OGH 1Ob2416/96t

OGH1Ob2416/96t28.1.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mathias W*****, vertreten durch Dr.Siegfried Leitner, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Barbara K*****, vertreten durch Dr.Wolfgang Tautschnig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Löschung einer Grundbuchseintragung (Streitwert 21.900 S) infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgerichts vom 19.November 1996, GZ 1 C 361/96-15, womit der Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgerichts vom 21.Oktober 1996, GZ 1 C 361/96-12, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Kläger begehrte, die Ungültigkeit der zu seinen Lasten als Voreigentümer erfolgten grundbücherlichen Einverleibung des Eigentumsrechts der Beklagten an einem bestimmten Grundstück festzustellen und den vorherigen Grundbuchsstand durch bestimmte bücherliche Maßnahmen wiederherzustellen. Er brachte vor, daß dem Eigentumserwerb der Beklagten ein Kaufvertrag zugrundeliege, den er als Verkäufer durch ein infolge einer rechtsunwirksamen Verkaufsvollmacht nur scheinbar bevollmächtigtes Bankunternehmen abgeschlossen habe. Er habe seine Ansprüche gegen dieses Bankunternehmen gerichtlich geltend gemacht. Im Rahmen einer von ihm erwirkten, jedoch noch nicht rechtskräftigen einstweiligen Verfügung sei dem Bankunternehmen unter anderem verboten worden, sich der erteilten Verkaufsvollmacht zu bedienen. Die Beklagte habe - ungeachtet dieser bereits vollstreckbaren Provisorialmaßnahme - schlechtgläubig Eigentum am streitverfangenen Grundstück erworben.

Die Beklagte wendete ein, nie an der Gültigkeit der vom Kläger dem Bankunternehmen erteilten Verkaufsvollmacht gezweifelt und daher auch nicht schlechtgläubig gehandelt zu haben. Erst wenn im Parallelprozeß die allfällige Ungültigkeit der vom Kläger erteilten Verkaufsvollmacht festgestellt werden sollte, erhebe sich die „Frage des gut- oder schlechtgläubigen Eigentumserwerbs“. Die Entscheidung in jenem Verfahren sei somit für das hier zu beurteilende Klagebegehren präjudiziell. Es werde demnach die Verfahrensunterbrechung „bis zur rechtskräftigen Erledigung des präjudiziellen Verfahrens“ beantragt.

Der Kläger sprach sich gegen eine Verfahrensunterbrechung aus.

Das Erstgericht gab dem Unterbrechungsantrag mit der Begründung statt, daß durch die im Parallelprozeß zu fällende Entscheidung die für die Beurteilung der Schlechtgläubigkeit der Beklagten wesentliche Vorfrage gelöst werde.

Das Rekursgericht wies den Unterbrechungsantrag dagegen ab und erwog in rechtlicher Hinsicht, es komme im vorliegenden Verfahren nur darauf an, ob die grundbücherliche Eintragung der Zu- und Abschreibung des streitverfangenen Grundstücks angesichts der im Parallelprozeß erwirkten vollstreckbaren einstweiligen Verfügung materiell nichtig und daher zu löschen sei. Entgegen der Ansicht des Erstgerichtssei daher der Ausgang des Verfahrens gegen das Bankunternehmen für die Entscheidung über die hier vorliegende Löschungsklage im Sinne des § 61 GBG nicht präjudiziell.

Der Beklagte erhob gegen diese Entscheidung Revisionsrekurs, den das Gericht zweiter Instanz mit dem nunmehr angefochtenen Beschluß als unzulässig zurückwies. Es führte aus, eine nach § 190 ZPO erlassene Anordnung könne gemäß § 192 Abs 2 ZPO nur dann angefochten werden, wenn damit eine Unterbrechung des Verfahrens verfügt worden sei. Gegenteiliges gelte nur dann, wenn „die Unterbrechung (sondergesetzlich) zwingend vorgesehen“ sei. Hier liege jedoch kein derartiger Fall vor.

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsmittelbeschränkungen des § 528 ZPO beziehen sich nur auf Entscheidungen des Gerichts zweiter Instanz, mit denen über ein an das Rekursgericht gerichtetes Rechtsmittel abgesprochen wurde, nicht aber auf solche, die das Rekursgericht - wie hier - als Durchlaufgericht eines an den Obersten Gerichtshof gerichteten Rechtsmittels zurückwies (SZ 66/87; WoBl 1988, 120; SZ 58/186; Kodek in Rechberger, Kommentar zur ZPO Rz 1 zu § 528). Der Rekurs gegen den Zurückweisungsbeschluß des Gerichts zweiter Instanz ist daher unabhängig vom Wert des Entscheidungsgegenstands, aber auch ohne Rücksicht darauf zulässig, ob die Entscheidung von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1ZPO abhängt.

Im vorliegenden Fall ist für die Erledigung des Rechtsmittels der Beklagten der absolut wirkende und vom Gericht zweiter Instanz auch beachtete Rechtsmittelausschluß gemäß § 192 Abs 2 ZPO maßgeblich.

Es existiert keine gesetzliche Bestimmung, die hier eine Verfahrensunterbrechung zwingend vorschriebe. Eine solche vermag auch die Beklagte nicht aufzuzeigen. Sie meint lediglich, die in bestimmten Sondergesetzen zwingend angeordneteVerfahrensunterbrechung sei „wegen der völligen Gleichgelagertheit“ auch auf eine Klage gemäß § 61 GBG anzuwenden. Zweck der zwingenden Anordnung einer Verfahrensunterbrechung in sondergesetzlichen Regelungen sei nämlich die Vermeidung disharmonischer Entscheidungen und unwirtschaftlicher Verfahren. Ein Analogieschluß, wie ihn die Beklagte anstrebt, setzte eine planwidrige und daher ungewollte Gesetzeslücke voraus (NZ 1996, 347; SZ 55/51; SZ 49/45 uva). Eine derartige Lücke ist hier jedoch deshalb zu verneinen, weil der Verfahrensgesetzgeber jede Unterbrechung eines Zivilprozesses und deren Dauer in Ermangelung einer sondergesetzlichen Regelung, die ausdrücklich Gegenteiliges anordnet, nach den Bestimmungen der §§ 190 ff ZPO dem Ermessen des Gerichts anheimstellte. Träfe die Ansichtder Beklagten zu, müßte ein bestimmter Zivilprozeß immer unterbrochen werden, wenn über eine für die Entscheidung präjudizielle Vorfrage in einem anderen Verfahren als Hauptfrage zu erkennen ist, weil disharmonische Entscheidungen im aufgezeigten Sinne ohne Anordnung einer Verfahrensunterbrechung immer möglich sind. Dieses Risiko nahm der Gesetzgeber jedoch, wie sich aus den Bestimmungen der §§ 190 ff ZPO ergibt, aus prozeßökonomischen Gründen in Kauf.

Dem Rekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 40 ZPO und § 50 ZPO.

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