OGH 10ObS267/95

OGH10ObS267/9522.10.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer und Dr.Ehmayr als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Ernst Oder (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Walter Benesch (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Orden der B*****, vertreten durch Dr.Christian Kuhn und Dr.Wolfgang Vanis, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Land Tirol (Tiroler Landesregierung), 6020 Innsbruck, Wilhelm-Greil-Straße 17, vertreten durch Dr.Jörg Lindpaintner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Pflegegeldes, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 13.September 1995, GZ 5 Rs 61/95-15, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 6.April 1995, GZ 48 Cgs 278/94g-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 3.805,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 634,20 USt) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die am 25.2.1906 geborene Paula K***** war bis zu ihrem Ableben am 19.3.1995 Ordensangehörige der klagenden Partei. Sie erhielt für ihre Tätigkeit im Orden - zunächst als angelernte Kindergärtnerin und dann als Haushälterin für die Kindergärtnerinnen - Wohnung und Verpflegung. Die Ordensangehörigen der klagenden Partei können im Orden leben, erhalten aber mit Austritt aus der Ordensgemeinschaft keine Leistungen des Ordens mehr. Bei Eintritt in den Orden müssen die drei Gelübde der Armut, Keuschheit und des Gehorsams abgelegt und die Regeln und Konstitutionen vom dritten Orden des Heiligen Franziskus und der Konstitutionen der B***** anerkannt und beobachtet werden. Paula K***** gehörte nicht zu jenem Kreis der Ordensschwestern, die aufgrund ihrer weltlichen Tätigkeit Anspruch auf eine Pension haben. Sie hatte Zeit ihres Lebens auch keine Bezüge und es standen ihr nie Geldleistungen zu. Ordensangehörige, die Pensionen "öffentlicher Natur" beziehen, haben diese an den Orden abzuliefern. In Bezug auf Pflege und Betreuung bestehen keine Unterschiede zwischen Schwestern mit einem öffentlichen Pensionsanspruch und solchen ohne. Im Krankheitsfall wird ihnen die notwendige Versorgung und Betreuung gewährt. Die Konstitutionen und Generalanweisungen der B***** enthalten unter anderem folgende Punkte:"

"Punkt 23:

Mit unserer Arbeit verdienen wir, soweit die Kräfte dazu ausreichen, unseren Lebensunterhalt. Der Ertrag der Arbeit und was einer Schwester aufgrund einer Pension, Unterstützung oder Versicherung zukommt, gehört der Gemeinschaft, die damit die nötigen Auslagen bestreitet. Was erübrigt werden kann, wird nach Weisung der zuständigen Vorgesetzten weitergegeben....

Punkt 56:

Kranke und alte Schwestern sind ein Segen für unsere Gemeinschaft.

Wir wenden ihnen dankbare Liebe und Aufmerksamkeit zu und stehen

ihnen bei in Hilflosigkeit, Angst und Einsamkeit. Wir ermöglichen

ihnen den Empfang der Krankensalbung.......

Punkt 185:

Vor der Aufnahme ins Noviziat erklärt sich die Bewerberin schriftlich

damit einverstanden, daß sie im Fall des Austrittes oder der

Entlassung aus dem Institut kein Recht auf Entschädigung für

geleistete Arbeiten und Dienste hat, weil durch die Aufnahme und die

spätere Profeß kein Arbeitsvertrag mit dem Institut begründet wird.

Diese Erklärung wird von beiden Seiten unterzeichnet......."

Paula K***** hatte ab 1.7.1993 einen Pflegebedarf von durchschnittlich mehr als 120 Stunden monatlich (dies entspricht der Pflegegeldstufe 3). Sie wurde zuletzt von der klagenden Partei gepflegt, die auch zur Gänze für die Kosten der Pflege aufgekommen ist.

Mit Bescheid der beklagten Partei vom 23.11.1994 wurde der Antrag der Paula K***** auf Gewährung von Pflegegeld nach dem Tiroler Pflegegeldgesetz abgewiesen. Zur Begründung wurde auf § 3 Abs 3 lit a des Tiroler Pflegegeldgesetzes, LGBl 1993/55, verwiesen, wonach kein Anspruch auf Pflegegeld besteht, wenn der Pflegebedürftige einer Personengruppe angehört, die nach § 3 Abs 2 oder 3 des Bundespflegegeldgesetzes (BPGG) in den Kreis der nach dem BPGG anspruchsberechtigten Personen einbezogen werden kann. Dies sei bei der Antragstellerin der Fall, weil sie nach kirchenrechtlichen Vorschriften Versorgungsleistungen erhalte. Die Rechtsgrundlage der an Ordensangehörige geleisteten Versorgung sei im staatlichen Recht als privatrechtliche Vereinbarung zu werten. Da es sich bei diesen Versorgungsleistungen nach ihrer Zweckbestimmung um einer Pension bzw einem Ruhe(Versorgungs)genuß gleichartige Leistungen handle, lägen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Einbeziehung der Ordensangehörigen in den Kreis der Bezieher von Bundespflegegeld vor. Es sei auch möglich, daß die einzelnen Orden mit dem Bund eine Finanzierungsvereinbarung zur Abdeckung der durch die Gewährung von Pflegegeld zu erwartenden Mehraufwendungen abschließen. Ordensangehörige hätten daher keinen Anspruch auf Pflegegeld nach dem Tiroler Pflegegeldgesetz.

Mit der am 15.12.1994 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die damalige Klägerin Paula K***** die Zahlung eines Pflegegeldes nach dem Tiroler Pflegegeldgesetz im gesetzlich zustehenden Ausmaß ab 1.7.1993. Es gebe keine kirchenrechtliche oder ordensrechtliche Norm, die einem Ordensmitglied Anspruch auf eine Pension, einen Ruhe(Versorgungs)genuß oder eine gleichartige Leistung einräumen würde, selbst, wenn man einen grundsätzlichen Unterhaltsanspruch gegenüber der Ordensgemeinschaft bejahte. Vielmehr wären die sich aus der Ordensprofeß ergebenden Ansprüche des Ordensmitgliedes gegen seine Gemeinschaft mit familienrechtlichen Unterhaltsansprüchen vergleichbar. Ordensleute könnten daher nicht gemäß § 3 Abs 3 BPGG in den anspruchsberechtigten Personenkreis dieses Bundesgesetzes einbezogen werden. Nach den Intentionen des Gesetzgebers handle es sich bei den einzubeziehenden Gruppen durchwegs um Personen im Nahebereich des öffentlichen Dienstes (Tabakwerke, Bundesforste, Hauptmünzamt usw), die Pensionen und daraus abgeleitete pflegebezogene Geldleistungen beanspruchen könnten. Ein verfassungskonformes Verständnis des § 3 Abs 3 Tiroler PGG wäre nur vorstellbar, wenn durch die Ausschlußtatbestände die Intention des Gesetzgebers nach einer flächendeckenden Pflegevorsorge nicht vereitelt würde. Genau dies würde aber geschehen, wenn man den Personenkreis über die ganz engen Grenzen der in den Gesetzesmaterialien aufgezählten und in der Einbeziehungsverordnung bereits tatsächlich einbezogenen Gruppen hinaus erweitern würde.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wiederholte ihren bereits im zitierten Bescheid vertretenen Rechtsstandpunkt. Ordensangehörige könnten nach § 3 Abs 3 BPGG in den Kreis der nach diesem Gesetz anspruchsberechtigten Personen einbezogen werden, weshalb nach § 3 Abs 3 Tiroler PGG kein Anspruch auf Pflegegeld gegenüber der beklagten Partei bestehe. Bei Ordensangehörigen ergeben sich die entsprechenden Versorgungsleistungen aus der Profeß, die den Orden verpflichte, für das zeitliche und ewige Wohl des Ordensangehörigen zu sorgen. Diese Profeß werde auch als ein zivilrechtlicher Vertrag qualifiziert.

Nach dem Tod der Paula K***** am 19.3.1995 trat nunmehr die klagende Partei an deren Stelle in den Prozeß ein.

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, der klagenden Partei ab 1.7.1993 bis 19.3.1995 Pflegegeld nach dem Tiroler Pflegegeldgesetz der Stufe 2 zu gewähren. Es vertrat dabei im wesentlichen folgende Rechtsauffassung:

Ordensangehörige gehörten nicht zu jenem Personenkreis, der nach § 3 Abs 3 BPGG in den Kreis der Bezugsberechtigten aufgenommen worden sei. Alle nicht im § 3 BPGG genannten Personen fielen im Hinblick auf die Vereinbarung nach Art 15 a B-VG BGBl 1993/866 und das dort formulierte Ziel eines geschlossenen Pflegegeldsystems in die Zuständigkeit der Länder. Bis zu einer allfälligen Aufnahme einer bestimmten Personengruppe seien also die Länder zur Gewährung des Pflegegeldes zuständig. Darüber hinaus handle es sich bei den Leistungen des Ordens an seine Angehörigen um solche mit Unterhaltscharakter, nicht jedoch um die in § 3 Abs 3 BPGG umschriebenen Ansprüche auf Pension, Ruhe(Versorgungs)genuß oder gleichartige Leistungen aufgrund privatrechtlicher Vereinbarung, ungeachtet des Anspruchs der Ordensangehörigen auf Unterhalt und Versorgung gemäß der abgelegten Profeß, mögen diese Ansprüche auch auf einer privatrechtlichen Vereinbarung beruhen.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge. Was den Vertrag zwischen Bund und Ländern im Sinne des Art 15a B-VG anlange, sei der Ansicht des Erstgerichtes beizutreten, daß nach der Absicht der Vertragsparteien im gesamten Bundesgebiet ein umfassendes Pflegeleistungssystem geschaffen werden sollte. Aus dieser aus dem Vertrag hervorleuchtenden Absicht ergebe sich, daß es wohl keine Personengruppe mehr geben solle, die von Pflegegeldleistungen ausgeschlossen sei. Die entsprechenden bundes- und landesgesetzlichen Bestimmungen seien jedenfalls verfassungskonform auszulegen, vor allem auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgrundsatzes. Soweit die beklagte Partei den Vorrang des Bundespflegegeldes vor dem Landespflegegeld gemäß Art 2 Abs 3 der genannten Vereinbarung nach Art 15a B-VG hervorhebe, sei nach dem Wortlaut dieser Gesetzesstelle nicht auf den Anspruch, sondern auf die Gewährung abgestellt. Dies bedeute, daß dann, wenn Personengruppen schon bis zum Inkrafttreten des BPGG Anspruch auf Pflegegeld bzw vergleichbare Leistungen gehabt hätten und diese Leistungen auch tatsächlich gewährt worden seien, diesen Personen in Hinkunft nur mehr der Bund die Leistungen auszahlen solle. Inwieweit die Bestimmungen des § 3 Abs 3 und 4 BPGG und des § 3 Abs 3 lit a Tiroler PGG in ihrem Zusammenwirken verfassungswidrig sein könnten, brauche nicht untersucht zu werden. Da das Tiroler PGG nur auf die Möglichkeit der Einbeziehung abstelle, nicht jedoch auf die tatsächlich erfolgte Einbeziehung, könnte es zwar sein, daß aufgrund finanzieller Umstände im Rahmen der Mitfinanzierung eine bestimmte Personengruppe "durch den Rost" falle. Dies könne aber nicht Sinn des vom Bund und Ländern gemeinsam initiierten Pflegegeldsystems sein. Ordenangehörige gehörten jedoch schlechthin nicht zu dem in § 3 Abs 3 BPGG genannten Personenkreis. Wie die bereits erlassenen Einbeziehungsverordnungen bewiesen, sei an Personengruppen zu denken, die nicht der gesetzlichen Pensionsversicherung unterliegen, weil sie von der Pensionsversicherung des ASVG (§§ 5 und 7) ausgenommen seien, aber vergleichbare Leistungen von dem Bund nahestehenden Rechtsträgern erhielten, wie etwa die Arbeitnehmer der Austria Tabakwerke AG, der österreichischen Staatsdruckerei, der österreichischen Bundesforste und des Hauptmünzamtes. Bei all diesen Rechtsträgern handle es sich um solche, deren finanzieller Aufwand (auch) vom Bund mitzutragen sei, insbesondere auch was die finanzielle Bedeckung der Personalkosten anlange. Die genannten Rechtsträger schlössen privatrechtliche Dienstverträge mit ihren Arbeitnehmern, die wiederum zum Teil auch aufgrund eigener gesetzlicher Vorschriften Pensions- oder Ruhegenußansprüche nach sich ziehen würden. Diese Ansprüche beruhten somit auf einem privatrechtlichen Dienstvertrag. Die Gesetzgeber des Bundes- und der Landespflegegeldgesetze hätten bei der Formulierung der Ansprüche auf "Pension, Ruhe(Versorgungs)genuß oder gleichartige Leistungen" daran gedacht, daß es sich dabei um geldwerte Leistungen und nicht um Sachleistungen handeln sollte. Ordensangehörige hätten gegenüber ihrem Orden keinen Anspruch auf solche Geldleistungen, sondern einen Anspruch auf Sachleistungen, sodaß allein schon aus der Wortinterpretation die Auffassung der beklagten Partei verfehlt sei. Es sei zwar richtig, daß der Oberste Gerichtshof im Ergebnis ausgeführt habe (SSV-NF 7/80 ua), daß Ordensangehörige aufgrund ihrer durch die Profeß begründeten und aufrechten Mitgliedschaft zum Orden gegen diesen einen Rechtsanspruch auf vollen Unterhalt hätten, wobei es sich um einen Unterhaltsanspruch privater Art handle. Die ausgleichszulagenrechtliche Situation sei mit jener eines in Wohn- und Lebensgemeinschaft lebenden Pensionisten zu vergleichen, der Bezüge aus Unterhaltsansprüchen oder sonstigen Einkünften mit Versorgungscharakter wie zB Leibrenten oder Ausgedingsrechten habe. Diese ausgleichszulagenrechtliche Beurteilung der Ansprüche von Ordensangehörigen könne ohne weiteres auf die hier vorzunehmende Beurteilung übertragen werden. Handle es sich aber um eine einer Leibrente oder einem Ausgedinge vergleichbare Leistung des Leistungsverpflichteten, könne diese nicht einem geldwerten Versorgungsanspruch gleichgestellt werden, wenn die Ausgedings- oder Leibrentenleistung nicht in einer Geldleistung, sondern in einer Sachleistung bestehe. Nach den Gesetzesmaterialien zum Tiroler PGG würden unter den nach § 3 Abs 3 lit a ausgeschlossenen Personenkreis nicht solche Personen fallen, die Anspruch auf pflegebezogene Geldleistungen aufgrund eines Ausgedinges, eines Übergabsvertrages und ähnliches geltend machen könnten. Der Anspruch nach dem Tiroler PGG bestehe daher zu Recht.

Gegen dieses Urteil des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision der beklagten Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Sie beantragt die Abänderung dahin, daß das Klagebegehren abgewiesen werde.

Die klagende Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Nach § 3 Abs 3 lit a des Tiroler Pflegegeldgesetzes, LGBl 1993/55, besteht kein Anspruch auf Pflegegeld, wenn der Pflegebedürftige einer Personengruppe angehört, die nach § 3 Abs 2 oder 3 BPGG in den Kreis der nach dem BPGG anspruchsberechtigten Personen einbezogen werden kann. Ob eine solche Einbeziehung tatsächlich erfolgt ist, hat nach dem Wortlaut und Sinn der zitierten Bestimmung außer Betracht zu bleiben. Nach § 3 Abs 2 BPGG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesministers für Finanzen nach Anhörung der für das Bundesgebiet jeweils in Betracht kommenden gesetzlichen beruflichen Vertretung mit Verordnung bestimmte aufgezählte Personengruppen - soweit sie nicht in der gesetzlichen Pensionsversicherung versichert sind - in den anspruchsberechtigten Personenkreis nach Abs 1 einzubeziehen (freiberuflich tätige Ärzte, Rechtsanwälte, selbständige Apotheker usw.). Nach § 3 Abs 3 BPGG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesministers für Finanzen nach Anhörung der in Betracht kommenden Interessenvertretungen mit Verordnung weitere Personengruppen, die nicht der gesetzlichen Pensionsversicherung unterliegen, in den anspruchsberechtigten Personenkreis nach Abs 1 einzubeziehen, sofern der Anspruch auf eine Pension, einen Ruhe(Versorgungs)genuß oder eine gleichartige Leistung auf einer privatrechtlichen Vereinbarung beruht. Der Gesetzgeber wollte also neben dem sehr detailliert umschriebenen Kreis potentiell Anspruchsberechtigter (§ 3 Abs 1 BPGG) den personellen Geltungsbereich des BPGG offenbar flexibel gestalten: Um künftigen Entwicklungen rascher Rechnung tragen zu können (so AB 908 BlgNR 18.

GP, 4), wurde daher mit den - erst im Zuge der Ausschußberatungen

eingefügten und in der Regierungsvorlage (776 BlgNR 18. GP) noch

nicht enthaltenen - Verordnungsermächtigungen eine Grundlage zur

Einbeziehung weiterer Personengruppen geschaffen. Bei den in Abs 2

genannten Personen handelt es sich um eine bestimmte Gruppe von

freiberuflich Selbständigen, die nicht gesetzlich pensionsversichert

sind. Auch Abs 3 zielt auf Personen, die nicht der

Pensionsversicherung unterliegen und Pensionsleistungen udgl

beanspruchen können, die auf privatrechtlichen Vereinbarungen

beruhen. Voraussetzung für die Erlassung einer derartigen Verordnung

ist ua das Vorliegen eines der Gesamtfinanzierung des BPGG

vergleichbaren Beitrages der einzubeziehenden Personengruppen zu dem durch die Einbeziehung entstehenden Mehraufwand (§ 3 Abs 4 BPGG).

Was unter einem Anspruch auf eine - auf einer privatrechtlichen

Vereinbarung beruhende - Pension, Ruhe(Versorgungs)genuß oder

gleichartige Leistung zu verstehen ist, ergibt sich zunächst aus den

Gesetzesmaterialien (RV 776 BlgNR 18. GP, 25), wo insbesondere das

Pensionsstatut der Austria Tabakwerke AG, die ÖBB-Pensionsordnung,

die Vorschrift über die Ruhe- und Versorgungsgenüsse der

Arbeiterschaft des Hauptmünzamtes, die Vorschrift über die Ruhe- und Versorgungsgenüsse der Arbeiter der österreichischen Staatsdruckerei oder die Vorschrift über die Versorgungsgenüsse der ständigen Arbeiter der österreichischen Bundesforste genannt sind. Die in Betracht kommenden Personengruppen - mit Ausnahme der Pensionisten nach der Bundesbahn-Pensionsordnung - wurden durch die Einbeziehungsverordnung BGBl 1993/442 in den anspruchsberechtigten Personenkreis des BPGG einbezogen. Darüber hinaus haben durch die Novellierung BGBl 1994/48 auch Bezieher eines Ruhe- oder Versorgungsgenusses aufgrund des Dienstrechtes der nach dem HandelskammerG gebildeten Körperschaften in den anspruchsberechtigten Personenkreis des BPGG Aufnahme gefunden (vgl Gruber/Pallinger, BPGG Rz 6 zu § 3; Pfeil, Bundespflegegeldgesetz 57 f). Daraus folgt, daß der Gesetzgeber bei den privatrechtlichen "Pensionsansprüchen" offensichtlich Geldansprüche, nicht aber Naturalansprüche im Auge hatte.

Für die im vorliegenden Verfahren allein strittige Frage, ob Ordensangehörige nach § 3 Abs 3 BPGG in den anspruchsberechtigten Personenkreis nach Abs 1 einbezogen werden können, muß diese Gesetzesstelle hinsichtlich ihrer Vorgaben für die mögliche Einbeziehung interpretiert werden. Dabei ist zunächst davon auszugehen, daß es nicht darauf ankommt, ob die dort genannten Personen einen Anspruch auf pflegebezogene Geldleistung haben, sondern ganz unabhängig davon nur darauf, ob sie einen Anspruch auf eine "Pension, einen Ruhe(Versorgungs)genuß oder eine gleichartige Geldleistungen aufgrund einer privatrechtlichen Vereinbarung" haben. Was unter "Pension" zu verstehen ist, wird im Gesetzestext nicht definiert und in den Materialien nicht erläutert. Soweit im BPGG der Begriff Pension verwendet wird (zB § 3 Abs 1 Z 1, § 22 Abs 1 Z 1), sind darunter laufende Geldleistungen, nicht aber etwa Sachleistungen zu verstehen. Der Begriff "Ruhe(Versorgungs)genuß" kommt aus dem Dienstrecht der öffentlich-rechtlichen Bediensteten (Ruhegenuß in § 3 PG, Versorgungsgenuß in § 8 PG), wobei es sich auch hier um monatliche Geldleistungen handelt. Daraus kann geschlossen werden, daß auch der Anspruch auf eine "gleichartige Leistung" ein solcher auf Geldleistung sein muß, die ebenso wie die Pension oder der Ruhe(Versorgungs)genuß der Versorgung des Betreffenden dient. Dabei ist zu berücksichtigen, daß Ordensangehörige ("Angehörige der Orden und Kongregationen der katholischen Kirche") nach § 5 Abs 1 Z 7 ASVG von der Vollversicherung und damit von der Pensionsversicherung ausgeschlossen sind, außer sie stehen in einem Dienstverhältnis zu einer anderen Körperschaft als ihrer Kirche bzw einer deren Einrichtungen. Für die weitgehende Ausnahme der Ordensangehörigen von der Sozialversicherungspflicht war in erster Linie das Bestehen von Unterhalts- und Versorgungsansprüchen gegenüber der kirchlichen Gemeinschaft maßgebend (vgl insb RV zur 41. ASVG-Nov 774 BlgNR 16. GP, 20; Pfeil aaO 61; Koizar, Sozialrechtliche Stellung von Klerikern, Ordensangehörigen und kirchlichen Mitarbeitern, in:

Runggaldier/Schinkele, Arbeitsrecht und Kirche [1996], 179, 195). Soweit also Ordensangehörige nicht infolge einer Teilversicherung (insb § 7 Z 1 lit f, Z 4 lit b bzw § 8 Abs 1 Z 3 lit d ASVG) in den Genuß einer Grundleistung im Sinne des § 3 Abs 1 Z 1 BPGG kommen, haben sie derzeit keinen Anspruch auf Bundespflegegeld. Aus dem Profeßverhältnis haben aber Ordensangehörige auch keinen Anspruch auf eine "Pension, einen Ruhe(Versorgungs)genuß oder eine gleichartige Leistung aufgrund einer privatrechtlichen Vereinbarung". Wie der Oberste Gerichtshof bereits mit ausführlicher Begründung dargelegt hat, hat ein Ordensangehöriger Anspruch auf Unterhalt und Versorgung; es wurde daher entschieden, daß die einem Ordensangehörigen vom Orden gewährte freie Station bei Berechnung der Ausgleichszulage als Einkommen im Sinne des § 292 Abs 3 ASVG zu berücksichtigen ist (SSV-NF 7/80 = DRdA 1994, 488 mit zust Anm von Kalb; 10 Ob S 191/93). Die Unterhaltsleistungen des Ordensinstituts wurzeln im Profeßverhältnis, das seinem Wesen nach als entgeltfremd zu qualifizieren ist. Der das Ausgleichszulagenrecht beherrschende Fürsorgegedanke kommt beim Ordensangehörigen nicht zum Tragen, da diesem eine umfassende innerkirchliche Versorgung zukommt, der der Gesetzgeber in § 5 Abs 1 Z 7 ASVG auch Rechnung getragen hat (so Kalb aaO 494 mwN). Daß der Profeß eine zivilrechtlich relevante Vertragswirkung zukommt, ist nicht zweifelhaft. Bezüglich der Versorgung des Professen verpflichtet sich das Ordensinstitut, ihm lebenslang den angemessenen Unterhalt zu gewähren und auch das zur Verfügung zu stellen, was zur Erfüllung der Berufung im allgemeinen wie auch der übertragenen besonderen Aufgaben erforderlich ist (Can. 670; Primetshofer in: Heimerl-Pree, Handbuch des Vermögensrechts der katholischen Kirche 720 Rz 6/233). Dabei wird es sich in erster Linie um Sachleistungen und nicht um Geldleistungen des Ordensinstituts handeln. Aus dem Profeßverhältnis läßt sich aber keinesfalls ableiten, daß ein Ordensmitglied etwa ab einem bestimmten Alter oder Einschränkung der körperlichen oder geistigen Kräfte einen Anspruch auf eine Pension oder einen Ruhe(Versorgungs)genuß bzw eine andere derartige Geldleistung hat; nur auf eine solche stellt aber die gesetzliche Regelung ab. Das Ordensmitglied hat natürlich auch für den Fall des Alters bzw der Krankheit und Pflegebedürftigkeit und der dadurch eingeschränkten Schaffenskraft einen Anspruch auf Versorgung, jedoch ist dieser weder der Art noch der Höhe nach berechen- oder bestimmbar (ebenso Pree, Gutachten betreffend den Anspruch von Ordensangehörigen der katholischen Kirche auf Gewährung von Pflegegeld gemäß Bundespflegegeldgesetz und dem Tiroler Pflegegeldgesetz vom 26.4.1995; Koizar aaO 223; aA Kalb DRdA 1995, 381, 384; ihm folgend Pfeil aaO 62). Daraus folgt, daß Ordensangehörige nicht in den anspruchsberechtigten Personenkreis nach § 3 Abs 1 BPGG einbezogen werden können, weil die Voraussetzungen des § 3 Abs 3 BPGG nicht vorliegen (so auch die Stellungnahme des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 5.12.1995, Zl 48.113/2-9/95).

Auf die in der Entscheidung der 2. Instanz anklingende Frage, ob bei allen Personen, die keine Grundleistung im Sinne des § 3 Abs 1 BPGG beziehen und auch sonst nicht ausdrücklich vom BPGG erfaßt sind, die Zuständigkeit zur Gewährung von Pflegegeld "automatisch" bei den Ländern liege (vgl Pfeil aaO 60), braucht ebensowenig eingegangen zu werden wie auf die weitere Frage, wie die in § 3 Abs 4 BPGG genannte Voraussetzung des Vorliegens eines der Gesamtfinanzierung des BPGG vergleichbaren Beitrages der einzubeziehenden Personengruppen zu den durch die Einbeziehung entstehenden Mehraufwand erfüllt werden könnte.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG.

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