Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Rekursgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 23.Jänner 1981 rechtskräftig geschieden. Am 10.2.1981 begehrte die Antragstellerin die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens derart, daß ihr die Ehewohnung in ***** W*****, allein zugewiesen werde; in eventu begehrte sie eine Ausgleichszahlung von S 100.000.
Das Erstgericht unterbrach mit Beschluß vom 11.11.1981 das Aufteilungsverfahren bis zur rechtskräftigen Regelung des Verbleibens der am 24.1.1971 geborenen gemeinsamen Tochter. Die Obsorgeentscheidung verzögerte sich infolge von Rechtsmitteln bis zur Vollendung des 19.Lebensjahres der Tochter. Nach Volljährigkeit der Tochter verfügte das Erstgericht am 27.3.1990, daß eine Fortsetzung des unterbrochenen Aufteilungsverfahrens nur über Antrag einer Partei erfolgt. Dieser Beschluß wurde nach der Aktenlage den Rechtsvertretern beider Parteien am 11.4.1990 zugestellt.
Am 22.1.1991 beantragte die Antragstellerin die Fortsetzung des Aufteilungsverfahrens.
Der Antragsgegner beantragte die Abweisung des Aufteilungsbegehrens. Er wendete eine vergleichsweise Bereinigung ein und behauptete, daß kein eheliches Gebrauchsvermögen vorhanden sei. Im übrigen sei der geltend gemachte Aufteilungsanspruch wegen nicht gehöriger Verfahrensfortsetzung verjährt.
Das Erstgericht wies das Hauptbegehren der Antragstellerin auf Zuweisung der Ehewohnung ab und verpflichtete den Antragsgegner in Stattgebung des Eventualbegehrens zur Leistung einer Ausgleichszahlung von S 100.000.
Es sei durch den im Scheidungsverfahren abgeschlossenen Vergleich kein Verzicht auf Aufteilungsansprüche abgegeben worden. Verjährung durch nicht gehörige Verfahrensfortsetzung sei nicht eingetreten. Ein dringendes Wohnbedürfnis der Antragstellerin an der Ehewohnung bestehe infolge des langen seit Antragstellung abgelaufenen Zeitraumes und der darin gehandhabten dauernden faktischen Übung nicht. Der Zuspruch des Ausgleichsbetrages von S 100.000, der seine Grundlage im Sachverständigengutachten habe, sei berechtigt.
Das Rekursgericht gab dem nur gegen die Auferlegung der Ausgleichszahlung gerichteten Rekurs des Antragsgegners Folge und wies das Eventualbegehren auf Leistung einer Ausgleichszahlung von S 100.000 ab, weil durch die nicht gehörige Fortsetzung des Aufteilungsverfahrens die geltend gemachten Ansprüche erloschen seien. Den ordentlichen Revisionsrekurs erklärte das Rekursgericht nicht für zulässig.
Gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsstellerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache und dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Rückverweisung an das Rekursgericht; hilfsweise wird ein Abänderungsantrag im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses beantragt.
Der Antragsgegner stellt den Antrag, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht infolge Unkenntnis der Unwirksamkeit der Zustellung des Beschlusses vom 27.3.1990 an die Antragstellerin die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes über die Voraussetzungen der nicht gehörigen Fortsetzung des Verfahrens unrichtig angewendet hat.
Der Rekurs ist auch berechtigt.
Das Rekursgericht führt zunächst zutreffend aus, daß der Antragstellerin ihre Untätigkeit nach dem Wegfall des Unterbrechungsgrundes nicht angelastet werden könne, weil die Aufnahme des bis zur rechtskräftigen Beendigung des Obsorgeverfahrens der mj.Tochter unterbrochenen Aufteilungsverfahrens von Amts wegen vorzunehmen gewesen wäre (JBl 1990, 530). Ab der Zustellung des Beschlusses vom 27.3.1990, wonach die Fortsetzung des Verfahrens nur über Parteienantrag erfolge, am 11.4.1990 hätte die Antragstellerin zur Vermeidung der in den §§ 1497 ABGB und 95 EheG normierten Folge von sich aus für den Fortgang des Aufteilungsverfahrens sorgen, selbst wenn der ihr erteilte Auftrag gesetzwidrig gewesen wäre, weil sie erkennen mußte, daß das Gericht von sich aus nicht mehr tätig sein werde (EvBl 1976/6, SZ 64/156 ua). Bloß im Bereich der Antragstellerin gelegene Umstände kämen als Rechtfertigungsgründe der Säumnis dabei nicht in Betracht (JBl 1990, 530). Die Untätigkeit ihrer Rechtsvertreterin hätte die Antragstellerin zu vertreten.
Entscheidend ist aber, daß - wie erst jetzt hervorkam - die Prozeßbevollmächtigte schon am 2.4.1985 verstorben und ihre Bevollmächtigung daher durch den Tod erloschen war (Fasching LB2 Rz 431). Die Zustellung an diese Rechtsanwältin konnte nicht wirksam sein, auch wenn durch den von wem immer unterfertigten Rückschein der Anschein einer gültigen Zustellung gegeben war. Die im Beschluß vorgesehene Rechtsfolge des Überganges der Handlungsverpflichtung in bezug auf die Fortsetzung des Verfahrens auf die Antragstellerin trat nicht ein. Es liegt kein Hinweis vor, daß ihr dieser Beschluß zugekommen wäre. Auch wenn die Antragstellerin in ihrer Rekursbeantwortung vom 15.11.1994 die Unwirksamkeit der Zustellung nicht erwähnt hat, war sie berechtigt, den Zustellmangel im Revisionsrekurs aufzuzeigen; die Wirksamkeit eines Zustellvorganges ist in jeder Lage des Verfahrens amtswegig zu prüfen.
Der rund ein Jahr nach Volljährigkeit der Tochter (und damit Wegfall des Unterbrechungs- = Innehaltungsgrundes) gestellte Fortsetzungsantrag ist als gehörige Fortsetzung des Verfahrens anzusehen, sodaß die geltend gemachten Aufteilungsansprüche nicht erloschen sind, weil die Antragstellerin von der Erwartung ausgehen durfte, daß das Gericht das außerstreitige Verfahren amtswegig aufnehmen werde.
Da das Rekursgericht zu den vom Antragsgegner in seinem Rekurs gegen Grund und Höhe des Anspruches vorgebrachten Umständen aufgrund seiner Rechtsansicht, daß der Anspruch aufgrund der nicht gehörigen Fortsetzung des Verfahrens erloschen sei, nicht Stellung nahm, war dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung über den Rekurs aufzutragen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO und § 234 AußStrG.
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