OGH 4Nd511/96

OGH4Nd511/9617.9.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek und Dr.Niederreiter sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Eleonore A*****, wider den Antragsgegner Ernst K*****, vertreten durch Dr.Ines Scheiber, Rechtsanwältin in Wien, wegen Bestellung eines Heiratsgutes, GZ 4 Nc 151/96g Bezirksgericht Peuerbach, über den Zuständigkeitsstreit zwischen diesem Gericht und dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Zur Entscheidung in der Rechtssache ist das Bezirksgericht Peuerbach zuständig.

Der Beschluß dieses Gerichtes vom 2.April 1996, 4 Nc 151/96g-11, wird aufgehoben.

Text

Begründung

Am 21.11.1995 beantragte die Antragstellerin, den damals in N***** und damit im Sprengel des Bezirksgerichtes Peuerbach wohnhaften Antragsgegner als ihren Vater zur Zahlung eines Heiratsgutes von S 50.000 zu verpflichten.

Am 11.1.1996 teilte der Antragsgegner im Zuge seiner Vernehmung vor dem Bezirksgericht Peuerbach mit, daß er seit 1.Jänner 1996 in Pension sei und seither den ordentlichen Wohnsitz in D***** habe (ON 4).

Mit Beschluß vom 23.Jänner 1996, ON 5, übertrug hierauf das Bezirksgericht Peuerbach die Zuständigkeit "zur Besorgung dieser Rechtssache an das Bezirksgericht Neusiedl/See", weil es im Hinblick auf den nunmehrigen Wohnsitz des Antragsgegners zweckmäßiger sei, wenn dieses Gericht die Rechtssache führe.

Das Bezirksgericht Neusiedl am See lehnte mit Beschluß vom 15.Februar 1996, ON 8, die Übernahme ab, weil § 111 JN nicht anwendbar sei und das bei Stellung des Antrages zuständig gewesene Bezirksgericht Peuerbach auch bei Änderung des gewöhnlichen Aufenthaltes des Antragsgegners zuständig bleibe (§ 29 JN).

Am 5.März 1996 beantragte der Antragsgegner mit der Behauptung, daß sich nunmehr seine Dienststelle in Wien befinde und er ständig in Wien wohne, die Zuständigkeit an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien zu übertragen (ON 9).

Mit Beschluß vom 2.April 1996, ON 11, entschied das Erstgericht in diesem Sinne und führte aus, der Antragsgegner halte sich jetzt ständig in "D*****" (?!) auf, sodaß es zweckmäßiger sei, wenn das Bezirksgericht Innere Stadt Wien diese Rechtssache führe.

Das Bezirksgericht Innere Stadt Wien lehnte mit Beschluß vom 5.6.1996 die Übernahme des Aktes mit der gleichen Begründung ab wie seinerzeit das Bezirksgericht Neusiedl am See (ON 12).

Nachdem beide Beschlüsse in Rechtskraft erwachsen waren, legte das Bezirksgericht Peuerbach den Akt zur Entscheidung des Zuständigkeitsstreites vor.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu war zu erwägen:

Zur Zeit der Einbringung des Antrages auf Bestellung des Heiratsgutes hatte der Antragsgegner seinen Wohnsitz im Sprengel des Bezirksgerichtes Peuerbach. Sein allgemeiner Gerichtsstand für Klagen war demnach gemäß § 65 JN bei diesem Bezirksgericht. Wie sich aus § 122 JN schließen läßt, gilt dieser Gerichtsstand auch für solche nichtstreitigen Angelegenheiten, deren Zuständigkeit nicht besonders geregelt ist. Dort wird nämlich für den Fall, daß die zur nichtstreitigen Gerichtsbarkeit gehörigen Rechtssachen bei dem Bezirksgericht an einem Ort anzubringen sind, für den mehrere Bezirksgerichte eingerichtet sind, angeordnet, daß das zuständige Gericht durch den Wohnsitz, den gewöhnlichen Aufenthalt oder durch den Aufenthalt derjenigen Person bestimmt wird, deren allgemeiner Gerichtsstand in Streitsachen für die Zuständigkeit entscheiden soll. Daraus folgt, daß der allgemeine Gerichtsstand im Sinne der §§ 65 ff JN für solche Außerstreitangelegenheiten, deren Zuständigkeit nicht in den §§ 105 ff JN geregelt sind, zu gelten hat.

Nach § 29 JN bleibt jedes Gericht in Rechtssachen, welche rechtmäßigerweise bei ihm anhängig gemacht wurden, bis zu deren Beendigung zuständig, wenn sich auch die Umstände, die bei Einleitung des Verfahrens für die Bestimmung der Zuständigkeit maßgebend waren, während des Verfahrens geändert haben. Der Umstand, daß der Antragsgegner nach Einbringung des Antrages seinen Wohnsitz geändert hat, führte also nicht zur Unzuständigkeit des Bezirksgerichtes Peuerbach. Für eine Übertragung der Zuständigkeit aus bloßen Zweckmäßigkeitsgründen durch das zuständige Gericht selbst fehlt jede gesetzliche Grundlage. § 111 JN gilt nur für Vormundschafts- und Pflegschaftssachen.

Der Beschluß des Bezirksgerichtes Peuerbach vom 2.April 1996, ON 11, ist daher (wie der vorangegangene Beschluß ON 5) eindeutig gesetzwidrig. Mit Recht hat das Bezirksgericht Innere Stadt Wien die Übernahme des Aktes abgelehnt.

Aus diesem Grund war auszusprechen, daß das Bezirksgericht Peuerbach zuständig ist; gleichzeitig war der Unzuständigkeitsbeschluß dieses Gerichtes aufzuheben (Fasching I 293; EvBl 1980/123; SSV-NF 2/64).

Sollte der Antrag des Antragsgegners auf Übertragung der Zuständigkeit an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien (ON 9) als Delegierungsantrag im Sinnne des § 31 JN aufzufassen sein, dann wird das Bezirksgericht Peuerbach dem Gesetz entsprechend vorzugehen und nach Einholung einer Äußerung der Antragstellerin und Abgabe einer eigenen Stellungnahme (§ 31 Abs 1 JN) den Akt zur Entscheidungdem Obersten Gerichtshof vorzulegen haben (§ 31 Abs 2 JN).

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