OGH 3Ob2374/96f

OGH3Ob2374/96f20.11.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Maria E***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Waltraute Steger, Rechtsanwältin in Linz, wegen Aufhebung eines Schiedsspruches (Streitwert S 439.575) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 2.Juli 1996, GZ 4 R 12/96d-14, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Anspruch der hier beklagten Partei als Kommandistin auf Leistung ihres sich aus dem Gesellschaftsverhältnis ergebenden Gewinnanteils, der den Entscheidungsgegenstand des angefochtenen Schiedsspruchs bildet, richtet sich ausschließlich gegen die Gesellschaft (ecolex 1996, 270), es sei denn, es hätten auch einzelne Gesellschafter die persönliche Haftung für dessen Tilgung übernommen (SZ 26/311). Wie jedoch der erkennende Senat in einem Exekutionsverfahren, das sich auf die Parteien dieses Prozesses bezog und in dem die beklagte Partei die Zwangsvollstreckung aufgrund des hier bekämpften Schiedspruchs als Exekutionstitels beantragt hatte, aussprach, wird es als ebenso zulässig angesehen, diesen Anspruch mit Klage gegen den die Auszahlung des Gewinnanteils verweigernden geschäftsführenden Gesellschafter geltend zu machen. Das Klagebegehren lautet dann auf Auszahlung aus der Gesellschaftskasse bzw. vom Gesellschaftskonto (ecolex 1996, 270 mwN).

Nach der österreichischen Rechtsordnung kann die Zuständigkeit für die Entscheidung eines Rechtsstreites durch die ordentlichen Gerichte aufgrund einer Schiedsgerichtsvereinbarung den ordentlichen Gerichten entzogen werden. Wählen die Parteien diesen Weg zur Entscheidung ihres Streitfalls, sind die ordentlichen Gerichte in einem Verfahren auf Aufhebung des Schiedsspruchs auf die Prüfung beschränkt, ob im Schiedsgerichtsverfahren Mindestgarantien eines rechtsstaatlichen Erkenntnisverfahrens gewährleistet waren, das Schiedsgericht die Grenzen seiner Zulässigkeit nicht überschritt (SZ 65/95) und der Schiedsspruch den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung nicht widerspricht. Ein Aufhebungsbegehren kann dabei nur auf die in § 595 ZPO erschöpfend aufgezählten Anfechtungsgründe gestützt werden (JBl 1995, 598; GesRZ 1983, 102). Unter den "Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung" im Sinne des § 595 Abs 1 Z 6 ZPO werden vor allem die tragenden Grundsätze der Bundesverfassung, des Straf-, Privat- und Prozeßrechts, aber auch des öffentlichen Rechts verstanden. Maßgebend für die durch die ordentlichen Gerichte in diesem Rahmen mögliche Überprüfung ist nicht die Begründung, sondern das Ergebnis des Schiedspruchs. Der Kreis der durch die Rechtsordnung geschützten Grundwertungen ist auch enger als der Bereich zwingenden Rechtes (EvBl 1996/42 = ÖBA 1996, 311 = ecolex 1996, 461 [Elsner] = RdW 1996, 362).

Zwingende Rechtsvorschriften im Sinne des § 595 Abs 1 Z 6 ZPO sind nur solche des materiellen Rechtees (GesRZ 1983, 102; SZ 13/131). Inländische Schiedssprüche können im übrigen, nach einer im Schrifttum vertretenen Ansicht nicht wegen jeden Verstoßes gegen zwingendes Recht angefochten werden (Fasching, LB2 Rz 2231; dazu - abgesehen vom entschiedenen Sonderfall - auch allgemein: EvBl 1996/42).

Der in § 595 Abs 1 Z 6 ZPO geregelte Aufhebungsgrund bietet also - außerhalb des bereits dargestellten engen Überprüfungsrahmens - keine Rechtsgrundlage für eine Klärung, ob und wie weit das Schiedsgericht die im Verfahren aufgeworfenen Tat- und Rechtsfragen im Schiedsspruch richtig löste (JBl 1992, 192). Die Frage einer allfälligen Verletzung zwingender materiellrechtlicher Bestimmungen durch den angefochteten Schiedsspruch stellt sich hier, wie noch darzulegen sein wird, entgegen der Ansicht der klagenden Partei gar nicht. Es bedarf daher auch gar keiner Erörterung, wie der Begriff "zwingende Rechtsvorschriften" in § 595 Abs 1 Z 6 ZPO endgültig abzugrenzen ist.

Die Entscheidung über die vorliegende Aufhebungsklage steht und fällt im Kern allein mit der Lösung der Frage, ob der angefochtene Schiedsspruch, der der Kommanditistin einen garantierten Gewinnanteil gegen die dessen Auszahlung verweigernde geschäftsführende Komplementärin der Gesellschaft bei Leistung aus der Gesellschaftskasse zuerkannte, Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung oder zwingende materiellrechtliche Normen verletzte. Daß weder das eine noch das andere der Fall sein kann, ergibt sich bereits aus 3 Ob 84/95 (ecolex 1996, 270). Wenn nämlich das Bestehen eines solchen Anspruches aufgrund der in Österreich und Deutschland weitgehend übereinstimmenden Rechtslage im juristischen Schrifttum überwiegend bejaht wird und sich der Oberste Gerichtshof in der zitierten Entscheidung gerade darauf berief, ohne dieser Ansicht entgegenzutreten, ist damit wohl klargestellt, daß der durch die klagende Partei bekämpfte Schiedsspruch nicht auf einer Beurteilung der Rechtsbeziehungen der Streitteile außerhalb der tragenden Grundwertungen und der zwingenden materiellrechtlichen Bestimmungen der österreichischen Rechtsordnung im Sinne des § 595 Abs 1 Z 6 ZPO beruht. Ob aber das Schiedsgericht die durch den konkreten Streitfall aufgeworfenen Rechtsfragen im einzelnen richtig löste, ist im Aufhebungsverfahren - wie bereits ausgeführt - nicht zu prüfen. Das gilt auch für die die Kompetenz des Schiedsgerichts abgrenzende Auslegung der Schiedsvereinbarung, durch die ebenso keine tragenden Grundwertungen und zwingenden materiellrechtlichen Bestimmungen der österreichischen Rechtsordnung verletzt wurden.

Der auch in der außerordentlichen Revision aufrechterhaltenen Argumentation, der Schiedspruch sei in Verletzung des Anspruchs der Gesellschaft auf rechtliches Gehör erlassen worden, ist zu erwidern, daß sich dieses aus der Rechtsordnung ergebende und einen tragenden Verfahrensgrundsatz bildende Recht auf die am Verfahren beteiligten Personen beschränkt. Kann aber der Anspruch eines Kommanditisten auf Leistung des Gewinnanteils gegen den Komplementär einer Kommanditgesellschaft im Sinne der obigen Ausführungen geltend gemacht und die Verurteilung des Komplementärs zur Zahlung aus der Gesellschaftskasse ausgesprochen werden, bedarf es keiner Verfahrensbeteiligung der Gesellschaft.

Verfehlt ist aber auch die Ansicht der klagenden Partei, der bekämpfte Schiedsspruch führe im Ergebnis zu einer die Gesellschaftsgläubiger benachteiligenden und daher zwingende Gläubigerschutzbestimmungen verletzenden "Einlagenrückgewähr". Die beklagte Partei hat nämlich nach dem Inhalt des von der klagenden Partei bekämpften Schiedsspruchs nur einen Anspruch auf Leistung eines - unabhängig von der Ertragslage der Gesellschaft - garantierten Gewinnanteils. Durch die Befriedigung dieses Anspruchs kommt es zu keiner "Einlagenrückgewähr", ist doch die Kommanditeinlage der beklagten Partei nach dem Gesellschaftsvertrag eine Sacheinlage ("Dienstbarkeit des Fruchtgenußrechtes" für die klagende Partei an der Betriebsliegenschaft). Die Zahlung des vertragsgemäßen Gewinnanteils an die beklagte Partei läßt diese Sacheinlage völlig unberührt.

Da die Entscheidung nach diesen Gründen nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO abhängt, ist die außerordentliche Revision der klagenden Partei zurückzuweisen.

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