OGH 10Ob2113/96z

OGH10Ob2113/96z12.9.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Steinbauer, Dr.Pimmer und Dr.Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.A*****, vertreten durch Mag.Martin Mennel, Rechtsanwalt in Feldkirch, gegen die beklagte Partei Mag.Manfred F*****, vertreten durch Dr.Leonhard Lindner, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen ausgedehnt S 1,332.170,-- sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 28. Februar 1996, GZ 3 R 1037/95i-21, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 21. August 1995, GZ 8 Cg 274/94k-13, teilweise aufgehoben und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Teilurteil (Punkt II. der Berufungsentscheidung) wird dahingehend abgeändert, daß es - einschließlich der bereits vom Erstgericht erfolgten und mangels Bekämpfung in Rechtskraft erwachsenen Abweisung eines Mehrbegehrens von S 159.676,78 samt 9,5 % Zinsen seit 16.2.1992 sowie eines Zinsenmehrbegehrens von 9,5 % Zinsen aus S 1,119.288,73 vom 16.2.1992 bis 30.6.1992, 9,5 % Zinsen aus S 919.788,73 vom 1.7.1992 bis 14.2.1993, 3,5 % Zinsen aus S 1,044.357,62 vom 15.2.1993 bis 23.6.1995 und 3,5 % Zinsen aus S 1,172.491,22 seit 24.6.1995, weiters 4 % Zinseszinsen hieraus seit 14.10.1994 zuzüglich 20 % Umsatzsteuer aus den Zinsen bei vierteljährlicher kontokorrentmäßiger Abrechnung derselben und 4 % Zinseszinsen aus S 106.778,50 vom 4.10.1994 bis 23.6.1995 (laut Punkt 4. des Ersturteils vom 21.8.1995) - insgesamt wiederum als Teilurteil neu zu lauten hat:

1.) Die Klagsforderung besteht mit S 740.432,27 zu Recht.

2.) Die Gegenforderung des Beklagten von S 200.000,-- besteht nicht zu Recht.

3.) Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen S 740.432,27 zu bezahlen.

4.) Das Mehrbegehren von S 284.137,35 sowie von S 159.678,78 samt 9,5 % Zinsen seit 16.2.1992, das Zinsenmehrbegehren von 9,5 % Zinsen aus

S 1,119.288,73 vom 16.2.1992 bis 30.6.1992, 9,5 % Zinsen aus S 919.788,73 vom 1.7.1992 bis 14.2.1993, 3,5 % Zinsen aus S 1,044.357,62 vom 15.2.1993 bis 23.6.1995 und 3,5 % Zinsen aus S 1,172.491,22 seit 24.6.1995 und 4 % Zinseszinsen hieraus seit 14.10.1994 zuzüglich 20 % Umsatzsteuer aus den Zinsen bei vierteljährlicher kontokorrentmäßiger Abrechnung derselben sowie 4 % Zinseszinsen aus S 106.778,50 vom 4.10.1994 bis 23.6.1995 wird abgewiesen.

5.) Die Entscheidung über die Kosten aller drei Instanzen bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der als Rechtsanwalt tätige Kläger hat den Beklagten laut Vollmacht vom 5.4.1990 in insgesamt 7 gerichtlichen und einem verwaltungsbehördlichen Verfahren vertreten. Die mehrfach eingeschränkte und ausgedehnte Honorarforderung betrug bei Schluß der Verhandlung erster Instanz S 1,332.170,-- sA. Vor Klagseinbringung hat der Beklagte Teilzahlungen von insgesamt S 425.000,-- geleistet. Gegen die Klagsforderung, welche der Beklagte dem Grunde wie der Höhe nach bestritten hat, hat er überdies zwei Gegenforderungen in Höhe von S 129.943,-- (unberechtigter Streitgenossenzuschlag im Verfahren 10 Cg 111/92a des LG Feldkirch) einerseits sowie S 200.000,-- (Rückforderung einer geleisteten Akontozahlung aus dem Titel des Wuchers) andererseits kompensando eingewendet.

Das Erstgericht hat mit gemäß § 545 Abs 3 Geo. mehrgliedrigem Urteilsspruch die Klagsforderung als mit S 1,172.491,22 zu Recht und die Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend festgestellt, den Beklagten demgemäß zur Zahlung dieses Betrages samt Staffelzinsen verurteilt und das Mehrbegehren von S 159.678,78 ebenfalls samt Staffelzinsen abgewiesen. Bezüglich der umfangreichen Feststellungen des Erstgerichtes zu den im einzelnen ausführlich aufgelisteten Vertretungshandlungen des Klägers in den einleitend angeführten Verfahren wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Urteilsseiten 7 bis 33 (= AS 181 ff) verwiesen. In rechtlicher Beurteilung kam das Erstgericht zum Ergebnis, daß der Kläger grundsätzlich berechtigt sei, vereinbarungsgemäß nach den AHR abzurechnen sowie gemäß § 23 Abs 2 RATG auch die einzelnen Nebenleistungen dem Beklagten in Rechnung zu stellen; dieser sei auch laufend über alle rechtlichen Risken in den einzelnen Verfahren aufgeklärt und belehrt worden. Der insgesamt dem Kläger zustehende Honoraranspruch wurde mit S 1,597.891,22 errechnet, wovon S 425.000,-- an Teil- bzw Akontozahlungen abzuziehen seien. Das abgewiesene Mehrbegehren an Hauptsache sowie das abgewiesene Zinsenmehrbegehren blieben unbekämpft und sind damit in Rechtskraft erwachsen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten teilweise Folge. Im Umfang eines Hauptsachenteilbetrages von S 147.921,60 sowie der Nebengebühren und im Umfang der Kostenentscheidung wurde das Ersturteil aufgehoben und die Rechtssache insoweit an das Erstgericht zur weiteren Verhandlung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen. Darüber hinaus wurde das Ersturteil unter Einbeziehung seiner unbekämpften sowie der zugleich bestätigten Teile als Teilurteil dahingehend abgeändert, daß die Forderung des Klägers als mit "zumindest" S 868.566,47 zu Recht und die vom Beklagten eingewendete Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend erkannt wurde; demgemäß wurde der Beklagte zur Zahlung eines Betrages von S 868.566,47 an den Kläger verpflichtet. Das Mehrbegehren von S 156.003,15 samt anteiligen Begehren an Zinsen, Zinseszinsen und Umsatzsteuer aus den Zinsen (einschließlich des bereits vom Erstgericht abgewiesenen und unbekämpft gebliebenen Mehrbegehrens von S 159.678,78 samt Nebengebühren) wurden abgewiesen. Die Entscheidung über die Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens wurde der Entendscheidung vorbehalten. Die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO wurde für nicht zulässig erklärt.

Das Berufungsgericht übernahm die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen zur Gänze, ergänzte sie teilweise jedoch durch weitere Feststellungen aus einem Beiakt. In rechtlicher Hinsicht schloß es sich weitgehend der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes an; eine Abänderung hinsichtlich des zu Recht bestehenden Klagebegehrens samt Zahlungsverpflichtung des Beklagten erfolgte lediglich hinsichtlich eines weiteren Kostenzahlungsbetrages von S 21.496,--, Exekutionskosten von S 6.372,95 (hinsichtlich welcher der Beklagte vom Kläger nicht auf die Aussichtslosigkeit derselben hingewiesen worden war) und S 128.134,20 (hinsichtlich zu viel verrechneten Streitgenossenzuschlages im Verfahren 10 Cg 111/92a des LG Feldkirch). Bezüglich geltend gemachter Kosten für Aktenstudium, einzelne Unterredungen der Streitteile vor und nach diversen Verhandlungen sowie bei einem Mittagessen während einer Verhandlungspause geführte Besprechungen wurde das Ersturteil mangels ausreichender Feststellungsgrundlagen aufgehoben.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen den stattgebenden Teil des Teilurteils (entgegen dem Vorbringen in der Revisionsbeantwortung rechtzeitig) erhobene außerordentliche Revision des Beklagten verbunden mit dem Antrag, dieses im Sinne einer gänzlichen Abweisung abzuändern, eventualiter aufzuheben und die Rechtssache zurückzuverweisen, ist zulässig, weil das Berufungsgericht im Zusammenhang mit dem vom Kläger als Vertreter (auch) des Beklagten im Verfahren 10 Cg 111/92a des LG Feldkirch geltend gemachten Streitgenossenzuschlag materiell- und verfahrensrechtliche Vorschriften zum Nachteil des Revisionswerbers unrichtig zur Anwendung gebracht hat. Dies wurde von diesem im Sinne der Wiederherstellung der Einzelfallgerechtigkeit zutreffend aufgezeigt, und war vom Obersten Gerichtshof im Sinne der ihm zustehenden rechtlichen Leitfunktion richtig- und klarzustellen.

In den übrigen Entscheidungs- und Anfechtungs- punkten billigt hingegen der Oberste Gerichtshof die Entscheidung des Berufungsgerichtes dem Ergebnis und der rechtlichen Beurteilung nach, sodaß er sich insoweit - jeweils unter Berücksichtigung der Revisionsausführungen hiezu - auf eine kurze Zusammenfassung und Klarstellung beschränken kann. Die Revision ist daher insoweit nicht berechtigt. Der besseren Übersichtlichkeit halber werden diese Punkte in den folgenden Ausführungen vorweg zur Darstellung gebracht.

Im einzelnen hat der erkennende Senat zu den Anfechtungspunkten des Revisionsschriftsatzes, welcher vom Kläger mit dem Antrag, der Revision keine Folge zu geben, beantwortet wurde, folgendes erwogen:

1.) Die im Rahmen der Rechtsrüge zu Punkt 1.a (Dienstrechtssache) und Punkt 4 (Verlassenschaft nach DI A***** F*****) unter dem Mantel der "Urkundenauslegung" bekämpften Tatsachenfeststellungen sind eine im Revisionsverfahren unzulässige Wiederholung der insoweit bereits in zweiter Instanz erfolglos erhobenen Beweisrüge. Der Revisionswerber übersieht, daß alle maßgeblichen Feststellungen auch auf die aus der ausführlichen Parteienvernehmung beider Streitteile gewonnenen Erkenntnisse gestützt wurden, und diese Würdigung vom Berufungsgericht (S 10 seines Urteils = AS 382) ausdrücklich als unbedenklich übernommen wurde. Alle Ausführungen zur angeblich nicht oder nicht ausreichend erfolgten Aussichtslosigkeitsbelehrung weichen von den maßgeblichen Feststellungen der Vorinstanzen ab, wonach der Kläger den Beklagten mehrfach, ausdrücklich und eindringlich darauf aufmerksam gemacht hat. Die Rechtsrüge ist insoweit über weite Passagen nicht gesetzmäßig ausgeführt. Auch Aktenwidrigkeit ist in diesem Zusammenhang nicht gegeben (§ 510 Abs 3 dritter Satz ZPO).

2.) Eine Verpflichtung eines Rechtsanwalts, die Vertretung in einem voraussichtlich aussichtslosen Prozeß, den sein Klient trotz Rechtsbelehrung zu führen beabsichtigt, bei sonstigem Verlust des Honoraranspruches abzulehnen - worauf der Standpunkt des Beklagten letzlich im Ergebnis hinausliefe - besteht nicht (5 Ob 116/74). Dies gilt somit grundsätzlich für alle jene Verfahren und Verfahrensschritte, in denen der Beklagte - feststellungskonform - vom Kläger auf die fehlenden oder zumindest geringen Erfolgsaussichten in Kenntnis gesetzt wurde. Dem Kläger ist aber dann auch kein Vorwurf zu machen (vgl WBl 1989, 160), wenn er seinen Mandanten vom hohen Risiko solcher Verfahrensschritte informierte, dieser jedoch dessen ungeachtet nicht nur die Erklärung abgab, daß ihm bewußt sei, daß hiedurch "Kosten in einer Größenordnung entstehen würden, die üblicherweise nicht riskiert würden", sondern sogar noch darüber hinaus den Kläger durch die Äußerung bestärkte, darauf eingestellt zu sein, sogar seine Eigentumswohnung mit einem Wert von ca S 2,000.000,-- dafür zu riskieren, nur um seinen "Prinzipien" zum Durchbruch zu verhelfen (S 13 des Ersturteils = AS 193). Daß der Kläger dann doch diese Schritte setzte und auch kostenmäßig in Rechnung stellte, kann ihm daher nicht als Honorarzahlungsverweigerungsgrund entgegengehalten werden (vgl hiezu auch Graf, Anwaltungshaftung 72, im Zusammenhang mit der Äußerung eines Mandanten gegenüber seinem RA, "er brauche sich keine Sorgen bezüglich des Honorars machen, wir haben schon noch was").

Daran vermag auch die Argumentation des Revisionswerbers unter Bezugnahme auf den gemäß § 37 Z 1 RAO vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag erlassenen und auf Verordnungsstufe stehenden (VfGH Slg 9470; Schuppich/Tades, RAO5 Anm 1 zu § 37; jüngst auch Engelhart, Der Vertragsanwalt im Interessenkonflikt, AnwBl 1996, 492 [497]) § 50 RL-BA 1977 (abgedruckt auch in Schuppich/Tades aaO 210; siehe hiezu allerdings auch den Vorschlag von Zitta zu einer "raschesten Novellierung oder weitgehenden Aufhebung" in AnwBl 1993, 226 ff) nichts zu ändern. Der Kläger hielt nämlich nach den Feststellungen der Vorinstanzen - insoweit weicht die Rechtsrüge von dieser Grundlage ab und ist abermals nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt - die Anfechtung der Entlassung des Klägers aus dem Landesdienst nicht für generell aussichtslos, sondern bloß im Zusammenhang mit einer nicht zu erwartenden vollständigen Aufhebung samt Fortsetzung des Dienstverhältnisses (anstelle einer Umwertung als bloßer Kündigung) und vertrat im übrigen gegenüber dem Kläger (durchaus sachgerecht) nur eine "zurückhaltende und pessimistische Einschätzung" (S 11 und 13 des Ersturteils = AS 189 und 193). Soweit der Kläger hingegen beabsichtigte Verfahrensschritte des Beklagten tatsächlich generell für aussichtslos ("rechtlichen Unsinn") hielt - so etwa bezüglich einer beabsichtigten Privatanklage gegen Landeshauptmann und Bürgermeister -, hat er ihm nicht nur abgeraten, sondern diese Schritte in der Folge auch nicht gesetzt (erneut S 13 aaO = AS 193), und diese auch kostenmäßig nicht verrechnet. Von einem Verstoß gegen die zitierte Richtlinienbestimmung kann daher - ausgehend von der einzig maßgeblichen Tatsachengrundlage der Vorinstanzen - keine Rede sein.

3.) Die behaupteten Feststellungsmängel zu Punkt 2.a (Verfahren 10 Cg 111/92) liegen nicht vor. Nicht jedes einzelne Prozeßvorbringen (insbesondere im Rahmen der vielseitigen Schriftsätze des Beklagten in erster Instanz) muß auch in Tatsachenfeststellungen münden. Das Erstgericht hat in S 25 und 26 seines Urteils (AS 217 f) ausreichend klar ausgeführt, daß der Kläger vom Beklagten auf allfällige strafrechtlich relevante Malversationen des RA Dr.G***** aufmerksam gemacht worden war, diese jedoch nicht glaubhaft erachtete und aus diesen Gründen die zwar vom Kläger verfaßte, jedoch vom Beklagten allein unterfertigte und an die Staatsanwaltschaft übermittelte Sachverhaltsmitteilung nicht mitunterfertigen wollte. Daß hieraus keine sogar zum Honorarverlust führende Treuepflichtverletzung liegt, hat bereits das Berufungsgericht in S 19 seines Urteils (AS 391) überzeugend ausgeführt. Die Revision ist hiezu ebenfalls im Ergebnis nur eine Wiederholung der Berufung und vermag nichts subtantiell Neues vorzutragen.

4.) Privatbeteiligter in einem Strafverfahren ist, wer sich wegen privatrechtlicher Ansprüche einem solchen als Geschädigter angeschlossen hat (§ 47 Abs 1 StPO). Nach den Feststellungen des Ersturteils (S 29 und 30 = AS 225 f iVm den Leistungsfeststellungen AS 271 f) vertrat der Kläger den Beklagten als Verlassenschaftskurator nicht als Privatbeteiligter im Strafverfahren gegen R***** G*****, sondern in einer Herausgabeklage zu 10 Cg 111/92a (des LG Feldkirch), welches Verfahren mit einem Vergleich endete und worauf noch weiter unten (Punkt 8.) näher eingegangen werden wird. Alle diesbezüglichen Ausführungen in der Revision (auch zur Bemessungsgrundlage) gehen daher an dieser Tatsachengrundlage vorbei. Ein solcher Strafakt war auch nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Beweisverfahrens (siehe Beweisbeschluß ON 3 und Ersturteil S 7 = AS 181); demgemäß fehlt ein derartiges Verfahren auch in der gleich zu Beginn der Entscheidungsgründe des Erstgerichtes aufgezählten Liste jener Rechtssachen, in denen der Kläger den Beklagten vertreten hat (AS 173), und wie sie von Letzterem gleich im ersten Satz seiner Klagebeantwortung außer Streit gestellt worden sind (ON 2).

5.) Zu den Vertretungsleistungen in den Verwaltungsstrafverfahren der BH Bregenz:

Sowohl daß es sich beim Beklagten um einen nicht rechtschutzversicherten Mandanten handelte als auch, daß der Kläger durch Rückfragen beim zuständigen Referenten die Höhe allfälliger Verwaltungsstrafen "abschätzen" hätte können, sind unzulässige Neuerungen (§ 504 Abs 2 ZPO). Es ist auch nicht zu erkennen, aufgrund welcher (auch nur standesrechtlichen) Bestimmung der Kläger gehalten gewesen sein sollte, derart (gemeint wohl auch zugunsten) seines damaligen Mandanten im voraus zu "intervenieren". Da es sich (unstrittig) um Delikte mit Strafdrohungen bis zu S 10.000,-- handelte, kann aus der wesentlich darunterliegenden Strafhöhe kein Rückschluß auf den maßgeblichen Tarifansatz gezogen werden. Demgemäß stellt auch § 13 Abs 2 AHR auf die Strafdrohung und nicht auf die Strafhöhe ab. Im übrigen gilt auch für diese Leistungsposition die (vom Beklagten in seiner ausführlichen Beweisrüge zur Berufung Punkt II. in ON 17 gar nicht bekämpfte) Feststellung des Erstgerichtes in S 16 des Urteils (AS 199), wonach "der Beklagte über sämtliche unternommenen Schritte des Klägers in allen Angelegenheiten [sämtlicher Rechtssachen, in welchen der Kläger für ihn tätig geworden war] informiert" gewesen ist.

6.) Wieso das Begehren im Zusammenhang mit der Vertretung in der Verlassenschaftssache nach DI A***** F***** schon nach dem Klagsvorbringen (Punkt B Z 8 desselben) abzuweisen gewesen wäre, ist eine (im letzten Absatz der Revision) nur unsubstantiiert in den Raum gestellte Behauptung ohne Sach- und Rechtssubstrat.

7.) Nicht schlüssig (und damit auch unberechtigt) sind letztlich auch die Ausführungen im Zusammenhang mit vier Zuschlagspositionen nach § 16 AHR in den Zeiträumen Dezember 1990 bis September 1992 (S 11 des Rechtsmittels). Nach dem unstrittig feststehenden Wortlaut der dem Kläger erteilten Vollmacht (S 9 und 10 des Ersturteils = AS 185 f) hatte sich nämlich der Beklagte einer Honorierung sowohl nach dem RATG als auch nach den AHR unterworfen. Die Behauptung, wonach laut Honorarvereinbarung im Vollmachtsformular die Anwendbarkeit des RATG jene der AHR ausschließe, steht mit den Urteilsfeststellungen somit in Widerspruch und wird insoweit der Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung (abermals) nicht in gesetzmäßiger Form zur Darstellung gebracht.

8.) Einzig berechtigt sind allerdings die Ausführungen zu Punkt 2.c des Rechtsmittels (Streitgenossenzuschlag im Verfahren 10 Cg 111/92a LG F*****):

Nach dem eigenen Vorbringen des Klägers als Klagevertreter im Klageschriftsatz des bezogenen Verfahrens handelte es sich bei den insgesamt 99 als Streitgenossen geführten Klägern (hievon 98 natürliche Personen [darunter als 97. Kläger auch der hier Beklagte] mit Wohnsitz in Österreich und Italien sowie als 99. Kläger die "ruhende Verlassenschaft nach DI A***** F*****", diese vertreten durch den ebenfalls nunmehrigen Beklagten) allesamt um die sich auf gesetzliche Erbfolge berufenden und bedingt erbserklärten Erben nach der am 24.12.1990 verstorbenen G***** S*****. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hatten die 1.- bis 98. klagenden Parteien den hier Beklagten mit der Klagsführung (gerichtet auf Herausgabe von drei Sparbüchern mit einer Gesamteinlage von S 4,868.941,--) beauftragt und hiezu bevollmächtigt. Dieser Rechtsstreit endete mit einem (außergerichtlich geschlossenen) Vergleich, im Rahmen dessen - wiederum feststellungskonform - von den mit (einschließlich Streitgenossenzuschlag) S 467.000,-- verzeichneten Kosten des gegnerischen Rechtsanwaltes (der dort beklagten Partei) von den 99 Klägern letztlich (offenbar pauschal) S 300.000,-- bezahlt wurden.

Bis zur Einantwortung einer Verlassenschaft ist Partei in einem Zivilprozeß immer nur der ruhende Nachlaß, nicht also die Erben (MGA AußStr2 E 157 zu § 145 mwN; Welser in Rummel, ABGB I2 Rz 12 zu § 810) bzw ein nach § 810 ABGB, § 145 AußStrG bestellter Verlassenschaftskurator (Ehrenzweig/Kralik, Erbrecht4 28); beide (Erben wie Kurator) sind immer nur Vertreter des jeweiligen Nachlasses und nehmen insoweit nur eine den Streitgenossen ähnliche Stellung ein, ohne selbst Streitgenossen zu sein (Sachers, Streitgenossenschaft und Erbengemeinschaft, JBl 1951, 520 [521]; JBl 1989, 172), weil dies ihre Parteistellung voraussetzen würde. Schon in seiner Entscheidung SZ 22/5 hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, daß ausschließlich der Nachlaß - solange er nicht eingeantwortet ist -, auch wenn die Erben Erbserklärungen abgegeben haben (wie dies der Kläger als Klagsvertreter im Klagsschriftsatz 10 Cg 111/92a bezüglich der 1.- bis 98. Kläger zu Punkt A zweiter Absatz vorgebracht hat), Prozeßpartei ist und nicht die erbserklärten Erben. Nur die Verlassenschaft kann also bis zur Einantwortung klagen oder geklagt werden (Welser aaO Rz 6 zu § 547; NZ 1994, 279).

Daraus folgt aber, daß als klagende Partei im Verfahren 10 Cg 111/92a ausschließlich die Verlassenschaft nach G***** S*****, diese vertreten durch die 99 erbserklärten Erben, allenfalls (hierüber fehlen verläßliche Informationen, weil der Verlaßakt nicht beigeschlossen ist und auch nicht Gegenstand der erstinstanzlichen Beweisaufnahme war) durch den (hier) Beklagten als Verlassenschaftskurator auftreten hätte dürfen, sodaß es auch nicht auf die von den Vorinstanzen (insb vom Berufungsgericht) für maßgeblich erachtete Frage einer allfälligen Zession an den (hier) Beklagten durch die übrigen (erbserklärten) Erben ankommen kann. Die kostenmäßige Belastung mit dem äußerstmöglichen Streitgenossenzuschlag hätte damit aber von Beginn an vermieden werden können. Grund hiefür ist dabei aber nicht die vom Revisionswerber aus § 890 ABGB materiell-rechtlich abgeleitete Einzelklagebefugnis seiner Partei bei sonst gegebener Gesamthandforderung (aller übrigen Erben), abgeleitet aus einer im Verlaßverfahren beurkundeten (und so schon im Verfahren erster Instanz [Punkt 4. der KB ON 2] eingewendeten) Übereinkunft aller Erben, sondern allein die vorstehend zusammengefaßt wiedergegebenen verfahrensrechtlichen Überlegungen zur Rechts- und Parteifähigkeit einer (noch) nicht eingeantworteten Verlassenschaft. In diesem Sinne war die vom Kläger als vormaligem Klagevertreter gewählte Vorgangsweise in der Tat rechtlich unvertretbar, weshalb er im Umfang des vermeidbar aufgelaufenen Streitgenossenzuschlages nicht nur selbst keinen Honoraranspruch (in Höhe von noch offenen S 128.134,20 zufolge Hälftekürzung laut Berufungsgericht) hat (vgl EvBl 1972/124), sondern insoweit auch - was auch die Bezahlung eines Streitgenossenzuschlages an den Gegenvertreter im Rahmen des außergerichtlichen Vergleiches anbetrifft - zum Schadenersatz verpflichtet ist (Graf, aaO 141 ff), wobei der Beklagte diesbezüglich einen Betrag von S 129.943,-- der Klagsforderung kompensando eingewendet hat (S 7 der KP ON 2 = AS 17).

In welcher Höhe nun dieser Kompensandoschaden zu Recht besteht, läßt sich allerdings aufgrund der derzeitigen Aktenlage der Höhe nach (noch) nicht ermitteln. Zum einen ist nämlich nicht erwiesen, welcher Anteil an Streitgenossenzuschlag tatsächlich von den vormaligen 99 Klägern im Rahmen ihres außergerichtlich geschlossenen Vergleiches an den Gegenvertreter tatsächlich (also nicht bloß rein rechnerisch nach den Tarifen des RATG laut Kostennote und Verfahrensaufwendungen) bezahlt wurde. Zum anderen stehen die Erbquoten der 99 klagenden Parteien, darunter auch des hier Beklagten, die im bezüglichen Klagsschriftsatz (Punkt A, dritter Absatz) wohl erwähnt, aber nicht ausgeworfen sind, nicht fest. Nur im Rahmen der auf den Beklagten (dort 97. Kläger) entfallenden Quote im Rahmen des gesetzlichen Erbrechtes nach G***** S***** kann ihm insoweit ein persönlicher Schaden erwachsen sein, den er auch in diesem Verfahren zum Gegenstand einer Aufrechnungseinrede aus dem Titel des Schadenersatzes machen kann (daß ihm die übrigen Miterben ihre Kopfquoten zur Geltendmachung abgetreten hätten, wurde nicht einmal behauptet). Dies zu erheben wird daher - ebenfalls - Aufgabe des Erstgerichtes im zweiten Rechtsgang sein. Erst nach dieser beweismäßigen Tatsachenverbreiterung kann die Berechtigung dieser Gegenforderung des Beklagten abschließend beurteilt werden.

9.) Da diese Gegenforderung mit der in der Klage geltend gemachten Forderung in rechtlichem Zusammenhang steht, ist es an sich nicht möglich, hierauf gemäß § 391 Abs 3 ZPO ein Teilurteil zu fällen. Dies betrifft jedoch - wie der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 4 Ob 1581/94 zum Ausdruck gebracht hat - nur jene Fälle, wenn einer Klagsforderung eine konnexe Gegenforderung in einer sie erreichenden Höhe entgegengehalten wird; wird hingegen einer Klagsforderung lediglich eine konnexe Gegenforderung in einer sie nicht erreichenden Höhe entgegengehalten, dann steht dem die Gegenforderung übersteigenden Teil der eingeklagten Forderung keine Gegenforderung entgegen, sodaß hierüber im Hinblick auf die Spruchreife ein Teilurteil (trotz § 391 Abs 3 ZPO) gefällt werden kann. Daraus folgt in concreto:

Von der vom Berufungsgericht als zu Recht erkannten Klagsforderung von S 868.566,47 ist ein weiterer Betrag von S 128.134,20 (unberechtiger Streitgenossenzuschlag) abzuziehen, sodaß ein Restbetrag an berechtigter Klagsforderung von S 740.432,27 verbleibt. Die (weitere) Gegenforderung des Beklagten von S 200.000,-- (AS 87) aus dem Titel des Wuchers (Rückforderung seiner geleisteten Akontozahlung im Zusammenhang mit dem Strafverfahren gegen R***** G***** [Seite 28 unten des Ersturteils = AS 223], um welchen Betrag der Kläger seine Forderung hierauf eingeschränkt hat [ON 6]), wurde von den Vorinstanzen bereits verneint und wird dies in der Revision auch nicht weiter aufgegriffen. Gemäß § 545 Abs 3 Geo. war daher diese im (neugefaßten) Spruch des Teilurteils ziffernmäßig aufzunehmen. Die verbleibende Gegenforderung von S 129.943,-- ist immer noch niedriger als die bereits vom Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes erfaßte restliche Klagsforderung von S 147.921,60, sodaß - zusammenfassend - die (neuerliche) Fällung eines hievon zu separierenden Teilurteils möglich und zulässig ist. In diesem Sinne war daher der Berufung insgesamt teilweise Folge zu geben und das angefochtene Teilurteil wie aus dem Spruch ersichtlich und aus dem Vorstehenden begründet abzuändern.

Der Kostenvorbehalt stützt sich auf § 52 ZPO.

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