OGH 1Ob2062/96h

OGH1Ob2062/96h22.8.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Patrick R*****, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf als Unterhaltssachwalter gegen den Beschluß des Landesgerichtes Korneuburg als Rekursgericht vom 9.Jänner 1996, GZ 25 R 4/96-26, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Zistersdorf vom 27.November 1995, GZ P 56/92-23, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß, der, soweit darin der Rekurs zurückgewiesen wurde, als unangefochten unberührt bleibt und in der Abweisung des Unterhaltserhöhungsantrags des Minderjährigen für die Zeit vom 1.8.1995 bis 30.10.1995 bestätigt wird, wird im übrigen Umfang dahin abgeändert, daß der vom Vater für den Minderjährigen zu leistende Unterhalt ab 1.11.1995 mit monatlich S 2.700,-- festgesetzt wird.

Text

Begründung

Der Unterhaltssachwalter des Minderjährigen begehrte mit Antrag vom 18.8.1995 (ON 17) die Erhöhung des vom Vater zu leistenden Unterhaltes ab 1.8.1995 von bisher S 2.500,-- auf S 3.000,-- monatlich. Der Minderjährige finde mit dem seit 1.10.1992 festgesetzten Unterhaltsbetrag, der unter dem Mindestbedarfssatz liege, nicht mehr das Auslangen. Es könne davon ausgegangen werden, daß der Vater, der keiner versicherungspflichtigen Tätigkeit nachgehe, in seiner Branche als Stahlbauschlosser monatlich mindestens S 13.000,-- 14mal jährlich netto beziehe. Das Erstgericht gab mit seinem Beschluß vom 27.November 1995 (ON 23) diesem Antrag statt. Bei entsprechendem Einsatz seiner Fähigkeiten wäre dem Vater die Erwirtschaftung eines regelmäßigen Einkommens in Höhe von durchschnittlich S 15.000,-- (einschließlich Sonderzahlungen) monatlich durchaus zumutbar.

Infolge Rekurses des Vaters änderte das Gericht zweiter Instanz mit dem angefochtenen Beschluß diese Entscheidung dahin ab, daß es den Antrag des Unterhaltssachwalters abwies. Gehe man von einem Durchschnittsmonatsnettoeinkommen des Rekurswerbers von S 14.000,- -, „das sind 14 Monatsbezüge S 13.000,-- auf 12 Monate umgelegt“ aus, dann erweise sich der dem Vater schon bisher auferlegte Unterhaltsbetrag von S 2.500,-- als seiner Leistungsfähigkeit angemessen. Dieser Unterhaltsbetrag entspreche rund 18 % seines fiktiven Nettoeinkommens, während der Unterhaltssachwalter mehr als 21 % hievon begehre, was mit der ständigen Rechtsprechung nicht in Einklang zu bringen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene außerordentliche Revisionsrekurs des Unterhaltssachwalters ist zulässig, weil das Rekursgericht seiner rechtlichen Beurteilung - offenbar aufgrund eines Rechenfehlers - einen unrichtigen Sachverhalt zugrundgelegt hat, dessen Berichtigung zur Wahrung der Rechtssicherheit geboten erscheint (vgl EFSlg 67.429; 1 Ob 549/95).

Das Rechtsmittel ist teilweise gerechtfertigt.

Gegenstand des Revisionsrekurses ist ausschließlich die Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Vaters, an dessen Lebensverhältnissen das Kind mit einem durch sein Alter bestimmten Prozentsatz teilhat. Das Rekursgericht hat ebenso wie das Erstgericht der Unterhaltsbemessung ein monatliches Nettoeinkommen von S 13.000,-- zugrundegelegt, was nicht zu beanstanden ist. Es kann diesbezüglich auf die zutreffenden Ausführungen des Rekursgerichts zur Anwendbarkeit der Bestimmung des § 185 Abs 3 AußStrG verwiesen werden. Bei der Ermittlung des Durchschnittsbezugs unter Einbeziehung der Sonderzahlungen unterlief ihm jedoch offenbar ein Rechenfehler, sodaß es zu einer zu geringen Bemessungsgrundlage gelangte. Tatsächlich ist das Durchschnittseinkommen des Vaters rechnerisch richtig mit monatlich S 15.160,-- anzusetzen, worauf der Revisionsrekurswerber zutreffend hinweist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dienen die von der Judikatur herausgearbeiteten Prozentsätze zwar nur als Orientierungshilfe für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen, es kommt ihnen jedoch, ungeachtet der Pauschalierung, die Funktion zu, vergleichbare Fällen annähernd gleich zu behandeln (3 Ob 1570/91; RZ 1993/94; 1 Ob 549/95). In diesem Sinne werden für Kinder bis zur Vollendung des 6.Lebensjahres mangels weiterer Sorgepflichten des Vaters 16 % des anrechenbaren Nettoeinkommens für angemessen gehalten. In der Altersgruppe von 6 bis 10 Jahren dient ein Prozentsatz von 18 % der Unterhaltsbemessungsgrundlage als Richtschnur. Es ergibt sich somit, daß bis zum Ende jenes Monats, in welchem der Minderjährige das 6.Lebensjahr vollendet hat, auch ausgehend von der richtig berechneten Bemessungsgrundlage der ursprünglich festgesetzte Unterhalt von S 2.500,-- den dargestellten Bemessungskriterien entspricht. Für diesen Zeitraum erfolgte daher die Abweisung des Unterhaltserhöhungsbegehrens durch das Gericht zweiter Instanz zu Recht. Nach Vollendung des 6.Lebensjahres findet unter Berücksichtigung des erhöhten Bedarfs des Minderjährigen ein Betrag von S 2.700,-- (somit annähernd 18 % der Bemessungsgrundlage) in der Leistungsfähigkeit des Vaters Deckung.

Dem Revisionsrekurs ist daher teilweise Folge zu geben.

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