OGH 8ObA2341/96i

OGH8ObA2341/96i16.1.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer und Dr.Adamovic sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Manfred Gründler und ADir.Winfried Kmenta als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Richard S*****, Bankangestellter, ***** vertreten durch Dr.Peter Kaltschmid, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei A*****bank AG, ***** vertreten durch Dr.Heinz Bauer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 747.069,61 brutto und Feststellung (Rekursinteresse S 286.413,55 sA; Revisionsinteresse S 60.772,44 sA), infolge Revision der klagenden Partei und Rekurses beider Parteien gegen das Teilurteil und den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 1. Oktober 1996, GZ 15 Ra 111/96b-28, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 11.April 1996, GZ 43 Cga 249/95m-20, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

Der Revision des Klägers und den Rekursen beider Streitteile wird nicht Folge gegeben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisions- und des Rekursverfahrens wird dem Endurteil vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat zutreffend begründet (§ 48 ASGG), daß

1.) der Kläger die Bezahlung der - über das Überstundenpauschale hinausgehenden - Überstunden hinreichend konkretisiert gefordert hat, sodaß ein Verfall nach § 7 des Kollektivvertrages für die Angestellten der Banken und Bankiers nicht eingetreten ist;

2.) die wiederholte Gewährung von Bilanzgeldern ohne Widerrufsvorbehalt einen erst später gemachten Widerrufsvorbehalt wirkungslos machte;

3.) die Tätigkeit des Klägers für zwei Tochtergesellschaften (Finanzierungsgesellschaften) der beklagten Partei als im Rahmen der vereinbarten Tätigkeit für die beklagte Partei, nämlich als Fachbereichsleiter bzw Abteilungsdirektor für Kredite, erbracht anzusehen und daher durch Überstundenentgelte abgegolten ist (mit anderen Worten ein zusätzlicher, auf § 1152 ABGB gegründeter Entgeltanspruch nicht besteht);

4.) sich der Kläger auf seine Überstundenforderung diverse Abschlagszahlungen der beklagten Partei (Sonderprämien, allenfalls und daher nach Maßgabe der Widmung auch zusätzliche, dh über die Kollektivvertragserhöhungen hinausgehende Gehaltserhöhungen bzw Beförderungen) anrechnen lassen muß.

Ergänzend ist den Rechtsmittelausführungen (Rekurs der beklagten Partei ON 29; Revision und Rekurs des Klägers ON 31) entgegenzuhalten:

Die gerügten Aktenwidrigkeiten liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Der Verfall von Überstundenentgelten tritt nach ständiger Rechtsprechung (DRdA 1981, 250; 9 ObA 153/93; 9 ObA 116/93) nicht ein, wenn der Arbeitnehmer - wie im vorliegenden Fall - sein Begehren soweit konkretisiert hat, daß der Arbeitgeber die hievon betroffenen Ansprüche ihrer Art nach erkennen kann.

Der erstmalig im Juni 1993 bei der Auszahlung des Bilanzgeldes gebrauchte Widerrufsvorbehalt konnte, nachdem in den vorausgehenden Jahren bei der Auszahlung von Bilanzgeldern kein solcher Vorbehalt erklärt worden war und schon durch die wiederholte Gewährung im Zusammenhalt mit der Betriebsübung eine Ergänzung des Einzelarbeitsvertrages des Klägers erfolgte, seinen Rechtsanspruch nicht mehr einseitig in Frage stellen.

§ 391 Abs 3 ZPO gestattet bei einer nicht im rechtlichen Zusammenhang stehenden Gegenforderung die Entscheidung über den Klagsanspruch durch Teilurteil; die Verhandlung über die Gegenforderung ist ohne Unterbrechung fortzusetzen. Es ist daher im Endurteil auch über den Bestand der Gegenforderung im Falle einer bereits bezahlten Klagsforderung abzusprechen, in welchem Umfange die mit Teilurteil zugesprochene Klagsforderung bereits getilgt war (SZ 50/134; SZ 59/133; Fasching LB2 RZ 1297; Rechberger in Rechberger, ZPO Rz 16 zu § 392; 8 Ob 632/93).

Die Tätigkeit des Klägers für zwei Tochtergesellschaften der beklagten Partei erfolgte aufgrund einer durch Arbeitgeberweisung bewirkten inhaltlichen Konkretisierung der Aufgaben des Klägers als Kreditsachbearbeiter bzw Abteilungsdirektor und hielt sich im vertraglichen Rahmen seiner Dienstleistungen als Bankangestellter (§ 6 Abs 1 AngG). Es erfolgte somit eine Änderung der vereinbarten Tätigkeit nur in quantitativer, nicht aber qualitativer Hinsicht. Ein gesonderter Entgeltanspruch hiefür besteht - neben einem Anspruch auf Vergütung von Überstunden (Mehrleistungen) - nicht, sodaß neben dem Entgeltanspruch als Bankangestellter für einen Anspruch auf ein "angemessenes Entgelt" im Sinne des § 1152 ABGB keine Rechtsgrundlage gegeben ist.

Ein weiterer Hinweis dafür, daß ein gesonderter Entgeltanspruch des Klägers für die Tätigkeit für zwei Tochtergesellschaften der beklagten Partei zu verneinen und dieser vielmehr durch den Entgeltanspruch gegenüber der beklagten Partei erfaßt ist, kann kraft Größenschlusses dem Konzernvorbehalt (§ 1 Abs 2 Z 5 AÜG) entnommen werden, wonach schon die Überlassung von Arbeitskräften im Konzernverhältnis vom Geltungsbereich der Abschnitte II bis IV dieses Gesetzes ausgenommen ist. Die gelegentliche Verrichtung von Tätigkeiten derselben Art, wie sie der Kläger der beklagten Partei als Bankangestellter schuldete, für eine dem Unternehmenszweck der beklagten Partei dienende Tochtergesellschaft entspricht umfänglich nicht dem erheblich weitergehenden Begriff der "Überlassung" im Sinne des AÜG. Sogar im Falle einer weitergehenden "Überlassung" der Arbeitskraft des Klägers an die Tochtergesellschaften hätte er nur einen Anspruch gemäß § 10 AÜG an die beklagte Partei als "Überlasser", während er gegenüber der Tochtergesellschaften als "Beschäftigter" nur im Rahmen der Bürgschaft nach § 14 AÜG unmittelbare Forderungen hätte. Zur Ausfallsbürgschaft (§ 14 Abs 2 AÜG) kann es gar nicht kommen, wenn die beklagte Partei dem Kläger die Tätigkeit für die Tochtergesellschaften im Rahmen von Überstunden- bzw Mehrleistungsvergütungen abgilt (vgl die in Aussicht gestellte Sonderprämie für das Projekt "S***** G*****", S 16 der Feststellung des Urteils erster Instanz).

Der festgestellte Protest des Klägers gegen die vom Arbeitgeber anläßlich von Gehaltserhöhungen abgegebenen Erklärungen, damit seien Überstunden abgegolten, bewirkte lediglich, daß eine abschließende, den Kläger möglicherweise benachteiligende Pauschalierungsvereinbarung nicht zustandekam; eine Anrechnung dieser erhöhten Entgelte im Sinne der Widmung des Schuldners (§ 1416 ABGB) auf die vom Kläger geforderten

Überstunden-(Mehrleistungs-)Vergütungen wird dadurch aber nicht ausgeschlossen (vgl zur Anrechnung der überkollektivvertraglichen Entlohnung eines leitenden Angestellten auf seine Überstundenarbeit 9 ObA 26/96).

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 und 2 ZPO.

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