OGH 3Ob2309/96x

OGH3Ob2309/96x10.9.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Erich F*****, Pensionist, ***** vertreten durch Dr.Wolfgang Gewolf und Dr. Gernot Murko, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Johanna F*****, Hausfrau, ***** vertreten durch Dr.Andreas Schöppl, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen § 35 EO und Feststellung des Erlöschens eines Unterhaltsanspruchs, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgerichtes vom 29.September 1995, GZ 4 R 366/95-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 10.Mai 1995, GZ 4 C 72/94b-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

I. zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben, soweit damit die Abweisung des die Zeit von Jänner bis Mai 1994 betreffenden Teils des Klagebegehrens bekämpft wird. Das angefochtene Urteil wird in diesem Punkt als Teilurteil bestätigt.

II. den

Beschluß

gefaßt:

Im übrigen wird der Revision Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben, soweit damit das Begehren des Klägers auf Feststellung, daß der Anspruch der Beklagten aus dem Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 19.1.1990, AZ 1 R 646,647/89, bezüglich eines S 3.000 monatlich übersteigenden Betrages seit 1. Juni 1994 erloschen sei, abgewiesen wurde. Die Rechtssache wird in diesem Umfang zur neuerlichen, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällenden Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen bleibt dem Endurteil vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Ehe der Streitteile wurde am 1.9.1987 aus dem Alleinverschulden des Klägers geschieden. Er wurde mit Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgerichtes vom 19.1.1990 schuldig erkannt, der Beklagten ab 22.6.1989 einen monatlichen Unterhaltsbetrag von S

12.800 zu bezahlen.

Mit Beschluß vom 6.5.1994 bewilligte das Erstgericht der Beklagten als betreibender Partei zur Hereinbringung der Unterhaltsrückstände für Jänner bis Mai 1994 von jeweils S 9.800 im Monat, somit zur Hereinbringung von insgesamt S 49.000 sA, die Fahrnisexekution und die Gehaltsexekution nach § 294a EO.

Am 7.7.1994 brachte der Kläger beim Erstgericht gegen die Beklagte eine Klage ein, mit der er den Antrag auf Aufschiebung und Einstellung der angeführten Exekution verband. Er erklärte, gegen den "Exekutionsanspruch" Einwendungen zu erheben und brachte hiezu vor, daß im Titelverfahren von einer Unterhaltsbemessungsgrundlage von rund S 51.300 ausgegangen worden sei. Im Jahre 1994 habe er jedoch als Pensionist nur mehr ein monatliches Einkommen von S 29.455,38 erhalten. Da die Beklagte ihrerseits über monatliche Einkünfte in der Höhe von mindestens S 12.000 verfüge und er noch für seine Tochter sorgepflichtig sei, stünden ihr nur 36 % des Familieneinkommens abzüglich ihres eigenen Einkommens und sohin ein Betrag von S 2.923,94 im Monat zu. Er überweise daher seit 1.1.1994 auch nur mehr einen monatlichen Unterhaltsbetrag von S 3.000. Ein diesen Betrag übersteigender Unterhaltsanspruch stehe der Beklagten nicht mehr zu. Die Exekution sei somit unzulässig. Der Kläger begehrte den Ausspruch, daß der Anspruch der Beklagten aus dem angeführten Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt bezüglich eines S 3.000 (monatlich) übersteigenden Betrages erloschen ist.

Die Beklagte bestritt das Vorbringen des Klägers und beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Im Zuge der mündlichen Verhandlung brachte sie vor, daß der Kläger nicht mehr beschwert sei, weil der betriebene Betrag vom Drittschuldner zur Gänze bezahlt worden sei.

Der Kläger erwiderte hierauf, er habe im Hinblick auf die Bestreitung durch die Beklagte ein rechtliches Interesse an der Feststellung, daß ihr jedenfalls seit 1.1.1994 kein S 3.000 (monatlich) übersteigender Unterhaltsanspruch zustehe. Zur "Abdeckung dieses berechtigten Begehrens" sei die Klage eingebracht worden. Ungeachtet dessen und aus Gründen der Vorsicht werde eventualiter noch das Begehren gestellt, der Beklagten gegenüber festzustellen. daß dieser ab 1.1.1994 kein den monatlichen Betrag von S 3.000 übersteigender Unterhaltsanspruch mehr zukomme.

Die Beklagte wendete dazu ein, daß es sich um eine unzulässige Klagsänderung handle. Darüber hinaus sei das Feststellungsbegehren abzuweisen, weil sie seit nahezu einem Jahr vom Kläger keine Unterhaltszahlungen gefordert habe.

Das Erstgericht wies das Hauptbegehren ab, ohne im Spruch über das Eventualbegehren zu entscheiden. Es nahm als erwiesen an, daß der betriebene Betrag von S 49.000 vom Drittschuldner zur Gänze bezahlt wurde, und folgerte rechtlich, daß die Exekution beendet und daher nicht mehr "im Zug" im Sinn des § 35 EO sei. Nach Beendigung der Exekution durch exekutive Befriedigung des Gläubigers sei aber das Rechtsschutzinteresse des Oppositionsklägers nicht mehr gegeben. Bei dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Klagebegehren handle es sich um eine unzulässige Klagsänderung, weil es auf § 66 EheG gestützt werde und der Kläger offensichtlich damit die Neubemessung des Unterhalts anstrebe. Ein solches Begehren könne aber nicht im Rahmen einer Oppositionsklage geltend gemacht werden.

Das Berufungsgericht bestätigte infolge Berufung des Klägers das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Dem Oppositionskläger fehle nach der Einstellung oder Beendigung der Exekution das Rechtsschutzinteresse, weil das Rechtsschutzziel, nämlich die Einstellung der Exekution, nicht mehr erreicht werden könne. Der Kläger hätte daher nach Beendigung der Anlaßexekution sein Begehren auf Kosten einschränken müssen. Wenn der Unterhaltsgläubiger nur wegen eines Rückstands Exekution führe, könne die Oppositionsklage nur wegen des rückständigen Betrages, nicht aber wegen der künftig zu erbringenden Unterhaltsleistungen erhoben werden. Mangels der Voraussetzungen des § 35 Abs 1 EO hätte daher über den Bestand der ab 1.6.1994 fällig gewordenen Unterhaltsforderungen der Beklagten nicht abgesprochen werden dürfen. Auch das "Eventualbegehren" sei verfehlt. Dem Erstgericht sei es infolge der Beendigung der Exekution verwehrt gewesen, darauf einzugehen. Da der betriebene Unterhaltsrückstand durch Zahlung erloschen sei, könne die Beklagte für dessen Hereinbringung keine Exekution mehr führen, weshalb das Rechtsschutzinteresse des Klägers zur Gänze weggefallen sei. Bei dem vom Käger eventualiter gestellten Begehren handle es sich überdies um kein echtes Eventualbegehren, weil hierüber nicht bloß im Fall der Abweisung des Hauptbegehrens verhandelt und entschieden werden sollte. Es könne im Rahmen eines Oppositionsverfahrens nicht gestellt werden, weil jeder Zusammenhang mit einer für das Oppositionsverfahren typischen Anlaßexekution fehle. Das Erstgericht sei daher mit Recht hierauf nicht eingegangen.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Kläger gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache erhobene außerordentliche Revision ist zur Wahrung der Rechtssicherheit zulässig, weil das Berufungsgericht den Inhalt des Klagebegehrens unrichtig verstanden hat. Sie ist auch teilweise berechtigt.

Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt allerdings nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Den Vorinstanzen ist ferner darin beizupflichten, daß das Begehren einer Oppositionsklage abzuweisen ist, wenn die Exekution beendet ist (RPflE 1982/1; RZ 1974, 46), wenn sie also durch Vollzugsmaßnahmen zum Erfolg geführt hat (JBl 1987, 666; SZ 53/112 = JBl 1981, 330). Will der Kläger dies vermeiden, muß er das Klagebegehren auf Ersatz der Kosten einschränken (RZ 1974, 46). Auf die in der Rechtsprechung verschieden entschiedene Frage, ob dies auch dann gilt, wenn die Exekution eingestellt wird (vgl MGA EO13 § 35/198, 199), muß hier nicht eingegangen werden, weil dieser Fall nicht vorliegt.

Ist die Exekution beendet, so kommt auch die Umdeutung der Oppositionsklage in eine Feststellungsklage nach § 228 ZPO und die in RPflE 1984/6 und Miet 18.717 ins Auge gefaßte Änderung des Begehrens auf eine negative Feststellungsklage nicht in Betracht. Hiefür fehlt dann nämlich das Feststellungsinteresse, weil der Verpflichtete gegen den betreibenden Gläubiger, dem die Zahlungen zugekommen sind, Leistungsklage erheben kann, deren Erfolg die Feststellung des Erlöschens des Anspruchs gänzlich erübrigt (vgl RZ 1991/41; Miet 38.768; JBl 1986, 794 ua; Rechberger in Rechberger, ZPO Rz 11 zu § 228 mwN). Die Feststellung des Erlöschens des Anspruchs für einen bestimmten Zeitraum bedeutet nämlich noch nicht notwendigerweise, daß der Anspruch auch in einem davon verschiedenen Zeitraum erloschen ist, und das Feststellungsurteil hätte daher hiefür keine bindende Wirkung.

Nichts zu gewinnen ist für den Standpunkt des Klägers aus der von ihm noch ins Treffen geführten Entscheidung des LGZ Wien EF 73.070 und des OGH SZ 48/99, wonach bei Exekutionen, die gemäß § 6 Abs 3 LPflG (jetzt 291c EO) zur Hereinbringung des rückständigen und laufenden Unterhalts geführt werden, das Rechtsschutzinteresse des Oppositionsklägers nach Beendigung der Exekution infolge Bezahlung des Rückstands nicht wegfällt (im selben Sinn noch RZ 1974, 46). Der Grund dafür liegt nämlich darin, daß das Bestehen eines Rückstands Voraussetzung für die Bewilligung der Exekution zur Hereinbringung des laufenden Unterhalts ist, weshalb auch nach Bezahlung des Unterhaltsrückstands durch den Drittschuldner noch zu prüfen ist, ob der Unterhaltsrückstand bestanden hat. Mit diesem Sachverhalt kann aber der hier zu beurteilende nicht verglichen werden. Der Kläger meint zu Unrecht, daß für ihn die vom Berufungsgericht vertretene Auffassung zur Folge haben könnte, daß sein Rechtsschutzinteresse an der Erledigung der Oppositionsklage meist wegfiele, wenn nur ein verhältnismäßig geringer, vom Drittschuldner in kurzer Zeit bezahlter Rückstand betrieben wird. Es steht ihm frei, für den nachfolgenden Zeitraum die Klage auf Feststellung des Nichtbestehens des (noch nicht) betriebenen Anspruchs einzubringen.

Der Kläger weist in der Revision aber zutreffend darauf hin, daß das Klagebegehren nicht bloß darauf gerichtet war auszusprechen, daß der Anspruch der Beklagten, zu dessen Hereinbringung die Exekution bewilligt wurde, erloschen ist, sondern daß es den gesamten der Beklagten zustehenden Unterhaltsanspruch, soweit er den Betrag von S 3.000 im Monat übersteigt, erfaßte. Er stellte in Wahrheit zwei Begehren, nämlich ein Begehren, das einer Oppositionsklage nach § 35 EO zu unterstellen ist, und ein weiteres Begehren, das den Inhalt einer (negativen) Feststellungsklage nach § 228 ZPO bildet. Daran ändert nichts, daß er erklärte, Einwendungen gegen den "Exekutionsanspruch" zu erheben, weil sowohl das Vorbringen als auch das Begehren erkennbar auf die Feststellung gerichtet war, daß der Anspruch der Beklagten nicht nur in dem Zeitraum, für den er betrieben wurde, sondern überhaupt und damit auch für den nachfolgenden Zeitraum in dem S 3.000 im Monat übersteigenden Umfang erloschen ist.

Ohne Bedeutung ist, ob es zulässig war, die beiden Begehren in einer Klage zu verbinden, was sich nach § 227 Abs 1 ZPO richtet. Abgesehen davon, daß nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (jüngst E 19.6.1996, 3 Ob 1/94 mwN) bei Vorliegen des nach § 55 Abs 1 JN geforderten Sachzusammenhangs mehrere Ansprüche in einer Klage auch dann geltend gemacht werden können, wenn das Prozeßgericht für einen der Ansprüche nicht zuständig wäre, wurde der Mangel der Zuständigkeit des Erstgerichtes jedenfalls gemäß § 104 Abs 3 JN geheilt und kann schon deshalb im Rechtsmittelverfahren nicht mehr aufgegriffen werden. Dasselbe trifft aber auch auf den Mangel zu, der darin liegt, daß gemäß § 35 Abs 3 EO für die Oppositionsklage anders als für die Feststellungsklage nach § 228 ZPO die Eventualmaxime gilt und daher nicht über beide Begehren im selben Verfahren zu entscheiden ist (Miet 18.665/22; SZ 2/134).

Die Vorinstanzen haben daher das Klagebegehren, soweit es den mit der Exekution betriebenen Anspruch betrifft, zu Recht abgewiesen. Bei dem als Feststellungsklage nach § 228 ZPO zu wertenden Teil des Klagebegehrens ist hingegen die Rechtssache noch nicht spruchreif. Es ist zwar nach den bisher vorliegenden Verfahrensergebnissen das Feststellungsinteresse gegeben, weil hiefür die negative Feststellungsklage ausreicht, daß sich der Beklagte des Rechtes "berühmt" (SZ 58/12 = Miet 37.746). Die Vorinstanzen haben es aber unterlassen, diejenigen Feststellungen zu treffen, die zur Beurteilung der Frage notwendig sind, in welchem Umfang der Unterhaltsanspruch der Beklagten erloschen ist. Diese Feststellungen wird das Erstgericht im fortzusetzenden Verfahren nachzuholen haben, wobei noch anzumerken ist, daß hiefür die Eventualmaxime nicht gilt.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten beruht auf § 52 Abs 2 ZPO.

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