Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das Berufungsurteil, das im Umfang des Leistungsbegehrens als unangefochten unberührt bleibt, wird in seinem Ausspruch über das Feststellungsbegehren dahingehend abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Der Beklagte hat dem Kläger die mit 4.363,20 S (darin 1.320 S Barauslagen und 507,20 S Umsatzsteuer) bestimmten Revisionskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 20.4.1994 spielten die damals etwa 10 1/2-jährigen Streitteile mit Pfeil und Bogen. Als der Beklagte mit einem Pfeil auf eine Hummel zielte, löste sich dieser aus dem Bogen und traf das linke Auge des Klägers. Der Kläger erlitt eine schwere durchbohrende Hornhaut-Regenbogenhaut- und Linsenverletzung des linken Auges, die in weiterer Folge zu einer Netzhautabhebung und zur Erblindung des betroffenen Auges führte. Das verletzte Auge konnte zwar erhalten werden, eine Wiederherstellung des Sehvermögens war nicht zu erreichen. Dauerfolgen sind nicht auszuschließen.
Für den Beklagten besteht Versicherungsschutz aus einer Haftpflichtversicherung seiner Eltern mit einer Deckungssumme von S 3,000.000.
Der Kläger begehrte Schmerzengeld (400.000 S), eine Entschädigung für Verunstaltung (100.000 S) und Heilungskosten (52.827,90 S) sowie die Feststellung, daß ihm der Beklagte für alle künftigen Schäden aus dem Unfall vom 20.4.1994 in vollem Umfang schadenersatzpflichtig sei.
Der Beklagte wendete ein, nicht er habe durch unvorsichtiges und fahrlässiges Abschießen eines Pfeils das linke Auge des Klägers verletzt, diese Verletzung habe sich vielmehr der Kläger selbst zugefügt.
Das Erstgericht traf die eingangs zusammengefaßt wiedergegebenen Feststellungen. Es verurteilte den Beklagten zur Zahlung der gesamten Heilungskosten, eines Schmerzengeldes von 280.000 S und einer Entschädigung für Verunstaltung von 50.000 S, insgesamt somit 382.827,90 S und wies das Mehrbegehren ab. Es erließ das Feststellungsbegehren im beantragten Umfang.
Das Berufungsgericht gab den Berufungen der Streitteile Folge und verpflichtete den Beklagten zur Zahlung von insgesamt 512.827,90 S (Schmerzengeld 380.000 S, Verunstaltungsentschädigung 80.000 S und volle Heilungskosten). Das darüber hinausgehende Leistungsbegehren wies es ab. Es stellte fest, daß der Beklagte dem Kläger für alle künftigen Schäden aus dem Unfall nach Maßgabe des § 1310 erster und dritter Fall ABGB schadenersatzpflichtig sei. Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen die vorgenommene Einschränkung des Feststellungsbegehrens erhobene Revision des Klägers ist zulässig und berechtigt.
Entscheidungsgegenstand des Revisionsverfah- rens ist nur mehr das Feststellungsbegehren, wobei der Kläger die vom Berufungsgericht vorgenommene Einschränkung bekämpft. Er vertritt die Auffassung, eine Beschränkung der Haftung hätte schon deshalb nicht vorgenommen werden dürfen, weil der Beklagte eine solche im Verfahren erster Instanz nicht geltend gemacht habe.
Die Argumentation der Revision läßt zwar außer acht, daß es dem Kläger als Geschädigtem oblag, jene Umstände darzutun, die zur Haftung des Beklagten nach § 1310 erster und dritter Fall ABGB führen (Reischauer in Rummel, ABGB2 II Rz 11 zu § 1310 mwN). Er (und nicht der Beklagte) hatte somit all jene Umstände zu behaupten und zu beweisen, aus denen sich einerseits das Verschulden des Schädigers, andererseits die Tragbarkeit eines Schadenersatzes durch diesen ergeben.
Die Vorinstanzen gingen jedoch - unbekämpft - vom Alleinverschulden des Beklagten aus und nahmen keine Ersatzminderung aufgrund des im § 1310 1.Fall ABGB angesprochenen Abwägungen vor. Eine Billigkeitserwägung iS des 3.Falles der zit Gesetzesstelle käme aber nur subsidiär in Betracht, wenn der Schuldvorwurf ausgeschlossen wäre (EFSlg 54.246).
Die Frage, ob das Gericht im Sinn des § 1310 letzter Satz ABGB den gesamten Schadenersatz oder nur einen billigen Teil desselben zuspricht, gehört zum Grund des Anspruches, über den im Feststellungsbegehren bereits abgesprochen wurde.
Die vom Berufungsgericht vorgenommene Einschränkung des Feststellungsbegehrens auf noch vorzunehmende Billigkeitserwägungen ist daher unberechtigt. Deshalb ist das Urteil des Berufungsgerichts abzuändern und die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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