Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.058,88 (darin S 676,48 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin war vom 15.11.1965 bis 30.6.1994 bei der beklagten Partei als Aufräumerin beschäftigt. Anläßlich ihrer Pensionierung erhielt sie eine Abfertigung, bei deren Ermittlung unter anderem die gewährte Erschwerniszulage und die Leistungszulage nicht berücksichtigt waren.
Mit der vorliegenden Klage begehrt sie die entsprechende Abfertigungsdifferenz.
Die beklagte Partei beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Auf Grund der (unverständlichen) Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 8.11.1995, 9 ObA 119/95, sei der Klägerin zwar die aus der Einrechnung der Sonderzahlungen entstandene Differenz nachgezahlt worden, doch stehe ihr die begehrte weitere Nachzahlung nicht zu. Nach § 27 der Vertragsbedienstetenordnung der Stadt Innsbruck (VBO) habe die Klägerin nur Anspruch auf eine Abfertigung in Höhe des Vielfachen des dem Vertragsbediensteten für den letzten Monat des Dienstverhältnisses gebührenden Monatsentgelts und der Familienzulage. Der die Entlohnung regelnde § 9 VBO verweise auf das Schema für pragmatisierte Beamte. Für diese gelte § 55 des Innsbrucker Gemeindebeamtengesetzes 1970, das wiederum auf das Gehaltsgesetz 1956, BGBl 54 verweise. In dessen § 3 Abs 2 sei festgelegt, daß der Monatsbezug aus dem Gehalt und bestimmten Zulagen bestehe. Eine Erschwernis- und Leistungszulage falle nicht unter die aufgezählten Zulagen. Daraus folge, daß diese Zulagen Nebengebühren im Sinne des § 13 VBO seien. Diese Bestimmung verweise aber auf die sinngemäße Geltung der Vorschriften für die Beamten der Landeshauptstadt Innsbruck. Das Innsbrucker Gemeindebeamtengesetz 1970, LGBl 44, zuletzt geändert mit LGBl 1995/96 bestimme in seinem § 26 die Nebengebühren und enthalte in Abs 1 lit d Sonderzulagen. In Abs 2 leg cit werde auf eine vom Gemeinderat erlassene Nebengebührenverordnung verwiesen. Im § 2 lit d dieser Nebengebührenverordnung seien unter anderem Sonderzulagen als Nebengebühren definiert. Im § 6 der Verordnung seien "Sonderzulagen zur Abgeltung besonderer dienstlicher Erschwernisse... Schmutz- und Gefahrenzulagen" angeführt. Da die Klägerin als Aufräumerin tätig gewesen sei, habe sie neben ihrem Monatsentgelt noch die Erschwerniszulage und die Leistungszulage als Nebengebühren erhalten. Diese Nebengebühren seien daher nicht unter dem Begriff des "Monatsentgelts" zu subsumieren.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf im wesentlichen noch folgende Feststellungen:
Die Klägerin erhielt bei ihrem Eintritt in die Dienste der beklagten Partei keinen schriftlichen Dienstvertrag. Es wurde mit ihr lediglich mündlich vereinbart, daß auf ihr Dienstverhältnis die Vertragsbedienstetenordnung der Bediensteten der Landeshauptstadt Innsbruck Anwendung finde. Sie erhielt eine Aufstellung mit dem Titel "Monatsbezüge", auf der die Verwendungsgruppe, das Grundgehalt sowie die damals gewährten Zulagen sowie der Gesamtbetrag ihres monatlichen Entgelts aufgelistet waren. Sowohl die Erschwerniszulage als auch die Leistungszulage wurden der Klägerin regelmäßig monatlich ausgezahlt.
Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß in der Nebengebührenverordnung des Gemeinderats, auf welche § 26 des Innsbrucker Gemeindebeamtengesetzes verweise, zwar eine Schmutz- und Gefahrenzulage genannt, aber von einer "Erschwerniszulage" oder "Leistungszulage" keine Rede sei. Die Verweisung in der VBO auf die Schemata für die pragmatisierten Beamten bringe nichts für die Frage, ob die begehrten Zulagen in die Bemessung des Abfertigunganspruches einzubeziehen seien. Zufolge der unsystematischen Verwendung der Bezeichnungen für die Entlohnung lasse sich der in § 27 VBO verwendete Begriff des "Monatsentgelts" nicht näher abgrenzen. Soweit in § 13 VBO Nebengebühren angeführt seien, ergebe sich daraus noch kein zwingender Hinweis darauf, daß diese Nebengebühren nicht monatliches Entgelt und sohin Monatsentgelt im Sinne des § 27 VBO seien.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß der VBO der beklagten Partei im interpretativen Weg keine exakte Abgrenzung des Entgeltbegriffes zu entnehmen sei. Die Nebengebühren gemäß § 13 VBO seien als Reise- und Übersiedlungsgebühren sowie als andere Nebengebühren (näher definiert als Aufwandsentschädigungen) erwähnt und bezüglich dieser Nebengebühren werde wiederum auf das Dienstrecht der Beamten der beklagten Partei verwiesen. Ziehe man diese Regelung heran, könnten aber nicht alle Bestimmungen aus der Verordnung der beklagten Partei zur Qualifizierung der Nebengebühren herangezogen werden, sondern nur jene, die sich aus dem wörtlichen Verständnis des § 13 VBO ergeben. Bei diesen Nebengebühren handle es sich um reine Aufwandsentschädigungen, welche tatsächlich nicht in die Bemessungsgrundlage der Abfertigung einzubeziehen wären. Bei der der Klägerin gewährten Erschwernis- und Leistungszulage handle es sich aber nicht um derartige Aufwandsentschädigungen. Die von der beklagten Partei gewünschte globale Verweisung auf § 26 des Innsbrucker Gemeindebeamtengesetzes scheitere schon daran, daß dem § 13 VBO eine solche globale Verweisung eben nicht zu entnehmen sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene außerordentliche Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das noch streitverfangene Klagebegehren abgewiesen werde.
Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der außerordentlichen Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision ist zulässig, weil es zur Frage, ob die gegenständlichen Zulagen in die Bemessung der Abfertigung einzubeziehen sind, noch keine höchstgerichtliche Judikatur gibt; die Revision ist aber nicht berechtigt.
Mangels Gesetzgebungskompetenz des Gemeinderats ist die Vertragsbedienstetenordnung der beklagten Partei lediglich eine Vertragsschablone, die nur kraft einzelvertraglicher Vereinbarung Inhalt des jeweiligen Dienstvertrages wird. Auch die vielfachen Verweisungen in dieser an sich unverbindlichen Schablone auf öffentliches Bundes-, Landes- und Gemeindedienstrecht haben nur zur Folge, daß diese Bestimmungen einzelvertraglich als sogenannte lex contractus Beachtung finden können. Schon daraus folgt, daß sich die beklagte Partei, die sich dieser Vertragsschablone bedient, auch die Unklarheitenregel des § 915 ABGB entgegenhalten lassen muß. Andererseits gelten aus der weiterwirkenden Bundeskompetenz (Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG iVm Art XI Abs 2 B-VGNov BGBl 1974/444) die gesetzlichen Bestimmungen des ABGB über den Dienstvertrag (vgl DRdA 1994/2 [zust Schnorr] mwH).
Gemäß § 27 Abs 3 der auf Gemeinderatsbeschlüssen beruhenden Vertragsbedienstetenordnung der Stadt Innsbruck (VBO) beträgt die Abfertigung ein Vielfaches des dem Vertragsbediensteten für den letzten Monat des Dienstverhältnisses gebührenden Monatsentgeltes und der Familienzulagen. Nun enthält das ABGB zwar keine Regelung über die Abfertigung, aber einen umfassenden Entgeltbegriff. Unter Entgelt wird im Sinne des § 1152 ABGB alles verstanden, was der Dienstnehmer für seine Leistung als Gegenleistung bekommt. Das Entgelt umfaßt nicht nur das eigentliche Gehalt, sondern auch alle übrigen, ordentlichen und außerordentlichen Leistungen zusätzlicher Art (vgl Krejci in Rummel2 ABGB § 1152 Rz 9 sowie § 1154 Rz 4 je mwH; 9 ObA 119/95). Die Herausnahme der Familienzulage in § 27 Abs 3 VBO vermag diesen zugrundezulegenden Entgeltbegriff noch nicht einzuschränken, da diese Zulage zwar auch Entgelt im weiteren Sinn ist, aber nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der zu verrichtenden Arbeit steht, sondern auf Grund der besonderen familiären Verhältnisse gewährt oder mangels dieser Komponenten nicht gewährt wird.
Wie die Vorinstanzen richtig erkannten, wird die dem Vertragsbediensteten zukommende Gegenleistung in der VBO ohne nähere Definition in unsystematischer Weise mit verschiedenen Bezeichnungen umschrieben. Nach § 4 Abs 1 lit c hat der Dienstvertrag Bestimmungen darüber zu enthalten, welche "Bezüge" der Vertragsbedienstete erhält.
§ 7 Abs 3 regelt den Verlust der "Bezüge" bei Dienstverhinderung. Nach § 9 Abs 1 (Entlohnung) errechnet sich die "Entlohnung" der Vertragsbediensteten aus den Schemata für pragmatisierte Bedienstete in der Weise, daß sich bei den beiden Schemata unter Berücksichtigung der in Geltung stehenden sozialversicherungsmäßigen Belastungen dieselbe Lohnsteuerbemessungsgrundlage ergibt. In § 9 Abs 2 ist von "Dienstbezügen" die Rede und in § 9 Abs 3 und 4 vom "Entgelt", das für eine höherwertige Verwendung gebührt. Der Begriff "Monatsentgelt" findet sich in § 10 Abs 1 und 2, während in Abs 3 leg cit von einem "besonderen Entgelt" die Rede ist. In § 11 wird hinsichtlich der Höhe der "Entlohnung" für die Mehrdienstleistungen und der "sonstigen Nebenbezüge" auf die für die Beamten der Landeshauptstadt Innsbruck jeweils erlassenen Vorschriften verwiesen. Nicht vollbeschäftigte Vertragsbedienstete erhalten gemäß § 12 den ihrer Arbeitszeit entsprechenden Teil des "Monatsentgelts" und der Familienzulagen. Nach § 13 (Nebengebühren) gelten für die Reise- und Übersiedlungsgebühren sowie für andere Nebengebühren (Aufwandsentschädigungen), soweit nicht eine besondere Regelung getroffen wird, die einschlägigen Vorschriften für die Beamten der Landeshauptstadt Innsbruck sinngemäß. Bei Dienstverhinderung behält der Vertragsbedienstete gemäß § 15 Abs 1 durch 2 Wochen den Anspruch auf das "Entgelt" und die Familienzulagen. Von "Entgelt" ist ferner auch in den Absätzen 7 und 8 leg cit die Rede. Gehaltsvorschüsse können nach § 16 Abs 2 unter anderem durch Abzug aus "Gehalts- und Gebührenforderungen" hereingebracht werden. § 18 Abs 1 regelt den "Erholungsurlaub" unter "Fortzahlung der Dienstbezüge einschließlich der Familienzulagen sowie der Zulagen, die der Vertragsbedienstete 6 Monate hindurch vor Antritt des Urlaubs bezogen hat". In diesem Zusammenhang ist auch die Übergangsbestimmung des § 31 Abs 1 von Interesse. Ergibt sich nämlich bei der Erneuerung des Dienstvertrages ein niedrigeres "Monatsengelt" als bisher, wobei Familienzulagen und andere Zulagen nicht in Anschlag zu bringen sind, kann dem Bediensteten eine nach Maßgabe des Erreichens höherer Bezüge einzuziehende Zulage bis zur Höhe des Unterschiedes gewährt werden. Die ausdrückliche Erwähnung der "anderen Zulagen" im Zusammenhalt mit dem "Monatsentgelt" spricht dafür, daß diese Zulagen ohne jeweilige besondere Herausnahme als Teil des Monatsentgelts angesehen wurden. Wären nämlich diese anderen Zulagen von vornherein nicht Bestandteil des "Monatsentgelts" hätte es keiner besonderen Herausnahme bedurft.
Die von der beklagten Partei geforderte Gleichstellung des Begriffes der "Entlohnung" gemäß § 9 VBO mit dem in § 27 Abs 3 erwähnten "Monatsentgelt" ist daher der Vertragschablone nicht zu entnehmen. Insofern ist auch aus dem Umstand, daß es "Nebengebühren" gemäß § 13 VBO gibt, nichts für die Revisionswerberin zu gewinnen. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, betreffen die Nebengebühren, die in § 13 VBO angeführt und hinsichtlich derer auf gesetzliche Bestimmungen verwiesen wird, die Reise- und Übersiedlungsgebühren sowie andere Nebengebühren, welche der Klammerausdruck näher mit Aufwandsentschädigung umschreibt. Aufwandsentschädigungen gebühren aber nur als Ersatz eines echten Aufwandes, den der Arbeitnehmer für den Arbeitgeber erbringt und sind daher kein Entgelt (vgl Spielbüchler in Floretta/Spielbüchler/Strasser, ArbR3 I 173 mwH). Daß der der Klägerin monatlich gezahlten Erschwernis- oder Leistungszulage ein Äquivalent in Form eines erhöhten Verbrauches gegenübergestanden wäre, wurde von der beklagten Partei bisher nicht dargetan. Aber auch der in § 13 VBO enthaltene Verweis auf die "einschlägigen Vorschriften" für die Beamten der Landeshauptstadt Innsbruck erbringt kein anderes Ergebnis.
Nach § 55 des Innsbrucker Gemeindebeamtengesetzes 1970, LGBl 44 finden auf das Besoldungsrecht der Beamten folgende Vorschriften sinngemäß Anwendung, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist:
a) § 2 lit c mit Ausnahme der Z 1 sublit aa und bb des Landesbeamtengesetzes 1994 mit folgenden Abweichungen:
1.) Die 34-igste Gehaltsgesetznovelle, BGBl 1979/136 und die 35-igste Gehaltsgesetznovelle, BGBl 1979/561 finden zur Gänze Anwendung.
2.) Die §§ 15 bis 20 c, 30 b, 30 c, und 38 a des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl Nr. 54, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl 1995/297 finden keine Anwendung.
3.) .....
b) die §§ 10, 11 und 11 a des Landesbeamtengesetzes 1994.
c) § 55 Abs 1 und § 56 des Gehaltsgesetzes 1956.
§ 2 lit c des Landesbeamtengesetzes verweist weiter auf das Gehaltsgesetz 1956, BGBl Nr. 54 idF des Bundesgesetzes BGBl 1978/677 mit Ausnahme des § 83 sowie mit folgenden Abweichungen .............
Aus der Definition des § 3 Abs 2 GehG, daß der Monatsbezug des Beamten aus dem Gehalt und allfälligen Zulagen besteht, ist entgegen der Ansicht der beklagten Partei für das Verständnis der VBO mangels Begriffsidentität nichts zu gewinnen. Nach § 26 Abs 1 des Innsbrucker Gemeindesbeamtengesetzes 1970 sind Nebengebühren Reisegebühren, Aufwandsentschädigungen, Mehrleistungsvergütungen, Sonderzulagen, einmalige Belohnungen, Jubiläumsgaben und Treuegeld. Dazu gibt es Beschlüsse des Gemeinderats, die in § 2 der Nebengebührenverordnung als Nebengebühren Reisegebühren, Aufwandsentschädigungen, Mehrleistungsvergütungen, Sonderzulagen und einmalige Belohnungen anführen. Dem § 6 Abs 1 dieser Verordnung ist dazu zu entnehmen, daß Sonderzulagen zur Abgeltung besonderer dienstlicher Erschwernisse insbesondere als Fehlgeldentschädigungen, Schmutz- und Gefahrenzulage gewährt werden.
Abgesehen davon, daß die Verweisung in § 13 VBO auf die dort definierten Aufwandsentschädigungen eingeschränkt ist und die fortgesetzten Weiterverweisungen den Empfängerhorizont eines durchschnittlichen Dienstnehmers übersteigen, so daß er nicht mehr wissen kann, was "vereinbart" ist, findet sich sohin auch in diesen Bestimmungen kein Hinweis, daß damit auch die der Klägerin gewährte Erschwernis- und Leistungszulage umfaßt wäre. Diese Zulagen sind daher vom Begriff des "Monatsentgelts" im Sinne des § 27 VBO nicht ausgenommen.
Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO begründet.
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