Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Klägerin war in einem beim Landesgericht Leoben geführten Vorprozeß Erstbeklagte. Ihr Ehemann war Zweitbeklagter. Der Beklagte dieses Verfahrens war der Kläger. Streitgegenstand war eine Werklohnforderung von 295.828,40 S sA. In der Verhandlungstagsatzung vom 29. September 1993 wurden die dort Beklagten mit Teilanerkenntnisurteil zur ungeteilten Hand schuldig erkannt, dem Kläger den Betrag von 200.000 S zu bezahlen. Diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft. Die (dort) Beklagten waren zunächst durch Salzburger Rechtsanwälte als Prozeßbevollmächtigte vertreten. Nachdem diese die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses angezeigt hatten, gab am 23. Dezember 1993 ein Murauer Rechtsanwalt seine Bevollmächtigung durch die (dort) Beklagten mittels Schriftsatzes bekannt. Mit Schreiben vom 21. Jänner 1994, das am 1. Februar 1994 bei Gericht einlangte, beantragten diese die „Beigabe eines Rechtsvertreters“ und führten ua aus, außerstande zu sein, „für weitere Kosten aufzukommen“. Am 3. Februar 1994 zeigte ihr letzter Prozeßbevollmächtigte die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses an. Das Erstgericht nahm die „Kündigung der Vollmacht“ mit Beschluß vom 3. Februar 1994 „zur Kenntnis“ und teilte unter Hinweis auf § 36 ZPO mit, daß „bis zur Benennung eines neu bestellten Vertreters ... alle Zustellungen für die beklagten Parteien an deren bisherigen Bevollmächtigten vorgenommen werden“. Eine Ausfertigung dieses Beschlusses wurde auch den dort Beklagten zugestellt. Diese erteilten jedoch keinem anderen Rechtsanwalt Prozeßvollmacht. Nach dem Protokoll über die nächste Verhandlungstagsatzung vom 5. Mai 1994 erschien „auf Seite der beklagten Partei trotz ausgewiesener Ladungen niemand“. In dieser Tagsatzung faßte und verkündete das Erstgericht den Beschluß auf Abweisung des Antrags der dort Beklagten „auf Beigebung eines Anwaltes für das gegenständliche Verfahren“ und sprach im übrigen den Schluß der Verhandlung aus. Am 24. bzw 25. Mai 1994 wurde dem Klagevertreter und dem letzten Prozeßbevollmächtigten der Beklagten je eine Abschrift des Verhandlungsprotokolls zugestellt. Mit Endurteil vom 30. Mai 1994 wurde schließlich auch dem restlichen, auf eine Solidarhaftung der Beklagten bezogenen Klagebegehren von 95.828,40 S sA stattgegeben. Ausfertigungen dieser Entscheidung wurden dem Klagevertreter und dem letzten Prozeßbevollmächtigten der Beklagten am 8. Juni 1994 zugestellt. Dagegen unterblieb eine schriftliche Ausfertigung des Beschlusses vom 5. Mai 1994, mit dem das Begehren der dort Beklagten „auf Beigebung eines Anwaltes“ abgewiesen worden war. Am 8. Juli 1994 bestätigte das Erstgericht die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des Endurteils vom 30. Mai 1994. Von diesem Urteil erlangten die dort Beklagten am 18. Juli Kenntnis. In einem beim Erstgericht am 28. Juli 1994 eingelangten Schreiben rügte der dort Zweitbeklagte die Urteilszustellung an den letzten Prozeßbevollmächtigten der Beklagten und erhob gegen das Endurteil vom 30. Mai 1994 „Einspruch“. Danach richtete er an das Erstgericht noch mehrere Eingaben. Mit Schreiben vom 28. November 1994 beantragte er die Bewilligung der Verfahrenshilfe. Aufgrund einer durch das Erstgericht erteilten Rechtsbelehrung beantragte am 30. Dezember auch die dort Erstbeklagte die Bewilligung der Verfahrenshilfe. Am 10.Jänner 1995 verstarb der dort Zweitbeklagte. Mit Beschluß vom 15. März 1995 wurde der dort Erstbeklagten die Verfahrenshilfe im vollen Ausmaß unter Beigebung eines Rechtsanwalts als „Rechtsbeistand im Hinblick auf eine allfällige Klagsführung im Sinne der §§ 529 ff der ZPO“ bewilligt. Eine Ausfertigung dieses Beschlusses wurde dem vom Ausschuß der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer bestellten Verfahrenshelfer am 22. März 1995 mit dem Bemerken zugestellt, daß der „Hauptakt zur Einsicht“ bereitliege.
Am 18. April 1995 brachte die Erstbeklagte des Vorprozesses - vertreten durch ihren Verfahrenshelfer - die vorliegende Nichtigkeitsklage ein. Sie begehrte, das Endurteil des Vorprozesses vom 30. Mai 1994 und das diesem „vorangegangene Verfahren seit Rechtskraft des Teilanerkenntnisurteils ... vom 29. September 1993“ für nichtig zu erklären und das Klagebegehren „auf Zahlung der restlichen 95.828,40 S“ sA abzuweisen. Dazu brachte sie vor, jenem Murauer Rechtsanwalt, der für sie im Vorprozeß zuletzt eingeschritten sei, keine Prozeßvollmacht erteilt zu haben. Außerdem habe sie einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe gestellt, der „in der Verhandlung vom 5. Mai 1994 in krankheitsbedingter Abwesenheit der - unvertretenen - Klägerin“ abgewiesen worden sei. Sie sei also im Vorprozeß zuletzt „nicht ordnungsgemäß vertreten“ gewesen, sodaß der Nichtigkeitsgrund des § 529 Abs 1 Z 2 ZPO verwirklicht sei.
Das Erstgericht wies diese Klage mit Beschluß vom 29. August 1995 zurück und entzog der Klägerin - auf Antrag des Verfahrenshelfers - überdies die am 15. März 1995 bewilligte Verfahrenshilfe.Es führte in rechtlicher Hinsicht aus, die gemäß § 534 ZPO für die Erhebung der Nichtigkeitsklage zu wahrende Frist habe am 18. Juli 1994 begonnen. In diesem Zeitpunkt sei der Klägerin nämlich das im Vorprozeß erlassene Endurteil bekannt geworden. Diese habe einen neuerlichen Verfahrenshilfeantrag jedoch erst am 28. November 1994 gestellt. Dieser Antrag sei deshalb einem Fristablauf nicht entgegengestanden. Die verspätete Nichtigkeitsklage sei daher gemäß § 538 Abs 1 ZPO bereits im Vorprüfungsverfahren zurückzuweisen gewesen. Die Verfahrenshilfe sei zu Unrecht gewährt worden, weil die Klägerin „sehr wohl in der Lage“ sei, „Wahlanwälte zu beschäftigen“.
Gegen diese Entscheidung erhob die Klägerin in einem selbst verfaßten Schriftsatz Rekurs. Das Erstgericht wies dieses Rechtsmittel mit Beschluß vom 3. November 1995 im Ausspruch über die Verfahrenshilfe als verspätet und sonst „als zur geschäftsordnungsgemäßen Behandlung ungeeignet“ zurück. Das Gericht zweiter Instanz bestätigte mit Beschluß vom 15. März 1996 die Zurückweisung des Rekurses gegen den Beschluß auf Entziehung der Verfahrenshilfe. Danach hat es mit gesondertem Beschluß vom 26. September 1996 zum einen die Entscheidung des Erstgerichts auf Zurückweisung des Rekurses gegen die bereits im Vorprüfungsverfahren gescheiterte Nichtigkeitsklage behoben, zum anderen aber dem Rekurs gegen die Zurückweisung der Nichtigkeitsklage nicht Folge gegeben; es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es erwog - soweit im Verfahren über den Revisionsrekurs noch von Bedeutung - in rechtlicher Hinsicht, die Zustellung des im Hauptprozeß gefällten Endurteils vom 30. Mai 1995 an den letzten Prozeßbevollmächtigten der Klägerin habe, weil bereits vorher ein Verfahrenshilfeantrag eingebracht worden sei, nicht den Verfahrensgesetzen entsprochen. Aufgrund der Mitteilung der Auflösung des Vollmachtsverhältnisses durch den letzten Prozeßbevollmächtigten und infolge der kurze Zeit vorher beantragten Verfahrenshilfe sei die Klägerin jedenfalls bereits vor der Urteilszustellung nicht mehr vertreten gewesen. Für eine Partei, die rechtzeitig einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe gestellt habe, beginne die Berufungsfrist gemäß § 464 Abs 3 ZPO „erst mit der Zustellung des Bescheides über die Bestellung des Rechtsanwaltes und einer schriftlichen Urteilsausfertigung an diesen zu laufen“. Diese Schutzbestimmung solle die Partei auch vor Rechtsnachteilen bewahren, die sich aus der Auflösung eines Vollmachtsverhältnisses ergeben könnten. Es sei kein Bescheid über die Bestellung eines Rechtsanwalts ergangen. Es fehle aber auch an einer Ausfertigung des in der Verhandlungstagsatzung vom 5. Mai 1994 gefaßten und verkündeten Beschlusses auf Abweisung des Verfahrenshilfeantrags. Demnach habe die Berufungsfrist gegen das im Hauptprozeß gefällte Endurteil in sinngemäßer Anwendung des § 464 Abs 3 ZPO noch gar nicht zu laufen begonnen. Dieses Urteil sei daher nicht rechtskräftig. Unbedingte Erfolgsvoraussetzung einer Nichtigkeitsklage gemäß § 529 ZPO sei jedoch die Rechtskraft der im Hauptprozeß gefällten Entscheidung. Die Zurückweisung der Nichtigkeitsklage bereits im Voprüfungsverfahren sei daher im Ergebnis zutreffend.
Der Revisionsrekurs ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Das Erstgericht bewilligte der Klägerin mit Beschluß vom 14. Mai 1996 neuerlich die Verfahrenshilfe unter Beigebung eines Rechtsanwalts für den „Rekurs gegen die Zurückweisung der Nichtigkeitsklage (bzw Verbesserungsverfahren hins. Rekurs) und das weitere Verfahren ...“. Der Verfahrenshelfer stellte nun dem Revisionsrekurs Erörterungen über seine Befugnisse voran. Der „Umfang seiner Verpflichtungen“ sei „nicht klar bzw nicht klar genug abgesteckt“. Er habe seine Verpflichtungen - aufgrund einer vertretbaren Ansicht - durch die Einbringung des verbesserten Rekurses der Klägerin gegen die Zurückweisung der Nichtigkeitsklage „vollinhaltlich erfüllt und keinerlei weitere Vertretungshandlungen ... zu setzen“. Die Zustellung der Rekursentscheidung, in der der ordentliche Revisionsrekurs zugelassen worden sei, gebe jedoch „zu Zweifeln Anlaß“, ob er als Verfahrenshelfer auch noch zur Erhebung des Revisionsrekurses berechtigt sei. Eine Rückfrage beim Erstrichter habe keine Klarheit gebracht. Der Revisionsrekurs werde jedoch „zur Vermeidung auch nur irgendeiner möglichen anwaltlichen Haftung“ eingebracht.
Die vom Verfahrenshelfer vermutete Unklarheit liegt indes gar nicht vor. Bei vollständiger Lektüre des Beschlusses auf Bewilligung der Verfahrenshilfe vom 14. Mai 1996 ergeben sich keine Zweifel am Umfang der Befugnisse des als Verfahrenshelfer beigegebenen Rechtsanwalts, wurde doch dort ausdrücklich ausgesprochen, daß die Beigebung nicht nur für den „Rekurs gegen die Zurückweisung der Nichtigkeitsklage (bzw Verbesserungsverfahren hins. Rekurs)“, sondern - das übersieht der Verfahrenshelfer - auch für „das weitere Verfahren“ erfolgte. Selbst wenn aber der zitierte Beschluß der dargestellten Klarheit entbehrte, träfe die Besorgnis des Verfahrenshelfers nicht zu. Der Oberste Gerichtshof sprach nämlich schon mehrmals aus, daß die Bewilligung der Verfahrenshilfe für das ganze weitere Verfahren wirkt und daher nicht auf bestimmte Prozeßhandlungen oder Prozeßabschnitte beschränkt werden kann (8 Ob 555/91; 7 Ob 642/90; RZ 1973/84; EvBl 1961/407 [schlüssig idS]).
Nach überwiegender Rechtsprechung gilt ein Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe (auch) durch Beigebung eines Rechtsanwalts als Anzeige des Erlöschens des Vollmachtsverhältnisses zum bisherigen Prozeßbevollmächtigten, wenn der Antragsteller vom Gericht über eine allfällige Auflösung des Vollmachtsverhältnisses und dessen Anzeige im Sinne des § 36 Abs 1 ZPO nicht belehrt wurde (SSV-NF 8/68 = RZ 1995/80; 1 Ob 595/93 = JUS Z 1604 [soweit unveröffentlicht]; JBl 1991, 195 = RZ 1992/72; RZ 1987/9; SZ 48/93 = EvBl 1976/68 = RZ 1976/38; aM VersRdSch 1994, 281). Diese Frage stellt sich hier indes nicht, weil die Beklagten des Hauptprozesses die Verfahrenshilfe (auch) durch Beigebung eines Rechtsanwalts - obgleich in verbesserungsbedürftiger Form - am 1. Februar 1994 beantragten und deren letzter Prozeßbevollmächtigter die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses bereits am 3. Februar 1994 mitteilte. Dabei hat die Beigebung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Verfahrenshilfe dieselbe Wirkung wie die Anzeige der Bestellung eines anderen Prozeßbevollmächtigten gemäß § 36 Abs 1 ZPO (6 Ob 547/88).
Durch das Bundesgesetz vom 6. Dezember 1955 über Änderungen des zivilgerichtliche Verfahrens BGBl 282 wurde dem § 464 ZPO als dritter Absatz folgende Regelung angefügt:
„Hat eine arme Partei innerhalb dieser Frist um die Bestellung eines Armenanwaltes angesucht, so beginnt für sie die Berufungsfrist mit der Zustellung des Beschlusses über die Beigabe und Bestellung des Armenanwaltes an diesen. Wird der rechtzeitig gestellte Antrag auf Beigabe eines Armenanwaltes abgewiesen, so beginnt die Berufungsfrist mit der Rechtskraft des abweisenden Beschlusses.“
Den Gesetzesmaterialien (RV 565 BlgNR 7.GP, 10 f) sind keine für die Lösung der hier maßgeblichen Rechtsfrage verwertbaren Erläuterungen zu entnehmen. Fasching (Kommentar IV 50 f) wertete § 464 Abs 3 ZPO in der wiedergegebenen Fassung als „klare“ Schutzbestimmung für Beginn und Ablauf der Rechtsmittelfrist. Kündige der bisherige „frei gewählte Vertreter der armen Partei ... vor Urteilszustellung die Vollmacht, sodaß diese im Zeitpunkt der Zustellung nicht mehr wirksam vertreten“ sei, dann müsse die zitierte gesetzliche Regelung angewendet werden. Daran hielt Fasching (Kommentar Ergänzungsband 54 f) auch nach der Novellierung des § 464 Abs 3 ZPO, der jedoch dadurch in seinem hier bedeutsamen Kern keine Änderung erfahren hatte, fest. Die Rechtsprechung folgte dieser Ansicht.
Die Schutzbestimmung des § 464 Abs 3 ZPO soll daher eine die Verfahrenshilfe genießende oder beantragende Partei - auch im Anwaltsprozeß - vor jenen Nachteilen bewahren, die sich sonst aus der Auflösung des Vollmachtsverhältnisses mit ihrem bisherigen Prozeßbevollmächtigten ergeben können. Dabei ist nicht von Bedeutung, ob der bisherige Bevollmächtigte gemäß § 36 Abs 2 ZPO verpflichtet ist, weiter für die Partei einzuschreiten, um sie vor Rechtsnachteilen zu bewahren, wesentlich ist vielmehr nur, daß die Partei infolge ihrer Einkommens- und Vermögenslage außerstande ist, die mit der Vertretung durch einen Rechtsanwalt als Prozeßbevollmächtigten verbundenen finanziellen Lasten ohne Beeinträchtigung ihres notwendigen Unterhalts zu tragen (JBl 1991, 195 = RZ 1992/72; SZ 48/93). Vom Obersten Gerichtshof wurde jedoch auch schon ausgesprochen, daß die Unterbrechung der Berufungsfrist gemäß § 464 Abs 3 ZPO nicht nur eintritt, wenn die Partei die Beigebung eines Rechtsanwalts als Verfahrenshelfers innerhalb der Rechtsmittelfrist beantragte, sondern auch dann, wenn sie die Bewilligung der Verfahrenshilfe (auch) durch Beigebung eines Rechtsanwalts bereits vorher begehrt hatte (SSV-NF 7/50; SSV-NF 5/32). Was nämlich für die Antragstellung innerhalb der Rechtsmittelfrist gilt, trifft umso mehr für eine solche vor deren Beginn zu, wird doch dadurch auch die vom Gesetzgeber nach der Bestimmung des § 464 Abs 3 ZPO in Kauf genommene Gefahr einer gewissen Verzögerung der Verfahrensbeendigung verringert. Soweit daher § 36 Abs 1 ZPO auch bezweckt, eine Fortlaufhemmung des Rechtsstreits durch eine Vollmachtsauflösung im Anwaltsprozeß zu vermeiden (Fasching, Kommentar II 289), muß dieses dem Grundsatz der Verfahrensbeschleunigung dienende Interesse hinter dem Schutzbedürfnis einer Prozeßpartei zurückstehen, die die Bewilligung der Verfahrenshilfe (auch) unter Beigebung eines Rechtsanwalts als Verfahrenshelfers beantragte, weil sie nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen außerstande ist, die Kosten ihrer weiteren anwaltlichen Vertretung - ohne eine Beeinträchtigung ihres notwendigen Unterhalts - selbst zu tragen.
Daraus folgt, daß eine Partei, die im Anwaltsprozeß die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragte, nach Auflösung des Vollmachtsverhältnisses mit ihrem letzten Prozeßbevollmächtigten solange als unvertreten anzusehen ist, bis entweder ein Rechtsanwalt als Verfahrenshelfer bestellt wird oder die Abweisung eines Verfahrenshilfeantrags in Rechtskraft erwuchs. Dabei können zum Nachteil der die Bewilligung der Verfahrenshilfe anstrebenden Partei, jedenfalls solange über deren Verfahrenshilfeantrag nicht rechtskräftig entschieden wurde, auch keine Säumnisfolgen eintreten. Nach rechtskräftiger Abweisung des Verfahrenshilfeantrags gebietet allerdings der Schutzzweck des durch einen solchen Antrag in seiner prozessualen Bedeutung im Anwaltsprozeß bloß temporär verdrängten § 36 Abs 1 ZPO, die Partei, die die Gewährung der Verfahrenshilfe erfolglos begehrte, im weiteren Verfahren so zu behandeln, als hätte sie keinen Verfahrenshilfeantrag gestellt. Solange daher diese Partei nach rechtskräftiger Abweisung ihres Verfahrenshilfeantrags die Anzeige der Bestellung eines anderen Rechtsanwalts unterläßt, haben alle Zustellungen an deren letzten Prozeßbevollmächtigten zu erfolgen, hat doch, wie schon oben ausgeführt wurde, nur die Beigebung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Verfahrenshilfe dieselbe Wirkung wie die Anzeige der Bestellung eines anderen Prozeßbevollmächtigten.
Gemäß § 426 Abs 1 ZPO ist ua ein während der Verhandlung gefaßter und verkündeter Beschluß den Parteien in schriftlicher Ausfertigung zuzustellen, wenn den Parteien dagegen ein Rechtsmittel zusteht oder aufgrund einer solchen Entscheidung das Recht zur sofortigen Exekutionsführung besteht. Die Wirksamkeit eines derartigen Beschlusses gegenüber den Parteien setzt also dessen Zustellung voraus. Beschlüsse in Verfahrenshilfesachen können gemäß § 72 Abs 2 ZPO von den Parteien auch bekämpft werden.
Diese Rechtslage führt hier zu folgendem Ergebnis:
Der vom Erstgericht in der Verhandlungstagsatzung des Hauptprozesses vom 5. Mai 1994 gefaßte und verkündete Beschluß auf Abweisung des Antrags der dort Beklagten „auf Beigebung eines Anwaltes für das gegenständliche Verfahren“ ist gegenüber den Parteien mangels Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung nicht wirksam geworden. Da die dort Beklagten - hier in einem Anwaltsprozeß - vor Schluß der Verhandlung die Bewilligung der Verfahrenshilfe (auch) durch Beigebung eines Rechtsanwalts beantragten und über dieses Begehren, das, wie oben dargelegt wurde, die Schutzwirkung des § 464 Abs 3 ZPO auslöste, noch keine rechtskräftige Entscheidung vorliegt, war die durch das Erstgericht veranlaßte Zustellung des Endurteils vom 30. Mai 1994 an den letzten Prozeßbevollmächtigten der Beklagten gesetzwidrig. Dieses Urteil ist somit, wie das Rekursgericht zutreffend erkannte, nicht in Rechtskraft erwachsen, hat doch die Berufungsfrist für die dort Beklagten noch gar nicht begonnen. Diese wird erst aufgrund einer rechtskräftigen Entscheidung über deren Verfahrenshilfeantrag in Verwirklichung des einen oder des anderen der in § 464 Abs 3 ZPO geregelten Alternativtatbestände in Lauf gesetzt werden. Sollte also der Verfahrenshilfeantrag der dort Beklagten abgewiesen werden, begänne die Berufungsfrist aufgrund der bereits erfolgten Zustellung einer Ausfertigung des Endurteils an deren letzten Prozeßbevollmächtigten mit Eintritt der Rechtskraft des Abweisungsbeschlusses.
Zutreffend wurde vom Gericht zweiter Instanz aber auch erkannt, daß gemäß § 529 Abs 1 ZPO nur eine rechtskräftige Entscheidung, durch die eine Sache erledigt ist, mittels Nichtigkeitsklage angefochten werden kann. Klagevoraussetzung ist der Eintritt der formellen Rechtskraft. Darunter ist nach ständiger Rechtsprechung nicht die bloße „Scheinrechtskraft“ wegen eines Mangels bei Zustellung der Sachentscheidung zu verstehen (JBl 1996, 734 = RdW 1996, 117; EvBl 1975/106; SZ 47/99 = EvBl 1975/93; SZ 46/13; SZ 25/319; Kodek in Rechberger, Kommentar zur ZPO Rz 1 zu § 529 mwN aus der Rsp). Die vorliegende Nichtigkeitsklage eignet sich daher aus rechtlichen Erwägungen nicht, das von der Klägerin angestrebte Prozeßziel zu erreichen. Das führt bereits in dem gemäß § 538 Abs 1 ZPO durchzuführenden Vorprüfungsverfahren zur Klagezurückweisung (ausführlich dazu SZ 47/99 = EvBl 1975/93).
Dem Revisionsrekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 40 und 50 ZPO.
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