OGH 1Ob2218/96z

OGH1Ob2218/96z22.8.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dragisa B*****, vertreten durch Dr.Erasmus Schneditz-Bolfras, Dr.Wilfried Mayer, Dr.Michael Schneditz-Bolfras und Dr.Fritz Vierthaler, Rechtsanwälte in Gmunden, wider die beklagte Partei Radoje K*****, vertreten durch Dr.Erwin Wartecker, Rechtsanwalt in Gmunden, wegen S 108.979,20 sA infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgerichts vom 29.Mai 1996, GZ 1 R 106/96-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Wels vom 11.März 1996, GZ 2 Cg 111/95-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Am 20.2.1995 kaufte der Beklagte von einem Unternehmer, der Motorinstandsetzungen durchführt, einen gebrauchten Mercedes-Kleinbus um den Kaufpreis von S 77.000,--. Ein am Fahrzeug vorhandener Motorschaden (Riß im Zylinderkopf) war vom Verkäufer repariert worden. Bei dieser Reparatur wurden an Neuteilen ein Hauptlager, vier Pleuellager, die Pleuelmuttern, Pleuelschrauben, ein Ölring und Ölfilter, ein Abdichtungsring, eine Düsendichtplatte und eine Steuerkette verwendet. Allerdings wurde lediglich ein gebrauchter Zylinderkopf eingebaut, die Kühlmittelpumpe und die vier Einspritzdüsen sowie die Buchsen wurden nicht getauscht; es wurde eine "Reparatur mit Kolbenringen" durchgeführt. Der Verkäufer hielt die Reparatur des Kleinbusses, der einen guten Allgemeinzustand aufwies, für wirtschaftlich sinnvoll. Er war der Meinung, daß das Fahrzeug bei entsprechend schonender Fahrweise noch eine gewisse Zeit fahrbereit sein werde. Der Beklagte wurde darauf aufmerksam gemacht, daß während einer Einfahrphase von 5000 bis 10.000 km nicht mit Vollgas gefahren werden dürfe; überdies sei mit einem erhöhten Ölverbrauch zu rechnen. Der Verkäufer sicherte dem Beklagten für den Motor für ein halbes Jahr die Garantie zu. Noch vor dem 10.3.1995 verkaufte der Beklagte das Fahrzeug dem Kläger. Im Zuge der Vertragsverhandlungen teilte er dem Kläger mit, daß der Motor "generalrepariert" sei und daß ihm für das ganze Fahrzeug einschließlich des Motors eine Garantie für ein Jahr oder 20.000 km Fahrleistung zugesichert sei. Von einem neuen Motor war bei den Verkaufsgesprächen nicht die Rede. Dem Kläger wurde auch mitgeteilt, daß er nicht mit Vollgas fahren solle. Daß ein gebrauchter Zylinderkopf eingebaut wurde, wurde dem Kläger nicht bekanntgegeben. Der Kläger kannte den Kilometerstand des Fahrzeugs (mehr als 400.000), er war sich auch dessen Alters bewußt. Es kam ihm auf eine vorgenommene Generalreparatur des Motors an, weil er mit dem Kleinbus Personen nach Jugoslawien befördern wollte. Dies war auch dem Beklagten bekannt. Unter einer Generalreparatur verstand der Kläger einen neuwertigen Motorzustand, insbesondere die Verwendung von Neuteilen bei der bereits erfolgten Reparatur. Ein übereinstimmender Vertragswille der Parteien in dieser Hinsicht bzw. darauf abzielende Vertragsgespräche waren nicht feststellbar. Der Kläger fuhr in der Folge zumindest zweimal nach Jugoslawien. Am 22.3.1995 brachte er den Kleinbus in eine Reparaturwerkstätte, wo die Kühlmittelpumpe durch eine neue ersetzt wurde. Hiefür bezahlte der Kläger S 6.869,20. Am 25.3.1995 wurden die vier Einspritzdüsen ausgetauscht und die Ventile kontrolliert. Diese Reparatur war auf Verschleißerscheinungen zurückzuführen. Eine Motorreparatur aufgrund eines Motorschadens wurde nicht durchgeführt; das Fahrzeug läßt sich nach wie vor starten und fahren.

Der Kläger begehrte die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von S 108.979,20 sA Zug um Zug gegen Zurückstellung des Fahrzeugs und brachte vor, es sei ihm beim Kaufabschluß vom Beklagten ausdrücklich zugesichert worden, daß das Fahrzeug mit einem neuen oder zumindest neuwertigen Dieselmotor ausgestattet sei. Der Beklagte habe ihm für die Funktionsfähigkeit des Motors eine Garantie für ein Jahr zugesagt. Bereits kurz nach dem Erwerb des Fahrzeugs habe sich herausgestellt, daß dieses versteckte Mängel aufweise. Er begehre daher vom Beklagten die Rückzahlung des Kaufpreises und die Erstattung der Reparaturkosten und sonstigen Aufwendungen unter Anrechnung eines Benützungsentgelts von S 10.000,--. Sein Klagebegehren stütze er auf die Rechtsgründe der Irreführung, Gewährleistung, des Schadenersatzes, Rücktritts und überhaupt auf jeden erdenklichen Rechtsgrund.

Der Beklagte wendete ein, ein einwandfreies Fahrzeug mit generalüberholtem Motor verkauft zu haben; es treffe ihn keinerlei Verantwortung für einen allenfalls eingetretenen Motorschaden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Zusage des Beklagten, der Motor sei generalrepariert, habe den Kläger nicht zur Annahme berechtigt, daß jener neuwertig sei. Das Fahrzeug habe jene Eigenschaften aufgewiesen, die einem Gebrauchtfahrzeug dieses Alters und Kilometerstandes gewöhnlich zukämen, insbesondere sei nach dem Ankauf des Kleinbusses kein Motorschaden aufgetreten. Die Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche des Klägers seien ebensowenig berechtigt wie das Begehren auf Rückabwicklung des Kaufvertrags.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Bei einem derart hohen Kilometerstand (400.000), der dem Kläger auch bekannt gewesen sei, und dem diesem ebenfalls geläufigen Baujahr (1986) habe vernünftigerweise nicht erwartet werden können, daß eine Generalreparatur des Motors den Einbau eines neuen Austauschmotors beinhalte. Die Vorstellung des Klägers, unter einer Generalreparatur des Motors sei dessen neuwertiger Zustand zu verstehen, hätte ausdrücklich zum Vertragsinhalt erhoben werden müssen. Der Kleinbus weise daher die gewöhnlich bei einem Fahrzeug dieses Alters vorauszusetzenden Eigenschaften auf, ein Motordefekt sei nicht verifiziert worden, die Fahrbereitschaft sei gegeben. Die Ansprüche des Klägers seien demnach unberechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist zulässig und berechtigt.

Es steht fest, daß der Beklagte dem Kläger zusagte, der Motor sei "generalrepariert", und daß die Reparatur nur zum Teil mit Neuteilen vorgenommen wurde. Das war dem Beklagten auch bekannt. Von einem "neuen" Motor war nach den Feststellungen der Vorinstanzen nicht die Rede, Einzelheiten der Kaufvertragsverhandlungen waren nicht feststellbar. Dem Kläger war die Durchführung einer Generalreparatur wesentlich, er wollte - was der Beklagte wußte - das Fahrzeug zum Transport von Personen nach Jugoslawien benützen. Der Unternehmer, der die Reparatur vorgenommen und das Fahrzeug dem Beklagten verkauft hatte, wertete seine Instandsetzungarbeiten selbst als Mindest- und nicht als Generalreparatur.

Ein Verkäufer haftet bei Zusage bestimmter Eigenschaften der Sache, auf die sich der Käufer auch verlassen darf. Wenn es an einer zugesicherten Eigenschaft, die für den Käufer von ausschlaggebender Bedeutung war (hier: Generalreparatur), fehlt, liegt ein wesentlicher Mangel vor und kann der Käufer Wandlung begehren (6 Ob 660, 661/90; 7 Ob 503/76; ZVR 1963/204; SZ 25/73 ua). Da feststeht, daß es dem Kläger beim Kauf des Fahrzeugs darauf ankam, einen Wagen mit "generalrepariertem" Motor zu ewerben (ON 18, S.6), muß gar nicht erst die Frage geprüft werden, ob bei Fehlen zugesicherter Eigenschaften schon im Zweifel ein wesentlicher Mangel anzunehmen ist (so JBl 1990, 655; SZ 53/37 ua; vgl dazu auch die Referate des Meinungsstands in SZ 58/174 und 208; für die Zweifelsregel Reischauer in Rummel, ABGB2 § 932 Rz 2, dagegen Apathy in JBl 1975, 572, 578 f, und Koziol/Welser, Grundriß10 I 255 und FN 17). Mangels besonderer Absprache, was unter "Generalreparatur" zu verstehen sei, ist die Verkehrsauffassung maßgeblich (SZ 61/24; Reischauer aaO). Gewiß müssen beim Gebrauchtwagenkauf Mängel innerhalb eines gewissen Rahmens hingenommen werden (SZ 61/162), eine bedungene Eigenschaft muß aber jedenfalls gegeben sein, wenn sie für den Kaufentschluß von ausschlaggebender Bedeutung war. Der Kläger durfte damit rechnen, daß das Fahrzeug aufgrund der vorgenommenen Generalreparatur eine angemessene Zeit hindurch klaglos funktionieren werde (4 Ob 540/77; SZ 39/8). Was im Gebrauchtwagenhandel und im besonderen im vorliegenden Fall, unter Bedachtnahme auf die tatsächlich durchgeführten Reparaturarbeiten als "Generalüberholung" eines Motors zu verstehen ist, läßt sich nur durch Vernehmung eines Sachverständigen feststellen (vgl. EvBl 1961/77). Erst dann wird sich beurteilen lassen, ob dem Kaufobjekt die ausdrücklich zugesagte Eigenschaft der Generalüberholung des Motors zukam; erst dann wird auch beurteilt werden können, ob der Kläger zur Wandlung oder allenfalls zur Preisminderung berechtigt ist.

In diesem Sinn wird das Verfahren zu ergänzen sein.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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