OGH 1Ob2298/96i

OGH1Ob2298/96i26.11.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Elfriede G*****, vertreten durch Dr.Elmar Wenger, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Franz G*****, vertreten durch Dr.Helmut Fritz, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, wegen Widerrufs einer Schenkung (Streitwert S 10.000) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgerichts vom 23.Mai 1996, GZ 5 R 407/95-32, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Frohnleiten vom 5.September 1995, GZ 2 C 481/94-26, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.436,48 S (darin 406,08 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Begründung

Die zwischen den Streitteilen am 28.September 1963 geschlossene Ehe wurde mit Urteil des Bezirksgerichts Frohnleiten vom 1.März 1994 gemäß § 55 Abs 3 EheG rechtskräftig geschieden. Im Scheidungsurteil wurde gemäß § 61 Abs 3 EheG ausgesprochen, daß den Kläger (hier Beklagten) das Alleinverschulden an der Ehezerrüttung trifft. Die Klägerin war zunächst aufgrund des Übergabsvertrags vom 23.November 1969 Alleineigentümerin zweier Liegenschaften mit mehreren Grundstücken. Eines der Grundstücke ist als Baufläche gewidmet; auf diesem ist ein Wohnhaus errichtet. Die anderen Grundstücke werden landwirtschaftlich genutzt. Mit Notariatsakt vom 20.Jänner 1976 schenkte die Klägerin dem Beklagten einen ideellen Hälfteanteil an beiden Liegenschaften. Die Streitteile räumten einander wechselseitig Belastungs- und Veräußerungsverbote ein. Am 10.März 1976 wurden das Miteigentum des Beklagten an beiden Liegenschaften und die vereinbarten Belastungs- und Veräußerungsverbote im Grundbuch einverleibt. Der Beklagte war 1963 zur Klägerin gezogen. Damals bestand das Haus auf der Baufläche aus einer Stube, einem Schlafzimmer, einer Küche sowie einem weiteren kleineren Schlafzimmer. Es gab kein Fließwasser, das Klosett befand sich im Freien. Auf der Liegenschaft war damals bereits die Gemeindewasserleitung verlegt. Allerdings war das Wasser nur im Stallgebäude und in der Waschküche eingeleitet. 1963 kam den auf dem Grundstück befindlichen Gebäuden folgender Bauwert zu: Wohnhaus ein solcher von 72.842 S, dem Stallgebäude 62.316 S, dem Holzschupfen

1.500 S, dem Mostkeller 1.000 S und der Selche 300 S. Der Bodenwert der beiden Liegenschaften betrug 20.916,40 S. Der gesamte Kapitalwert betrug daher 1963 158.874,40 S.

1968 rissen die Streitteile einen Teil des Wohnhauses ab und errichteten einen Massivbau. Im Zuge dieses Neubaus wurde in das Wohnhaus Fließwasser eingeleitet; auch ein WC und ein Bad wurden eingerichtet.

Am 20.Jänner 1976 (Datum des Schenkungsvertrags) betrug der Kapitalwert der im gleichteiligen Miteigentum der Streitteile stehenden Liegenschaften insgesamt 794.552,50 S. 1976 war die Ehe der Streitteile noch harmonisch. Nach dem 20.Jänner 1976 errichteten die Parteien eine kleine Garage. Das Stallgebäude wurde neu gedeckt. Im Stallinneren wurden vier Aufstallungen sowie zwei Kleinboxen hergestellt. Oberhalb des Stallgebäudes erbauten die Streitteile einen Unterstand für Futtervorräte und Maschinen. Nach 1976 erfolgte die Neuerrichtung einer Düngerstätte mit Jauchengrube. Dabei wurden "der Boden und eine Wand rundherum betoniert". Die Hauszufahrt wurde neu asphaltiert. Etwa 1982 begannen die Parteien mit der Errichtung eines landwirtschaftlichen Garagenobjekts. Für dieses Bauwerk kauften die Streitteile rund 250 m2 Grund. Seit deren Fertigstellung bietet die Garage Platz für drei Kraftfahrzeuge.

1983 hatte der Beklagte ehewidrige Beziehungen zu einer anderen Frau aufgenommen. Die Ortsbewohner wußten darüber Bescheid. Beide Streitteile üben Funktionen bei Vereinen und Körperschaften im Gemeindegebiet ihres Wohnorts aus. Das Verhältnis des Beklagten war Ortsgespräch. Dieser verließ die eheliche Wohnung am 14.August 1986. In diesem Zeitpunkt war der Rohbau für das landwirtschaftliche Garagenobjekt bereits fertiggestellt. Verglichen mit dem Zustand am 20. Jänner 1976 waren zum Stichtag 14.August 1986 zusätzlich ein Stallzubau, ein Silo, eine Kleingarage und ein landwirtschaftliches Garagenobjekt ohne Innen- und Außenputz und ohne Elektroinstallation vorhanden. Die Ausbesserungsarbeiten und die Neubauten seit dem 20. Jänner 1976 hatten 1986 einen Bauwert von insgesamt 697.000 S. Der Kapitalwert beider Liegenschaften betrug am 14.August 1986 insgesamt 2,028.477 S.

Die Klägerin begehrte die Verurteilung des Beklagten zur Einwilligung in die Einverleibung ihres Eigentumsrechts an dessen Miteigentumsanteilen und die Einverleibung der Löschung der an beiden Hälfteanteilen der Klägerin einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverbote. Sie brachte vor, sie habe die Schenkung wegen groben Undanks des Beklagten widerrufen.

Der Beklagte wendete ua auch ein, daß keine Rückgabeverpflichtung bestehe, weil der "Gegenstand der Schenkung ... nach der Übergabe wesentlich und tiefgreifend verändert" worden sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es bejahte zwar den groben Undank des Beklagten als eine der Voraussetzungen eines Schenkungswiderrufs, doch treffe gemäß § 949 ABGB den Beschenkten dann keine Rückgabeverpflichtung, wenn der Schenkungsgegenstand nach seiner Übergabe so wesentlich und tiefgreifend verändert worden sei, daß die Rückübereignung an den Geschenkgeber mehr und vor allem etwas anderes bedeutete als die Wiederhersteellung jenes Rechtszustands, der vor der Schenkung bestanden habe. Die Rückübertragung könne also nur dann erfolgen, wenn sie möglich und tunlich sei. Das sei hier zu verneinen. Der Beklagte sei außerstande, das Geschenk so zurückzustellen, wie er es seinerzeit erhalten habe.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es sprach im übrigen aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands 50.000 S übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, es könne aufgrund der An- und Umbauten nicht mehr von einer bloßen "Modernisierung, Ausbesserung und Reparatur" gesprochen werden. Die Baumaßnahmen seit Jänner 1976 bis zum 14.August 1986, die für die Erhöhung des Kapitalwerts beider Liegenschaften um 1,233.925 S ursächlich gewesen seien, kämen nahe an den in SZ 44/192 entschiedenen Fall heran. Der hier zu beurteilende Sachverhalt unterscheide sich dagegen von den in JBl 1976, 262 und MietSlg 24.099 entschiedenen Streitsachen. Das Erstgericht habe das Klagebegehren daher ohne Rechtsirrtum abgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig.

Die Rückstellung des Geschenks in Natur im Sinne des § 949 ABGB setzt nach ständiger Rechtsprechung Möglichkeit und Tunlichkeit voraus. Wurde also der Schenkungsgegenstand so wesentlich und tiefgreifend verändert, daß die Rückübereignung des Geschenks mehr und etwas anderes bedeutete als die Wiederherstellung des früheren Zustands, besteht keine Rückgabeverpflichtung (SZ 58/63; 3 Ob 604/81; 1 Ob 600/77; JBl 1973, 204; SZ 44/192). Diese Ansicht wurde im Schrifttum übernommen (Schubert in Rummel, ABGB2 Rz 2 zu § 949; Binder in Schwimann, ABGB Rz 26 zu § 949). Das stellt auch die Klägerin nicht in Frage, sie vertritt vielmehr bloß den Prozeßstandpunkt, daß die Tatsachenfeststellungen nicht die rechtliche Schlußfolgerung zu tragen vermögen, die hier bedeutsamen Liegenschaften seien nach der Schenkung von Miteigentumsanteilen wesentlich und tiefgreifend verändert worden. Für den erkennenden Senat besteht daher kein Anlaß, von der bisherigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs im grundsätzlichen abzugehen.

Ob aber aufgrund bestimmter Tatsachen von einer so wesentlichen und tiefgreifenden Veränderung des Schenkungsgegenstands auszugehen ist, daß dessen Rückgabe in Natur ausscheidet, stellt keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar, geht es doch dabei nur um die rechtliche Wertung konkreter Tatsachen, der keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Die Revision wäre in einem derartigen Fall unter dem Gesichtspunkt der Wahrung der Rechtssicherheit nur dann zulässig, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer gravierenden Fehlbeurteilung beruhte (RZ 1994/45). Das ist jedoch hier zu verneinen, weil das Berufungsgericht den oben dargestellten und auch hier entscheidungswesentlichen Beurteilungsmaßstab in seiner Bedeutung für den vorliegenden Einzelfall jedenfalls nicht grob unrichtig anwendete. An diesem Ergebnis können auch jene angeblichen Feststellungsmängel nichts ändern, die die Klägerin erstmals im Revisionsverfahren rügt.

Gemäß § 508 a Abs 1 ZPO ist der Oberste Gerichtshof an den Ausspruch des Berufungsgerichts über die Zulässigkeit der Revision nicht gebunden. Diese ist somit mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO gemäß § 510 Abs 3 ZPO zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 41 ZPO und § 50 ZPO. Dem Beklagten sind die Kosten seiner Revisionsbeantwortung zuzuerkennen, weil er auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels der Klägerin hinwies.

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