OGH 5Ob2307/96t

OGH5Ob2307/96t8.10.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Schwarz, Dr.Floßmann und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Eleonore S*****, vertreten durch Dr.Klaus Altmann, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin Doris E*****, vertreten durch Dr.Karl Zingher, Dr.Madeleine Zingher, Rechtsanwälte in Wien, wegen § 46a, § 37 Abs 1 Z 8 MRG, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 25.April 1996, GZ 39 R 200/96t-24, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 27.Oktober 1995, GZ 4 Msch 22/95-20, bestätigt wurde, den

Sachbeschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Antragstellerin begehrte die Feststellung, daß der begehrte Hauptmietzins in Höhe von monatlich S 12.018,60 zuzüglich gesetzlicher Wertsicherung und Umsatzsteuer ab 1.10.1994 angemessen sei, und erhob folgende Eventualfeststellungsbegehren: daß der begehrte Hauptmietzins in Höhe von monatlich S 12.018,60 ab 1.1.1995 zuzüglich gesetzlicher Wertsicherung und Umsatzsteuer angemessen sei; daß der begehrte Hauptmietzins ab 1.10.1995 - monatlich S 1.304,30 zuzüglich gesetzlicher Wertsicherung und Umsatzsteuer und in der Folge seine Anhebung in den vierzehn darauffolgenden Jahren jeweils mit 1.1. des Jahres um S 765.30 zuzüglich gesetzlicher Wertsicherung und Umsatzsteuer - angemessen sei; daß der begehrte Hauptmietzins ab 1.1.1995 - monatlich S 1.304,30 zuzüglich gesetzlicher Wertsicherung und Umsatzsteuer und in der Folge seine Anhebung in den vierzehn darauffolgenden Jahren jeweils mit 1.1. des Jahres um S 765,30 zuzüglich gesetzlicher Wertsicherung und Umsatzsteuer - angemessen sei; wie hoch der für den Mietgegenstand nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage etc. sonst angemessene Hauptmietzins sei.

Sie brachte vor, sie sei Eigentümerin und Vermieterin des Hauses *****, in dem sich das Schuhgeschäft G***** (66,72 m2) befinde. Mit Schreiben vom 9.3.1981 hätten die rechtsfreundlichen Vertreter der Hilde G***** bekanntgegeben, daß diese ihr Unternehmen an die Antragsgegnerin übergeben habe. Dieser Unternehmensveräußerung sei nicht zugestimmt worden, der Mietzins sei immer nur von Hilde G***** angenommen worden. Mit Schreiben vom 22.8.1994 habe der rechtsfreundliche Vertreter der Antragsgegnerin bekanntgegeben, daß Hilde G***** am 4.9.1993 verstorben sei. Die Einantwortungsurkunde, mit der die Verlassenschaft der Antragsgegnerin eingeantwortet worden sei, datiere vom 28.2.1994 und sei am 31.3.1994 rechtskräftig geworden. Die Antagsgegnerin sei daher am 31.3.1994 - sohin nach Inkrafttreten des 3. WÄG - voll in die Rechtsstellung von Hilde G***** eingetreten. Die Antragstellerin erachte einen Nettomietzins von S 180 pro m2 als angemessen, den sie mit Schreiben vom 4.8.1994 begehrt habe. Die Erhöhung gebühre bereits ab Oktober 1994, weil das Jahr 1994 bereits das Jahr nach dem Todesfall des Hauptmieters im Sinne des § 46 a Abs 2 MRG sei.

Die Antragsgegnerin bestritt die Anwendbarkeit des § 46 a Abs 2 und 5

MRG.

Außer Streit gestellt wurde: Zumindest bis zum Tode Hilde G***** lag ein gespaltenes Mietverhältnis vor. Hilde G***** ist am 14.9.1993 verstorben. Die Einantwortungsurkunde vom 28.2.1994 ist am 31.3.1994 in Rechtskraft erwachsen.

Das gemäß § 40 Abs 2 MRG angerufene Erstgericht wies den Sachantrag ab. Es erwog rechtlich, daß § 46 a Abs 2 MRG die schrittweise Anhebung des bisherigen Hauptmietzinses für Geschäftsräumlichkeiten zum angemessenen Betrag im Sinne des § 16 Abs 1 MRG im Falle des Todes des Hauptmieters erlaube. Diese Bestimmung erfasse jedoch ausschließlich Todesfälle, die sich ab dem 1.3.1994 ereignet hätten. Da die frühere Hauptmieterin Hilde G***** bereits am 14.9.1993 verstorben sei, könne vom Anhebungsrecht gemäß § 46 a Abs 2 MRG nicht Gebrauch gemacht werden.

§ 46 Abs 5 MRG sehe unter bestimmten Umständen eine Mietzinsanhebung bei Sanierung von gespaltenen Mietverhältnissen vor. Ein solches gespaltenes Mietverhältnis höre dann auf zu bestehen, wenn der Bestandnehmer und der Dritte, welchem das Bestandrecht übertragen worden sei, in einer Person vereinigt würden. Im vorliegenden Fall sei dies durch die Erbfolge der Antragsgegnerin nach ihrer Mutter geschehen. Die Antragstellerin habe die Erhöhung des Hauptmietzinses im August 1994, also nach Rechtskraft der Einantwortungsurkunde und folglich bereits nach Beendigung des gespaltenen Mietverhältnisses begehrt. Es sei daher auch eine Anhebung des Mietzinses gemäß § 46 a Abs 5 MRG nicht möglich.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs - wegen Abweichung von WoBl 1995/85 - für zulässig. Es führte im wesentlichen folgendes aus:

Entgegen der Entscheidung WoBl 1995/85 sei das Rekursgericht der Rechtsauffassung, daß die Bestimmung des § 46 a Abs 2 MRG lediglich auf Fälle Anwendung finde, in denen der Tod des bisherigen Hauptmieters sich ab dem 1.3.1994 ereignet habe. Eine andere Auslegungsmöglichkeit würde zu einer Rückwirkung des Gesetzes führen, die im Zweifel nicht anzunehmen sei. Im übrigen ergebe sich bereits aus dem bloßen Gesetzeswortlaut, daß der Mietvertrag am 1.3.1994 mit dem im Anschluß an diesen Zeitpunkt verstorbenen Hauptmieter bestanden haben müsse. Im Falle eines früheren Ablebens des Hauptmieters würde der Mietvertrag jedoch nicht mit diesem, sondern mit dem ruhenden Nachlaß bzw den Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolgern bestehen und sei daher der Bestimmung nicht zu unterstellen. Im übrigen werde auf die Ausführungen von Würth zu WoBl 1995/85 verwiesen.

Auch die Ausführungen der Rekurswerberin zu § 46 a Abs 5 MRG vermöchten nicht zu überzeugen. Gemäß dem klaren Gesetzeswortlaut fordere eine solche Anhebungsmöglichkeit ausdrücklich die Anerkennung des Erwerbers des Unternehmens bei Vorliegen eines gespaltenen Mietverhältnisses, das vor dem 1.1.1982 entstanden sei. Die Erhöhung des Mietzinses stelle eben gerade ein Entgelt für diese Anerkennung dar. Da eine solche Anerkennung im gegenständlichen Fall weder erfolgt sei noch für die Beseitigung des gespaltenen Mietverhältnisses kausal gewesen wäre, seien auch die Voraussetzungen des § 46 a Abs 5 MRG nicht gegeben gewesen.

Das Erstgericht habe Feststellungen über den Zeitpunkt der Mitteilung bzw die Kenntnis vom Todesfall der bisherigen Mieterin zu Recht unterlassen. Die Rekurswerberin könne nicht schlüssig darstellen, inwieweit eine solche Feststellung zu einer Änderung der rechtlichen Beurteilung im gegenständlichen Verfahren hätte führen können. Selbst wenn man eine Mitteilungspflicht der Antragsgegnerin bejahen und von der Verletzung einer solchen Pflicht ausgehen würde, könnte dies im gegenständlichen Fall nicht zu einer fiktiven Annahme eines zeitgerechten Erhöhungsbegehrens führen. Im übrigen sei ergänzend zu bemerken, daß die Bestimmung des § 46 a Abs 5 MRG den Zweck der Bereinigung von gespaltenen Mietverhältnissen verfolge. Es entspreche nicht dem Zweck dieser Bestimmung, daß durch formales Zuvorkommen mit einer Anerkennungserklärung auch gespaltene Mietverhältnisse bereinigt würden, die durch eine bereits eingetretene, aber noch nicht formal abgewickelte Erbfolge ohndies wegfielen.

Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung, mit dem Antrag, den angefochtenen Sachbeschluß im Sinne des Sachantrages der Antragstellerin abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Antragsgegnerin beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsmittelwerberin macht zusammengefaßt geltend, § 46 a Abs 2 MRG sei auch dann anzuwenden, wenn der Geschäftsraummieter vor dem Inkrafttreten dieser Gesetzesstelle (1.3.1994) verstorben sei. Der zu beurteilende Tatbestand sei jedenfalls aber nicht vorher abgeschlossen gewesen, weil die Einantwortungsurkunde erst am 31.3.1994 rechtskräftig geworden sei. Eine rückwirkende Anhebung des Mietzinses sei im Hinblick auf § 46 b MRG nicht zu befürchten. § 46 a Abs 5 MRG enthalte lediglich zwei Voraussetzungen, nämlich daß ein gespaltenes Mietverhältnis vor dem 1.1.1982 entstanden sei und daß der bisherige Hauptmietzins niedriger sei als der angemessene. Aus dem Text ergebe sich nicht, daß bei Geltendmachung des Anhebungsbegehrens noch ein "gespaltenes Mietverhältnis" vorliegen müsse. Dieses habe bis 31.3.1994, daher bis in den Geltungsbereich des 3. WÄG gedauert. Die unterlassene Feststellung, wann die Antragsgegnerin der Antragstellerin mitgeteilt habe, daß Hilde G***** verstorben sei, wäre erheblich gewesen, weil die Antragstellerin, hätte sie vom Tod Hilde G***** schon im März 1994 gewußt, zwischen Inkrafttreten des 3. WÄG und der Rechtskraft der Einantwortungsurkunde rasch einen Aufhebungsantrag gestellt hätte. Diese Möglichkeit habe ihr die Antragsgegnerin durch die gegen § 12 a MRG verstoßende Unterlassung der Benachrichtigung vom Tod der Hilde G***** genommen.

Hiezu wurde erwogen:

Der Rechtsmittelwerberin ist zuzugeben, daß in 1 Ob 512-514/95 = WoBl 1995/85 § 46 a Abs 2 MRG angewendet wurde, obwohl im dortigen Fall der Geschäftsraummieter bereits vor dem 1.3.1994 (Inkrafttreten dieser durch das 3. WÄG geschaffenen Bestimmung) verstorben war. Die Entscheidung ist von Würth (zu WoBl 1995/85) und Hausmann (ecolex 1995, 467) kritisiert worden, weil die neue Rechtslage in einem solchen Fall noch nicht heranzuziehen gewesen wäre (vgl auch Würth/Zingher, Wohnrecht' 94, 376 Anm 13; Dirnbacher, Gedanken zu § 46 a MRG, WoBl 1995, 78).

Der erkennende Senat teilt diese Ansicht der Lehre, weshalb er der Entscheidung WoBl 1995/85 nicht folgen kann. Gemäß Art II Abschnitt II Z 1 des 3. WÄG gelten die mietrechtlichen Änderungen zwar auch für Mietverträge, die vor dem Inkrafttreten mit 1.3.1994 geschlossen wurden. Dies ändert aber nichts daran, daß die neuen Rechtsvorschriften, soweit nicht besondere Übergangsregelungen etwas anderes vorsehen, nur auf nach Inkrafttreten des 3. WÄG verwirklichte Sachverhalte anzuwenden sind (Würth/Zingher, Wohnrecht' 94, 356 Anm 1). § 46 a Abs 2 MRG stellt auf den Tod des Geschäftsraummieters ab. Mit dem Tod verwirklicht sich der maßgebliche Sachverhalt endgültig und abschließend (vgl 5 Ob 2056/96f = RdW 1996, 358. Wann die Einantwortungsurkunde in Rechtskraft erwächst, ist für die Anwendung der zitierten Gesetzesstelle nicht maßgeblich, weil diese tatbestandsmäßig an den Übergang der Mietrechte vom ruhenden Nachlaß auf den Erben nicht anknüpft, sondern lediglich den Tod des Geschäftsraummieters voraussetzt. Ist daher der Hauptmieter - wie hier - vor dem 1.3.1994 verstorben, kann § 46 a Abs 2 MRG nicht angewendet werden.

Eine Fünftzehntel-Anhebung gemäß § 46 a Abs 5 MRG kann im vorliegenden Fall - ganz abgesehen von der Beseitigung der Spaltung des Mietverhältnisses durch rechtskräftige Einantwortung bereits vor dem Anhebungsbegehren vom 4.8.1994 - schon deshalb nicht erfolgen, weil diese Bestimmung auch voraussetzt, daß der Vermieter mit dem Anhebungsbegehren den Erwerber des Unternehmens als neuen Hauptmieter anerkennt. Daß solches geschehen wäre, hat die Antragstellerin nicht behauptet. Nur am Rande sei bemerkt, daß ihr Rechtsfreund im von ihr selbst vorgelegten schriftlichen Anhebungsbegehren vom 4.8.1994 der Antragsgegnerin nur die Anerkennung als Hauptmieterin für den Fall in Aussicht gestellt hat, daß sie den geforderten Mietzins schriftlich akzeptiere. Den Anforderungen des § 46 a Abs 5 MRG entspricht eine solche Vorgangsweise nicht. Es erübrigt sich daher, auf die weiteren Rechtsmittelausführungen zu dieser Gesetzesstelle näher einzugehen.

Dem Revisionsrekurs war somit ein Erfolg zu versagen.

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