OGH 4Ob2345/96y

OGH4Ob2345/96y26.11.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf.Dr.Gamerith als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek und Dr.Niederreiter sowie durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei "S***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Hans Bichler und Mag.Edgar Zrzavy, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Sabine F*****, vertreten durch Dr.Harald Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, infolge Revisionsrekurses der Klägerin gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 29.August 1996, GZ 4 R 102/96s-11, mit dem der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 11. März 1996, GZ 24 Cg 35/96x-6, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung insgesamt unter Einschluß des bestätigten und des in Rechtskraft erwachsenen Teiles, wie folgt zu lauten hat:

"Einstweilige Verfügung

Zur Sicherung des Anspruches der Klägerin gegen die Beklagte auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen wird der Beklagten bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils im geschäftlichen Verkehr verboten, darauf hinzuweisen, daß sie Fachkräfte eingestellt habe, die bei der Klägerin beschäftigt gewesen waren, und in diesem Zusammenhang die Bezeichnungen 'S*****' bzw. 'S*****-Reisen' zu benutzen.

Das Mehrbegehren, der Beklagten im geschäftlichen Verkehr zu verbieten, wichtige Arbeitskräfte zu dem Zweck, die Erfahrungen und Leistungen der Klägerin nutzbar zu machen oder ihr mit den abgeworbenen Kräften Kunden 'abzujagen', planmäßig herüberzuziehen, sowie der Klägerin in sittenwidriger Weise Kunden abzuwerben, indem sie sich ehemaliger Dienstnehmerinnen der Klägerin gerade im Kundenkreis der Klägerin bedient, wird abgewiesen.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit S 6.098,40 bestimmten anteiligen Äußerungskosten (darin S 1.016,40 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die Klägerin hat zwei Drittel der Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen; ein Drittel hat sie vorläufig selbst zu tragen.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit S 16.773,60 bestimmten anteiligen Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 2.795,60 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Streitteile betreiben Reisebüros. Sie sind nicht auf bestimmte Gebiete spezialisiert und arbeiten mit verschiedenen Veranstaltern zusammen.

Die Klägerin hat eine Niederlassung im S*****zentrum in M*****. Ende 1995 hatte sie in ihren verschiedenen Betriebsstätten rund 18 Mitarbeiter; im S*****zentrum waren neun Mitarbeiter beschäftigt; zwei davon waren Lehrlinge. Zu den Beschäftigen im S*****zentrum zählten Christine R*****, Gabriele K*****, Sabine Ki***** und Brigitta F*****. Christine R***** war seit 1976 bei der Klägerin beschäftigt, Brigitta F***** seit 1989, Gabriele K***** seit 1990 und Sabine Ki***** seit 1.8.1995.

Die Beklagte ist die Tochter von Christine R*****. Sie betreibt in P***** ein Reisebüro, das etwa 6 km vom S*****zentrum entfernt ist. In M***** gibt es einige Reisebüros, die weniger weit vom S*****zentrum entfernt sind.

Christine R***** erwog schon länger, Ende 1995 in Pension zu gehen. Sie wurde in ihrem Entschluß dadurch bestärkt, daß das Ö***** im Herbst 1995 die Klägerin übernahm. Christine R***** wollte nur mehr fallweise für ihre Tochter als Konsulentin arbeiten. Ihr Dienstverhältnis zur Klägerin kündigte sie am 15.11.1995 zum 31.12.1995 auf.

Gabriele K*****, Sabine Ki***** und Brigitta F***** waren von der Übernahme durch das Ö***** nicht begeistert; sie erwogen einen Wechsel, hatten jedoch weder gekündigt noch andere Stellen in Aussicht. Christine R***** schlug ihnen vor, mit der Beklagten zu sprechen. Diese erwarte ein Kind und suche Mitarbeiter. Es kam zu einem Gespräch mit der Beklagten; die Beklagte bot Gabriele K*****, Sabine Ki***** und Brigitta F***** an, zu gleichen Konditionen zu ihr zu wechseln.

Gabriele K*****, Sabine Ki***** und Brigitta F***** nahmen das Angebot an und kündigten ihr Dienstverhältnis zur Klägerin am 20.11.1995 zum 31.12.1995 auf. Die Klägerin (das Ö*****) bot ihnen an, das Dienstverhältnis fortzusetzen; sie lehnten aber ab.

Seit 1.1.1996 sind Gabriele K*****, Sabine Ki***** und Brigitta F***** bei der Beklagten beschäftigt. Christine R***** hilft auf eher privater Basis im Geschäft ihrer Tochter mit, die im Dezember 1995 ein Kind bekommen hat. Die Beklagte beschäftigt noch drei weitere Dienstnehmer; eine vierte ist am 31.1.1996 zur Klägerin gewechselt.

Die Beklagte wies in Werbeeinschaltungen in der Broschüre "extra Mödling" vom Dezember 1995 und im "Reisejournal extra - Zeitung für Urlaubsplanung", einer Postwurfsendung, darauf hin, daß Christine R*****, Gabriele K*****, Sabine Ki***** und Brigitta F***** nunmehr bei ihr beschäftigt sind. Auf dem Titelblatt von "extra Mödling" waren die vier Dienstnehmerinnen unter der Überschrift "Die 'S*****'-Powerfrauen jetzt in P*****" abgebildet. Darunter hieß es "Sie treffen Ihre Reise-Experten ab sofort bei O*****-Reisen in P*****: Sabine Ki*****, Christine R*****, Gabriele K***** und Brigitta F*****". Im Blattinnern war eine Einladung zum "Willkommens-Cocktail bei O***** Reisen" mit "Die 'S*****'-Powerfrauen jetzt bei O***** Reisen!" überschrieben. Die vier Dienstnehmerinnen wurden in Wort und Bild vorgestellt. Bei Christine R***** wurde darauf hingewiesen, daß sie als gewerbliche Geschäftsführerin von 1980 bis 1995 maßgeblich am Erfolg des Reisebüros S*****-Reisen beteiligt gewesen sei; bei Brigitta F***** hieß es, daß ihre zufriedenen Stammkunden sie jetzt bei O***** Reisen antreffen können. Gabriele K***** sei für viele Kunden im Bezirk M***** ein überaus geschätzter Ansprechpartner. Sowohl in dieser Einschaltung als auch im "Reisejournal extra" wurde neben der Vorstellung der vier Dienstnehmerinnen noch ausgeführt:

"Ab 1.1.1996 gibt es eine neue 1. Adresse für alle Reiselustigen im Bezirk M*****: O***** Reisen in P*****. Dort treffen Sie auch ab sofort Ihre Reise-Expertinnen Christine R*****, Gabriele K*****, Brigitta F***** und Sabine Ki*****. O***** Reisen, das etablierte Reisebüro in P*****, hat rechtzeitig zum 5-Jahres-Jubiläum Verstärkung bekommen. Und was für eine! Die 'S*****'-Powerfrauen bieten ihre exzellenten Kenntnisse der schönsten Destinationen rund um den Erdball, der lohnendsten Fernreisen, der klassischen Wochenendziele, der versprechendsten Pauschalreisen und natürlich auch der besten Flüge ab sofort bei O***** Reisen in der B*****gasse 4 in P***** allen Reiselustigen an."

Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung im geschäftlichen Verkehr zu verbieten,

1. wichtige Arbeitskräfte zu dem Zweck, die Erfahrungen und Leistungen der Klägerin nutzbar zu machen oder ihr mit den abgeworbenen Kräften Kunden "abzujagen", planmäßig herüberzuziehen;

2. darauf hinzuweisen, daß sie Fachkräfte eingestellt habe, die bei der Klägerin beschäftigt gewesen waren, und in diesem Zusammenhang die Bezeichnungen "S*****" bzw. "S*****-Reisen" zu benutzen; sowie

3. der Klägerin in sittenwidriger Weise Kunden abzuwerben, indem sie sich ehemaliger Dienstnehmerinnen der Klägerin gerade zur Werbung im Kundenkreis der Klägerin bedient.

Die Beklagte wolle die Erfahrungen und Leistungen der Klägerin ausnutzen und ihr mit den abgeworbenen Arbeitskräften Kunden "abjagen". Sie nütze den guten Ruf der Klägerin aus und behindere deren Tätigkeit. Die abgeworbenen Dienstnehmerinnen hätten noch während des aufrechten Arbeitsverhältnisses zur Klägerin das Ausspannen von Kunden vorbereitet. Die Beklagte bediene sich dieser Dienstnehmerinnen gerade zur Werbung im Kundenkreis der Klägerin. Die Werbeeinschaltungen seien keine vergleichende Werbung. Das Anbot der Beklagten, einen vollstreckbaren Vergleich abzuschließen, reiche nicht aus, weil die Beklagte keine Vergleichsveröffentlichung angeboten habe.

Die Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen.

Die Klägerin gehöre seit 1.1.1996 zum Ö*****. Christine R*****, Gabriele K*****, Sabine Ki***** und Brigitta F***** seien bei der Klägerin wegen deren bevorstehender Übernahme durch das Ö***** ausgeschieden. Die Beklagte habe deren Entscheidungen weder geplant noch beeinflußt. Die Werbeeinschaltungen seien zulässige vergleichende Werbung. Die Beklagte biete der Klägerin aber in diesem Umfang (Punkt 2 des Unterlassungsbegehrens) einen vollstreckbaren Vergleich an. Punkt 3 des Unterlassungsbegehrens sei nicht begründet, weil die Beklagte berechtigt sei, die Erfahrung und Leistungsfähigkeit ihrer Mitarbeiter(innen) allgemein auch in der Werbung herauszustellen. Insoweit fehle ein Erstverstoß; die Beklagte würde durch das begehrte Verbot gehindert, ihre Leistung auf dem Markt gehörig zur Geltung zu bringen.

Das Erstgericht gab Punkt 2 und 3 des Sicherungsantrages zur Gänze statt; zu Punkt 1 verbot es der Beklagten im geschäftlichen Verkehr, wichtige Arbeitskräfte zu dem Zweck, die Erfahrungen und Leistungen der Klägerin sich nutzbar zu machen, um mit den abgeworbenen Arbeitskräften dieser Kunden abzujagen, planmäßig "hinüberzuziehen". Das Mehrbegehren, wichtige Arbeitskräfte zu dem Zweck, die Erfahrungen und Leistungen der Klägerin nutzbar zu machen, planmäßig "herüberzuziehen", wies es ab.

Die Beklagte habe die Dienstnehmerinnen der Klägerin in der Absicht abgeworben, die von diesen betreuten Kunden als eigene Kunden zu gewinnen. Diese Absicht könne der Beklagten aufgrund der bereits vor dem Dienstantritt der Abgeworbenen eingeleiteten Werbemaßnahmen unterstellt werden. Es bestünden keine Anhaltspunkte, daß die Beklagte beabsichtigt habe, sich Leistungen und Erfahrungen der Klägerin auch zu anderem Zweck zunutze zu machen. Durch den Hinweis auf die durch die Tätigkeit für den früheren Dienstgeber gewonnene Erfahrung werde dessen Leistung ausgebeutet. Die Beklagte setze das Unternehmenskennzeichen der Klägerin zu eigenem Nutzen ein. Ein Fall vergleichender Werbung liege nicht vor.

Das Rekursgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es den Sicherungsantrag zur Gänze abwies. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Dem festgestellten Sachverhalt sei nicht zu entnehmen, daß die Beklagte in der Absicht gehandelt hätte, den Betrieb der Klägerin zu beeinträchtigen oder zu schädigen. Das Erstgericht habe sein Verbot insoweit nur auf eine rechtliche Schlußfolgerung gestützt. Aus den Werbemaßnahmen der Beklagten ließen sich jedoch keine Schlüsse auf unlautere Absichten der Beklagten beim Abwerben der Dienstnehmerinnen ziehen. Die Werbeeinschaltungen seien ein zulässiger Hinweis auf den Wechsel von Mitarbeitern. Es bestehe ein durchaus berechtigtes Interesse des Publikums an einer entsprechenden Information, wie sie auch regelmäßig im redaktionellen Teil der Massenmedien gegeben werde.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig, weil eine Entscheidung zu einem gleichartigen Sachverhalt fehlt; er ist auch teilweise berechtigt.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, das Erstgericht habe festgestellt, daß die Beklagte die Dienstnehmerinnen der Klägerin in der Absicht abgeworben habe, die von diesen betreuten Kunden für sich zu gewinnen. Das Rekursgericht habe die Feststellung zu Unrecht in eine rechtliche Schlußfolgerung umgedeutet. Dem festgestellten Sachverhalt sei zu entnehmen, daß die Beklagte planmäßig und in Schädigungsabsicht gehandelt habe. Es sei jedenfalls unlauter, Beschäftigte planmäßig abzuwerben und damit aggressiv zu werben. Die Veröffentlichungen richteten sich gerade an Reisebürokunden in dem Zielgebiet, in dem die Klägerin tätig sei. Ihr alleiniger Zweck sei es, der Klägerin Kunden in unlauterer Weise "abzujagen". Durch die Nennung der Klägerin würden deren Leistungen ausgenützt.

Das Abwerben von Beschäftigten eines Mitbewerbers ist grundsätzlich erlaubt. Es verstößt aber dann gegen die guten Sitten im Sinne des § 1 UWG, wenn verwerfliche Mittel angewendet oder verwerfliche Ziele verfolgt werden (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht19 § 1 dUWG Rz 583; Koppensteiner, Wettbewerbsrecht**2 II 213 f; SZ 34/86 = ÖBl 1961, 111 - Ballograf; ÖBl 1975, 113 - Kleinrechenanlagen; Arb 10.892 = ecolex 1991, 48 = ÖBl 1991, 15 = RdW 1991, 119; zuletzt etwa ÖBl 1996, 127, WBl 1996, 212 - Feuerlöschgeräte). Verwerfliche Mittel werden angewandt, wenn fremde Beschäftigte durch herabsetzende Äußerungen über den Arbeitgeber, durch bewußt unrichtige oder sonst irreführende Tatsachenbehauptungen abgeworben werden (Baumbach/Hefermehl aaO § 1 dUWG Rz 587; s auch EvBl 1995/134; ÖBl 1996, 127 = WBl 1996, 212 - Feuerlöschgeräte); verwerfliche Ziele werden mit dem Abwerben verfolgt, wenn Dienstnehmer oder sonstige Mitarbeiter eines Konkurrenten planmäßig "ausgespannt" werden (Arb

10.892 = ecolex 1991, 48 = ÖBl 1991, 15 = RdW 1991, 119; ÖBl 1995, 112 - Reinigungsarbeiten trotz Konkurrenzverbot; EvBl 1995/134, jeweils mwN).

Planmäßiges Vorgehen ist dann unlauter, wenn ein subjektives Unrechtselement hinzutritt, das in der Regel in der Absicht des Abwerbenden bestehen wird, den Geschäftsbetrieb seines Mitbewerbers durch - allenfalls auch "systematische" - Abwerbungen zu beeinträchtigen und ihn dadurch zu schädigen. Das Vorgehen muß eine wettbewerbliche Kampfmaßnahme sein, die erkennen läßt, daß der Abwerbende den Mitbewerber durch planmäßiges Ausspannen von

(eingearbeiteten) Arbeitskräften schädigen will (Arb 10.892 = ecolex

1991, 48 = ÖBl 1991, 15 = RdW 1991, 119). Unlauter handelt der Abwerbende auch dann, wenn er sich durch planmäßiges Abwerben von Arbeitskräften seines Mitbewerbers dessen Erfahrungen und Leistungen nutzbar machen oder ihm mit den abgeworbenen Kräften die Kunden "abjagen" will. Das gleiche gilt, wenn er sich den guten Ruf des Mitbewerbers durch anlehnende Werbung zunutze macht, indem er darauf hinweist, daß er nunmehr Fachkräfte beschäftigt, die früher beim Mitbewerber beschäftigt waren (Baumbach/Hefermehl aaO Rz 547ff, 589 mwN).

Das Ausspannen von Kunden eines Mitbewerbers ist für sich allein auch dann nicht wettbewerbswidrig, wenn es zielbewußt und systematisch

(planmäßig) erfolgt (vgl Arb 10.892 = exolex 1991, 48 = ÖBl 1991, 15

= RdW 1991, 119). Wettbewerbswidrig wird es erst durch Hinzutreten

besonderer Umstände, die den Wettbewerb verfälschen. Dies ist dann der Fall, wenn beim Eindringen in den fremden Kundenkreis verwerfliche Mittel (zB Beschaffen von Kundenlisten auf unlautere Weise, Anschwärzen des Mitbewerbers, irreführende Praktiken) angewendet oder damit verwerfliche Ziele (Schädigung des Mitbewerbers als einziges Ziel) verfolgt werden (ÖBl 1993, 13 = WBl 1993, 162 - Nissan-Kundendienst mwN).

Nach den Feststellungen ist die Initiative zum Arbeitsplatzwechsel nicht von der Beklagten ausgegangen. Die Dienstnehmerinnen der Klägerin hatten noch vor dem Kontakt mit der Beklagten erwogen, die Klägerin zu verlassen, weil deren Übernahme durch das Ö***** bevorstand. Von einer wettbewerblichen Kampfmaßnahme der Beklagten kann daher keine Rede sein. Das schließt ein sittenwidriges Abwerben aus, auch wenn die Beklagte die Dienstverhältnisse in der Erwartung begründet haben wird, damit Kunden der Klägerin für sich zu gewinnen. Das allein macht das Vorgehen der Beklagten noch nicht sittenwidrig.

Die Beklagte hat aber in Werbeeinschaltungen darauf hingewiesen, daß "die 'S*****'-Powerfrauen" jetzt bei ihr beschäftigt sind und früher bei der Klägerin beschäftigt waren. Sie hat sich damit an den guten Ruf der Klägerin angelehnt und ihn für sich ausgebeutet. Die Beklagte hat damit sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG gehandelt.

Die Beklagte hat angeboten, sich in diesem Umfang (Punkt 2 des Sicherungsantrages) in einem vollstreckbaren Vergleich zur Unterlassung zu verpflichten; eine Vergleichsveröffentlichung hat sie hingegen nicht angeboten. Wird aber, wie im vorliegenden Fall, zu Recht die Urteilsveröffentlichung begehrt, so beseitigt ein Vergleichsanbot die Vermutung der Wiederholungsgefahr nur dann, wenn auch die Veröffentlichung des Vergleichs in angemessenem Umfang angeboten wird (stRsp ua MRA 1984 H 4, 13 = ÖBl 1984, 135 = RdW 1984, 372 = GRURInt 1985, 58 - Superaktionsspanne). Da dies nicht geschehen ist, hat das Vergleichsanbot die Vermutung der Wiederholungsgefahr nicht beseitigt.

Das zu Punkt 2 des Sicherungsantrages erhobene Begehren ist demnach begründet. Der Beklagten ist durch Punkt 2 des Sicherungsantrages jeder Hinweis darauf untersagt, daß sie Fachkräfte beschäftigt, die früher bei der Klägerin beschäftigt waren und in diesem Zusammenhang die Bezeichnungen "S*****" und "S*****-Reisen" zu benutzen; durch Punkt 3 des Sicherungsantrages soll der Beklagten der Einsatz ehemaliger Dienstnehmerinnen der Klägerin "unter ausdrücklicher Benennung deren früherer Dienstnehmereigenschaft bei der Klägerin gerade zur Werbung im Kundenkreis der Klägerin" untersagt werden. Ist aber der Beklagten verboten, darauf hinzuweisen, daß sie früher bei der Klägerin angestellte Fachkräfte beschäftigt, so darf sie damit (= durch ausdrückliche Benennung der früheren Dienstnehmereigenschaft bei der Klägerin) auch nicht durch Einsatz dieser Dienstnehmerinnen gerade im Kundenkreis der Klägerin werben. Das Begehren zu Punkt 2 des Sicherungsantrages ist nur insoweit enger als das zu Punkt 3 des Sicherungsantrages erhobene Begehren, als unter Punkt 2 nur Hinweise fallen, die die Bezeichnungen "S*****" oder "S*****-Reisen" enthalten, während Punkt 3 auch Hinweise auf die Klägerin als frühere Dienstgeberin erfaßt, in denen die Klägerin nicht mit "S*****" oder "S*****-Reisen" bezeichnet wird.

Ein Abwerben von Kunden eines Mitbewerbers durch Einsatz ehemaliger Dienstnehmerinnen dieses Mitbewerbers, die der Werbende nicht mit unlauteren Mitteln abgeworben hat und die die Kunden auch nicht mit unlauteren Mitteln zu gewinnen versuchen, ist nicht wettbewerbswidrig. Das gilt ungeachtet dessen, daß zwischen Reisebüromitarbeitern und (zufriedenen) Kunden ein Vertrauensverhältnis entsteht, das Kunden veranlassen wird, ihrem(r) Betreuer(in) die Treue zu halten. Die Beklagte hat sich auch nicht gezielt an Kunden der Klägerin gewandt und sie aufgefordert, ihr Vertrauen nunmehr auf die Beklagte zu übertragen (so aber der OLG Wien ÖBl 1955, 42 - sittenwidrige Kundenwerbung zugrunde liegende Sachverhalt), sondern in Werbeeinschaltungen, die sich ganz allgemein an die Bevölkerung richteten, darauf hingewiesen, daß "ihre zufriedenen Stammkunden" Brigitta F***** jetzt bei der Beklagten antreffen können und daß Gabriele K***** "für viele Kunden im Bezirk M***** ein überaus geschätzter Ansprechpartner" ist. Daß die Beklagte allein in der Absicht gehandelt hätte, die Klägerin zu schädigen, ist weder behauptet noch sonst hervorgekommen.

Dem Revisionsrekurs war daher teilweise Folge zu geben. Die angefochtene Entscheidung war insoweit zu bestätigen, als Punkt 1 und 3 des Sicherungsantrages abgewiesen wurden; im Umfang von Punkt 2 des Sicherungsantrages war die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50, 52 Abs 1 ZPO. Die drei Begehren sind mangels anderer Anhaltspunkte gleich zu bewerten.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte