Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahingehend abgeändert, daß der Sicherungsantrag der Zweit- und Viertklägerin, der Beklagten zu verbieten, aufgrund der mit der ehemaligen Nationalbank der früheren Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien abgeschlossenen Verträge und der bei ihr bestehenden Konten, Guthaben, Depots, Mietverträge oder sonstigen Vermögenswerte an die Bundesrepublik Jugoslawien bzw die Nationalbank der Bundesrepublik Jugoslawien oder an einen der Nachfolgestaaten oder deren Nationalbanken Zahlungen zu leisten, Vermögenswerte auszufolgen, bei der Eröffnung von Banksafes mitzuwirken oder sonstige Verfügungen zu treffen und Handlungen zu setzen, die den gegenwärtigen Zustand verändern, ohne daß die Zustimmung aller Nachfolgestaaten oder deren Nationalbanken vorliegt, abgewiesen wird.
In Ansehung der Erst- und Drittklägerin wird die Entscheidung bestätigt.
Die Erst- und Drittklägerin haben die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig, die Zweit- und Viertklägerin haben die Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen.
Die Zweit- und Viertklägerin haben der Beklagten die mit S 22.311,63 (darin S 3.718,60 USt) bestimmten anteiligen Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Nationalbank der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawiens (in der Folge SFRJ) hatte mit der Beklagten Bankverträge abgeschlossen, aufgrund derer Guthaben in Österreich verzinslich angelegt und Vermögenswerte deponiert wurden.
Die SFRJ wurde durch "dismembratio" aufgelöst. Die Nachfolgestaaten Kroatien, Mazedonien, Slowenien, Bosnien-Herzegowina und die Bundesrepublik Jugoslawien haben bisher keine Vereinbarung über eine Aufteilung des Vermögens und der Verbindlichkeiten der SFRJ getroffen. Die 1993 gegründete Nationalbank der Bundesrepublik Jugoslawien vertritt die Auffassung, alleiniger rechtmäßiger Nachfolger der ehemaligen Nationalbank der SFRJ zu sein.
In dem mit der Beklagten vor Klageeinbringung geführten Schriftverkehr erhoben die Klägerinnen gegen die Beklagte Ansprüche auf das bei ihr erliegende Vermögen; sie wiesen darauf hin, daß weder die Organe der früheren Nationalbank der SFRJ noch jene der neu etablierten Nationalbank der Bundesrepublik Jugoslawien verfügungsberechtigt seien. Die Beklagte vertrat demgegenüber die Auffassung, es müsse der Kontoinhaber geprüft werden und verwies die Klägerinnen zur Durchsetzung einer Verfügungsbeschränkung an die Gerichte.
Zur Sicherung ihrer gleichzeitig erhobenen Ansprüche auf Unterlassung und Rechnungslegung begehren die Klägerinnen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung des im Spruch genannten Inhaltes. Die SFRJ sei im Jahre 1991 durch "Dissolutio" bzw "Dismembratio" untergegangen. An ihre Stelle seien die Nachfolgestaaten Kroatien, Mazedonien, Slowenien, Bosnien-Herzegowina und die Bundesrepublik Jugoslawien getreten. Durch Auflösung der SFRJ habe auch die frühere Nationalbank dieses Staates, die keine eigene Rechtspersönlichkeit gehabt habe, sondern eine staatliche Teilorganisation gewesen sei, zu existieren aufgehört. Die Nachfolgestaaten, bzw deren Nationalbanken als vertretungsberechtigte staatliche Teilorganisationen seien in die Rechtsstellung der früheren Nationalbank und somit auch in die mit der Beklagten abgeschlossenen Verträge eingetreten. Sie bildeten eine Forderungsgemeinschaft im Sinn einer Gesamthandforderung nach § 890 zweiter Satz ABGB. Da weder die Höhe des aufzuteilenden Vermögens bekannt sei, noch Zeitpunkt, Aufteilungsgrundsätze oder Höhe der Anteile des zwischen den Nachfolgestaaten aufzuteilenden Vermögens feststünden, könne keiner der Nachfolgestaaten über seinen Forderungsanteil allein verfügen.
Die Ansprüche der Klägerinnen seien gefährdet, weil die neu gegründete Nationalbank der Bundesrepublik Jugoslawien die - rechtswidrige - Auffassung vertrete, alleinige legitime Rechtsnachfolgerin der früheren Nationalbank der SFRJ oder mit dieser ident zu sein. Sie setze alles daran, eine Aufteilung unter den übrigen Nachfolgestaaten zu verhindern. Die Beklagte weigere sich, eine verbindliche Erklärung abzugeben, daß sie vor einer Einigung der Nachfolgestaaten über die Aufteilung des erlegten Vermögens keine Auszahlungen an die Bundesrepublik Jugoslawien vornehmen werde. Es bestehe daher die Gefahr, daß die Beklagte (nach der bereits erfolgten devisenrechtlichen Freigabe der gegenständlichen Konten) Zahlungen an die Nationalbank der Bundesrepublik Jugoslawien leiste. So habe sie auch bereits angekündigt, Zahlungen an den Kontoinhaber, die Nationalbank Jugoslawiens leisten zu wollen. Durch Auszahlung bzw Verfügung über Vermögenswerte zugunsten der Nationalbank der Bundesrepublik Jugoslawiens werde in die rechtlichen und faktischen Möglichkeiten der Auseinandersetzung zwischen den Nachfolgestaaten untereinander eingegriffen; es sei zu besorgen, daß die Ansprüche der Kläger vereitelt, jedenfalls aber erheblich erschwert würden. Eine Durchsetzung der Ansprüche gegen die nunmehrige Bundesrepublik Jugoslawien sowie deren Nationalbank sei praktisch unmöglich.
Das Erstgericht erließ die begehrte einstweilige Verfügung ohne Anhörung der Beklagten. Durch den Zerfall des Staates Jugoslawiens sei auch deren Nationalbank untergegangen. Rechtsnachfolger der SFRJ seien deren Nachfolgestaaten, zu denen auch die Erst- und Drittklägerin gehöre. Anhaltspunkte dafür, daß die Bundesrepublik Jugoslawien bzw deren Nationalbank über allfällige Ansprüche gegen die Beklagte bzw über von dieser verwahrte Vermögenswerte allein verfügungsberechtigt sei, bestünden nicht. Da die Beklagte den Rechtsstandpunkt, wonach derzeit nur alle Nachfolgestaaten bzw deren Nationalbanken gemeinsam ihre Vertragspartner seien, nicht anerkenne und die Nationalbank der Bundesrepublik Jugoslawien versuche bzw beabsichtige, als alleinige Anspruchsberechtigte aufzutreten, sei ein Unterlassungsanspruch der Kläger bescheinigt.
Mit Rücksicht darauf, daß Ersatzansprüche gegen die Bundesrepublik Jugoslawien voraussichtlich nicht durchsetzbar seien, sei auch eine Gefährdung zu bejahen.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Beklagten nicht Folge. Auf die aus dem gegenständlichen Bankgeschäft entspringenden Rechte und Pflichten sei österreichisches Recht anzuwenden. Jede Nationalbank habe Anteil an der Wirtschaftsverwaltung des betreffenden Staates und sei ein in den Verwaltungsapparat eingebundener Rechtsträger, dessen sich dieser Staat zur Wahrnehmung eigener Verwaltungsaufgaben bediene. Die Anlage von Vermögenswerten eines Staates im Ausland diene den währungspolitischen Interessen dieses Staates und sei demnach eine Maßnahme der staatlichen Wirtschaftsverwaltung. Die Nationalbank der SFRJ habe Bankgeschäfte mit der Beklagten ohne eigenes wirtschaftlichen Interesse, sondern vielmehr unter Bindung an die währungspolitischen Interessen der SFRJ abgeschlossen und somit eine Funktion eingenommen, die der einer fremdnützigen Treuhänderin entspreche. Die Rechte an den von der Nationalbank der SFRJ bei der Beklagten angelegten Vermögenswerten seien wirtschaftlich ein Teil des Vermögens dieses Staates als Treugeber. Die Anerkennung der alleinigen Verfügung der Nationalbank der Bundesrepublik Jugoslawien über dieses Vermögen käme einer entschädigungslosen Enteignung der übrigen Nachfolgestaaten gleich.
Der Sicherungsantrag diene dazu, den völkerrechtlichen Anspruch der Nachfolgestaaten auf Aufteilung von Staatsvermögen zu sichern. Diesem Aufteilungsanspruch komme in gleichem Maß wie absoluten Rechten Schutz gegen Eingriffe Dritter zu; er könne nach den Vorschriften der §§ 381 ff EO gesichert werden. Mit der Ausfolgung von Vermögenswerten an die Bundesrepublik Jugoslawien oder an ihre Nationalbank würden die Aussichten der Nachfolgestaaten auf Befriedigung ihrer Ansprüche erheblich verschlechtert.
Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zu den hier erheblichen Rechtsfragen privat- und völkerrechtlicher Natur eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Beklagten ist aus den vom Rekursgericht angeführten Gründen zulässig und in Ansehung der Zweit- und Viertklägerin auch berechtigt.
Die Ansicht der Revisionsrekurswerberin, daß die Frage, ob und inwieweit die von der Nationalbank der ehemaligen SFRJ mit der Beklagten abgeschlossenen Bankgeschäfte der SFRJ selbst zuzurechnen sind, nach dem (damaligen) innerstaatlichen Recht dieses Staates zu beurteilen sei, trifft zu.
Während die aus dem Bankvertrag selbst entspringenden Rechte und Pflichten nach dem Recht der Niederlassung des Kreditunternehmens (§ 38 Abs 1 IPRG), somit nach österreichischem Recht zu beurteilen sind, richtet sich die Frage, ob das von der Nationalbank der SFRJ in Österreich angelegte bewegliche Vermögen der Nationalbank als selbständigem Rechtsträger zuzuordnen ist oder aber Staatsvermögen (= "State property" im völkerrechtlichen Sinn) bildet, nach dem seinerzeitigen innerstaatlichen Recht der SFRJ.
In diesem Sinn definiert auch Art 8 der von der International Law Commission (ILC) erarbeiteten "Wiener Konvention über Staatennachfolge in Staatsvermögen, -archive und -schulden 1983" Staatsvermögen des Vorgängerstaates ("State property of the predecessor State") als Vermögen und Rechte, die am Tag der Staatennachfolge entsprechend dem innerstaatlichen Recht des Vorgängerstaates Eigentum dieses Staates waren. Aufgabe dieser Kodifikation war es, bestehendes Völkergewohnheitsrecht zu formulieren (Reinisch/Hafner, Staatensukzession und Schuldenübernahme beim "Zerfall" der Sowjetunion, Schriftenreihe des FOWI [1995] 44).
Dem auf diese Frage anzuwendenden Nationalbankgesetz der SFRJ (kundgemacht im Amtsblatt der SFRJ Nr 34/89) ist zu entnehmen, daß die Nationalbank dieses Staates die ureigensten Aufgaben einer Notenbank zu erfüllen hatte (vgl auch das Gutachten Nr 15, 1993 der Schiedskommission der EU unter dem Vorsitz Badinter). Als Hauptziel der Tätigkeit der damaligen Nationalbank der SFRJ bezeichnet das Nationalbankgesetz der SFRJ die Sicherung der Geldwertstabilität, sowie die Aufrechterhaltung der Liquidität gegenüber dem Ausland (siehe auch Liliana Djekovic-Sachs, Währungsunion und Notenbankpolitik in Jugoslawien, in Schriftenreihe Wirtschaft und Gesellschaft in Südosteuropa 4,5,75).
Nach Art 17 SFRJ-Nationalbankgesetz hat die Nationalbank der SFRJ beim Ankauf und Verkauf von Devisen auf dem allgemeinen Devisenmarkt im Einklang mit den Bundesgesetzen und der festgelegten Währungs- und Devisenpolitik des Staates zu handeln. Sie hat nach Art 31 leg cit für die Erhaltung der Liquidität (des Staates) zu sorgen, geht im Rahmen und auf Rechnung der Föderation Verpflichtungen ein (Art 38 leg cit), wickelt für Rechnung der Föderation alle Geschäfte im Zusammenhang mit der Aufnahme und der Rückzahlung von Darlehen der Föderation auch im Ausland ab (Art 74 leg cit), gibt Banknoten und Münzen aus, legt deren Geldeinheiten fest, setzt sie in Umlauf oder außer Verkehr (Art 42 leg cit).
Die von der Nationalbank der SFRJ erzielten Gewinne wurden im Ausland deponiert (Art 99 leg cit) und dienten dazu, Zinsen und andere Auslagen für Auslandskredite zu decken (Art 100 leg cit). Verbleibende Gewinne wurden verschiedenen Fonds zugeführt (Art 101 leg cit), verblieben somit nicht in der Verfügungsberechtigung der Nationalbank. Für Verpflichtungen der Nationalbank haftete die Föderation als Bürgin (Art 4 leg cit).
Die Rechtspersönlichkeit der Nationalbank der SFRJ wird in Art 91 leg cit umschrieben. Sie habe die Eigenschaft einer "vergesellschaftlichten" juristischen Person, welche im Gegensatz zur juristischen Person des Privatrechts zu sehen ist. Ihre Organe wurden vom Bundesparlament ernannt und waren diesem verantwortlich. Das Parlament genehmigte auch die Satzung der Nationalbank als Organisationsgrundlage (Art 93 und 96 leg cit). Die Nationalbank übte ihre Tätigkeit in politischer Abhängigkeit aus, politische Autonomie hatte sie nicht. Sie unterlag unmittelbar politischer Einflußnahme (siehe Djekovic-Sachs aaO 249).
Aus diesen Bestimmungen wird in ihrer Gesamtheit deutlich, daß das Vermögen der Nationalbank der SFRJ - wenngleich sie eigene Rechtspersönlichkeit als "vergesellschaftete Gesellschaft" genoß - dem Staatsvermögen der SFRJ zuzurechnen ist, somit im völkerrechtlichen Sinn "State property" bildet, das im Falle einer "dismembratio" unter den Nachfolgestaaten aufzuteilen ist.
In diesem Sinne rechnen auch Reinisch/Hafner (aaO 62) finanzielle Verpflichtungen, die im allgemeinen Budget eines Zentralstaates oder der Bundesstaaten einer Föderation aufscheinen, als Staatsschulden dem Völkerrechtsubjekt Staat zu. Sie halten es auch für möglich (aaO 26), daß durch selbständige Rechtssubjekte im Ausland vorgenommene Vermögensveranlagungen als hoheitliches Handeln anzusehen sind, wenn man - der sozialistischen Völkerrechtslehre folgend - von einem weiten Begriff der hoheitlichen Tätigkeit ausgeht.
Während nun die Bundesrepublik Jugoslawien die Auffassung vertritt, alleiniger Nachfolgestaat der SFRJ und mit dieser ident zu sein, beurteilt die Staatengemeinschaft den Zerfall der SFRJ einhellig als "dismembratio". Darunter versteht das Völkerrecht den Übergang des Vorgängerstaates durch völlige Auflösung auf mehrere Nachfolgestaaten (Reinisch/Hafner aaO 33; Seidl-Hohenveldern, Völkerrecht8 Rz 1389).
Die Auffassung der Staatengemeinschaft wird in folgenden Dokumenten deutlich:
Die Resolution des Sicherheitsrates 757 (1992) stellt fest, daß der Anspruch der Nachfolgestaaten Serbien und Montenegro, die Mitgliedschaft der früheren SFRJ in den Vereinten Nationen automatisch fortzusetzen, nicht anerkannt werde.
Die Resolution des Sicherheitsrates 777 (1992) vertritt die Ansicht, die SFRJ habe aufgehört zu existieren, eine Identität der Bundesrepublik Jugoslawien, bestehend aus Serbien und Montenegro mit dem früheren Staat SFRJ sei nicht gegeben. Die Bundesrepublik Jugoslawien werde an der Generalversammlung der Vereinten Nationen nicht teilnehmen können und müsse erst um die Mitgliedschaft ansuchen.
Einer entsprechenden Anregung des Sicherheitsrates folgend beschloß die Generalversammlung der Vereinten Nationen in einer Resolution vom 22.9.1992, daß die Bundesrepublik Jugoslawien um die Mitgliedschaft ansuchen müsse und an der Tätigkeit der Generalversammlung nicht teilhaben könne.
Die von den Mitgliedern der Europäischen Gemeinschaft ins Leben gerufene Schiedskommission unter dem Vorsitz Badinter beschäftigte sich gleichfalls mit der Frage der Staatennachfolge und vertrat in den Punkten Nr 1, 8 und 10 der Zusammenfassung ihres Gutachtens 1992) die Auffassung, die SFRJ sei aufgelöst und habe zu bestehen aufgehört, die Bundesrepublik Jugoslawien sei einer der Nachfolgestaaten und nicht alleiniger Rechtsnachfolger. Diese Ansicht wurde auch in einer Deklaration der European Political Cooperation vom 20.7.1992 sowie in der Erklärung der EU vom 9.4.1996 über die Anerkennung der Bundesrepublik Jugoslawien als einen Nachfolgestaat vertreten.
Auf dieser Grundlage anerkannte Österreich die Bundesrepublik Jugoslawien als einen der Nachfolgestaaten der SFRJ und als unabhängiges und souveränes Mitglied der Staatengemeinschaft an (Schreiben des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten der Republik Österreich vom 17.4.1996, das der Bundesrepublik Jugoslawien am 25.4.1996 überreicht wurde; Österreichische außenpolitsche Dokumentation Nr 4/1996, Dokument 39).
In völkerrechtlicher Hinsicht ist der Zerfall der SFRJ somit als "dismembratio" zu beurteilen. Das Völkerrechtssubjekt SFRJ ist untergegangen, sein Staatsgebiet auf fünf von Österreich mittlerweile auch anerkannte Nachfolgestaaten aufgeteilt.
Nach Völkergewohnheitsrecht ist Staatsvermögen im Falle einer "dismembratio" nach dem völkerrechtlichen Prinzip der "equity" aufzuteilen (Reinisch/Hafner aaO 41). Art 18 der von der International Law Commission erarbeiteten "Wiener Konvention über die Staatennachfolge in Staatsvermögen, -archive und -schulden 1983" sieht in diesem Fall den Übergang beweglichen Staatsvermögens auf die Nachfolgestaaten in "equitable proportions" vor. Den Nachfolgestaaten kommt somit ein von der Staatengemeinschaft bejahter völkerrechtlicher Aufteilungsanspruch zu.
Die Resolution 1022 der Generalversammlung der Vereinten Nationen, die es den Mitgliedstaaten freistellt, die aufgrund der Resolutionen des Sicherheitsrates 757 und 820 eingefrorenen Guthaben freizugeben, weist in Punkt 6 ausdrücklich darauf hin, daß die Freigabe dieser Guthaben ohne Präjudiz für die Ansprüche der Nachfolgestaaten auf diese Vermögensmassen zu erfolgen habe. Punkt 5 sieht überdies (für die Mitglieder bindend) vor, daß Vermögensmassen, die unter anderem Gegenstand von Klagen sind, solange eingefroren bleiben sollen, bis über sie in Übereinstimmung mit dem anzuwendenden Recht verfügt werden könne.
Auch die Schiedskommission der EU unter dem Vorsitz Badinter geht in Pkt 9 der Zusammenfassung ihres Gutachtens davon aus, daß das im Ausland befindliche Staatsvermögen der SFRJ unter den Nachfolgestaaten entsprechend der zwischen diesen noch zu treffenden Vereinbarung "gleich" aufgeteilt werden müsse.
Das Erfordernis einer Vereinbarung der Nachfolgestaaten über die Aufteilung ist auch der Deklaration der EU vom 9.4.1996 zu entnehmen.
Ob nun dieser völkerrechtliche Aufteilungsanspruch der Nachfolgestaaten vor österreichischen Gerichten durch einstweilige Verfügung im Sinn des § 381 Z 1 EO gesichert werden kann, muß nicht entschieden werden, da in Ansehung des in Österreich veranlagten Vermögens jedenfalls sicherbare privatrechtliche Ansprüche der Erst- und Drittklägerin als Teilhaber der daran entstandenen Rechtsgemeinschaft bestehen.
Die vom Obersten Gerichtshof für den Fall des Erlöschens der Rechtspersönlichkeit einer ausländischen Kapitalgesellschaft entwickelte "communio incidens" Theorie (vgl SZ 26/145; SZ 28/1; JBl 1969, 339 (Hoyer); JBl 1987, 588 (Haidl) = ZfRV 1986, 44 (Seidl-Hohenveldern); Gamerith in Rummel, ABGB2 Rz 10 zu § 825) ist auch auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt anzuwenden.
Durch den Zerfall der SFRJ infolge "dismembratio" erlosch die Rechtspersönlichkeit dieses Staates und seiner Notenbank. Das dem Staat (der SFRJ) zurechenbare Vermögen ist nach Maßgabe noch abzuschließender völkerrechtlicher Verträge unter den Nachfolgestaaten aufzuteilen. Soweit davon die bei österreichischen Banken angelegten Guthaben betroffen sind, käme eine Ausfolgung des gemeinsamen Vermögens an bloß einen der Nachfolgestaaten allein - unter Außerachtlassung der Ansprüche der übrigen Mitglieder dieser Gemeinschaft - umsomehr der Anerkennung einer entschädigungslosen Enteignung im Staat des tatsächlichen Hauptverwaltungssitzes gleich, als die Bundesrepublik Jugoslawien auf dem Standpunkt steht, sie sei alleiniger Nachfolgestaat der SFRJ, wenn nicht mit dieser überhaupt ident. Da sich der Vermögensentzug durch Konfiskation wegen ordre - public - Widrigkeit nicht auf das in Österreich gelegene Vermögen der nach § 12 IPRG auch für Österreich als erloschen anzusehenden juristischen Person erstreckt, bildet dieses eine "communio incidens", somit eine Anteilsgemeinschaft aller Nachfolgestaaten (vgl Schwimann, Grundriß des IPR, 83 und in Rummel aaO § 12 IPRG Rz 8 mwN). Die einzelnen Mitglieder dieser Rechtsgemeinschaft haben somit der Beklagten gegenüber nur ein gemeinsames Forderungsrecht, in das durch Verfügungen eines einzelnen von ihnen - rechtswidrig - eingegriffen würde. Jedem einzelnen Mitglied dieser Rechtsgemeinschaft steht somit ein privatrechtlicher Anspruch auf Aufrechterhaltung des gegenwärtigen Zustandes, somit auch ein gegen die Beklagte gerichteter Anspruch auf Unterlassung jeglicher Verfügungen über dieses Vermögen zu und zwar solange, als nicht die Nachfolgestaaten über diese Vermögensmassen gemeinsam verfügen.
Dieser Anspruch kann durch eine einstweilige Verfügung nach § 381 Z 1 EO gesichert werden.
Wegen des Standpunktes der Nationalbank der Bundesrepublik Jugoslawien, daß sie alleinige Rechtsnachfolgerin der Nationalbank der SFRJ, und damit alleinige Verfügungsberechtigte über die Konten bei der Beklagten sei, wegen der durch die eidesstättige Erklärung vom 11.1.1996 bescheinigten Bemühungen der Bundesrepublik Jugoslawien, europaweit an die Vermögenswerte der früheren SFRJ heranzukommen, sowie aufgrund des Inhaltes des von den Klägern mit der Beklagten geführten Schriftverkehrs hat das Rekursgericht zu Recht eine konkrete Gefährdung der Ansprüche der Erst- und Drittklägerin als Mitglieder der communio incidens angenommen. Die Beklagte hat nämlich unter Hinweis auf die bestehenden Bankverträge die von den Klägern angestrebte (weitere) Sperre der Guthaben verweigert und damit Zahlungen an die Bundesrepublik Jugoslawien als wahrscheinlich hingestellt, sobald diese Ansprüche aus den von der ehemaligen Nationalbank der SFRJ mit der Beklagten abgeschlossenen Bankverträge geltend macht, zumal die Beklagte den Standpunkt vertritt, es komme darauf an, wer nach der Prüfung der Verfügungsberechtigung als Kontoinhaber zu gelten habe.
Allerdings sind als Mitglieder dieser Rechtsgemeinschaft nur die Erst- und Drittklägerin als berechtigte Nachfolgestaaten der SFRJ anzusehen. Die Klägerinnen haben zur Antragslegitimation der Zweit- und Viertklägerin zwar vorgebracht, diese seien aufgrund der nationalen Rechtsordnung Kroatiens und Mazedoniens berechtigt, die Forderung gegen die Beklagte geltend zu machen, haben dies jedoch nicht bescheinigt. Pkt 15. der Zusammenfassung des Gutachtens der Schiedskommission der Europäischen Union unter dem Vorsitz Badinter ist zur Bescheinigung eines Unterlassungsanspruches der Zweit- und Viertklägerin nicht geeignet. Dieses Gutachten stellt zwar ausdrücklich fest (Frage 5 b), daß die jeweiligen Nachfolgestaaten zu bestimmen haben, ob die von ihnen zu übernehmenden Rechte und Verpflichtungen vom Staat selbst oder seiner Nationalbank geltend gemacht werden. Ein Bescheinigungsmittel dafür, daß die Nationalbanken Kroatiens und Mazedoniens berechtigt sind, die Rechte am genannten Vermögen geltend zu machen, wurde jedoch von den Klägerinnen nicht vorgelegt.
Dem Revisionsrekurs der Beklagten war somit teilweise und zwar in Ansehung der Ansprüche der Zweit- und Viertklägerin Folge zu geben und der von diesen erhobenen Sicherungsantrag abzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten der Erst- und Drittklägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO, jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 43, 50, 52 Abs 1 ZPO. Die Erst- und Drittklägerin haben zur Gänze obsiegt, die Zweit- und Viertklägerin sind hingegen unterlegen. Die Beklagte hat im Rechtsmittelverfahren gegen die Zweit- und Viertklägerin obsiegt und ist gegen die Erst- und Drittklägerin unterlegen, sodaß ihr gegen die Zweit- und Viertklägerin ein Anspruch auf Ersatz der Hälfte der Kosten des Rechtsmittelverfahrens zusteht.
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