OGH 13Os135/96

OGH13Os135/962.10.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 2.Oktober 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Klotzberg als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Shejnesi S***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1, Abs 2 erster Fall, Abs 3 Z 3 SGG und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 2.Mai 1996, GZ 4 b Vr 13.375/95-60, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Schroll, des Angeklagten und der Verteidigerin Dr.Mühl zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Shejnesi S***** des Verbrechens nach § 12 Abs 1, Abs 2 erster Fall, Abs 3 Z 3 SGG und des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er

A. in Wien den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift in einer großen Menge gewerbsmäßig an nachgenannte Personen in Verkehr gesetzt, indem er

1. im Juli/August 1995 ca 70 Gramm Heroin dem abgesondert verfolgten Matthias V***** auf Kommission überließ;

2. im September 1995 ca 80 bis 90 Gramm Heroin dem abgesondert verfolgten Martin P***** auf Kommission überließ;

3. im September/Oktober 1995 zumindest 100 Gramm Heroin dem abgesondert verfolgten Arkadiusz W***** verkaufte;

wobei er die Taten mit Beziehung auf ein Suchtgift beging, dessen Menge zumindest das 25-fache der im Abs 1 des § 12 SGG angeführten Menge ausmachte.

B. am 26.Juni 1995 in Hohenau eine ausländische öffentliche Urkunde, die durch Gesetz einer inländischen gleichgestellt ist, nämlich den total gefälschten polnischen Reisepaß lautend auf Tomasz M***** durch Vorweisen beim Grenzübertritt von Polen nach Österreich zum Beweis einer Tatsache nämlich seiner Identität gebraucht.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft dieses Urteil mit einer auf die Z 5, 5 a, 9 a, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Entgegen der insoweit eine Unvollständigkeit behauptenden Mängelrüge (Z 5) setzte sich das Erstgericht mit der leugnenden Verantwortung des Angeklagten im Rahmen der Beweiswürdigung (US 9 bis 16) auseinander und erachtete sie im Hinblick auf die Angaben des Zeugen Krzystof O***** vor der Sicherheitsbehörde und den Aussagen der Zeugen Walter G*****, Mag.Mariola H*****, Martin Pa*****, Matthias V***** sowie Wilhelm Pr***** als widerlegt.

Der Beschwerdeeinwand, daß der vom Erstgericht angenommene Reinheitsgrad des in Verkehr gesetzten Heroins unzureichend begründet wurde, geht schon deswegen ins Leere, weil sich das Erstgericht einerseits auf forensische Erfahrung und andererseits ausdrücklich auf die Aussage des Zeugen Martin Pa***** stützte (US 17). Der in diesem Zusammenhang auch im Rahmen der Tatsachenrüge (Z 5 a) geforderte Qualitätsvergleich mit einem bei den abgesondert verfolgten Basma Ben-J***** und Ibrahim Mohamed Abdel A***** H***** sichergestellten Heroin wäre nicht zielführend, weil dieses Suchtgift - entgegen dem Beschwerdevorbringen - nicht aus der gleichen Bezugsquelle wie das vom Angeklagten weitergegebene stammte (vgl S 429/I unten "... stammt ... von einem unbekannten Jugoslawen ...").

Eine Undeutlichkeit der Urteilsbegründung in bezug auf die Eignung der vom Angeklagten in Verkehr gesetzten Heroinmenge zur Gefährdung der Gesundheit einer größeren Zahl von Menschen liegt schon deswegen nicht vor, weil die Tatbestandsmäßigkeit des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG den Beschwerdeausführungen zuwider lediglich eine abstrakte Gefahreneignung voraussetzt.

Mit den von der Tatsachenrüge (Z 5 a) vorgebrachten Einwänden gegen die vom Erstgericht als glaubwürdig erachteten Angaben des Zeugen Krzysztof O***** vor der Polizei wird bloß versucht, nach Art einer Schuldberufung die Beweiswürdigung der Tatrichter zu bekämpfen, ohne aus den Akten erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen darzustellen; die Beschwerde übergeht insbesondere, daß sich das Erstgericht mit der Änderung der Aussage dieses Zeugen vor Gericht ausführlich auseinandersetzte (US 11 f), wobei es die Glaubwürdigkeit der ursprünglichen Angaben dieses Belastungszeugen unter anderem auf die Aussagen der Zeugen Walter G***** und Mag.Mariola H***** stützte.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) macht einen Feststellungsmangel in bezug auf die subjektive Tatseite geltend, ohne die entsprechenden Konstatierungen des Erstgerichtes dazu (US 7), die im übrigen entgegen den Beschwerdeausführungen ausreichend begründet wurden (US 17), zu beachten.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) vertritt den Standpunkt, daß eine große Menge im Sinne des § 12 Abs 1 SGG bei Heroin erst ab einer Reinsubstanz von 5 Gramm vorliege. Demzuwider stellt die gefestigte Rechtsprechung, von der abzugehen kein Anlaß besteht, bei der Tatbestandsvoraussetzung einer großen Menge von Heroin auf die auch vom Erstgericht dem Urteil zugrunde gelegte Menge von 1,5 Gramm Reinsubstanz (vgl zuletzt 12 Os 31, 32/95) ab, sodaß auch dieser Beschwerdeeinwand versagt.

Die Strafbemessungsrüge (Z 11) behauptet die Grundlagen der Wertersatzstrafe von 208.000 S betreffende Feststellungsmängel, womit sie aber nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt wird. Denn das Erstgericht ging entsprechend § 13 Abs 2 zweiter Satz SGG bei der Wertersatzberechnung vom Durchschnittspreis des vom Angeklagten weitergegebenen Heroins (von 800 S pro Gramm) aus (US 19).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten (unter anderem) nach § 12 Abs 3 SGG unter Bedachtnahme auf § 28 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren. Dabei wertete es als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, die Begehung der Suchtgiftdelikte aus reiner Gewinnsucht, das vielfache Überschreiten der "Übermenge" sowie die mehrfache Deliktsqualifikation, als mildernd hingegen das teilweise Geständnis, den bisherigen untadeligen Lebenswandel und die Sicherstellung des Falsifikates.

Diesen Strafausspruch bekämpfen sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft mit Berufungen; während der Angeklagte die Herabsetzung der Strafe sowie deren bedingte Nachsicht anstrebt und ins Treffen führt, daß zu Unrecht sowohl ein Vielfaches der Übermenge als auch die Verbrechensbegehung aus reiner Gewinnsucht gewertet worden wäre, begehrt die Staatsanwaltschaft eine Erhöhung des Strafausmaßes, weil die völlig uneinsichtige und leugnende Verantwortung des Angeklagten als erschwerend zu berücksichtigen sei.

Mag auch im vorliegenden Fall dem Vielfachen der Übermenge (zufolge des niedrigen Faktors) und dem Handeln aus reiner Gewinnsucht (wegen Annahme der Gewerbsmäßigkeit) keine erhebliche Bedeutung zukommen und die leugnende Verantwortung keinen Erschwerungsgrund darstellen (der Angeklagte begab sich hiedurch nur des besonderen Milderungsgrundes des § 34 Z 17 StGB), sind beide Berufungen im Ergebnis nicht berechtigt.

Das Erstgericht hat nämlich auch unter Berücksichtigung der korrigierten (besonderen und allgemeinen) Strafzumessungsgründe eine der personalen Täterschuld und dem Unwert der Straftaten entsprechende Strafe verhängt, die weder einer Reduktion zugänglich ist noch der Erhöhung bedarf. Da die Täterpersönlichkeit im Zusammenhang mit dem Vorwurf der gewerbsmäßigen Tatbegehung keine qualifiziert günstige Verhaltensprognose erlaubt (§ 43 a Abs 4 StGB), hat das Schöffengericht zu Recht auch von einer (teil-)bedingten Nachsicht der Strafe Abstand genommen; einer gänzlichen bedingten Strafnachsicht steht schon das Strafausmaß entgegen (§ 43 Abs 1 StGB).

Den Berufungen mußte sohin ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte