OGH 4Ob2231/96h

OGH4Ob2231/96h17.9.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek und Dr. Niederreiter unddie Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Silvia S*****, ***** vertreten durch Dr. Johann Etienne Korab, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dipl.Ing. Claus S*****, ***** wegen Feststellung (Streitwert S 3,000.000), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 24. Juni 1996, GZ 16 R 104/96y-5, womit der Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 9. April 1996, GZ 7 Cg 84/96-2, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die klagende Partei ist (außerbücherliche) Hälfteeigentümerin der Liegenschaft EZ ***** *****, bestehend aus einer Villa mit Garten in *****.

Sie begehrt mit ihrer beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien eingebrachten Klage die Feststellung des Nichtbestehens eines am 16.2.1994 zwischen dem zweiten Hälfteeigentümer Ing.Friedrich S***** und dem Beklagten als Mieter abgeschlossenen Mietvertrages. Ing.Friedrich S***** maße sich Hausverwaltervollmacht an, obwohl ihm niemals Vollmacht erteilt worden sei, und schließe Bestandverträge auch namens des zweiten Miteigentümers (nunmehr der Klägerin) ab. Der Bestandvertrag sei mangels Zustimmung der Klägerin nicht wirksam zustandegekommen.

Zur Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes führte die Klägerin aus, eine Streitigkeit aus Bestandverhältnissen im Sinne des § 49 Abs 2 Z 5 JN liege schon deshalb nicht vor, weil sich nicht die tatsächlichen oder künftigen bzw seinerzeitigen Vertragspartner eines Bestandvertrages als Streitpartei gegenüberstünden. Sie sei in die Vertragsverhandlungen mit dem Beklagten nicht einbezogen worden, scheine in der Vertragsurkunde auch nicht als Vermieterin auf und sei daher als eine mit dem angeblichen Bestandvertrag nicht in Zusammenhang stehende dritte Person anzusehen.

Das Erstgericht wies die Klage wegen sachlicher Unzuständigkeit a limine zurück. Es liege eine Streitigkeit gemäß § 49 Abs 2 Z 5 JN vor. Einem Streit über das Bestehen eines Vertrages sei immanent, daß ein Streitteil das Bestehen behaupte und der andere verneine; nach dem Zweck des § 49 Abs 2 Z 5 JN komme es nicht darauf an, wer das Bestehen behauptet oder bestreitet bzw ob die Klägerin, wie hier, das Nichtbestehen festgestellt haben wolle.

Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs der Klägerin nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels oberstgerichtlicher Rechtsprechung zulässig sei. Unter Hinweis auf das Vorbringen der Klägerin, daß sie die Feststellung des Nichtbestehens eines auch in ihrem Namen abgeschlossenen Bestandvertrages begehre, bejahte das Rekursgericht das Vorliegen einer bestandrechtlichen Streitigkeit im Sinn des § 49 Abs 2 Z 5 JN. Dem stehe auch die herrschende Rechtsprechung nicht entgegen, wonach eine Streitigkeit zwischen den Parteien des Bestandverhältnisses vorliegen müsse. Bei einer Klage auf Nichtbestehen eines Bestandvertrages, bei der der Kläger eine Parteistellung auf Grund des Vertrages bereits im Klagevorbringen verneine, komme es darauf an, wer unter der Voraussetzung des gültigen Zustandekommens des Bestandvertrages nach dem Klagevorbringen Vertragspartner wäre. Die Klägerin mache geltend, daß der Vertrag auch in ihrem Namen abgeschlossen worden sei; sie wäre daher Vertragspartnerin des von ihr in seiner Gültigkeit bestrittenen Vertrages.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig. Entgegen der Annahme in 8 Ob 2028/96k will der Revisionsrekurswerber erkennbar eine Entscheidung über seinen Antrag nach § 230 a ZPO erst nach rechtskräftiger Erledigung des Unzuständigkeitsstreites. Daher ist die Beschwer aufrecht geblieben. Der Revisionsrekurs ist hingegen nicht berechtigt.

Seit der ZVN 1983 fallen unter die gemäß § 49 Abs 2 Z 5 JN vor die Bezirksgerichte gehörenden Streitigkeiten nicht nur alle Streitigkeiten aus Bestandverträgen über unbewegliche oder für unbeweglich erklärte Sachen, sondern auch Streitigkeiten über das Eingehen, das Bestehen und die Auflösung solcher Verträge und die Nachwirkungen hieraus. Dadurch wollte der Gesetzgeber einer Kompetenzzersplitterung entgegenwirken, um im Ergebnis fruchtlose Zuständigkeitsstreitigkeiten zu vermeiden (RV 669 BlgNR 15. GP 33 in Verbindung mit 26 und 31; JA 1337 BlgNR 15.GP 4).

Bei der amtswegigen Prüfung der Zuständigkeit nach § 41 Abs 1 JN ist von den Angaben des Klägers auszugehen (Fasching, LB2 Rz 227; Mayr in Rechberger, ZPO Rz 3 zu § 41; Rechberger/Simotta ZPR4 Rz 519; WoBl 1991/55; RZ 1992/94).

Die Klägerin bringt vor, daß sich der zweite Miteigentümer Hausverwaltervollmacht anmaße und Bestandverträge auch namens des weiteren Miteigentümers (nunmehr auch in ihrem Namen) abschließe, obwohl ihm niemals Vollmacht erteilt worden sei. Er habe mit dem Beklagten einen Mietvertrag abgeschlossen, der jedoch mangels Zustimmung der Klägerin nicht wirksam zustande gekommen sei.

Die Rechtsprechung, wonach eine Eigenzuständigkeit nach § 49 Abs 2 Z 5 JN dann ausscheidet, wenn schon nach dem Klagevorbringen ein Bestandvertrag verneint wird (Miet 46.590) ist, wie schon das Rekursgericht zutreffend ausführte, entgegen der Ansicht des Rechtsmittelwerbers auf den gegenständlichen Fall nicht anwendbar. Während in diesen Fällen titelloser Benutzung der Abschluß eines Bestandvertrages an sich verneint wurde, stützt die Klägerin ihr Feststellungsbegehren auf die Ungültigkeit des auch in ihrem Namen, jedoch ohne ihre Zustimmung abgeschlossenen Bestandvertrages. Die Rechtssache ist somit als Streitigkeit über das Bestehen eines Bestandvertrages im Sinn des § 49 Abs 2 Z 5 JN zu qualifizieren (vgl 8 Ob 623/90 = WoBl 1991/55, worin der Oberste Gerichtshof den Gerichtsstand nach § 49 Abs 2 Z 5 JN für die Räumungsklage eines Minderheitseigentümers, der dem Bestandvertrag nicht zugestimmt hatte, bejahte).

Ob die Klägerin als "Partei des Bestandverhältnisses" (siehe Miet 39.721 ua) anzusehen ist, richtet sich nach dem Klagevorbringen. Die Klägerin bezieht sich mehrfach darauf, daß sich der Vater des Beklagten Hausverwaltervollmacht anmaße, namens der Miteigentumsgemeinschaft Bestandverträge abschließe und Bestandzinse kassiere, wobei sie in diesem Zusammenhang auch den mit dem Beklagten abgeschlossenen Mietvertrag nennt. Ihr Vorbringen macht daher deutlich, daß der Vater des Beklagten als Vertreter ohne Vertretungsmacht tätig geworden sei und den Bestandvertrag in ihrem Namen, jedoch ohne Vollmacht abgeschlossen habe. Indem sie nun die Feststellung des Nichtbestehens eines auch in ihrem Namen geschlossenen Bestandvertrages begehrt, ist sie selbst auch als Partei dieses - von ihr in seiner Gültigkeit bestrittenen - Bestandvertrages anzusehen. Darauf, ob sie mit ihrem Standpunkt durchdringt, kann es für die Frage der Zuständigkeit nach § 49 Abs 2 Z 5 ZPO nicht ankommen, da somit Streitigkeiten über das Nichtbestehen niemals unter diese Bestimmung fielen. Der Gesetzgeber wollte aber auch diese vor der ZVN 1983 aus der Eigenzuständigkeit des Bezirksgerichtes ausgenommenen Streitigkeiten in § 49 Abs 2 Z 5 JN einbeziehen.

Der weitere Passus der Klage, der Vater des Beklagten nenne im Mietvertrag nur sich allein als Hauseigentümer und Vermieter, kann an diesem Verständnis der Klage nichts ändern, ergibt sich doch aus dem gesamten Sinnzusammenhang dieses Absatzes, in dem die Klägerin dem Vater des Beklagten vorwirft, er finde es nicht einmal der Mühe wert, das Miteigentumsverhältnis oder gar den weiteren Miteigentümer zu erwähnen, geschweige denn berufe er sich auf eine Vollmacht, keinesfalls, daß sie von ihrem davor erstatteten Vorbringen abgehen und nunmehr behaupten wollte, der Vater des Beklagten habe den Bestandvertrag nur im eigenen Namen abgeschlossen (vgl § 837 letzter Satz ABGB). Nach dem Sinnzusammenhang dient dieser Absatz vielmehr einer Komplettierung der gegen den Vater des Beklagten erhobenen Vorwürfe.

Die Voraussetzungen des Gerichtsstandes nach § 49 Abs 2 Z 5 JN sind daher nach dem Inhalt der Klage gegeben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründen sich auf §§ 40, 50 ZPO.

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