OGH 2Ob2165/96p

OGH2Ob2165/96p5.9.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Melber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Schinko, Dr. Tittel und Dr. Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*****bank ***** reg.Gen.m.b.H., ***** vertreten durch Dr. Franz J.Rainer und Dr.Hans-Moritz Pott, Rechtsanwälte in Schladming, wider die beklagte Partei Dr. Dietrich B*****, Notar, ***** vertreten durch Dr. Harold Schmid und Mag. Helmut Schmid, Rechtsanwälte in Graz, wegen Feststellung (Streitwert S 1,000.000,--), infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz vom 21. März 1996, GZ 4 R 30/96f-17, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 11. Jänner 1996, GZ 13 Cg 64/95a-12, aufgehoben wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten der Rekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die klagende Bank begehrte die Feststellung der Haftung des beklagten Notars für jeden Kreditausfall daraus, daß ein Pfandrecht nicht verbüchert werden konnte. Der Beklagte habe es entgeltlich übernommen, die Pfandbestellungsurkunde beglaubigt fertigen und das Pfandrecht im Grundbuch einverleiben zu lassen. Er habe nach Unterfertigung der Urkunde "grünes Licht" für die Kreditauszahlung gegeben, ohne die Klägerin auf ein (unter seiner Mitwirkung) geschaffenes Eintragungshindernis hinzuweisen. Hilfsweise wurde der Zuspruch von S 1,000.000,-- begehrt.

Das Erstgericht wies - allein auf Grund des Klagsvorbringens und des Inhaltes beigeschaffter Akten - das Hauptbegehren mangels Feststellungsinteresses und das Eventualbegehren mangels Konkretisierung ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge, hob das angefochtene Urteil auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteigt, und ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu, weil zur Sorgfaltspflichtverletzung einer Bank im Zusammenhang mit Kreditauszahlungen vor Einlangen der vereinbarten Sicherheiten und zum daraus allenfalls ableitbaren Mitverschulden keine oberstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Aufhebungsbeschluß richtet sich der Rekurs der beklagten Partei, der unzulässig ist.

Die Zulässigkeit eines Rekurses gegen einen Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO hängt vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO ab. Bei Prüfung der Zulässigkeit des Rekurses ist der Oberste Gerichtshof an den diesbezüglichen Ausspruch des Berufungsgerichtes nicht gebunden. Ist ein zugelassener Rekurs - wie hier - wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig und daher zurückzuweisen, so kann sich der Oberste Gerichtshof auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (vgl § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Der Rechtsmittelwerber befaßt sich in seinem Rekurs insbesondere mit

dem Feststellungsinteresse der Klägerin. Hiezu hat der erkennende

Senat bereits in 2 Ob 602/94 = RdW 1995, 137 = SZ 68/5 ausgesprochen,

daß das Feststellungsinteresse schon dann zu bejahen ist, wenn die

Möglichkeit offen bleibt, daß das schädigende Ereignis den Eintritt

eines künftigen Schadens verursacht, und daß sich aus den in der vom

Rechtsmittelwerber zitierten Entscheidung 1 Ob 601/93 = EvBl 1994/109

= JBl 1994, 753 (vgl weiters den verst.Senat 1 Ob 621/95 = EvBl

1996/11 = JBl 1996, 311) angestellten Erwägungen zum

Verjährungsbeginn nicht die Verneinung eines Feststellungsinteresses ergibt. Daß dem Geschädigten eine Feststellungsklage zur Hintanhaltung der Verjährung künftiger Schadenersatzansprüche nicht zugemutet wird, heißt nicht, daß ihm eine solche Klage zu verwehren ist; deren Funktion erschöpft sich nicht darin, einer möglichen Verjährung wirksam zu begegnen. Da schon die - hier gegebene - Möglichkeit künftiger Schäden ausreicht, kann es auf sich beruhen, ob angesichts des Unterbleibens der vorgesehenen Kreditbesicherung und des Zahlungsrückstandes des Kreditnehmers nicht ohnehin bereits ein Schaden der Klägerin eingetreten ist (vgl JBl 1994, 753 [Riedler]; ÖBA 1995, 983/519).

Dem Berufungsgericht ist zuzustimmen, daß eine Schadenersatzpflicht des Beklagten zu bejahen wäre, wenn man vom Vorbringen der Klägerin ausgeht; eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung stellt sich in diesem Zusammenhang nach der bisherigen Aktenlage nicht. Da das Klagsvorbringen erst einer beweismäßigen Überprüfung bedarf, hat das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil zu Recht aufgehoben.

Schließlich kommt auch der vom Berufungsgericht als erheblich bezeichneten Mitverschuldensfrage nach dem bisherigen Verfahrensstand (Prozeßvorbringen) keine erhebliche Bedeutung zu, weil sich das typische Risiko einer Kreditauszahlung bloß auf Grund der Nachricht von der Unterfertigung der Pfandbestellungsurkunde, nämlich das Entstehen von Nachteilen aus zwischenzeitigen Eintragungen im besseren bücherlichen Rang, hier nicht verwirklicht hat, wie das Berufungsgericht ohnehin selbst erkannt hat. Vielmehr bestand von vornherein ein Eintragungshindernis. Daß die Klägerin dieses auch selbst hätte erkennen müssen, hat der Beklagte bisher nicht geltend gemacht.

Der Rekurs war somit ungeachtet des Zulassungsausspruches des Berufungsgerichtes zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 50 ZPO. Die Klägerin hat in ihrer Rekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rekurses nicht hingewiesen.

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