OGH 9ObA2263/96a

OGH9ObA2263/96a13.11.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr.Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Petrag und Dr.Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Karl Hennrich und Hofrat Robert List als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Univ.Prof.Dr.Alfred K*****, Primararzt, ***** vertreten durch Dr.Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, wider die Beklagte und Gegnerin der gefährdeten Partei Kongregation ***** vertreten durch Dr.Christian Kuhn und Dr.Wolfgang Vanis, Rechtsanwälte in Wien, wegen Weiterbeschäftigung und einstweiliger Verfügung (Streitwert S 2,000.000), infolge Revisionsrekurses der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22.August 1996, GZ 12 Ra 201/96g-14, womit infolge Rekurses der klagenden und gefährdeten Partei der Beschluß des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Arbeits- und Sozialgericht vom 2.Juli 1996, GZ 14 Cga 89/96v-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung über den Rekurs der klagenden und gefährdeten Partei aufgetragen.

Die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung sind weitere Kosten des Provisorialverfahrens.

Text

Begründung

Die klagende und gefährdete Partei (kurz Kläger) ist seit 6.11.1978 bei der Beklagten und Gegnerin der gefährdeten Partei (kurz Beklagte) als Vorstand der Abteilung für Allgemein- und Gefäßchirurgie im Allgemeinen Öffentlichen Krankenhaus ***** beschäftigt. Mit Schreiben der Beklagten vom 14.5.1996 wurde er vom Dienst suspendiert und mit Schreiben vom 25.6.1996 zum 30.6.1997 gekündigt.

Mit der vorliegenden Klage begehrt er, die Beklagte schuldig zu erkennen, ihn als Vorstand der genannten Abteilung des Allgemeinen Öffentlichen Krankenhauses ***** weiter zu beschäftigen. Zugleich stellte er ein gleichlautendes Begehren auf Sicherung durch einstweilige Verfügung für die Dauer des Rechtsstreites, längstens aber bis 30.6.1997. Seine Suspendierung sei eine diskriminierende Disziplinarmaßnahme, die im Zuge eines Kesseltreibens mutwillig erfolgt sei und gegen sein Recht auf Beschäftigung verstoße. Seine zwangsweise Nichtbeschäftigung während der langen Kündigungsfrist führe zu einem Qualifikationsverlust, so daß auch ein drohender, unwiederbringlicher Schaden gegeben sei.

Die Beklagte beantragte, das Klage- und Sicherungsbegehren abzuweisen. Dem Kläger seien Mängel in seiner Arbeitsleistung anzulasten und es habe wegen seiner Schimpfkanonaden massive Beschwerden der Ärzte und des Pflegepersonals gegeben. Er habe gegen sanitätsrechtliche und Hygienebestimmungen verstoßen. Außerdem habe er das von einer Management GesmbH erstattete Reformkonzept abgelehnt. Dem Kläger stehe kein Recht auf Beschäftigung zu und er sei in seiner fachlichen Position nicht gefährdet.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung ab. Es hielt aufgrund der Einsichtnahme in die von beiden Parteien vorgelegten Urkunden folgenden Sachverhalt für bescheinigt:

Der Kläger gab trotz seiner hohen fachlichen Qualifikation als Chirurg seit geraumer Zeit Anlaß zu Beschwerden. Er legte gegenüber dem Pflegepersonal ein äußerst aggressives Verhalten an den Tag, war sehr ungeduldig mit den Schwestern und beschimpfte sie teilweise massiv. Dieses Verhalten besserte sich seit ca zweieinhalb Jahren. Seither verlagerte sich diese Verhaltensweise auf seine ärztlichen Kollegen. Der Kläger beschimpfte diese bei Visiten neben den Patienten und dem Pflegepersonal heftig wegen falscher OP-Techniken, Hygienemängeln und ähnlichem. Er kam auch seiner Ausbildungsverpflichtung nicht ausreichend nach. Dies hatte zur Folge, daß seit dem Zeitpunkt seiner Beschäftigung kein Fachatzt mehr zur Gänze ausgebildet und an der Abteilung gehalten werden konnte. Die mangelnde Kommunikationsbereitschaft des Klägers führte auf der chirurgischen Abteilung zu einer mangelhaften Organisation. Es kam nicht nur zu Konflikten auf der chirurgischen Abteilung (etwa mit Dr.R***** und vor allem mit Oberarzt Dr.P*****), sondern auch mit Ärzten aus anderen Abteilungen.

Der Kläger wies etwa 53 % aller Patienten der Chirurgie über seine Ordination ein. Er behandelte zum Teil Patienten, die nicht über seine Praxis eingewiesen wurden, schlechter. Da er einen Großteil dieser Patienten immer am Montag einwies, kam es zu Konflikten zwischen der Verwaltung des Krankenhauses und der chirurgischen Abteilung. Diese Einweisungspraxis führte dazu, daß viele Patienten auf ihre Operation warten mußten. Der Kläger weigerte sich aber trotz Aufforderung durch die Leitung des Pflegedienstes und der Verwaltung, diese Zuweisungsmodalitäten zu ändern. In einigen Fällen machten Patienten, die nicht vom Kläger eingewiesen waren, negative Erfahrungen. Dies führte zu Spannungen mit einer Reihe von praktischen Ärzten.

Da sich die Beschwerden über den Kläger häuften, fand am 4.3.1996 eine Besprechung zwischen diesem und der Geschäftsleitung statt. Mit einer Reihe von Kritikpunkten konfrontiert, wies der Kläger die meisten zwar zurück, räumte aber ein, daß er nicht imstande sei, die organisatorischen Probleme der Abteilung zu lösen. Bei diesem Gespräch teilte man dem Kläger mit, daß die Absicht bestehe, ihn zu kündigen, falls keine wesentliche Änderung der Situation eintrete. Schließlich wurde über Wunsch des Klägers (Seite 61) die Durchführung einer Organisationsanalyse und ein weiterer Gesprächstermin am 26.4.1996 vereinbart. Bis dahin sollte der Kläger ein Soll-Konzept und eine Ist-Analyse erstellen.

Noch im März 1996 führte die H***** Krankenhaus Management GesmbH eine Analyse der Aufbaustruktur der chirurgischen Abteilung durch, wobei gravierende Mängel festgestellt wurden. Diese waren einerseits auf die schlechte Kommunikation bzw Zusammenarbeit des Klägers mit anderen Mitarbeitern und andererseits zufolge des Führungsdefizits des Klägers auf massive organisatorische Mängel zurückzuführen. Als besonders gravierend wurden die OP-Planung, Ausbildung von Mitarbeitern, Vertretungsregelung, Visiten, Mitarbeiterführung, Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen, Organisation, Qualitätssicherung, Patientenaufklärung sowie die Zusammenarbeit mit den zuweisenden Ärzten hervorgehoben. Die H***** Krankenhaus Management GesmbH stellte zur Bereinigung dieser Mängel ein 10-Punkte-Programm auf und schlug unter anderem vor, daß ein hauseigener Projektverantwortlicher bestellt, daß das Reorganisationsprogramm in einer Besprechung mit allen Betroffenen vorgestellt, daß drei Arbeitsgruppen eingesetzt und daß möglichst detaillierte, aber praktikable Regeln aufgestellt werden sollten. Ein Eskalationsplan sollte das Abteilungsteam, die kollegiale Führung und die Geschäftsführung umfassen. Das Managementunternehmen stufte die Erfolgsaussichten als recht gut ein. Es wurden die vorgeschlagenen Arbeitskreise eingerichtet. Der Kläger erstellte das von ihm verlangte Ist- und Soll-Konzept und legte dieses bei der Besprechung am 26.4.1996 vor. Bei dieser Besprechung teilte ihm die Geschäftsführung mit, daß Mißtrauen ihm gegenüber bestehe, was seinen Willen zu Veränderungen anlange. Es hätten trotz wiederholter Warnungen und Anweisungen, Mißstände abzustellen, keine nennenswerten Änderungen stattgefunden. Deshalb bestehe die Absicht, ihn zu kündigen. Die Geschäftsführung stellte ihm in Aussicht, die Kündigung zurückzunehmen und einen neuen Dienstvertrag abzuschließen (Kündigung jederzeit gemäß dem AngG), falls er innerhalb der Kündigungsfrist die in der Analyse angesprochenen 10 Punkte erfülle. Weiters wurde dem Kläger eine sofortige Dienstvertragsänderung angeboten. Stimme er bis 7.9.1996 zu, würde von einer Kündigung Abstand genommen. Dieser Änderung stimmte der Kläger nicht zu. Die Situation spitzte sich insoweit zu, als Oberarzt Dr.P***** erklärte, daß er mit 30.6.1996 kündige, wenn bis Mitte Juni 1996 keine drastischen Änderungen eintreten.

Am 9.5.1996 fand ein Gespräch zur Erhebung des Ist-Standes der laufenden Projekte der Abteilung Chirurgie sowie zur Koordination der Vorgaben der H***** Krankenhaus Management GesmbH statt. Alle - mit Ausnahme des Oberarztes Dr.P***** - begrüßten die positive Rückmeldung, die konstruktive Arbeit in den Arbeitsgruppen mit jeglicher Möglichkeit zur Beteiligung und freien Meinungsäußerung sowie die äußerst positive Aufbruchsstimmung. Mit Schreiben vom 10.5.1996 teilte die ärztliche Leiterin des Krankenhauses der Geschäftsführung der beklagten Partei mit, daß eine Fortsetzung und Verwirklichung des Projektes (Maßnahmenkatalog für die Abteilung Chirurgie) gemeinsam mit dem Kläger und Oberarzt Dr.P***** (unter Hinweis auf dessen Kündigungsabsicht) nicht möglich sein werde und ersuchte dringend um eine Entscheidung. Daraufhin verfügte die Geschäftsführung der Beklagten die mit 20.5.1996 beginnende Dienstfreistellung und sprach mit Schreiben vom 25.6.1996 die Kündigung des Klägers aus. Eine Reihe praktischer Ärzte wandten sich gegen die Suspendierung des Klägers. Anläßlich einer Bezirksärzteversammlung am 29.5.1996 wurde eine entsprechende Resolution verabschiedet.

Die berufliche Tätigkeit eines Chirurgen erfordert nicht nur eine ständige theoretische Weiterbildung, sondern auch ein ständiges manuelles Training, weil die operative Geschicklichkeit ohne ein solches Training schwindet. Das gilt insbesondere für hoch spezialisierte Leistungen, wie sie in der großen Abduminalchirurgie, der Lungenchirurgie, der Gefäßchirurgie und auch in der laperoskopischen Chirurgie verlangt werden. Länger dauernde Unterbrechungen führen zu einem Qualitätsverlust, zum Niedergang des chirurgisch-handwerklichen Niveaus und beeinflussen die berufliche Tätigkeit des Arztes ebenso negativ wie sie sich für künftige Patienten schädlich auswirken können.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß die Suspendierung eines Dienstnehmers keine Strafe, sondern eine administrative Vorbeugungsmaßnahme sei, für die ein zureichender Grund vorliegen müsse. Ein Anspruch auf Beschäftigung bestehe grundsätzlich nicht; lediglich in Ausnahmefällen sei in Gesetzen, Kollektivverträgen oder Einzelarbeitsverträgen ein solcher Anspruch vorgesehen. Ein derartiger Ausnahmefall liege nicht vor. Dem Kläger seien eine Reihe doch sehr erheblicher Verfehlungen anzulasten, so daß nicht von einem willkürlichen, unzureichend begründeten und diskriminierenden Eingriff gesprochen werden könne.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der Revisionsrekurs zulässig sei. Es führte zur Beweis- und Tatsachenrüge aus, daß es keine begründeten Bedenken gegen den vom Erstgericht (ausschließlich aufgrund der vorgelegten Urkunden) als bescheinigt angenommenen Sachverhalt hege, "soweit dieser für die Entscheidung im Provisorialverfahren erheblich" sei. Nicht von ausschlaggebender Bedeutung sei, ob sich der Kläger seinerzeit gegenüber dem Pflegepersonal oder nunmehr gegenüber seinen ärztlichen Kollegen zu massiven Beschimpfungen in Anwesenheit weiterer Personen habe hinreißen lassen oder in welchem Umfang er seiner Ausbildungspflicht nachgekommen sei. Wesentlich sei, daß in der Analyse doch nicht unerhebliche Organisationsmängel in der chirurgischen Abteilung angeführt seien, für welche der Kläger als Leiter zumindest größtenteils verantwortlich gewesen sei. Auch wenn diese Analyse in einem sehr moderaten Stil verfaßt sei und vom Managementunternehmen die Zusammenarbeit mit dem Kläger als höchst interessant und konstruktiv beurteilt werde, könne nicht übersehen werden, daß aus der Analyse die genannten Organisationsmängel hervorgingen, die ihren Grund vorwiegend im Führungsstil des Klägers gehabt hätten. Insbesondere gehe daraus die nicht ausreichende Kommunikationsbereitschaft des Klägers hervor. Daß bei der Besprechung vom 9.5.1996 die positiven Rückmeldungen, die konstruktive Arbeit in den Arbeitsgruppen sowie die äußerst positive Aufbruchsstimmung hervorgehoben werde, sei ohnehin festgestellt. Die ärztliche Leiterin habe aber diese Reformen wegen des zwischen dem Kläger und dem Oberarzt Dr.P***** bestehenden Konfliktes als gefährdet angesehen und deshalb die Geschäftsführung der Beklagten um Entscheidung ersucht.

Das Rekursgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß zwar in der Lehre eine Suspendierung als Verweigerung der Beschäftigung als ein Fall des "qualifizierten Annahmeverzuges" angesehen werde, was einen Erfüllungsanspruch auslöse, die Rechtsprechung bisher aber kein allgemeines Recht des Dienstnehmers auf Beschäftigung anerkannt habe. Dem Dienstgeber stehe die Befugnis zu, den Dienstnehmer (vorübergehend) dienstfrei zu stellen, insbesondere dann, wenn Umstände vorlägen, welche den Dienstgeber zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses berechtigen könnten. Nur im Fall einer willkürlichen Mißachtung von Dienstnehmerinteressen bzw im Fall eines unzureichend begründeten, diskriminierenden Eingriffes würden die Interessen des Dienstnehmers allenfalls wegen eines Verstoßes gegen die guten Sitten verletzt. Von einem solchen Eingriff könne keine Rede sein, weil die Dienstfreistellung in den bescheinigten Organisationsmängeln bzw im Führungsdefizit des Klägers begründet sei. Soweit sich die Beklagte im Hinblick auf den Konflikt mit Oberarzt Dr.P***** entschlossen habe, sich vom Kläger zu trennen, müsse dieser Schritt der freien Dispositionsmöglichkeit der Beklagten als Dienstgeberin überlassen bleiben.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß seinem Sicherungsantrag Folge gegeben werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs zurück- in eventu abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil es zur Frage des Rechtes auf Beschäftigung für einen Chirurgen keine Judikatur gibt; der Revisionsrekurs ist auch im Sinne des Aufhebungsantrages berechtigt.

Es ist auch im vorliegenden Fall nicht entscheidend, ob jeder Dienstnehmer einen klagbaren Anspruch auf Beschäftigung hat (vgl dazu den Überblick bei Resch, Anmerkungen zur arbeitsrechtlichen Beschäftigungspflicht, DRdA 1991 424 ff; Spielbüchler in Floretta/Spielbüchler/Strasser, ArbR3 I 217 f; Krejci in Rummel2, ABGB § 1153 Rz 23 f; Schwarz/Löschnigg, ArbR5 259 ff;

Martinek/M.Schwarz/W.Schwarz, AngG7 § 20 Erl 21; auch Strasser in

seinem vom Kläger vorgelegten Privatgutachten; 4 Ob 3/85 = DRdA 1985,

319; 9 ObA 351/89 = DRdA 1991/13 [Binder]; 9 ObA 19/93; 8 ObA 262/94

= SZ 67/107 ua), weil der Kläger zu einer Gruppe von Dienstnehmern

gehört, bei denen das Brachliegen ihrer Fähigkeiten zwangsläufig zu einem Qualitätsverlust und zur Minderung des chirurgisch-handwerklichen Niveaus (unwiederbringlicher Schaden) führt. Insoferne ergibt sich der Anspruch des Klägers auf tatsächliche Beschäftigung schon aus der Natur des abgeschlossenen Angestelltendienstvertrages für Primarärzte (vgl Tomandl, ArbR 2/3 2 104 f mwH). Dazu kommt, daß eine grundlose Suspendierung, welche sich nicht nur im Unterlassen der Beschäftigung erschöpft, sondern die Weiterführung des Dienstes untersagt, eine einseitige Maßnahme des Dienstgebers ist, die einen schon an sich diskriminierenden Eingriff in die renommierte Position des Klägers darstellt (vgl Schwarz, Die Beschäftigungspflicht im Arbeitsverhältnis, FS-Floretta 426 ff, 431). Den solcherart schutzwürdigen Interessen des Klägers (vgl Mayer-Maly/Marhold, ArbR I 147) müßten daher gewichtige Gründe entgegenstehen, die der Beklagten die Weiterbeschäftigung des Klägers während der einjährigen Kündigungsfrist objektiv unzumutbar machen könnten.

Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes und der Beklagten ist dabei nicht entscheidend, daß der Beklagten die Disposition darüber zusteht, ob sie sich vom Kläger oder vom Oberarzt Dr.P***** trennen möchte. Gegenstand des Sicherungsverfahrens ist vielmehr die einseitig verfügte Suspendierung des Klägers für die Dauer der Kündigungsfrist. Nach dem vom Erstgericht für bescheinigt gehaltenen Sachverhalt hätte es wohl persönliche bzw betriebliche Gründe gegeben, welche die Beklagte zu einer vorzeitigen Auflösung des Dienstverhältnisses des Klägers und sohin auch zu einer Suspendierung berechtigt hätten. Dies insbesondere im Hinblick auf die ständige massive Beschimpfung der ärztlichen Kollegen bei der Visite vor dem Pflegepersonal und den Patienten. Das Rekursgericht hat jedoch die entsprechenden Feststellungen des Erstgerichtes nicht übernommen, sondern sich im wesentlichen auf den festgestellten Inhalt der Analyse des Managementunternehmens beschränkt, wobei "Organiationsmängel" überschriftsartig ohne nähere Konkretisierung und Zuordnung lediglich aufgezählt werden. Die Wendung im angefochtenen Beschluß, es bestünden keine begründeten Bedenken gegen den vom Erstgericht als bescheinigt angenommenen Sachverhalt, "soweit er für die Entscheidung im Provisorialverfahren erheblich ist", ist unpräzise und läßt jede nähere Abgrenzung vermissen. Beschwerden über den Führungsstil des Klägers und die Organisationsmängel in der Chirurgie gab es schon seit längerer Zeit. Der Kläger selbst war es aber, der um eine Organiationsanalyse ersucht hatte, um eine Unterstützung im organisatorischen Bereich zu haben (Seite 61). Daß er sich geweigert hätte, die vorgeschlagenen Reformen umzusetzen, ist nicht festgestellt. Es ist im Gegenteil mit dem bescheinigten Sachverhalt davon auszugehen, daß noch bei der Besprechung am 9.5.1996 die positive Rückmeldung, die konstruktive Arbeit in den Arbeitsgruppen mit jeglicher Möglichkeit zur Beteiligung und freien Meinungsäußerung sowie die äußerst positive Aufbruchsstimmung begrüßt wurde. Dennoch erfolgte mit Schreiben vom 14.5.1996 die Suspendierung des Klägers vom Dienst. Hinreichend rechtfertigende Unzumutbarkeitsgründe, welche die Verletzung der schutzwürdigen Interessen des Klägers aufwiegen könnten, sind dazu aus dem vom Rekursgericht weitgehend eingeschränkten und im wesentlichen verdünnten Sachverhalt aber nicht mehr zu entnehmen.

Da der Oberste Gerichtshof auch im Provisorialverfahren nur Rechts- und nicht Tatsacheninstanz ist (vgl 1 Ob 566/95 = ecolex 1996, 865 uva), ist die Rechtssache noch nicht spruchreif. Das Rekursgericht, das seine Funktion als Tatsacheninstanz wahrzunehmen hat, wird daher vorerst die Beweis- und Tatsachenrüge des Klägers in seinem Rekurs abschließend zu erledigen haben. Erst nach Vorliegen des gesamten für bescheinigt erachteten Sachverhalts wird im Sinne einer Interessenabwägung zu entscheiden sein, ob für die Suspendierung des Klägers hinreichende und zureichende Gründe gegeben sind.

Der Kostenausspruch gründet sich auf die §§ 78, 393, 402 EO und § 52 Abs 1 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte