OGH 2Ob2354/96g

OGH2Ob2354/96g31.10.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Prückner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Matthias S*****, und 2.) Katharina S*****, beide *****, vertreten durch Dr.Leopold Hirsch, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, wegen Feststellung der Unwirksamkeit eines Vertrages, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 10. Juli 1996, GZ 2 R 23/96g-29, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 15. November 1995, GZ 7 Cg 53/93-23, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit S 19.841,25 (darin weder USt noch Barauslagen enthalten) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger sind je zur Hälfte Eigentümer von im Sprengel des Bezirksgerichtes Radstadt an der Tauernautobahn gelegenen, bewaldeten Liegenschaften. Mit notariell beurkundetem Übereinkommen vom 6.12.1982, abgeschlossen zwischen der Tauernautobahn AG und den klagenden Parteien haben diese ihre Zustimmung dazu erteilt, daß auf bestimmten Liegenschaften "die Reallast der bannwaldähnlichen Bewirtschaftung zugunsten der Republik Österreich - Bundesstraßenverwaltung A (Tauernautobahn- Aktiengesellschaft) einverleibt werde".

Mit der vorliegenden Klage begehren die klagenden Parteien die Feststellung, daß die Vereinbarung vom 6.12.1982 unwirksam sei; in eventu, daß die Vereinbarung als unwirksam aufgehoben werde.

Die beklagte Partei erhob die Einrede der mangelnden Passivlegitimation mit der Begründung, nicht Vertragspartner der klagenden Parteien zu sein, sie sei vielmehr Dritte im Sinne des § 881 ABGB.

Die Kläger erwiderten dazu, daß die Tauernautobahn AG bei Abschluß der gegenständlichen Vereinbarung als gesetzliche Vertreterin der beklagten Republik Österreich aufgetreten sei, zumal gemäß § 4 Abs 1 des Bundesgesetzes vom 20.5.1981, BGBl 1981/300, sie für den Erwerb von Grundflächen im Namen des Bundes als gesetzlicher Vertreter zu handeln habe. Die beklagte Republik Österreich sei daher passiv legitimiert. Zudem sei der Einwand der beklagten Partei sittenwidrig und rechtmißbräuchlich, da sie aus der Vereinbarung vom 6.12.1982 Nutzen getragen habe.

Das Erstgericht wies das Haupt- und auch das Eventualbegehren ab.

Über den eingangs wiedergegebenen unstrittigen Sachverhalt hinausgehend stellte es fest, daß die Vereinbarung vom 6.12.1982 von den Klägern und am 17.12.1982 von Dkfm.Karl J***** und Dr.Christian H*****, diese als im Handelsregister ausgewiesene Vertreter der Tauernautobahn AG (TAAG) im Namen der TAAG im Notariat Dr.S***** unterzeichnet wurde. Als Vertragspartner werden die TAAG und die Kläger angeführt.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, daß nach dem Inhalt der von den Klägern angefochtenen Vereinbarung diese zwischen der TAAG und den klagenden Parteien abgeschlossen worden sei; es sei eine Reallast zugunsten der beklagten Partei vereinbart worden. Ein Handeln im Namen der beklagten Partei sei durch die TAAG nicht erfolgt. Die TAAG sei mit Bundesgesetz vom 6.3.1969 (BGBl 1969/115) als Aktiengesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit errichtet worden. Gemäß § 1 Abs 2 dieses Gesetzes habe sie die für die Herstellung und Erhaltung der Tauernautobahn-Scheitelstrecke notwendigen Grundflächen auf ihre Kosten "für den Bund" zu erwerben gehabt. Mit Bundesgesetz vom 29.12.1992 (BGBl 1992/826) sei ua die TAAG mit der "Autobahnen und Schnellstraßen AG" (ASAG) zur "Österreichischen Autobahn und Schnellstraßen AG" (ÖSAG) verschmolzen worden. Gemäß § 4 Abs 1 BGBl 1981/300 habe die ASAG die zur Errichtung bestimmter Straßen notwendigen Grundflächen "im Namen des Bundes auf deren Kosten" zu erwerben gehabt. Der ÖSAG kämen gemäß § 7 Abs 1 BGBl 1992/826 jene Aufgaben zu, die bislang ua der TAAG und ASAG zugekommen seien. Die TAAG habe somit zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gemäß § 1 Abs 2 BGBl 1969/115 lediglich die Aufgabe bzw das Recht gehabt, bestimmte Grundflächen "für den Bund" zu erwerben. Aus dieser Formulierung lasse sich keine direkte gesetzliche Vertretungsbefugnis der TAAG für die beklagte Partei ableiten. Die Vertretungsbefugnis sei nämlich nach dem Wortlaut auf den Erwerb von Grundflächen, nicht jedoch auf den Erwerb von grundbücherlich abgesicherten Leistungsverpflichtungen beschränkt. Zum anderen sei kein Anhaltspunkt dafür gegeben, daß solche Grundflächen "im Namen des Bundes", somit durch direkte Stellvertretung zu erwerben seien. Der Erwerb "für den Bund" habe vielmehr im Wege der bloß indirekten Stellvertretung zu erfolgen. Eine auf direkte Stellvertretung hinweisende Formulierung enthalte erst die in BGBl 1981/300 für die ASAG normierte Aufgabenumschreibung, die jedoch 1982 auf die TAAG nicht anwendbar gewesen sei. Die TAAG habe daher im Dezember 1982 keine gesetzliche Vertretungsbefugnis für die beklagte Partei gehabt. Zudem fehle es aber auch an einem für die direkte Stellvertretung notwendigen Handeln im Namen der beklagten Partei, weil das Übereinkommen zwischen der TAAG und den Klägern abgeschlossen worden sei. Die beklagte Partei sei lediglich begünstigte Dritte im Sinne der §§ 881 f ABGB. Gestaltungsrechte könnten aber nur zwischen den Vertragspartnern, nicht jedoch gegenüber dem begünstigten Dritten geltend gemacht werden. Dies gelte auch für das primär erhobene Feststellungsbegehren. Die Berufung auf die mangelnde passive Klagslegitimation könne auch nicht sittenwidrig oder rechtsmißbräuchlich sein.

Das von den Klägern angerufene Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für zulässig.

Das Berufungsgericht schloß sich der Rechtsansicht des Erstgerichtes an und wies darauf hin, daß eine Straßensondergesellschaft, die in Erfüllung der ihr durch das Gesetz übertragenen Aufgaben tätig werde, im eigenem Namen und nicht als Vertreterin des Bundes handle (2 Ob 537/94). Die TAAG könne lediglich die notwendigen Grundflächen gemäß bzw analog § 4 Abs 1 des Gesetzes BGBl 1981/300 im Namen des Bundes erwerben. Daraus könne aber nicht abgeleitet werden, daß die TAAG bei Abschluß des gegenständlichen Übereinkommens zur Einräumung der Reallast der bannwaldähnlichen Bewirtschaftung zugunsten der beklagten Partei in deren Namen gehandelt habe.

Die Revision an den Obersten Gerichtshof wurde für zulässig erklärt, weil eine Überprüfung der Berufungsentscheidung durch das Höchstgericht aus Gründen der Rechtssicherheit erforderlich erscheine, zumal der zitierten Entscheidung 2 Ob 537/94 ein mit dem vorliegenden nicht ganz vergleichbarer Rechtsfall zugrunde gelegen sei.

Dagegen richtet sich die Revision der klagenden Parteien mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, das Rechtsmittel der klagenden Parteien zurückzuweisen, in eventu ihm keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Parteien ist aus den vom Berufungsgericht aufgezeigten Gründen zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

Die klagenden Parteien machen in ihrem Rechtsmittel geltend, daß sich aus § 1 Abs 1 (gemeint wohl Abs 2) BGBl 1969/115 die direkte gesetzliche Vertretungsbefugnis der TAAG für die beklagte Partei ableiten lasse, zumal die Formulierung in dieser Bestimmung "für den Bund" analog zu der Bestimmung des § 4 Abs 1 BGBl 1981/300, wo es heißt: "im Namen des Bundes" zu interpretieren sei. Gemäß § 1 Abs 1 BGBl 1969/115 sei die TAAG als gesetzliche Vertreterin der beklagten Partei mit der Wahrung öffentlicher Interessen, nämlich mit der Herstellung und Erhaltung der Tauernautobahn-Scheitelstrecke betraut worden. Der Hinweis auf die direkte Stellvertretung könne auch aus dem Punkt VIII des streitgegenständlichen Übereinkommens entnommen werden: "... der Republik Österreich-Bundesstraßenverwaltung A (Tauernautobahn AG) ...". Schon aufgrund dieser Aufsandungserklärung hätten die Kläger davon ausgehen können und müssen, daß die TAAG als direkter Stellvertreter für die beklagte Partei handle.

Zudem habe auch die Republik Österreich am 18.5.1982 zu 7 Cg 255/82 des Landesgerichtes Salzburg eine Klage gegen die nunmehrigen Kläger auf Unterfertigung eines verbücherungsfähigen Übereinkommens eingebracht. In diesem Verfahren habe die Republik Österreich ausdrücklich behauptet, durch die TAAG vertreten zu werden. Die TAAG bzw deren Nachfolgegesellschaften hätten nicht nur die Pflicht, sondern auch das Recht, die für den Straßenbau notwendigen Grundflächen im Namen der beklagten Partei zu erwerben.

Es sei auch unrichtig, die klagsgegenständliche Einräumung der Reallast der bannwaldähnlichen Bewirtschaftung zugunsten der beklagten Partei nicht als notwendige Grundfläche im Sinne des § 4 Abs 1 des Gesetzes BGBl 1981/300 zu qualifizieren. Der Zweck der Regelung liege nicht nur im Erwerb der notwendigen Grundflächen, sondern auch in der Sicherstellung der Erhaltung der ins Eigentum des Bundes gelangten Grundflächen, sowie eben im vorliegenden Fall durch den Abschluß eines Übereinkommens zur Einräumung der Reallast der bannwaldähnlichen Bewirtschaftung zugunsten der beklagten Partei.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden:

Im Revisionsverfahren ist nur mehr strittig, ob die beklagte Partei Partner des am 6.12.1982 mit den Klägern abgeschlossenen Vertrages ist, oder ob ihr lediglich die Stellung eines begünstigten Dritten im Sinne der §§ 881 f ABGB zukommt. Da der Vertrag vom 6.12.1982 von den Vertretern der TAAG mit den Klägern abgeschlossen wurde, stellt sich die Frage, ob diese als direkter Stellvertreter der beklagten Partei aufgetreten ist. Die Voraussetzungen wirksamer direkter Stellvertretung sind Handeln "im Namen" des Vertretenen, Vertretungsmacht und Geschäftsfähigkeit des Stellvertreters (Koziol/Welser I10 162 f).

Im vorliegenden Fall fehlt es, wie die Vorinstanzen bereits zutreffend ausgeführt haben, aus folgenden Gründen an der Befugnis der TAAG, die beklagte Partei zu vertreten.

Mit Bundesgesetz vom 6.3.1969 betreffend die Finanzierung der Tauernautobahn im Abschnitt Eben in Pongau bis Rennweg (Tauernautobahn-Finanzierungsgesetz) BGBl 1969/115 hat der Bund die Herstellung, Erhaltung und Finanzierung der Tauernautobahn-Scheitelstrecke einschließlich der in ihrem Zuge befindlichen Tunnel, Brücken und sonstigen zur Autobahn gehörenden Anlagen einer Aktiengesellschaft übertragen. Nach § 1 Abs 2 leg cit sind die für die Herstellung und Erhaltung der Tauernautobahn-Scheitelstrecke notwendigen Grundflächen von dieser Aktiengesellschaft auf ihre Kosten für den Bund (Bundesstraßenverwaltung) zu erwerben.

Durch die Übertragung der Errichtung der Tauernautobahn-Scheitelstrecke an eine eigene Rechtsperson, nämlich eine Straßensondergesellschaft, sind diese Agenden aus den Aufgaben des Bundes ausgeschieden und von der Straßensondergesellschaft zu erfüllen. Es handelt sich dabei um eine Form der mittelbaren Besorgung von nicht hoheitlichen Verwaltungsaufgaben des Bundes, die damit aus den vom Bund unmittelbar zu besorgenden Angelegenheiten ausscheiden (ZVR 1991/74; 2 Ob 537/94). Soweit daher die Straßensondergesellschaft in Erfüllung der ihr durch das Gesetz übertragenen Aufgaben tätig wird, handelt sie im eigenen Namen und nicht als Vertreterin des Bundes (2 Ob 537/94). Der Abschluß eines Vertrages, in dem die Reallast der bannwaldähnlichen Bewirtschaftung eingeräumt wird, stellt nicht den Erwerb der für die Herstellung und Erhaltung der Tauernautobahn-Scheitelstrecke notwendigen Grundflächen dar, sodaß das klagsgegenständliche Rechtsgeschäft nicht vom § 1 Abs 2 BGBl 1969/115 erfaßt ist und selbst dann, wenn man die Wortfolge "für den Bund" den Worten "im Namen des Bundes" gleichsetzt, eine gesetzliche Vertretungsbefugnis der TAAG für die beklagte Partei nicht gegeben ist, sodaß schon allein aus diesem Grunde das Klagebegehren nicht berechtigt ist.

Dazu kommt, daß das Stellvertretungsrecht vom Offenlegungsgrundsatz gekennzeichnet ist (Strasser in Rummel**2, Rz 50 zu § 1002; Schinko in Straube, HGB I**2, § 48 Rz 26); im Zweifel ist ein Eigengeschäft des Handelnden anzunehmen (HS 5078; RdW 1984, 309; RdW 1990, 342; ecolex 1993, 24). Einer Offenlegung bedarf es dann nicht, wenn dem anderen Teil ohne weiteres oder aus den Umständen erkennbar ist, daß nicht im eigenen Namen gehandelt wird, oder der andere Teil erkennbar auf eine Offenlegung verzichtet (JBl 1989, 39; vgl BankArch 1995, 636). Im vorliegenden Fall ist aber die TAAG weder namens der beklagten Republik Österreich aufgetreten noch war für die Kläger ohne weiteres erkennbar, daß die TAAG nicht im eigenen Namen handle, weil schon in der Präambel des Übereinkommens als Vertragspartner die TAAG einerseits und die Kläger andererseits angeführt sind und zudem eine Reallast zugunsten der beklagten Partei eingeräumt wird. Wer aber zugunsten eines anderen handelt, handelt nicht in dessen Namen. Daß in Punkt VIII der strittigen Vereinbarung in Klammer nach der begünstigten Republik Österreich die TAAG angeführt wird, vermag nichts daran zu ändern, daß die Vereinbarung keinerlei Anhaltspunkte dafür enthält, daß die TAAG namens der beklagten Partei aufgetreten wäre.

Die klagenden Parteien können auch aus der Bestimmung des § 4 Abs 1 BGBl 1981/300 (die jedenfalls nicht unmittelbar auf die TAAG zum Zeitpunkte des Abschlusses des gegenständlichen Vertrages anwendbar war), keine für sie günstigen Rechtsfolgen ableiten. In dieser Bestimmung wird nur angeordnet, daß die für die Errichtung der im § 1 leg cit genannten Strecken notwendigen Grundflächen von der ASAG auf deren Kosten im Namen des Bundes zu erwerben sind. Normadressat ist also die ASAG; wenn diese aber entgegen dieser Bestimmung im eigenen Namen erwirbt, so verstößt sie wohl gegen § 4 Abs 1 dieses Gesetzes, was aber an der Rechtswirksamkeit eines im eigenen Namen abgeschlossenen Rechtsgeschäftes grundsätzlich nichts ändert.

Schließlich können sich die Kläger auch nicht mit Erfolg auf den Akt 7 Cg 255/82 des Landesgerichtes Salzburg berufen. In diesem Verfahren ist die TAAG namens der Republik Österreich aufgetreten, woraus aber nicht folgt, daß sie dazu auch berechtigt war (vgl 2 Ob 537/94).

Es war somit dem Rechtsmittel der klagenden Parteien keine Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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