Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin die mit S 1.791,36 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 298,56 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, daß die Vergütung der Kosten der Bahnfahrt erster Klasse durch die beklagte Partei im Wissen, die Klägerin habe tatsächlich die zweite Klasse benützt, als eine über den Ersatz des tatsächlichen Aufwandes hinausgehende Zahlung zu werten ist, die Entgeltcharakter hat und daß durch wiederholte, vorbehaltlose Gewährung solchen zusätzlichen Entgelts der Einzelarbeitsvertrag ergänzt wird (§ 48 ASGG).
Den Revisionsausführungen ist entgegenzuhalten:
1. Der Weisung der beklagten Partei vom 24.2.1989 über den Ersatz von Reiseaufwendungen ("Information intern 215") kann ein Widerrufsvorbehalt nicht entnommen werden. Die Dienst-, Bezugs- und Pensions-Ordnung der beklagten Arbeiterkammer hat den Charakter einer Vertragsschablone (SZ 61/106 = DRdA 1990/22, 269 [Öhlinger] = Arb
10.740 zum Pensionsbeitrag; SZ 63/227 = ZAS 1991/20, 201 [Sladecek] zur Witwenpension). Aus dieser, insbesondere aber aus der die Ermächtigungsgrundlage für die Spesenvergütung darstellenden Bestimmung des § 65 Abs 1 DBPO kann ein allgemeines, jeder Weisung innewohnendes Widerrufsrecht ebenfalls nicht abgeleitet werden. Lediglich durch eine eine frühere normative Regelung ablösende jüngere normative Regelung kann allenfalls eine Verschlechterung der Rechte der Arbeitnehmer ohne ihre Zustimmung erfolgen, nicht aber durch eine vertragliche Regelung oder bei einer Vertragsergänzung durch eine Betriebsübung ohne Widerrufsvorbehalt.
2. Geht eine Vergütung (im Fall der Entscheidung Arb 9838 = SozM II b
1119 = DRdA 1980/20, 390 [Cermak] Außendienstzulage im Zusammenhang
mit einer Versetzung) über einen reinen Spesenersatz hinaus, dann
gewinnt der ersparte Betrag den Charakter eines echten Entgelts
(ähnlich zum Organisationspauschale bei einer Dienstfreistellung DRdA
1993, 397 = ecolex 1993, 846 = infas 1993 A 81 = WBl 1993, 223; 9 Ob
A 171-173/94 zur Aufteilung von "Diäten" in echtes Entgelt und
Spesenanteil). Dies hat folgerichtig auch für die Vergütung von
Fahrtauslagen über das Ausmaß der tatsächlichen, dem Arbeitgeber
nachgewiesenen Auslagen hinaus zu gelten. In der Dienstanweisung
"Information intern 215" wird unter Hinweis auf die unterschiedlichen
Auswirkungen für den Lohnsteuer-Abzug sogar ausdrücklich - und ohne
jeden Widerrufsvorbehalt - auf den Fall der Verrechnung höherer, als
der nachgewiesenen Fahrtauslagen hingewiesen. Der Entgeltcharakter
kann auch nicht von der beklagten Partei dadurch in Frage gestellt
und der unterlassene Widerrufsvorbehalt nicht dadurch nachgeholt
werden, daß diese Verrechnungsweise als "großzüge Handhabung des
Aufwandersatzes" bzw als formale Arbeitsbedingung dargestellt wird.
Durch die willentliche Überpauschalierung dh Vergütung über den tatsächlich nachgewiesenen Aufwand hinaus, enthält die Zahlung neben dem Aufwandersatzanteil einen zusätzlichen Entgeltanteil (im Sinne
des weiten Entgeltbegriffes im Arbeitsrecht: SZ 50/46 = Arb 9573 =
JBl 1979, 215; Arb 9430 = ZAS 1977/19, 140). Eine einseitige Änderung
des schlüssig ergänzten Arbeitsvertrages verstößt gegen den Grundsatz der Vertragstreue; das fehlende Korrektiv kann allenfalls durch eine Änderungskündigung, nicht aber durch einen rechtswidrigen Widerruf der Vorgangsweise, die zur schlüssigen Vertragsergänzung führte, erfolgen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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