OGH 8ObA2152/96w

OGH8ObA2152/96w14.11.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Rohrer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Herbert Vesely und Dr.Heinz Nagelreiter als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Hermann H*****, vertreten durch Dr.Peter Cardona, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Gemeinde E*****, vertreten durch Dr.Berndt Sedlazeck, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Feststellung des aufrechten Bestandes des Arbeitsverhältnisses (Feststellungsinteresse S 614.930,--), infolge Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19.März 1996, GZ 11 Ra 117/95-36, womit infolge Berufungen beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 22.Juni 1995, GZ 18 Cga 361/93-28, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Den Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Beide Parteien haben die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die Vorinstanzen haben das Verhalten des Klägers zu Recht dem Kündigungsgrund des § 32 Abs 2 lit a und lit f VBG 1948 unterstellt. Es reicht daher gemäß § 48 ASGG aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen. Ergänzend ist anzumerken:

Gemäß § 32 Abs 2 lit a VBG 1948 kann der Dienstgeber ein Dienstverhältnis unter anderem dann kündigen, wenn der Vertragsbedienstete seine Dienstpflicht gröblich verletzt, gemäß lit f der genannten Gesetzesstelle, wenn sich erweist, daß das gegenwärtige oder frühere Verhalten des Vertragsbediensteten dem Ansehen oder den Interessen des Dienstes abträglich ist, sofern nicht in beiden Fällen die Entlassung in Frage kommt. Letztere ist gemäß § 34 Abs 2 lit b VBG 1948 dann gerechtfertigt, wenn der Vertragsbedienstete sich einer besonders schweren Verletzung der Dienstpflichten oder einer Handlung oder einer Unterlassung schuldig macht, die ihn des Vertrauens des Dienstgebers unwürdig erscheinen läßt, insbesondere wenn er sich Tätlichkeiten oder erhebliche Ehrverletzungen gegen Vorgesetzte oder Mitbedienstete zuschulden kommen läßt oder wenn er sich in seiner dienstlichen Tätigkeit oder im Zusammenhang damit von dritten Personen Vorteile zuwenden läßt. Während also im Falle der Entlassung ein Sachverhalt verwirklicht sein muß, der seinem Gewichte nach die Weiterbeschäftigung des Vertragsbediensteten schlechthin unzumutbar erscheinen läßt, ist dies bei der Kündigung nach der vorzitierten Gesetzesstelle zwar nicht erforderlich, das inkriminierte Verhalten des Dienstnehmers muß jedoch "gröblich" die Dienstpflichten verletzend sein und somit über bloß geringfügige Ordnungswidrigkeiten hinausgehen (vgl DRdA 1984, 233). Die von den Vorinstanzen vorgenommene Beurteilung des Verhaltens des Klägers und die Zuordnung zum Kündigungsgrund des § 32 Abs 2 lit a und lit f VBG 1948 ist bei der erforderlichen Berücksichtigung des Gesamtverhaltens des Klägers ausgewogen und zutreffend. Es kann keine Rede davon sein, daß der festgestellte Sachverhalt lediglich als eine Aneinanderreihung geringfügiger jeweils auf die Verunsicherung des Klägers zurückzuführender Ordnungswidrigkeiten zu beurteilen wäre. Gerade an das Verhalten eines Amtsleiters ist ein höherer Maßstab anzulegen und muß von diesem verlangt werden, auch mit geänderten dienstlichen Situationen, wie sie sich etwa aus einem Bürgermeisterwechsel ergeben können, fertig zu werden. Die vom Kläger zu fordernde Beispielsfunktion für die übrigen Bediensteten des Amtes hat er durch seine Vorgangsweise am 11.3.1993, wo der Kläger versuchte, unter Umgehung des Erfordernisses der Zustimmung des Bürgermeisters vom Stellvertreter des Kassenleiters die Auszahlung von Überstunden trotz der ihm damals bekannten unklaren Rechtslage zu erlangen, gröblich verletzt. Entgegen der Ansicht des Klägers ist dieser Kündigungsgrund nicht verfristet, da nach den Feststellungen des Erstgerichtes der Bürgermeister von diesem Sachverhalt unmittelbar vor der schriftlichen Geltendmachung dieses Entlassungsgrundes erfuhr. Eine Kündigung nach dem Vertragsbedienstetengesetz ist aber dann rechtzeitig, wenn sie unverzüglich nachdem dem Dienstgeber der Kündigungsgrund bekannt wurde, ausgesprochen wird (ArbSlg 10.779; 11.343). Auch der von den Vorinstanzen im einzelnen festgestellte Inhalt des Schreibens an den Bürgermeister vom 3.12.1993, welches der Kläger zudem an die Mitglieder des Gemeindevorstandes versandte, stellt einen gröblichen Verstoß gegen die gemäß § 5 Abs 1 VBG 1948 dem Vorgesetzten geschuldete Achtung dar. Die dort enthaltenen Anschuldigungen gehen weit über eine sachliche Kritik hinaus. Sie sind zudem zumindest teilweise unrichtig, was insbesondere - schon allein im Hinblick auf den bereits dargestellten Versuch, unter Umgehung des Dienstweges die Auszahlung von Überstunden zu erlangen - auf den Vorwurf zutrifft, der Bürgermeister konstruiere Pflichtverletzungen des Amtsleiters, um die Verwaltung des Amtes zu verunsichern. Bedenkt man zusätzlich die zwar schon rund 10 Jahre zurückliegende, jedoch in die Beurteilung des Gesamtverhaltens des Klägers einzubeziehende unberechtigte Vergabe einer Wohnung an den Sohn des Klägers erweist sich die Annahme des Vorliegens der Kündigungsgründe des § 32 Abs 2 lit a und f VBG 1948 durch die Vorinstanzen als gerechtfertigt.

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist den Vorinstanzen auch darin beizupflichten, daß Entlassungsgründe gerade noch nicht verwirklicht wurden. Der - mißglückte - Versuch des Klägers, die Auszahlung von Überstunden zu erlangen, kann nämlich - wie das Erstgericht bereits zutreffend dargelegt hat - dem Kläger nicht als in Täuschungs- und Bereicherungsabsicht begangen angelastet werden. Nach den Feststellungen hat der Bürgermeister dem Kläger gegenüber die Auszahlung nicht verweigert, sondern zugesagt, sich diesbezüglich bei der Gemeindeaufsicht zu erkundigen. Der Bürgermeister gab den von ihm abgezeichneten Antrag in die Einlaufstelle zur Weiterleitung an die Kasse. Daß der Kläger vom Vorhaben des Bürgermeisters, dem Kassenleiter mündlich die Auszahlung des Betrages zu untersagen, Kenntnis gehabt hätte, ergibt sich aus den Feststellungen nicht. Der Kläger konnte daher davon ausgehen, der Bürgermeister lehne eine Auszahlung nicht grundsätzlich ab. Sein Verhalten, den normalen Dienstweg zu umgehen und dem Stellvertreter des Kassenleiters fälschlich zu versichern, der Bürgermeister sei mit der Auszahlung einverstanden, stellt somit zwar vor allem in Anbetracht der Stellung des Klägers als Amtsleiter eine gröbliche Dienstpflichtverletzung dar, es fehlt jedoch das besondere Gewicht eines Entlassungsgrundes. Dies gilt auch für den Inhalt des Schreibens vom 3.12.1993. Hinsichtlich der teilweise in die gleiche Richtung gehenden Äußerungen bei dem Gespräch mit dem Bürgermeister in Anwesenheit einer weiteren Gemeindebediensteten am Vortag ist die Beklagte darauf zu verweisen, daß der Bürgermeister diesbezüglich am selben Tag den Kläger schriftlich ermahnte. Dieses Verhalten kann nur dahin gedeutet werden, daß die Dienstgeberin auf das Recht, den Kläger wegen dieses Gespräches zu kündigen, verzichtete (ArbSlg 8161; 9 ObA 74/89). Dieser Vorfall kann allerdings bei Beurteilung des nachfolgend vom Kläger verfaßten Schreibens nicht unbeachtet bleiben, sodaß insgesamt die bereits dargestellten Kündigungsgründe verwirklicht erscheinen.

Beiden Revisionen ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 40, 41 ZPO.

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