und berechtigt.
Die Beklagten sind der Auffassung, daß die Gutscheine nicht angekündigt, sondern nur gewährt wurden. Das Ankündigen von Zugaben könne daher keinesfalls verboten werden. Es sei auch nicht untersagt, Gutscheine in periodischen Druckschriften anzukündigen; verboten sei nur anzukündigen, daß Gutscheine neben dem periodischen Druckwerk, somit bei seinem Kauf, gewährt werden. Die Klägerin habe nebeneinander zwei selbständige Verbote begehrt. Das erste sei ein Zugabenverbot, das zweite stütze sich auf § 1 UWG. § 1 UWG sei aber nicht neben dem Zugabenverbot anzuwenden. Eines der beiden Begehren hätte abgewiesen werden müssen. Es sei nicht festgestellt, daß die Beklagten in Wettbewerbsabsicht gehandelt hätten. Die Beklagten hätten nicht gegen das Zugabenverbot verstoßen. Es sei einfacher und billiger, Gutscheine telefonisch zu bestellen, als ein weiteres (weitere) Exemplar(e) der Zeitung zu kaufen.
Inserate, Zeitungsbeilagen oder ähnliche Ankündigungen, mit denen Dritte in einer Zeitung zur Förderung ihres eigenen Unternehmens ein Gewinnspiel (zB Preisrätsel) bekanntgeben, sind nicht schon an sich Zugaben zur Zeitung. In der bloßen Veröffentlichung von Inseraten, mit denen der Inserent einer Zeitung zur Förderung seines eigenen Unternehmens ein (erlaubtes) Gewinnspiel ankündigt, liegt noch kein Wettbewerbsverstoß des Zeitungsunternehmens durch Ankündigen von Zugaben. Zur Förderung des Absatzes der eigenen Zeitung setzt das Zeitungsunternehmen Inserate Dritter ein, wenn es diese Inserate auf der Titelseite veröffentlicht und damit den Kaufentschluß des Publikums zum Erwerb eines Exemplars der Zeitung besonders bei attraktiven Gewinnspielen in erheblichem Ausmaß beeinflußt. Das kann auch dann zu einem verpönten Anlockeffekt führen, wenn mit dem Inserat erkennbar der Inserent und nicht das Zeitungsunternehmen zum Leser spricht (MR 1992, 210 [Korn] = ÖBl 1992, 226 - Verführerschein). Auch die Werbeeinschaltung eines Dritten, die einen Gutschein für eine Ware oder Dienstleistung verbrieft, kann daher eine Zugabe sein. Gegenüber der Ankündigung eines Glücksspiels liegt hier der Anlockeffekt schon darin, daß der angekündigte Vorteil gewiß ist. Voraussetzung ist allerdings, daß der Vorteil nicht ganz geringfügig ist. Wenn der Eindruck einer Abhängigkeit des von dem Dritten angekündigten Vorteils vom Kauf eines Zeitungsexemplars erweckt wird, ist bereits das Inserat als Zugabe anzusehen (WBl 1994, 99 = MR 1993, 235 - Schnupperfahrschein). Kein unzulässiger Anlockeffekt besteht jedoch dann, wenn eine dem Kauf eines weiteren Exemplars gleichwertige Alternative geboten wird (SZ 63/9 = ÖBl 1990, 111 - VN-Leser-Hitparade mwN).
Die Beklagten haben ein Inserat des B*****-Konzerns eingeschaltet, in dem Gutscheine abgedruckt sind. Im Inserat wird darauf hingewiesen, daß "weitere B*****-Bons" telefonisch bestellt werden können. Dieser Hinweis ist so klein und unauffällig gedruckt, daß er bei durchschnittlicher Aufmerksamkeit übersehen wird. Der Leser wird daher, wenn er an weiteren Gutscheinen interessiert ist, noch Zeitungen kaufen; zu den Überlegungen über die Zweckmäßigkeit einer telefonischen Anforderung von Gutscheinen, die das Rekursgericht anstellt und deren Richtigkeit die Beklagten bekämpfen, kommt er erst gar nicht.
Die im Inserat abgedruckten Gutscheine sind demnach geeignet, zum Kauf weiterer Exemplare der "N***** Zeitung" zu verlocken. Mit der Veröffentlichung des Inserates handeln die Beklagten in Wettbewerbsabsicht; sie setzen das Inserat als Lockmittel zur Förderung des Absatzes ihrer eigenen Zeitung ein. Da der Eindruck entsteht, daß der Erhalt zusätzlicher Gutscheine den Kauf weiterer Zeitungsexemplare voraussetzt, verstößt das Inserat gegen § 9a Abs 1 Z 1 UWG: Danach kann auf Unterlassung und Schadenersatz in Anspruch genommen werden, wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in öffentlichen Bekanntmachungen oder anderen Mitteilungen, die für einen größeren Personenkreis bestimmt sind, ankündigt, daß er Verbrauchern neben Waren oder Leistungen unentgeltliche Zugaben (Prämien) gewährt, oder Verbrauchern neben periodischen Druckwerken unentgeltliche Zugaben (Prämien) anbietet, ankündigt oder gewährt. Zugabe im Sinne dieser Bestimmung ist nach ständiger Rechtsprechung (ua ÖBl 1994, 166 - Gratis-Tag; ÖBl 1995, 211 - Falschpark-Strafzettel) ein zusätzlicher Vorteil, der neben der Hauptware (Hauptleistung) ohne besondere Berechnung angekündigt wird, um den Absatz der Hauptware oder die Verwertung der Hauptleistung zu fördern.
Die im Inserat abgedruckten Gutscheine sind ein zusätzlicher Vorteil, der neben der Zeitung ohne besondere Berechnung gewährt wird, um deren Absatz zu fördern. Sie fallen nicht unter den Ausnahmetatbestand des § 9a Abs 2 Z 5 UWG, weil sie nicht in Bargeld einzulösen sind, sondern zum (verbilligten) Bezug einer Ware oder Leistung berechtigen (ÖBl 1996, 150 - Bazar-Alles-Gutschein II).
Das Rekursgericht hat den Spruch neu formuliert, weil es meinte, klarstellen zu müssen, daß auch der zweite, Punkt 1.2 des Urteilsbegehrens entsprechende Teil des Sicherungsantrages einen Zugabenverstoß erfaßt. Dabei hat es übersehen, daß die Klägerin zwei voneinander unabhängige Verbote begehrt, von denen das erste ganz allgemein gegen Zugabenverstöße der Beklagten gerichtet ist, das zweite aber jenes Verhalten beschreibt, das die Beklagten gesetzt haben und mit dem sie gegen das Zugabenverbot verstoßen. Daß darin der Begriff "Zugabe" nicht aufscheint, schadet nicht.
Das Unterlassungsgebot hat sich immer am konkreten Wettbewerbsverstoß zu orientieren (stRsp ua ÖBl 1991, 105 - Hundertwasser-Pickerln II mwN). Werden in einem Urteilsspruch Beispielsfälle unter "insbesondere" angeführt, so wird das Unterlassungsgebot dadurch nur verdeutlicht, nicht aber eingeschränkt (WBl 1988, 123; s auch MR 1995, 145 - Wunderarzt). Der Sicherungsantrag ist daher nur insoweit berechtigt, als er Punkt 1.2 des Urteilsbegehrens entspricht: Die Beklagten verstoßen gegen das Zugabenverbot, weil sie Inserate mit Gutscheinen zum Ausschneiden veröffentlichen, die dazu verlocken, weitere Ausgaben der Zeitung zu kaufen. Nur dieses Verhalten kann ihnen verboten werden.
Die von den Beklagten vermißten Feststellungen zur Wettbewerbsabsicht sind nicht notwendig. Ihre Wettbewerbsabsicht folgt schon daraus, daß die Beklagten Inserate veröffentlichen, die zur Förderung ihres eigenen Absatzes geeignete Gratisleistungen verbriefen.
Dem Revisionsrekurs war teilweise Folge zu geben.
Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50, 52 Abs 1 ZPO. Die Beklagten sind mit einem ihrer zwei Begehren durchgedrungen; die Begehren sind mangels anderer Anhaltspunkte gleich zu bewerten.
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