OGH 5Ob2385/96p

OGH5Ob2385/96p10.12.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin A.***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Herbert Margreiter, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, wider die Antragsgegnerin

1.) E***** Gesellschaft mbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr.Günther Hofinger, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg und 2.) Ö***** reg. Genossenschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Michael Wonisch, Dr.Hans-Jörg Reiner, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, wegen Änderung des Aufteilungsschlüssels gemäß § 19 Abs 3 WEG infolge Revisionsrekurses der Zweitantragsgegnerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 19.August 1996, GZ 54 R 122/96x-21, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Hallein vom 1.Dezember 1995, GZ 15 Msch 33/94g-17, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Parteien sind Miteigentümer der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches *****. Mit ihren Miteigentumsanteilen ist Wohnungseigentum an Objekten des Hauses Hallein, Zatloukalstraße 2, verbunden. Entsprechend den Miteigentumsanteilen wurde der Antragstellerin ein Betriebskostenanteil von 36,395 %, darunter auch - soweit für das Revisionsrekursverfahren noch von Bedeutung - für Fäkalien- und Kanalgebühr sowie Wasser verrechnet.

Die Antragstellerin betreibt in dem genannten Haus ein Möbelgeschäft, dessen Räumlichkeiten jedoch nur zum Teil auf dieser Liegenschaft, zum anderen Teil jedoch in dem direkt angebauten Haus der Nachbarliegenschaft liegen. Eine Wasserentnahmestelle im Objekt der Antragstellerin befindet sich nur in den Räumlichkeiten der Nachbarliegenschaft. Lediglich im Keller des Möbelhauses wäre eine Wasserentnahme aus dem Versorgungsnetz des hier verfahrensgegenständlichen Hauses möglich, wenn in die dort geführten Kaltwasserleitungen Abzweigungsstücke eingebaut würden.

Die Antragstellerin begehrte die Festsetzung eines abgeänderten Aufteilungsschlüssels - unter anderem auch für die nur noch den Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens bildenden Betriebskosten für Wasser- und Kanalgebühren - in der Weise, daß sie hiezu keine Beiträge zu leisten habe.

Die Antragsgegner beantragten Abweisung dieses Antrages unter anderem auch mit der Begründung, in Punkt VII. des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrages sei vereinbart, daß an der Erhaltung, der Reparatur und am Betrieb gemeinschaftlicher Anlagen anteilsmäßig beizutragen sei.

Das Erstgericht gab dem Antrag der Antragstellerin statt.

Das Erstgericht vertrat zusammengefaßt die Auffassung, daß die Aufwendungen für eine Liegenschaft nach § 19 Abs 1 WEG von den Miteigentümern nach dem Verhältnis ihrer Anteile zum Zeitpunkt des Endes der Abrechnungsperiode zu tragen seien, soweit nichts anderes wirksam vereinbart worden sei.

Aus dem vorliegenden Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag ergebe sich kein konkreter vertraglicher Aufteilungsschlüssel bezüglich der Betriebskosten. Lediglich in Punkt VII. des Vertrages werde bestimmt, daß an der Erhaltung, der Reparatur und dem Betrieb gemeinschaftlicher Anlagen die Vertragsparteien anteilsmäßig beizutragen hätten.

Ausgehend von § 19 Abs 3 WEG (idF des 3. WÄG) könne das Gericht auf Antrag eines Miteigentümers den Aufteilungsschlüssel bei einer wesentlichen Änderung der Nutzungsmöglichkeit seit einer Vereinbarung iSd Abs 2 leg cit oder bei Vorliegen erheblicher Unterschiede in der Nutzungsmöglichkeit (überhaupt) neu festsetzen. Die letztgenannte Voraussetzung sei erfüllt, weil die Antragstellerin für ihr Objekt auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft weder einen Wassernoch einen Kanalanschluß habe.

Das Rekursgericht bestätigte den Sachbeschluß des Erstgerichtes und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Das Rekursgericht billigte im wesentlichen die Rechtsansicht des Erstgerichtes.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zu einem vergleichbaren Sachverhalt sowie zur Frage der Übergangsbestimmungen des 3.WÄG eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.

Gegen den Sachbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Zweitantragsgegnerin mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen in antragsabweisendem Sinn abzuändern; hilfsweise wurde ein Aufhebungs- sowie ein Zurückweisungsantrag gestellt.

Eine Revisionsrekursbeantwortung wurde nicht erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Gemäß § 37 Abs 3 Z 16 - 18 MRG iVm § 526 Abs 2 ZPO ist der Oberste Gerichtshof an die vom Rekursgericht vorgenommene Beurteilung der Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses nicht gebunden. Entgegen der Rechtsansicht des Rekursgerichtes hängt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage ab: weder die vom Rekursgericht als erheblich angesehenen noch die im Revisionsrekurs sonst aufgeworfenen Rechtsfragen sind erheblich im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO:

Die von den Vorinstanzen vorgenommene Auslegung des Punktes VII. letzter Satz des Wohnungseigentumsvertrages, wonach unter dem dort gebrauchten Begriff "Anlagen" nur solche im Sinne des § 19 WEG, nicht aber auch die Wasserleitung und Kanalisation zu verstehen seien, stellt als Vertragsauslegung im Einzelfall - abgesehen von der hier zweifellos nicht gegebenen wesentlichen Verkennung der Rechtslage, die ein unvertretbares Auslegungsergebnis zur Folge hätte (Kodek in Rechberger, ZPO, Anm 5 zu § 502) - keine erhebliche Rechtsfrage dar.

Die mit Wirkung vom 1.1.1994 geänderten Bestimmungen des § 19 WEG sind gemäß Art III Abschnitt II Z 1 des 3.WÄG mangels besonderer Anordnungen zu dieser Gesetzesänderung (in den Übergangsbestimmungen der Z 2 - 6 des Art III Abschnitt II des 3.WÄG) auch auf bereits im Wohnungseigentum stehende Wohnungen und sonstige Räumlichkeiten anzuwenden. Dem steht nicht der Grundsatz entgegen, daß die neuen Rechtsvorschriften nur auf nach dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes verwirklichte Sachverhalte anzuwenden sind (s Würth/Zingher, WohnR '94, 362, Anm 1). Die Aufteilung der Aufwendungen für die Liegenschaft ist ein sich in jedem Jahr neu verwirklichender Sachverhalt. Dies hat zur Folge, daß die jeweils die Aufteilung der Aufwendungen auf die Miteigentümer regelnden Vorschriften maßgebend sind. Diese sich aus dem Gesetzestext klar ergebende Rechtsfolge ist ebenfalls nicht erst durch das Lösen einer erheblichen Rechtsfrage erkennbar.

Ein Vergleich der das Tragen von Aufwendungen für die Liegenschaft regelnden Bestimmungen des § 19 WEG idF vor und nach dem 3.WÄG - vor allem die hier entscheidungswesentlichen Bestimmungen des § 19 Abs 2 Z 2 WEG aF und § 19 Abs 3 Z 1 WEG nF - zeigt, daß nach dem nunmehr maßgebenden § 19 Abs 3 Z 1 WEG idF des 3.WÄG mit Wirksamkeit ab der der Antragstellung nachfolgenden Abrechnungsperiode (§ 19 Abs 4 WEG) das Gericht auf Antrag auch nur eines Miteigentümers den Aufteilungsschlüssel in allen Fällen des Vorliegens erheblicher Unterschiede in der Nutzungsmöglichkeit - nicht nur (wie nach altem Recht) bezüglich Anlagen (iSd § 19 Abs 2 Z 2 WEG aF) - nach billigem Ermessen neu festsetzen kann. Der klare Gesetzeswortlaut schließt es aus, auch die dargestellte neue Bestimmung, die an anderer Stelle (§ 19 Abs 3 Z 2 WEG) den Begriff "Anlagen" durchaus kennt, im Wege der Auslegung dahin zu verändern, daß weiterhin der Aufteilungsschlüssel wegen unterschiedlicher Nutzungsmöglichkeit nur in Bezug auf Anlagen im Sinne der früheren Rechtslage gerichtlich geändert werden könnte. Die Beurteilung der von den Vorinstanzen diesbezüglich vorgenommenen zutreffenden Gesetzesauslegung stellt daher keine erhebliche Rechtsfrage dar.

Bei Beurteilung, daß unter den für die rechtliche Beurteilung ausreichend und mängelfrei konkret festgestellten Verhältnissen (kein Wasser- und Kanalanschluß des Objektes der Antragstellerin auf dieser Liegenschaft) die Antragstellerin weder die Möglichkeit zum Wasserbezug noch zur Kanalbenützung auf dieser Liegenschaft hat und daß es daher dem billigen Ermessen entspricht, bezüglich dieser Gruppe von Aufwendungen (Wasser- und Kanalgebühren; vgl Würth/Zingher, WohnR'94, 286 Anm 5a) einen abweichenden Aufteilungsschlüssel dergestalt zu schaffen, daß die Antragstellerin von diesen Aufwendungen nichts zu tragen hat, wurde der dem Gericht eingeräumte Beurteilungsspielraum nicht überschritten, sodaß auch insofern keine erhebliche Rechtsfrage gegeben ist.

Der Revisionsrekurs war daher als unzulässig zurückzuweisen.

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