Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Mit Beschluß des Erstgerichts vom 28.12.1994 (ON 73) wurde der Vater zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbeitrags von je S 3.000 für Sabine und Stefan ab 1.10.1994 verpflichtet; dieser Beschluß erwuchs nach Ausschöpfung des Instanzenzugs in Rechtskraft.
Am 10.4.1996 beantragten die Kinder die (rückwirkende) Erhöhung des vom Vater zu leistenden Unterhalts ab 1.9.1995 auf je S 4.000 monatlich. Sie hätten das sechste Lebensjahr vollendet, besuchten seit September 1995 die Volksschule, und durch den Schulbesuch entstünden erhöhte Lebenshaltungskosten (ON 130).
Der Vater sprach sich gegen eine Unterhaltserhöhung für die Zeit vom 1.9.1995 bis zum 10.4.1996 (Antragstag) aus; sonst trat er dem Erhöhungsbegehren nicht entgegen. Seit der letzten Unterhaltserhöhung vom 28.12.1994 sei bis zum Antragstag noch nicht einmal ein Jahr verstrichen. Es sei aber auch eine Steigerung des Bedarfs der Kinder nicht eingetreten, weil nicht übersehen werden dürfe, daß der Wegfall der Kosten für die ganztägige Unterbringung der Zwillinge im Kindergarten zu einer spürbaren finanziellen Reduktion der bisher angefallenen Fixkosten geführt habe (ON 132).
Dem hielten die Unterhaltsberechtigten entgegen, daß die letzte Unterhaltserhöhung bereits zum 1.10.1994 erfolgt sei, zwischen der tatsächlichen Erhöhung und dem 1.9.1995 liege ein Zeitraum von immerhin 11 Monaten. Eine finanzielle Reduktion der für die Kinder aufgelaufenen Fixkosten sei durch den Schuleintritt nicht gegeben, weil die erforderliche Nachmittagsbetreuung eines Schulkindes im Schülerhort monatlich sogar mehr koste als die Ganztagsbetreuung eines Kindes im Kindergarten (ON 140).
Das Erstgericht verpflichtete den Vater im Sinne des Unterhaltserhöhungsantrags zur Leistung von S 4.000 je Kind ab 1.9.1995. Der Volksschuleintritt stelle eine wesentliche Änderung der Verhältnisse dar, sodaß die Neubemessung des Unterhalts gerechtfertigt sei.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach - erkennbar - aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Es verwies auf die Rechtsprechung, wonach der Eintritt in die Volksschule jedenfalls die Bedeutung geänderter Verhältnisse habe. Die Einschulung eines Kindes sei mit einem erhöhten Aufwand (Schulartikel, Beitrag für Schulbücher und Schulfahrten, erhöhter Bekleidungsaufwand etc) verbunden, und zwar auch dann, wenn ein Kind wegen der Berufstätigkeit der Mutter zuvor ganztags im Kindergarten untergebracht gewesen sei. Seit der letzten Unterhaltserhöhung seien 11 Monate verstrichen, die Kinder besuchten nunmehr die Volksschule; auch das Einkommen des Vaters sei gestiegen, sodaß tatsächlich von geänderten Verhältnissen auszugehen sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Vaters ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Der Vater bestreitet nicht, aufgrund seines Einkommens von netto S 36.711 zur Leistung der ihm auferlegten Unterhaltsbeiträge auch unter Bedachtnahme auf die weitere Sorgepflicht für sein älteres Kind Angelika in der Lage zu sein. Mit der Festlegung der Unterhaltsbeträge wurde die in der Rechtsprechung herangezogene Prozentsatzkomponente auch gar nicht ausgeschöpft, sodaß an seiner Leistungsfähigkeit auch nicht zu zweifeln ist.
Der Vater vermißt Feststellungen über den konkreten Bedarf der beiden Kinder, vor allem über die Änderung und Steigerung dieses Bedarfs gegenüber der letzten Unterhaltsfestsetzung. Er meint, die letzte Unterhaltserhöhung liege eine so kurze Zeitspanne zurück, daß geänderte Verhältnisse nicht anzunehmen seien. Nach welchem Zeitraum geänderte Verhältnisse eintreten (können), richtet sich nach mehreren Kriterien, insbesondere aber nach dem Alter der Kinder, weil die Bedürfnisse bei Kindern oft schon nach kurzer Zeit sprunghaft ansteigen (können), wie zB beim Wechsel vom Säuglings- ins Kleinkindalter und auch beim Schuleintritt. Eine allgemein gültige Regel, nach Ablauf welchen Zeitraums jedenfalls von einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse auszugehen ist, läßt sich allerdings nicht aufstellen (ÖA 1995, 89; EFSlg 73.546 uva). Es trifft zwar zu, daß der Wechsel in den Altersgruppen für den „Regelbedarf“ für sich allein keine wesentliche Änderung der Verhältnisse bedeutet (ÖA 1992, 155 uva). Der Volksschuleintritt bringt aber nach allgemeiner Erfahrung wegen der dadurch gesteigerten Bedürfnisse des Kindes grundsätzlich eine wesentliche Änderung der Verhältnisse mit sich (ÖA 1992, 155; EF 59.485). Es müßten außergewöhnliche Umstände vorliegen, um trotz Volksschuleintritts „geänderte Verhältnisse“ zu verneinen. Solche außergewöhnliche Umstände sind aber weder aktenkundig, noch vom Revisionsrekurswerber aufgezeigt worden:
Nach § 140 Abs 1 ABGB haben die Eltern zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse der Kinder unter Berücksichtigung ihrer Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten nach ihren Kräften anteilig beizutragen. Nach § 140 Abs 2 ABGB leistet der Elternteil, der den Haushalt führt, in dem er das Kind betreut, dadurch seinen Beitrag. Der Bedarf eines Kindes richtet sich also nach den Lebensverhältnissen der Eltern; das Kind soll an den Lebensverhältnissen des geldunterhaltspflichtigen Elternteils angemessen teilhaben. Soweit den Kindern aufgrund des doch beträchtlichen Einkommens des Vaters ein den Regelbedarf (vom 1.7.1995 bis 30.6.1996 bei Kindern im Alter von sechs bis zehn Jahren S 3.100 [ÖA 1995, 74]) übersteigender Unterhalt zuerkannt wurde, wurde damit lediglich der Bedarf der Kinder und nicht auch ein Sonderbedarf (zB für Hortunterbringung) gedeckt, den die Kinder gar nicht geltend gemacht haben. Der Vater ist zur Deckung des den Lebensverhältnissen der Eltern angemessenen Bedarfs der Kinder verpflichtet. Ob die Mutter für die Kinder Hortkosten bestreitet, ist dann irrelevant. Die Ausführungen des Vaters, die Kosten für die Kindergartenbetreuung seien weggefallen, gehen damit ins Leere, weil sich der Bedarf der Kinder, soweit er von ihm zu bestreiten ist, jedenfalls nicht verringert hat. Auch der Einwand des Vaters, der Zeitraum seit der letzten Unterhaltsfestsetzung sei kurz, ja zu kurz, ist nicht stichhaltig. De facto fand die letzte Erhöhung am 1.10.1994, also 11 Monate vor der neuerlichen Unterhaltserhöhung, statt. Dieser Zeitpunkt ist maßgeblich, denn ab diesem Zeitpunkt ist ein neuer Unterhaltstitel „geschaffen“ worden, wenngleich der Beschluß des Erstgerichts erst vom 28.12.1994 datiert. Die Dauer der vom Vater selbst angestrengten Rechtsmittelverfahren, weshalb die Unterhaltsfestsetzung erst später in Rechtskraft erwuchs, kann nicht die Bedeutung haben, daß die Unterhaltserhöhung erst vom Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses an zu berechnen wäre. Selbst der vom Vater ins Treffen geführte Zeitraum von einem Jahr ist also seit der letzten Unterhaltserhöhung zum 1.10.1994 nahezu verstrichen (vgl 1 Ob 534/93 = EF 73.546).
Dem Revisionsrekurs ist nicht Folge zu geben.
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