OGH 8Ob2002/96m

OGH8Ob2002/96m12.9.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer, Dr.Floßmann, Dr.Rohrer und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Franz Gütlbauer und Dr.Siegfried Sieghartsleitner, Rechtsanwälte in Wels, wider die beklagte Partei E***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Alfred Haslinger ua, Rechtsanwälte in Linz, und der Nebenintervenientin auf Seite der beklagten Partei M***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Winfried Sattlegger ua, Rechtsanwälte in Linz, wegen S 394.735,50 sA (Revisionsinteresse S 49.059,30 sA) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 14.Dezember 1995, GZ 6 R 145/95-58, mit dem das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 17.März 1995, GZ 3 Cg 364/93x-48, in der Hauptsache bestätigt wurde, zu Recht erkannt bzw den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision der beklagten Partei wird Folge gegeben.

1. Die Urteile der Vorinstanzen werden mit Teilurteil dahin abgeändert, daß die Aufrechnungseinrede der beklagten Partei abgewiesen wird; der Ausspruch, daß die Gegenforderung der beklagten Partei (im Umfang des Klagszuspruchs) nicht zu Recht besteht, entfällt.

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

2. Im übrigen werden die Urteile der Vorinstanzen, die hinsichtlich des Zuspruchs von S 301.623,20 sA und der Abweisung von S 44.053 sA mangels Anfechtung unberührt bleiben, im angefochtenen Umfang von S 49.059,30 sA und im Kostenpunkt aufgehoben. Die Rechtssache wird insoweit an das Erstgericht zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind insoweit weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei begehrt die Zahlung des Kaufpreises für verschiedene Materialien. Strittig sind im Revisionsverfahren nur mehr S 49.059,30 sA, die der klagenden Partei aufgrund ihrer Rechnungen 318/89 und 417/89 zugesprochen wurden, sowie die Abweisung der von der beklagten Partei eingewendeten Gegenforderungen in Klagshöhe. Hinsichtlich des näheren Sachverhaltes wird auf die Entscheidung des Berufungsgerichtes verwiesen.

Das Berufungsgericht bestätigte in der Hauptsache die Entscheidung des Erstgerichtes, welches aussprach, daß die Klagsforderung mit S 350.682,50 zu Recht und mit S 44.053 nicht zu Recht bestehe, sowie daß die eingewendete Gegenforderung der beklagten Partei nicht zu Recht bestehe, sodaß es der klagenden Partei S 350.682,50 zusprach und S 44.053 abwies. Die Revision an den Obersten Gerichtshof ließ das Berufungsgericht nicht zu, weil nach seiner Meinung hauptsächlich Beweis- und Vertragsauslegungsfragen zu lösen waren.

Gegen den Zuspruch von S 49.059,30 sA und die Feststellung, daß die Gegenforderung nicht zu Recht besteht, richtet sich die außerordentliche Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Sie beantragt, das angefochtene Urteil dahingehend abzuändern, daß die Klagsforderung nur mit S 301.623,20 als zu Recht bestehend festgestellt wird, weiters, daß der Ausspruch, daß die Gegenforderung nicht zu Recht besteht, entfällt; hilfsweise stellt sie auch einen Aufhebungsantrag.

Die beklagte Partei beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

Die Revision ist zulässig und auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Zur Klagsforderung:

Die Revisionswerberin bringt vor, das Berufungsgericht habe die Beweislastverteilung falsch gelöst. Der Kläger müsse beweisen, daß er die Leistungen tatsächlich erbracht und der hiefür verrechnete Preis vereinbart bzw angemessen sei. Es fehlten aber Feststellungen über den Umfang der tatsächlich erbrachten Leistungen. Das Berufungsgericht meine zu Unrecht, die beklagte Partei hätte hiefür einen Sachverständigenbeweis anbieten müssen. Die Begründung des Berufungsgerichtes, es sei doch "sehr unwahrscheinlich", daß der Kläger nicht erbrachte Leistungen in Rechnung gestellt habe, sei weder eine Feststellung noch rechtfertige sie eine Umkehrung der Beweislast.

Es trifft zu, daß das Berufungsgericht die Beweislastverteilung falsch gelöst hat. Der Umfang der erbrachten Leistungen sowie das hiefür zu zahlende Entgelt gehören zu den anspruchsbegründenden Tatsachen, für die der Kläger beweispflichtig ist (JBl 1959, 135 uva). Die Verkennung dieser, der rechtlichen Beurteilung zuzuordnenden grundlegenden Beweislastregel durch das Berufungsgericht rechtfertigt die Annahme der außerordentlichen Revision und muß zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung, und zwar im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages führen. Zur Rechnung 318 (S 24.794,06 strittige Differenz) wird im berufungsgerichtlichen Urteil nichts ausgeführt; zur Rechnung 417 (S 24.265,24 strittiger Betrag) meint das Berufungsgericht lediglich, daß die beklagte Partei einen Sachverständigenbeweis hätte dafür anbieten müssen, daß 82,20 m2 Fensteröffnungen unzulässigerweise mitverrechnet wurden, weil es doch "sehr unwahrscheinlich" sei, daß die klagende Partei nicht erbrachte Leistungen in Rechnung gestellt habe. Der Beweis für die Erbringung der in der Rechnung angeführten Leistungen obliegt als anspruchsbegründende Tatsache der klagenden und nicht der beklagten Partei. Der klagenden Partei wird im fortgesetzten Verfahren die Gelegenheit zu geben sein, den Umfang der erbrachten Leistungen unter Beweis zu stellen, da sich die Vorinstanzen hiemit wegen ihrer abweichenden Rechtsansicht bzw der Beschäftigung mit anderen Einwänden nicht hinreichend auseinandergesetzt haben.

2. Zur Gegenforderung:

Soweit sich die beklagte Partei dagegen wendet, daß das Berufungsgericht ergänzende Feststellungen über das Kompensationsverbot ohne Beweiswiederholung und somit unzulässigerweise getroffen habe, muß sich die Revisionsentscheidung mit diesem Einwand nicht befassen, weil die beklagte Partei im Ergebnis die Vorgangsweise des Berufungsgerichtes hingenommen hat; sie begehrt nämlich nur mehr, daß der Ausspruch, daß die Gegenforderung nicht zu Recht bestehe, entfalle. Es bedarf daher keiner näheren Erwägungen darüber, ob das Berufungsgericht aus den inhaltlich unstrittigen Urkunden (strittig war nur die Vereinbarung der Zugrundelegung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen) ergänzende Feststellungen darüber treffen konnte, daß in ihnen nicht nur ein Zurückbehaltungsverbot, sondern auch ein Kompensationsverbot enthalten ist.

Die beklagte Partei macht geltend, daß nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung dann, wenn die Aufrechnung unzulässig sei, über die Gegenforderung nicht abgesprochen werden dürfe: Wenn das Berufungsgericht daher die Aufrechnung als unzulässig ansehe, hätte es der Berufung zumindest insoweit Folge geben müssen, als das Erstgericht die Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend erklärt habe.

Es ist richtig, daß nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung (SZ 41/68 uva) bei einem vertraglichen Kompensationsausschluß die urteilsmäßige Entscheidung über die aufzurechnende Gegenforderung zu entfallen hat; die Aufrechnungseinrede ist abzuweisen, ohne über den Bestand oder Nichtbestand der Gegenforderung abzusprechen. Auch aus diesem Grund ist die Revision daher zulässig und im Sinne des gestellten Abänderungsantrages berechtigt. Es ist mit Teilurteil auszusprechen, daß die Aufrechnungseinrede der beklagten Partei abzuweisen ist. Der Ausspruch, daß die Gegenforderung (im Umfang des Klagszuspruchs) nicht zu Recht besteht, hat zu entfallen, ohne daß eine sachliche Prüfung dieser Gegenforderung vorgenommen werden dürfte.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf § 52 Abs 1 und 2 ZPO.

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