Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Sachbeschluß (Punkt 1 der Entscheidung des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 2.4.1996, 40 R 126/96t-20) wird unter Aufrechterhaltung der Aufhebung der vom Erstgericht geschaffenen Rückzahlungsverpflichtung des Antragsgegners sowie der Kostenentscheidung dahingehend abgeändert, daß das Wort "ersatzlos" entfällt.
Das Begehren der Antragsteller, dem Antragsgegner den Ersatz der Kosten des Revsionsrekurses aufzuerlegen, wird abgewiesen.
Text
Begründung
Die Antragsteller, die behaupten, Hauptmieter der Wohnung top 18 in dem dem Antragsgegner gehörigen Haus *****, zu sein, haben zunächst bei der Schlichtungsstelle und dann bei dem vom Antragsgegner gemäß § 40 Abs 1 MRG angerufenen Gericht die Überprüfung des von ihnen bezahlten bzw zu bezahlenden Hauptmietzinses beantragt. Hier ist lediglich von Interesse, ob sich aus dem Verfahren ein Rückforderungsanspruch der Antragsteller gegen den Antragsgegner ergibt. Dazu haben die Antragsteller vorgebracht, daß sie von Juli 1989 bis Februar 1992 insgesamt S 149.100,-- bezahlt hätten (von Juli 1989 bis August 1990 monatlich S 4.500,--, von September 1990 bis Jänner 1991 monatlich S 4.700,--, von Februar 1991 bis Juli 1991 monatlich S 4.900,-- und seit August 1991 monatlich S 5.500,--), tatsächlich aber auf der Basis eines zulässigen Gesamtmietzinses von S 1.000,-- monatlich für Wohnung und Möbel insgesamt nur S 31.000,-- hätten zahlen müssen, ihr Rückforderungsanspruch daher S 118.100,-- betrage. Ihr Sachantrag ging (ua) dahin, den angemessenen Hauptmietzins inkl. Betriebskosten und Möbelmiete mit S 1.000,-- monatlich für den Zeitraum von Juli 1989 bis inkl. Februar 1992 sowie für die Zukunft festzustellen und den Antragsgegner schuldig zu erkennen, den Antragstellern an zuviel gezahltem Mietzins den Betrag von S 118.100,-- samt 4 % Zinsen seit 1.2.1992 zu zahlen.
Das Erstgericht erkannte den Antragsgegner mit Sachbeschluß vom 22.9.1995 (ON 13) schuldig, dem Erstantragsteller S 27.483,73 und dem Zweitantragsteller S 61.664,84 jeweils samt 4 % Zinsen seit 1.2.1992 zu bezahlen. Auf die Entscheidungsgründe ist hier nicht einzugehen, weil über die Feststellung des zulässigen Hauptmietzinses - also über die Grundlagen eines allfälligen Rückforderungsanspruches der Antragsteller - neuerlich zu entscheiden sein wird und dem Obersten Gerichtshof wegen der Unanfechtbarkeit des diesbezüglichen Aufhebungsbeschlusses des Rekursgerichtes eine rechtliche Stellungnahme ohnehin verwehrt ist.
Das von beiden Seiten angerufene Rekursgericht fällte neben dem bereits erwähnten Aufhebungsbeschluß (in dem ein weiterer Rekurs für jedenfalls unzulässig erklärt wurde) in Stattgebung des Rekurses des Antragsgegners noch folgenden Sachbeschluß:
"Der angefochtene Sachbeschluß (der ersten Instanz) wird dahin abgeändert, daß die vom Erstgericht geschaffene Rückzahlungsverpflichtung des Antragsgegners ersatzlos behoben wird."
Begründet wurde dieser Teil der zweitinstanzlichen Entscheidung wie folgt:
Der von den Antragstellern bei der Schlichtungsstelle gestellte (und bei Gericht wiederholte) Feststellungsantrag sei kein Zinsüberprüfungsantrag in der Form, daß die Feststellung der Überschreitung des gesetzlichen Zinsausmaßes zu bestimmten Zinsterminen begehrt wird, sondern ziele auf die bloße Feststellung der Überschreitung des gesetzlich zulässigen Mietzinses (Hauptmietzins, Betriebskosten und Kosten für Möbelmiete) zu den Zinsterminen Juli 1989 bis Februar 1992 ab. Damit sei der vom Erstgericht geschaffene Rückforderungstitel nach § 37 Abs 4 MRG jedenfalls verfehlt, weil ein Ausspruch nach § 37 Abs 4 MRG bei geltend gemachten Ansprüchen ausscheide, die ihrer Art nach keine Rückforderungsansprüche ergeben, wie etwa die abstrakte Feststellung der Höhe des (zulässigen) Mietzinses (vgl Wüth/Zingher19, Rz 60 zu § 37 MRG mwN). Der vom Erstgericht geschaffene Rückzahlungstitel sei daher ersatzlos zu beseitigen gewesen.
Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Begründet wurde dies mit dem Fehlen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung.
Im jetzt vorliegenden außerordentlichen Revisionsrekurs machen die Antragsteller im wesentlichen geltend, daß das Rekursgericht ihr Begehren zu Unrecht darauf reduziert habe, nur die Feststellung des zulässigen Mietzinses verlangt zu haben. Tatsächlich hätten sie auch die Rückforderung des zuviel Geleisteten beantragt. Allfällige Unklarheiten über ihr Anliegen, die für ihren Rückzahlungsanspruch maßgeblichen Überschreitungsbeträge festzustellen, hätten durch eine extensive Interpretation des Sachantrages nach seinem Wortsinn ausgeräumt werden müssen. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, den angefochtenen Sachbeschluß so abzuändern, daß der Antragsgegner verpflichtet wird, dem Erstantragsteller einen Überschreitungsbetrag von S 41.390,64 und dem Zweitantragsteller einen Überschreitungsbetrag von S 94.501,17 (jeweils samt 4 % Zinsen seit 1.2.1992) zu zahlen; in eventu soll der zweitinstanzliche Sachbeschluß aufgehoben und die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung (gemeint ist in diesem Zusammenhang offenbar: an eine der Vorinstanzen) zurückverwiesen werden.
Dem Antragsgegner wurde die Beantwortung des Revisionsrekurses freigestellt. Er hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und beantragt, das Rechtsmittel der Antragsteller zurückzuweisen und ihm keine Folge zu geben.
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht in der Frage, ob die Schaffung eines Rückzahlungstitels iSd § 37 Abs 4 MRG ein ausdrückliches Begehren auf Feststellung der zuviel gezahlten Beträge voraussetzt, die Rechtslage verkannte; teilweise ist der Revisionsrekurs auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Vorauszuschicken ist, daß das Rekursgericht die ersatzlose Aufhebung des vom Erstgericht geschaffenen Rückzahlungstitels zutreffend als abändernden Sachbeschluß qualifiziert hat. Damit wurde nämlich dem Erstgericht die Möglichkeit genommen, anläßlich der ihm aufgetragenen neuen Entscheidung über den zulässigen Hauptmietzins den Antragsgegner zur Rückzahlung der zuviel eingehobenen Beträge zu verpflichten. In diesem Teil der Aufhebung des erstinstanzlichen Sachbeschlusses liegt somit in Wahrheit eine abschließende Entscheidung über die (Un-)Zulässigkeit eines nach Maßgabe des § 37 Abs 4 MRG zu erledigenden Rechtschutzanspruches der Antragsteller (vgl Kodek in Rechberger, Rz 3 zu § 527 ZPO). Die Anfechtbarkeit einer solchen Entscheidung richtet sich nach § 37 Abs 3 Z 18 MRG.
In der Sache selbst ist folgendes auszuführen:
Die Rechtsmeinung des Rekursgerichtes, die Schaffung eines Rückzahlungstitels nach § 37 Abs 4 MRG setze voraus, daß nicht nur die Feststellung des zulässigen Mietzinses, sondern (schon bei der Schlichtungsstelle) ausdrücklich auch die Feststellung des Ausmaßes der Überschreitung des gesetzlich zulässigen Mietzinses beantragt wurde, überdehnt den an sich richtigen Ansatz, daß sich ein Rückzahlungsanspruch nur "ergeben" kann, wenn im Sachbeschluß die Unzulässigkeit einer Leistung des antragstellenden Mieters ausgesprochen wird (vgl Würth im HB zum MRG, 509 und Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht, 19. Aufl, Rz 60 zu § 37 MRG unter Berufung auf Landesgericht für ZRS Wien MietSlg 39.547). Eine solche Feststellung der "Überschreitungsbeträge" muß nicht expressis verbis beantragt sein und im Spruch des Sach- beschlusses eines Mietzinsüberprüfungsverfahrens erfolgen. Die Regelung des § 37 Abs 4 MRG ist vielmehr so zu verstehen, daß der Richter immer schon dann, wenn die Entscheidungsgrundlagen hierfür vorhanden sind, den Titel für den Rückforderungsanspruch schaffen und sich nur dann auf die Feststellung der Unzulässigkeit der Einhebung von Beträgen durch den Vermieter beschränken soll, wenn der Leistungsauftrag ohne weiteren Verfahrensaufwand nicht ergehen kann. Der Leistungsbefehl darf zwar dem Mieter nicht aufgedrängt werden, setzt aber weder einen der Klage entsprechenden Antrag noch ein bestimmt gehaltenes Begehren voraus (MietSlg 36/40; MietSlg 40.567; MietSlg 41/15). Es genügt, daß der sich nach der Sachlage abzeichnende Rückforderungsanspruch des Antragstellers mit dem Antragsgegner erörtert wird (vgl 5 Ob 1024/91; WoBl 1993, 172/118), daß eindeutige Entscheidungsgrundlagen für die Schaffung eines entsprechenden Titels vorhanden sind und der antragstellende Mieter den Willen bekundet, im anhängigen Außerstreitverfahren auch gleich diesen Titel zu erhalten (vgl Würth im HB zum MRG, 509).
Alle diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die konkrete, nicht auch die Feststellung von Überschreitungsbeträgen einbeziehende Formulierung des Sachantrags der Antragsteller steht einer Annexentscheidung iSd § 37 Abs 4 MRG nicht entgegen, weil an die Bestimmtheit eines Begehrens im Msch-Verfahren keine strengen Anforderungen zu stellen sind (vgl EWr I/21/27). Es reicht aus, wenn das Verfahrensziel konkret umschrieben wird (Würth im HB zum MRG, 515). Daß die Antragsteller im gegenständlichen Verfahren erreichen wollen, den nach dem Ergebnis der Mietzinsüberprüfung zuviel gezahlten Betrag zurückzubekommen, kann bei ihrem Begehren, den zulässigen Mietzins für Vergangenheit und Zukunft festzustellen und den Antragsgegner schuldig zu erkennen, den auf der Basis einer selbst angestellten Berechnung ermittelten Differenzbetrag zwischen zulässigem und eingehobenem Mietzins zurückzuzahlen, nicht zweifelhaft sein. Damit ist das Erstgericht gehalten, die sich im weiteren Verfahren ergebenden Entscheidungsgrundlagen für die Schaffung eines Rückzahlungstitels iSd § 37 Abs 4 MRG zu verwerten. Es war verfehlt, ihm diese Vorgangsweise zu verwehren. Andererseits kann dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung über den Rückzahlungsanspruch der Antragsteller nicht aufgetragen werden, weil eine solche Annexentscheidung nur zu fällen ist, wenn sich ein entsprechender Anspruch im Verfahren "ergibt". Das Rückzahlungsbegehren der Antragsteller ist lediglich als Anregung zu betrachten, von der Möglichkeit der Schaffung eines Rückzahlungstitels Gebrauch zu machen (EWr I/16/83 mwN), weshalb es - mangels Spruchreife - bei der Aufhebung des vom Erstgericht geschaffenen Rückzahlungstitels zu bleiben hat und nur der einem Entscheidungsverbot gleichkommende Zusatz "ersatzlos" zu streichen ist.
Aus allen diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG. Sie trägt dem Umstand Rechnung, daß die Antragsteller in ihrem Revisionsrekurs lediglich die Kosten ihrer rechtsfreundlichen Vertretung verzeichnet haben.
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