OGH 1Ob2277/96a

OGH1Ob2277/96a22.8.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dr.Richard B*****, 2. H*****gesellschaft mbH, ***** beide vertreten durch Dr.Karl Zingher und Dr.Madeleine Zingher, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei I***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr.Haimo Puschner und Mag.Martin Spernbauer, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung (Streitwert S 1,048.530,06) infolge Rekurses der klagenden Parteien gegen den Beschluß bzw. aus Anlaß der Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichts vom 23.November 1995, GZ 39 R 744/95-16, womit aus Anlaß der Berufung der klagenden Parteien bzw. infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 2. August 1995, GZ 46 C 330/94-10, teils als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen, teils bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1. Dem Rekurs der klagenden Parteien wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien haben die Kosten des Rekursverfahrens selbst zu tragen.

2. Die Akten werden dem Berufungsgericht mit dem Auftrag zur Ergänzung der angefochtenen Entscheidung in deren Punkt 2. durch einen Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO zurückgestellt.

Text

Begründung

Die klagenden Parteien begehrten die Feststellungen, daß

1. die mit 1.6.1994 vorgenommene Einbringung des Unternehmens des Erstklägers in die zweitklagende Partei aufgrund des eingeräumten Weitergaberechts "des Mieters" (= Erstklägers) keine Unternehmensveräußerung im Sinne des § 12a MRG darstelle und den "Vermieter" (= beklagte Partei) nicht zu einer Mietzinserhöhung berechtige, und

2. die klagenden Parteien nicht schuldig seien, der beklagten Partei die für zwei bestimmte Mietobjekte begehrten erhöhten Mietzinse von S 169.701,48 und S 118.873,50 zu bezahlen.

Sie brachten vor, daß der Erstkläger im Jahre 1969 zwei Mietobjekte zur Ausübung medizinischer Behandlungen gemietet habe und ihm ein Weitergaberecht bis 31.12.1995 eingeräumt worden sei. Mit Einbringungsvertrag vom 1.6.1994 habe er ein von ihm in den Mietobjekten betriebenes Einzelunternehmen gemäß Art.III des Umgründungssteuergesetzes in die zweitklagende Partei, deren Alleingesellschafter er sei, eingebracht. Die beklagte Partei habe mit Schreiben vom 6.9.1994 für beide Mietobjekte gemäß § 12a MRG einen erhöhten Mietzins begehrt, der infolge des eingeräumten Weitergaberechts aber nicht berechtigt sei. Da ein allenfalls entstehender Mietzinsrückstand einen Kündigungsgrund darstelle, bestehe ein dringendes rechtliches Interesse der klagenden Parteien an den begehrten Feststellungen.

Die beklagte Partei wendete ein, der Erstkläger habe auch die ihm zustehenden Mietrechte in die zweitklagende Partei eingebracht. Dadurch seien ex lege die Rechtsfolgen gemäß § 12a Abs 2 MRG eingetreten, die Mietrechte seien somit auf die zweitklagende Partei übergegangen. Eine Weitergabe der Mietrechte sei dem Erstkläger nicht mehr möglich gewesen und daher auch nicht erfolgt. Demnach sei die beklagte Partei berechtigt, die Anhebung des Hauptmietzinses bis zu dem nach § 16 Abs 1 MRG zulässigen Betrag zu begehren.

Das Erstgericht sprach aus, daß die mit 1.6.1994 vorgenommene Einbringung des vom Erstkläger betriebenen Unternehmens in die zweitklagende Partei keine Unternehmensveräußerung im Sinne des § 12a MRG darstelle und den Vermieter nicht zu einer Mietzinserhöhung berechtige (Punkt 1 des Ersturteils). Das Klagebegehren, es werde festgestellt, die klagenden Parteien seien nicht schuldig, der beklagten Partei die für die Mietobjekte vorgeschriebenen Mietzinse im Betrag von S 169.701,48 bzw S 118.873,50 zu bezahlen, wies es ab (Punkt 2 der Entscheidung). Die Einbringung des vom Erstkläger in den Mietobjekten betriebenen Unternehmens in die zweitklagende Partei als Sacheinlage sei zwar als Veräußerungsvorgang zu qualifizieren, dieser löse aber zufolge des im Mietvertrag vereinbarten Weitergaberechts nicht die Rechtsfolgen des § 12a MRG aus. Das Feststellungsbegehren, die klagenden Parteien seien nicht schuldig, der beklagten Partei die vorgeschriebenen Mietzinse zu bezahlen, sei deshalb abzuweisen, weil dieser Klagepunkt als zwingend notwendige Rechtsfolge des ersten Klagepunkts bereits vom Urteilsspruch mitumfaßt sei und kein rechtliches Interesse der klagenden Parteien an einer solchen Feststellung bestehe.

Das Berufungsgericht hob aus Anlaß der Berufung der klagenden Parteien das Urteil der ersten Instanz in dessen Punkt 2. und das diesem vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies die Klage in diesem Umfang zurück. Im übrigen bestätigte es das Ersturteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Zur Nichtigerklärung bzw. Klagszurückweisung führte es aus, daß das von den klagenden Parteien erhobene Begehren die Feststellung des zulässigen Hauptmietzinses zum Gegenstand habe. Eine derartige Feststellung müsse gemäß § 37 Abs 1 Z 8 MRG im außerstreitigen Verfahren erfolgen. Eine Behandlung dieses Klagebegehrens als Antrag im Außerstreitverfahren sei nicht möglich, weil eine Gemeindeschlichtungsstelle bestehe und daher vor Anrufung der Gemeinde das Außerstreitverfahren vor Gericht unzulässig sei.

Das stattgebende Feststellungsurteil des Erstgerichts bestätigte es im wesentlichen mit der Begründung, daß der Vermieter (= beklagte Partei) dem Erstkläger ein Weitergaberecht in der Form eingeräumt habe, daß er der Abtretung der Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag vorweg zugestimmt habe. Der neue Mieter (= zweitklagende Partei) sei ohne weitere Zustimmung der beklagten Partei anstelle des bisherigen Mieters in den Vertrag eingetreten, ihm kämen mit der Abtretung der Mietrechte die gleichen Rechte und Pflichten wie dem Erstkläger zu. Da der Übergang des Mietverhältnisses auf den neuen Mieter aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung erfolgt sei, könne von der Aufdrängung eines neuen Vertragspartners nicht die Rede sein. Es bestehe demzufolge kein Grund, dem Vermieter als Ausgleich hiefür den Anspruch auf einen angemessenen Hauptmietzins zu gewähren, die im Schriftverkehr geltend gemachte Mietzinsanpassung sei nicht berechtigt. Es liege nämlich keine Unternehmensveräußerung im Sinne des § 12a MRG vor, die den Vermieter zu einer Mietzinsanhebung berechtige.

Rechtliche Beurteilung

Einen Bewertungsausspruch unterließ das Gericht zweiter Instanz, weil es die Ansicht vertrat, es liege eine im § 502 Abs 3 ZPO genannte Streitigkeit vor.

A. Zur Revision der beklagten Partei:

Gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO hat das Berufungsgericht in seinem Urteil auszusprechen, wenn der Entscheidungsgegenstand nicht ausschließlich in einem Geldbetrag besteht, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt S 50.000 übersteigt oder nicht. Im vorliegenden Fall war Entscheidungsgegenstand ein Feststellungsbegehren dahin, daß die Einbringung des vom Erstkläger betriebenen Unternehmens in die zweitklagende Partei keine Unternehmensveräußerung darstelle und den Vermieter nicht zu einer Mietzinserhöhung berechtige. Entgegen der Ansicht des Gerichts zweiter Instanz wäre dieses verpflichtet gewesen, einen Ausspruch im Sinne des § 500 Abs 2 Z 1 ZPO in die Entscheidung aufzunehmen, weil keine im § 502 Abs 3 ZPO genannte Streitigkeit vorliegt. Mag es sich dabei auch um eine unter § 49 Abs 2 Z 5 JN fallende Streitigkeit handeln, so wird - was § 502 Abs 3 Z 2 ZPO fordert - bei der Erledigung von Punkt 1 des Urteilsantrags mit Punkt 1 des Ersturteils nicht über eine Kündigung, über eine Räumung oder über das Bestehen oder Nichtbestehen des (Bestand-)Vertrags entschieden. Der Ausspruch gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO kann auch nicht durch den überdies notwendigen und im Berufungsurteil auch enthaltenen Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision ersetzt werden (1 Ob 1523/94 mwN).

Es war daher spruchgemäß der Ergänzungsauftrag zu erteilen.

B. Zum Rekurs der klagenden Parteien:

Gemäß § 37 Abs 1 Z 8 MRG erfolgt die Entscheidung über die Angemessenheit des vereinbarten oder begehrten Hauptmietzinses (§§ 12a, 16 ...) im Verfahren außer Streitsachen. Die klagenden Parteien begehrten die Feststellung, sie seien nicht schuldig, der beklagten Partei die von ihr verlangten erhöhten Mietzinse für die beiden Mietobjekte zu bezahlen. Auch die Prüfung der Zulässigkeit des begehrten Hauptmietzinses nach den zwingenden gesetzlichen Bestimmungen über die Mietzinsbildung ist gemäß § 37 Abs 1 Z 8 MRG in das außerstreitige Verfahren nach § 37 Abs 3 MRG verwiesen; das gilt auch für das von den klagenden Parteien gestellte (negative) Feststellungsbegehren. Ist in einem solchen Verfahren die Vornahme einer Unternehmensveräußerung im Sinne des § 12a MRG bestritten, so hat dies der Außerstreitrichter als Vorfrage zu beurteilen (EvBl 1993/122; 5 Ob 157/92; Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19 Rz 19 zu § 37 MRG). Die Rekurswerber übersehen, daß sie mit Punkt 1 ihres Klagebegehrens den Grund für die von der beklagten Partei erhobene Mietzinsforderung bekämpfen, im Punkt 2 aber nur mehr die Feststellung begehrt wird, ziffernmäßig bestimmte, ihnen vorgeschriebene und von der beklagten Partei begehrte Hauptmietzinse seien nicht zu bezahlen, sodaß in diesem Klagspunkt tatsächlich nur mehr die Angemessenheit des begehrten Hauptmietzinses Verfahrensgegenstand ist. Wie schon das Gericht zweiter Instanz zutreffend ausgeführt hat, ist eine Behandlung dieses Klagebegehrens als Antrag im Verfahren außer Streitsachen (statt der Zurückweisung der Klage) nicht möglich, weil in Wien eine Gemeindeschlichtungsstelle besteht und daher vor der Anrufung der Gemeinde das außerstreitige Verfahren vor Gericht unzulässig ist (EvBl 1993/122).

Dem Rekurs ist nicht Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Rekurskosten beruht auf den §§ 40, 50 ZPO.

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