OGH 9ObA2234/96m

OGH9ObA2234/96m16.10.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Richard Warnung und Mag.Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Sieglinde R*****, vertreten durch Dr.Hanns Forcher-Mayr, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei B***** M***** Handels GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer Ing.Josef P*****, vertreten durch Dr.Alfons Klaunzer und Dr.Josef Klaunzer, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen S 128.342,-- brutto sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29.Mai 1996, GZ 15 Ra 58/96h-28, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 17.November 1995, GZ 48 Cga 88/95x-23, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 7.605,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.267,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat zutreffend das Vorliegen des Entlassungsgrundes der Vertrauensunwürdigkeit der Klägerin bejaht, sodaß es insoweit ausreicht, auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist auszuführen:

Ob das Schreiben von drei Anfragebriefen an für die Beklagte maßgeblichste Anbieterfirmen für ein allenfalls zu gründendes Unternehmen durch die Klägerin, wobei sie teilweise unter dessen Firmenlogo namentlich unter der Bezeichnung Geschäftsführung selbst aufschien als zulässige Vorbereitungshandlung zum Betrieb eines konkurrenzierenden Unternehmens anzusehen ist (SZ 59/26; DRdA 1993/48, 9 ObA 8, 9/93, 9 ObA 118/93) ist nicht zu untersuchen, weil dies für den vom Berufungsgericht als verwirklicht angesehenen Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit ohne Bedeutung ist.

Beim Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit ist entscheidend, ob das Verhalten des Angestellten nach den gewöhnlichen Anschauungen der beteiligten Kreise als so schwerwiegend angesehen werden kann, daß das Vertrauen des Arbeitgebers erschüttert wird und ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann (infas 1996 A 83). Maßgeblich ist dabei nicht das subjektive Empfinden des Dienstgebers, sondern ein objektiver Maßstab (Resch, Arbeitsvertrag und Nebenbeschäftigung, 79), der nach der Verkehrsauffassung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles anzuwenden ist (9 ObA 106, 107/95 mwN). Mit den Anschauungen der beteiligten Kreise ist ein unbestimmter Kreis von im Geschäftsbereich des Arbeitgebers in gleicher Weise tätigen Unternehmern gemeint, deren Verständnis auf dem Empfängerhorizont eines redlichen Erklärungsempfängers beruht (infas 1996 A 83).

Es kommt nicht darauf an, daß die Klägerin allenfalls mit den objektiv eine Beziehung zu ihrer Person herstellenden Schreiben zulässige Vorbereitungshandlungen für eine Firmengründung setzen wollte und damit nur eine Sondierung der Marktlage erfolgen sollte, weil diese allfällige subjektive Absicht objektiv und somit für Dritte und den Dienstgeber nicht erkennbar war. Im Zusammenhang mit dem Inhalt ihres Kündigungsschreibens, sie möchte einen neuen Aufgabenbereich ihrer Fähigkeiten entsprechend übernehmen und hätte ein Angebot erhalten, das sie einfach nicht ablehnen könne, mußte der redliche Dienstgeber die ernstliche Absicht seiner als Führungskraft beschäftigten Angestellten unterstellen, in seinem Geschäftsbereich mit seinen wichtigsten Anbieterfirmen Geschäfte schließen zu wollen, die seine wirtschaftlichen Interessen betrafen. Um einen Vertrauensverlust vorzubeugen, hätte die Klägerin unschwer die Beklagte vorweg verständigen können, daß sie daran denke, allenfalls in einem zu gründenden Unternehmen in der einen oder anderen Weise mitzuarbeiten und es hiezu notwendig sei, die Marktlage zu sondieren. Durch die Verletzung dieser Informationspflicht nahm sie die aus ihrem Verhalten abzuleitende schwere Interessensgefährdung des Dienstgebers in Kauf, was aber infolge der Heimlichkeit das Vertrauen des Dienstgebers zu erschüttern geeignet war und eine Fortsetzung des gekündigten Dienstverhältnisses auch nur bis zum Ende der Kündigungsfrist als unzumutbar erscheinen ließ.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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