OGH 4Ob2134/96v

OGH4Ob2134/96v17.9.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Griß und Dr.Schenk in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.F***** M*****, vertreten durch Dkfm.DDr.Gerhard Grone, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei F***** Sch*****, wegen S 10.000 infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 1.März 1996, GZ 4 R 75/96z-27, womit die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 25.Oktober 1995, GZ 4 C 542/94i-24, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Kläger begehrt vom Beklagten Zahlung von S 10.000 als Kaufpreis für gelieferte Ware. Der Beklagte wendete ein, der Kläger habe nicht den bestellten Safran, sondern eingefärbtes Stroh, Gras oder Heu geliefert. Er habe nach Vereinbarung mit dem Kläger die Ware retourniert, eine Rechnung oder Mahnung habe er nicht erhalten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab; es folgte der Aussage des Klägers und der Zeugin H***** Sch***** im Zusammenhalt mit den vorliegenden Urkunden und stellte zusammengefaßt fest, daß der Beklagte die Ware mit Zustimmung des Klägers zurückgesendet und bis zur Klageführung weder Rechnung noch Mahnung erhalten habe.

Dieses Urteil bekämpfte der Kläger aus dem Berufungsgrund der Nichtigkeit mit dem Antrag, das Urteil "aufzuheben" und dem Klagebegehren stattzugeben. Hilfsweise stellte er einen Aufhebungsantrag. Inhaltlich wendete sich die Berufung gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichts. Dieses spreche dem Kläger jegliche Glaubwürdigkeit auf der Grundlage von Aussagen und Vorbringen ab, die dieser nicht gemacht habe und verstoße in massiver Weise gegen das Recht des Klägers auf ein faires Verfahren (Art 6 EMRK). Gleichzeitig verletze die im Urteil zum Ausdruck kommende Ver- und Mißachtung des Klägers auch dessen Recht auf Freiheit von unmenschlicher und erniedrigender Behandlung (Art 3 EMRK). Die Beweiswürdigung bilde nur eine Scheinbegründung.

Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig zurück. Der Kläger habe keinen der nach § 501 ZPO zulässigen Berufungsgründe geltend gemacht, die Berufung richte sich ausschließlich gegen die erstgerichtlichen Feststellungen und die diesen zugrundeliegende Beweiswürdigung.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Rekurs des Klägers ist zulässig, weil gegen den Beschluß, mit dem das Berufungsgericht eine Berufung zurückweist, der Rekurs ohne Rücksicht auf den Wert des Entscheidungsgegenstandes erhoben werden kann (EvBl 1991/62; RZ 1992/1; SZ 65/157 uva).

Er ist hingegen nicht berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrmals unter Ablehnung der Lehrmeinung Faschings (Lehrbuch2 Rz 1837) und Fuciks (Rz 1984, 54 ff [60]) dargelegt, daß in Rechtsstreitigkeiten mit einem S 15.000 nicht übersteigenden Entscheidungsgegenstand Berufungen, in denen ausschließlich andere als die in § 501 Abs 1 ZPO genannte Berufungsgründe geltend gemacht werden, als unzulässig zurückzuweisen sind (auch SZ 65/157; 2 Ob 589/94 ua). Eine sachliche Entscheidung ist nur dann zu treffen, wenn zulässige Berufungsgründe geltend gemacht und ausgeführt werden (3 Ob 518/93; 2 Ob 589/94).

Der erkennende Senat schließt sich aus den in SZ 65/157 dargelegten Argumenten dieser Rechtsmeinung an. Das Berufungsgericht hat sich daher in der Entscheidungsform nicht vergriffen.

Der Rekurs ist auch in sachlicher Hinsicht nicht berechtigt.

Der Kläger berief sich wohl auf den Berufungsgrund der Nichtigkeit; die Beweiswürdigung des Erstgerichts (welches seine Aussagen negiere, dem Beklagten und seiner Gattin jedoch "völlige Glaubwürdigkeit" bescheinige) verletze sein Recht auf ein faires Verfahren sowie auf Freiheit von unmenschlicher und erniedrigender Behandlung und bilde eine Scheinbegründung. Die Ausführungen des Berufungswerbers beschränken sich jedoch darauf, die Beweiswürdigung des Erstgerichts zu bekämpfen, indem er angebliche Widersprüche in den Aussagen der Zeugin aufzeigt, Argumente für die Glaubwürdigkeit des Klägers anführt und die Beweiswürdigung des Erstgerichts als Willkürakt darzustellen sucht. Über die Bekämpfung der Beweiswürdigung hinaus läßt der Rechtsmittelwerber jedoch Ausführungen zu den behaupteten Verfahrensverstößen vermissen. Er sieht eine Verletzung des Verfahrensgrundsatzes des "fair trial" allein in der unrichtigen Beweiswürdigung aufgrund der Mißachtung vermeintlicher Verfahrensergebnisse und behauptet nicht einmal eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Die Mißachtung des "fair trial" besteht seiner Ansicht nach darin, daß ihm das Erstgericht aus unrichtigen Überlegungen keinen Glauben geschenkt hat. Eine unvollständige mangelhafte oder sogar fehlerhafte Beweiswürdigung bildet jedoch keine Nichtigkeit im Sinn des § 477 Z 9 ZPO, sondern kann nur mit dem Berufungsgrund der unrichtigen Beweiswürdigung angefochten werden, dessen Geltendmachung dem Kläger im gegenständlichen Fall nach § 501 Abs 1 ZPO verwehrt ist.

Auch die Ausführungen der Berufung zur Verletzung des Art 3 EMRK betreffen inhaltlich ausschließlich die (unrichtige) Beweiswürdigung des Erstgerichts, durch die sich der Rechtsmittelwerber einer "erniedrigenden und unmenschlichen Behandlung" ausgesetzt fühlt. Die - behauptete - fehlerhafte Beweiswürdigung bildet keine Verletzung des Art 3 EMRK; worin sie sonst bestehen soll, bringt der Rechtsmittelwerber nicht vor und ist auch nicht zu sehen.

Wenngleich die Berufung formell Nichtigkeit geltend machte, beschränkte sich ihr Inhalt somit ausschließlich auf Ausführungen zum Berufungsgrund der unrichtigen Beweiswürdigung. Die Zurückweisung durch das Berufungsgericht erfolgte daher mit Rücksicht auf § 501 Abs 1 ZPO zu Recht.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO.

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