OGH 3Ob2323/96f

OGH3Ob2323/96f9.10.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei ***** Dott.Michele R***** als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der P*****, vertreten durch Dr.Wilhelm Schlein, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Dipl.Kfm.Ivan H*****, vertreten durch Dr.Georg Zanger und Mag.Michael Pilz, Rechtsanwälte in Wien, wegen 8,676.665 S sA infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 10.Juli 1996, GZ 46 R 886/96a-8, womit der Exekutionsbewilligungsbeschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 25.April 1996, GZ 23 E 3643/96x-1, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bilden weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz.

Text

Begründung

Die betreibende Partei beantragte am 18.April 1996, ihr wider die verpflichtete Partei aufgrund des am 17.Mai 1994 vor dem Handelsgericht Wien abgeschlossenen Vergleichs und anderer behaupteter Titel die Forderungsexekution zur Hereinbringung eines vollstreckbaren Anspruches von 8,676.665 S sA und der Kosten von 275.000 S samt 4 % Zinsen seit 17.Mai 1994, 48.888,43 S, 150 S und 3.089,20 S gemäß § 294 EO zu bewilligen.

Im Antrag wurde die betreibende Partei als "***** Dott. Michele R***** als MV im Konkurs über das Vermögen der P*****" bezeichnet. Als Titel wurde eine Vergleichsausfertigung mit der vom Handelsgericht Wien am 26.Mai 1994 erteilten Bestätigung der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit vorgelegt. Darin scheint als klagende Partei, an die titelgemäß zu leisten ist, die "P*****" auf.

Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution.

Das Rekursgericht wies den Exekutionsantrag dagegen ab und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, die betreibende Partei habe ein Vorbringen zur behaupteten Konkurseröffnung unterlassen, die Geschäftszahl des Konkursgerichtes nicht angegeben, vor allem aber eine Konkurseröffnung nicht bescheinigt. Diese Antragsmängel hätten jedoch Anlaß für ein gemäß § 54 Abs 3 EO durchzuführendes Verbesserungsverfahren sein können, wäre die betreibende Partei nicht auch als "Guidice Delegato", sohin als "beauftragter Richter" und als Masseverwalter bezeichnet worden. Ein beauftragter Richter könne jedoch nicht zugleich Masseverwalter sein. Der Exekutionsantrag sei daher in Ansehung der Bezeichnung der betreibenden Partei "in sich widersprüchlich", was zu dessen Abweisung "mangels Aktivlegitimation" führen müsse. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zuzulassen, weil es zur "Frage der Vertretung einer Konkursmasse, wenn der Konkurs in Italien eröffnet" worden sei, an einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.

Nach Zustellung einer Ausfertigung der Rekursentscheidung am 9.August 1996 beantragte die betreibende Partei ihre Bezeichnung auf "Avv. Mariano I***** als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der P*****" zu berichtigen und legte eine unbeglaubigte Kopie der nach den Antragsbehauptungen von einem italienischen Gericht über Konkurseröffnungsanträge gefällten Entscheidung vom 11.März 1994 samt einer unbeglaubigten Übersetzung zum Nachweis der Tatsachen vor, daß über das Vermögen der P***** tatsächlich das Konkursverfahren eröffnet und Avv. Mariano I***** zum Masseverwalter bestellt worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und im Sinne des im Abänderungsantrag enthaltenen Aufhebungsbegehrens berechtigt.

Eine Berichtigung der Parteibezeichnung ist auch im Exekutionsverfahren möglich (EvBl 1957/2). Die angefochtene Entscheidung ist jedoch aufgrund der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Erlassung zu überprüfen. Nicht zu berücksichtigen sind daher Umstände, die erst nach deren Erlassung aktenkundig wurden (3 Ob 93, 1094, 1095/95; EFSlg 34.607; SZ 28/176). Erfolgte die Abweisung des Exekutionsantrages - wie hier - wegen eines Mangels in der Bezeichnung der betreibenden Partei, kann somit der erst nach Zustellung einer Ausfertigung des angefochtenen Beschlusses gestellte Antrag auf Berichtigung der Parteibezeichnung für die Entscheidung über den Revisionsrekurs - entgegen der Ansicht der betreibenden Partei - nicht von Bedeutung sein. Das Rechtsmittel der betreibenden Partei erweist sich allerdings aus anderen Gründen als im Ergebnis berechtigt.

Gemäß § 54 Abs 3 EO idF der EO-Novelle 1995 ist der Exekutionsantrag - abgesehen von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen - der betreibenden Partei zur Verbesserung zurückzustellen, wenn ihm das gesetzlich vorgeschriebene Vorbringen fehlt oder diesem nicht alle vorgeschriebenen Urkunden angeschlossen sind. Danach sind jedoch die dem vorliegenden Exekutionsantrag anhaftenden Inhaltsmängel verbesserungsfähig (allgemein dazu etwa: Kloiber, ÖA 1996, 3; Mohr, ÖJZ 1995, 891). Das bezieht sich aber, wie im Revisionsrekurs zutreffend dargelegt wird, nicht nur auf das unterlassene Vorbringen zur Konkurseröffnung über das Vermögen der im Exekutionstitel als berechtigt bezeichneten Person und den Nachweis solcher Behauptungen, sondern auch auf die dem Exekutionsantrag anhaftende und vom Rekursgericht erkannte Unklarheit in der Bezeichnung der betreibenden Partei. Ein "Guidice Delegato" (richtig: "Giudice Delegato") kann nämlich nach italienischem Recht nicht gleichzeitig Masseverwalter sein. Dieser Widerspruch und die anderen Mängel des Exekutionsantrages hätten daher bereits dem Erstgericht Anlaß für die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens geben müssen. Dafür sind folgende Rechtsgrundlagen von Bedeutung:

Gemäß Art 2 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Italienischen Republik über Konkurs und Ausgleich, BGBl 1990/44, erstrecken sich die Wirkungen der im Abkommen bezeichneten und in einem der Vertragsstaaten eröffneten Verfahren auch auf das Gebiet des anderen Vertragsstaates. Die Eröffnung des Konkurses in einem Vertragsstaat übt gemäß Art 6 leg.cit. auf den Gemeinschuldner im anderen Vertragsstaat, was die Einschränkung seiner persönlichen Rechte und seiner Rechte der Berufsausübung anbelangt, die Wirkungen aus, die nach dem Recht des zuletzt genannten Staates für den Fall vorgesehen sind, in dem der Konkurs von einem Gericht dieses Staates eröffnet worden wäre. Die Befugnisse, die das Recht des Vertragsstaates, auf dessen Gebiet der Konkurs eröffnet wurde, dem Masseverwalter einräumt, erstrecken sich gemäß Art 7 Abs 1 leg.cit. auf das Gebiet des anderen Staates. Der Masseverwalter kann gemäß Art 7 Abs 2 leg.cit. alle Maßnahmen zur Sicherung und Verwaltung des Vermögens des Gemeinschuldners treffen, alle Ansprüche betreffend das Vermögen des Gemeinschuldners in dessen Namen oder im Namen der Masse vor Gericht geltend machen und das bewegliche und unbewegliche Vermögen, das zur Masse gehört, veräußern. Er ist jedoch bei der Ausübung dieser Befugnisse auf dem Gebiet des Vertragsstaates, in dem der Konkurs nicht eröffnet wurde, in der Form von Rechtshandlungen dem Recht des Staates unterworfen, in dem er die Rechtshandlung setzt.

Wie aus der Bezeichnung der betreibenden Partei im Exekutionsantrag geschlossen werden kann, soll hier die Eröffnung des Konkursverfahrens über die im Exekutionstitel (Vergleich vor dem Handelsgericht Wien vom 17.Mai 1994) als berechtigt bezeichnete Person von einem italienischen Gericht ausgesprochen worden sein. Gemäß Art 6 und Art 7 Abs 1 und 2 des zitierten Abkommens ist aber der in Italien bestellte Masseverwalter auch befugt, die Exekution gegen den Titelschuldner zu beantragen. Er ist jedoch in der Form seiner Rechtshandlungen dem Recht jenes Vertragsstaates unterworfen, in dem diese gesetzt werden. Wenn auch die Durchsetzung eines in die Konkursmasse fallenden Anspruches aufgrund eines den Gemeinschuldner berechtigenden Titels kein Fall der Rechtsnachfolge gemäß § 9 EO ist (Heller/Berger/Stix, Kommentar 223), so hat die betreibende Partei als Voraussetzung für den Erfolg ihres Exekutionsantrages doch die Konkurseröffnung und die Bestellung einer bestimmten Person zum Masseverwalter gemäß § 55 Abs 2 EO nachzuweisen (Heller/Berger/Stix aaO 180 f; 222). Ein solcher Beweis läßt sich jedoch nicht schon mit einer unbeglaubigten Übersetzung der Kopie einer Entscheidung führen, die anscheinend durch ein italienisches Gericht gefällt wurde. Der betreibenden Partei wird daher im durchzuführenden Verbesserungsverfahren aufzutragen sein, mit geeigneten Beweismitteln die Konkurseröffnung über das Vermögen der im Exekutionstitel als berechtigt bezeichneten Person, den Beginn ihrer zeitlichen Wirksamkeit und die Bestellung einer bestimmten Person zum Masseverwalter darzutun. Dabei wird darauf hingewiesen, daß sich nach dem Vorbringen der verpflichteten Partei im Rekurs gegen die Exekutionsbewilligung für den zu führenden Nachweis taugliche Unterlagen im Akt 34 Cg 47/94g des Handelsgerichtes Wien befinden könnten.

Gemäß § 54 Abs 2 EO idF der EO-Novelle 1995 wird der betreibenden Partei in Verbesserung ihres Exekutionsantrages im übrigen aufzutragen sein, die den "Kosten aus früheren Exekutionen" zugrunde liegenden Titel vorzulegen. Das gilt auch für den nach den Antragsbehauptungen vom Bezirksgericht Döbling erlassenen Kostentitel über 150 S. Eine Ausfertigung des Exekutionstitels ist dem Exekutionsgericht nach der geltenden Rechtslage nämlich selbst dann vorzulegen, wenn es gleichzeitig Titelgericht ist (Angst/Jakusch/Pimmer, EO12 [MTA] Anm 7 b zu § 54; Kloiber, ÖA 1996, 3; Mohr, ÖJZ 1995, 891 f). Insofern wird als Grundlage der neuerlichen Entscheidung aber auch auf die bereits aktenkundigen Urkunden Bedacht zu nehmen sein (siehe insbesondere die E. des OLG Wien vom 6.5.1996 zu 1 R 48/96b).

Über den Exekutionsantrag und das Begehren der betreibenden Partei auf Berichtigung ihrer bisherigen Bezeichnung wird somit erst nach Durchführung des erforderlichen Verbesserungsverfahrens abschließend entschieden werden können.

Der auf die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bezogene Entscheidungsvorbehalt stützt sich auf § 78 EO und § 52 Abs 1 ZPO.

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