OGH 7Ob510/96

OGH7Ob510/9630.7.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei AE*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Mathias Stampfer, Rechtsanwalt in Stainz, gegen die beklagte Partei A.S.***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Rechtsanwaltssozietät Eisenberger-Herzog-Nierhaus-Forcher & Partner in Graz, wegen Feststellung und Vertragszuhaltung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz vom 17.Oktober 1995, GZ 5 R 131/95-55, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 24.Juni 1994, GZ 18 Cg 422/93s-49, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

1. den Beschluß gefaßt:

Die Revision wegen Nichtigkeit wird verworfen;

und 2. zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Im übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit S 25.425,- (darin enthalten S 4.237,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei führte die Müll- und Klärschlammentsorgung der Stadt Graz und die Müllentsorgung einiger Gemeinden des Grazer Umlandes durch. Sie nahm bereits 1983 Vertragsverhandlungen zur Deponierung des Mülls auf der Deponie H***** auf. Schon damals zeigte sich ein enormer Widerstand der dortigen Bevölkerung gegen dieses Vorhaben. 1985 kam es zum Vertragsabschluß zwischen den Parteien über die Deponierung des Grazer Mülls in H*****. Am 7.7.1987 schloß die klagende Partei einerseits mit der beklagten Partei, andererseits mit der G***** GesmbH einen Vertrag über die Deponierung von Deponiegut und Klärwerksabfällen auf Deponien, die einerseits der beklagten Partei und anderseits der G***** GesmbH zur Verfügung stehen, ab.

In dem zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Vertrag ist einleitend festgehalten, daß in der Müllaufbereitungsanlage der klagenden Partei etwa 60.000 t pro Jahr an Müll und Klärwerksabfälle von derzeit rund 4.000 t pro Jahr anfallen. Der Vertrag lautet weiters auszugsweise: "...§ 2

1. Die zu übernehmende und zu übergebende Menge umfaßt 50 % des bei der AE***** jährlich anfallenden Deponiegutes und der Klärwerksabfälle.

2. Sollte die G***** GesmbH (als Geschäftsführer der Mülldeponie der Marktgemeinde F*****), die sich bereiterklärt hat, die restlichen 50 % des jährlich anfallenden Deponiegutes und der Klärwerksabfälle zu übernehmen, aus welchen Gründen immer, nicht in der Lage sein, vorübergehend oder auf Dauer Deponiegut von der AE***** zu übernehmen, ist die KS (gemeint: die beklagte Partei) berechtigt und verpflichtet, sämtliche bei der AE***** anfallenden Mengen an Deponiegut während der Laufzeit dieses Vertrages zu den in diesem Vertrag genannten Bedingungen zu übernehmen. Die AE***** ist verpflichtet, sämtliches Deponiegut der KS zu übergeben, und zwar so lange, bis die G***** GesmbH wieder in der Lage und bereit sind, Deponiegut zu übernehmen.

3. Zwischen der KS und der G***** GesmbH findet insofern ein Mengenausgleich statt, als jener Betrieb, der Deponiegut wegen Verhinderung des anderen Betriebes über seine Quote hinaus übernehmen mußte, berechtigt ist, vom anderen Betrieb zu verlangen, daß der andere Betrieb, sobald ihm die Aufnahme von Deponiegut wieder möglich ist, die Mehrmengen ausgleicht.

.......

5. Die KS nimmt zur Kenntnis, daß die verbleibenden 50 % des Deponiegutes und der Klärwerksabfälle gemäß gesondertem Vertrag mit der G***** GesmbH dieser Gesellschaft zur Deponierung übergeben werden.

§ 3

1. Sämtliche in diesem Vertrag nachfolgend genannten Preise sind Nettopreise, zu denen noch die Umsatzsteuer in der jeweils gesetzlichen Höhe kommt.

2. Das an die KS für übernommenes Deponiegut zu bezahlende Entgelt beträgt S 450,-- je Tonne verladenen Deponiegutes und ist von der AE***** an die KS wie folgt zu bezahlen:

.....

5. Für die Klärwerksabfälle wird je Tonne loco Deponie ein Betrag von

S 500,-- bezahlt. Die Transportkosten trägt die AE*****.

.....

§ 4

1. Dieser Vertrag tritt nach beiderseitiger Unterfertigung sowie nach Unterfertigung des zwischen der AE***** und der G***** GesmbH abgeschlossenen Vertrages rückwirkend mit 1.7.1987 in Kraft und wird für die Dauer von 8 Jahren, somit bis 1.7.1995 errichtet. Erfolgt 12 Monate vor Ablauf des Vertrages keine schriftliche Kündigung durch eine der Vertragsparteien, so verlängert sich die Vertragsdauer jeweils um weitere 2 Jahre. Die KS erklärt, daß sie diesen Vertrag nur dann aufkündigen wird, wenn die G***** GesmbH den zwischen ihr und der AE***** gleichzeitig abgeschlossenen Vertrag aufkündigt.

2. Unbeschadet des in diesem Vertragspunkt vereinbarten Kündigungsverzichtes sind beide Teile berechtigt, das Vertragsverhältnis für jenen Zeitraum zu sistieren, in dem die KS aus Gründen höherer Gewalt nicht in der Lage ist, das in diesem Vertrag bezeichnete Deponiegut und die Klärwerksabfälle der Stadt Graz zu übernehmen bzw die AE***** aus Gründen höherer Gewalt nicht in der Lage ist, das in diesem Vertrag genannte Deponiegut und die Klärwerksabfälle zu übergeben.

...".

Für den Fall der Beendigung der Vertrages aus welchen Gründen immer sollte der ursprünglich zwischen den Streitteilen geschlossene Deponievertrag vom 11.10.1985 wieder in Kraft treten.

Einen sinngemäß gleichen Vertrag schloß die klagende Partei am 7.7.1987 mit der G***** GesmbH ab.

Die seitens der klagenden Partei mit den Verhandlungen betrauten Personen sicherten zu, daß die in den Verträgen genannten Istmengen von 60.000 t pro Jahr keinesfalls erhöht, sondern verringert werden. Die Menge von 60.000 t wurde als Obergrenze für den auf beide Deponien aufzuteilenden Müll vereinbart, auch wenn sie im Vertrag aus politischen Gründen nicht als Höchstmenge bezeichnet wurde. Bei den Vertragsverhandlungen hat niemand mit der Einführung eines Altlastensanierungsbetrages gerechnet.

Seitens der beklagten Partei war vorgesehen, den Müll ausschließlich auf der Deponie in H***** zu entsorgen, auch wenn im Vertrag von anderen Deponiemöglichkeiten die Rede ist. Der Müll wurde von der klagenden Partei nicht zur Deponie transportiert, sondern der beklagten Partei in Graz in der S*****gasse übergeben.

Obwohl das Müllkonzept der Stadt Graz auf eine Mengenreduzierung ausgerichtet war, wuchs die Menge des Deponiegutes ständig an. Der klagenden Partei wurde seitens der G***** GesmbH mitgeteilt, daß die Müllmenge drastisch reduziert werden müsse, weil die Akzeptanz der Bevölkerung von F***** nicht mehr gegeben sei. Es kam zu Bürgerprotesten, und zwar in erster Linie wegen der erhöhten Frequenz der LKW-Zufahrten. Seitens der beklagten Partei wurde die klagende Partei wiederholt darauf hingewiesen, daß der Sektor "A" der Deponiefläche in H***** nicht ausreichend sein werde, wenn es zu keiner Verringerung der Müllmenge komme. Der Sektor "A" der Deponie H***** war bereits Mitte 1989 vollständig angefüllt. Es wurde mit der Schüttung auf der Fläche "B" begonnen, obwohl damals hiefür noch nicht alle Genehmigungen vorlagen, die jedoch in der Folge nachgetragen wurden.

Durch das Altlastensanierungsgesetz wurde mit 1.1.1990 ein vom Deponiebetreiber zu entrichtender Altlastensanierungsbetrag eingeführt. Auf Grund weiterer gesetzlicher Änderungen waren die Deponiebetreiber in der Folge auch verpflichtet, Rücklagen je deponierter Mülltonne zu bilden, weshalb das Deponiegut genau gewogen werden mußte. Dadurch entstanden zusätzliche Kosten. Die Deponie H***** wurde zudem zur Errichtung einer Kläranlage verpflichtet, wofür ein Aufwand von S 50 Mio erforderlich war.

Die Stadt Graz beschloß im Dezember 1990, die Müllgebühren unter Berücksichtigung des Altlastensanierungsbeitrages für 1991 zu erhöhen. Im Dezember 1991 beschloß sie abermals die Erhöhung für 1992.

Mit Schreiben vom 28.3.1990 kündigte die G***** GesmbH den Deponievertrag vom 7.7.1987 mit sofortiger Wirkung auf, weil eine Volksbefragung darüber stattfinden sollte, ob sich die Bevölkerung von F***** gegen die Übernahme des Mülls aus der Stadt Graz ausspreche. Mit weiterem Schreiben vom 2.4.1990 wurde als Auflösungsgrund noch geltend gemacht, daß sich die klagende Partei weigere, der G***** GesmbH die Beträge, die sie auf Grund des Altlastensanierungsgesetzes seit 1.1.1990 als Deponiebetreiber belasteten, zu ersetzen. Auch die ständige Überschreitung der jährlichen Höchstmenge von 60.000 t Müll wurde als Auflösungsgrund angeführt.

Am 2.4.1990 erklärte auch die beklagte Partei gegenüber der klagenden Partei die Aufkündigung des Vertrages vom 7.7.1987. Dieses Schreiben lautet: "Am 29.3.1990 erhielten wir eine Durchschrift des Briefes an die AE*****, als Absender die G***** GesmbH. Im Hinblick auf die vertraglichen Vereinbarungen sehen wir uns gezwungen, das Vertragswerk vom 7.7.1987 ebenfalls mit sofortiger Wirkung zur Auflösung zu bringen. Aus rechtlichen und organisatorischen Gründen sehen wir uns außer Stande, den gesamten anfallenden Abfall der Stadt Graz in H***** zu übernehmen. Wir sind jedoch bereit, ebenso wie die G***** GesmbH bis zum Vorliegen des Ergebnisses der Volksbefragung in F***** 50 % des anfallenden Abfalls der Stadt Graz zu den allgemeinen Geschäftsbedingungen der K***** bzw der Mülldeponie H***** zu übernehmen. Eine Kopie der Deponiebedingungen der Mülldeponie H***** übersenden wir Ihnen in der Anlage.

Ein weiterer wichtiger Grund, das Vertragsverhältnis vorzeitig aufzulösen, besteht darin, daß aus unseren Rechnungen die Summen zur Abführung der Abgabe nach den Altlastensanierungsgesetz nicht bezahlt werden."

Die klagende Partei erklärte, die Aufkündigungen nicht zu akzeptieren, wobei sie unter anderem ihren Standpunkt deponierte, daß die Verpflichtung zur Zahlung des Altlastensanierungsbeitrages die Deponiebetreiber treffe, sodaß die klagende Partei keine diesbezüglichen Zahlungen leisten werde.

Trotz der erklärten Vertragsauflösungen übernahmen beide Deponiebetreiber mit dem Vorbehalt "unpräjudiziell" weiterhin Müll von der klagenden Partei, allerdings zu geänderten Preisen, die von der klagenden Partei auch bezahlt wurden, und zwar ebenfalls mit dem Vorbehalt "unpräjudiziell".

Am 6.4.1990 klagte die hier beklagte Partei die hier klagende Partei zu 13 Cg 128/90 des Erstgerichtes auf Zahlung von S 347.720,-- mit der Behauptung, dieses seien jene Gebühren, die ihr aufgrund des Altlastensanierungsgesetzes seit 1.1.1990 vorgeschrieben worden seien. In diesem Verfahren trat am 5.3.1991 Ruhen ein, weil die hier klagende Partei rückwirkend ab Jänner 1991 den Altlastensanierungsbeitrag zahlte.

Am 23.8.1990 brachte die klagende Partei die vorliegende Klage ein, die zunächst (nur) das Begehren auf Feststellung des aufrechten Vertragsverhältnisses und der Unwirksamkeit der Auflösungserklärung (Punkt 1.) enthielt. Am selben Tag brachte sie die im wesentlichen gleichlautende Feststellungsklage gegen die G***** GesmbH zu 23 Cg 246/90 des Erstgerichtes ein. Mit der G***** GesmbH wurde im Dezember 1990 eine Einigung über die vorläufige weitere Gestaltung der Vertragsbeziehungen und über die Aufnahme von Vertragsverhandlungen für einen langfristigen Deponievertrag erzielt und die Feststellungsklage gegen die G***** GesmbH am 15.1.1991 vereinbarungsgemäß unter Anspruchsverzicht zurückgezogen.

Mit Schreiben vom 18.12.1990 bot die beklagte Partei der klagenden Partei unter Bezug auf ein vorangegangenes Schreiben die Entsorgung von Abfällen bis zum 31.12.1993 im Höchstmaß von 60.000 t pro Jahr an, wobei die Deponiemöglichkeit nur dann genutzt werden sollte, wenn andere Entsorgungsstellen nicht beansprucht werden könnten. Die klagende Partei bot ihrerseits ebenfalls mit Schreiben vom 18.12.1990, das (nur) vom Geschäftsführer Mag.Norbert G***** unterfertigt worden war, der beklagten Partei die Zahlung "der vereinbarten Entgelte" zuzüglich der Altlastensanierungsbeiträge für das übernommene Deponiegut an und erklärte, bei Annahme des Anbotes das von ihr gegen die beklagte Partei angestrengte Feststellungsverfahren "einzustellen". Sie erwarte ihrerseits die Einstellung des von der beklagten Partei hinsichtlich des Altlastensanierungsbeitrages geführten Leistungsverfahrens und wünsche weitere Vertragsverhandlungen.

Die beklagte Partei unterfertigte dieses Anbot, vermerkte jedoch in einem Zusatz, daß sie der vorgeschlagenen Vorgangsweise "unter Berücksichtigung unseres beiliegenden Schreibens vom 19.12.1990" zustimme. In diesem angeführten Schreiben führte die beklagte Partei aus, daß ihre Entsorgungsbereitschaft in ihrem Anbot vom 18.12.1990 definiert sei und daß sie für weitere Gespräche zur Verfügung stehe. Weiters ersuchte sie um "Einstellung" des Streitverfahrens.

Im fraglichen Zeitraum (Dezember 1990) war die klagende Partei satzungsgemäß durch zwei Geschäftsführer, nämlich durch Mag.Norbert G***** und Dipl.Ing.Dr.Gerald F***** vertreten, wobei diese gemeinsam oder jeweils in Gemeinschaft mit einem Gesamtprokuristen vertretungsbefugt waren. Der beklagten Partei ist nicht aufgefallen, daß das Anbot der klagenden Partei vom 18.12.1990 nur von Mag.Norbert G***** unterfertigt war. Die beklagte Partei war überdies der Meinung, daß nur Mag.Norbert G***** vertretungsbefugt sei, weil sich Dipl.Ing.Dr.F***** nicht mehr in Graz aufhielt und die ursprüngliche Mitgesellschafterin V*****, seitens der die Bestellung des Dipl.Ing.Dr.F***** als Geschäftsführer durchgesetzt worden war, inzwischen ihre Geschäftsanteile an der klagenden Partei veräußert hatte. Tatsächlich war Mag.Norbert G***** vom Stadtsenat Graz als Vertreter der Eigentümerin der klagenden Partei ermächtigt, das Anbot an die beklagte Partei rechtsverbindlich alleine zu zeichnen. Für den Stadtsenat war allerdings der Abschluß eines neuen, unbefristeten Vertrages Voraussetzung für die Klagsrückziehung, sodaß das Anbot vom 18.12.1990 nicht den Intentionen des Stadtsenates entsprach.

Mit Schreiben vom 9.1.1991, das ebenfalls nur von Mag.Norbert G***** gefertigt war, wies die klagende Partei darauf hin, daß sie die Erklärung der Anbotsannahme unter der Bedingung, daß das Anbot der beklagten Partei vom 18.12.1990 zu gelten habe, nämlich das offene Streitverfahren einzustellen und zu geltenden Listenpreisen abzurechnen, nicht anerkenne. Auf Anraten des DDr.J*****, der als Rechtsberater des Finanzressorts der Stadt Graz in Bezug auf Müllfragen tätig und in die Verhandlungen mit den Deponiebetreibern eingebunden war, unterfertigte der Rechtsvertreter der beklagten Partei das Anbot der klagenden Partei vom 18.12.1990 schließlich "bedingungslos" und mittelte dieses der klagenden Partei am 27.2.1991 zu. Auf dieses Schreiben reagierte die klagende Partei zunächst nicht. Der Rechtsvertreter der beklagten Partei setzte sich nunmehr mit DDr.J***** in Verbindung, der mitteilte, daß die ÖVP-Fraktion im Stadtsenat Schwierigkeiten mache. Mag.Norbert G***** versuchte zwar, die Genehmigung zum Abschluß eines in der Folge neu ausgearbeiteten Vertrages mit der beklagten Partei und zur Klagsrückziehung von den Gesellschaftern der klagenden Partei zu erreichen, erhielt hiezu aber mangels eines politischen Konsenses keine Ermächtigung. Ein von der beklagten Partei ausgearbeiteter Nachtrag zum Vertrag vom 7.7.1987, der der klagenden Partei am 25.6.1991 übermittelt wurde und der unter anderem wegen der gesetzlichen Änderungen neue Preise enthielt, wurde von der klagenden Partei nicht angenommen. Weil die vorliegende Klage nicht zurückgezogen wurde, lehnte die beklagte Partei Anfang Juli 1991 die Müllübernahme kurzfristig ab, nahm dann aber noch einige Tage den Müll auf Grund einer Intervention des Bürgermeisters und der Zusagen des Bürgermeisters und der Vizebürgermeister der Stadt Graz, daß die Klage zurückgezogen werde, den Müll wieder an. Die Deponie wurde auch deshalb kurzfristig wieder geöffnet, weil "die ÖVP-Franktion" erklärte, sie wolle unter dem Druck einer geschlossenen Deponie nicht verhandeln. Als schließlich der Bürgermeister der Stadt Graz der beklagten Partei mitteilte, daß ein neuer Vertrag nicht zustande komme, wurde die Deponie H***** am 27.7.1991 für die klagende Partei endgültig geschlossen. Die beklagte Partei hatte bereits mit Schreiben vom 4.7.1991 jede weitere Übernahme des Abfalles abgelehnt, wobei sie darauf hingewiesen hatte, daß gemäß den geänderten Bestimmungen des Steiermärkischen Abfallwirtschaftsgesetzes nicht die klagende Partei, sondern der Müllwirtschaftsverband Eigentümer des Mülls sei. Weiters sei trotz entsprechender Zusage die Mülldeponie K***** nicht verwirklicht und keine Erweiterung der Mülldeponie H***** auf die Sektoren "C" und "D" vorgenommen worden.

Auf Grund der Weigerung der beklagten Partei, Müll anzunehmen, kam es zum Widerstand von Bürgern der Gemeinde S***** gegen die Ablieferung des gesamten Grazer Mülls auf die Deponie F*****.

Am 5.2.1992 kam es zu einer endgültigen vertraglichen Regelung zwischen der klagenden Partei und der G***** GesmbH. Die klagende Partei verpflichtete sich, den gesamten ihr zur Verfügung stehenden Restmüll nach getrennter Sammlung sowie biologischer stofflicher Verwertung und den Klärschlamm und Klärwerksabfälle der Stadt Graz in gestaffelten, im Vertrag näher angeführten Höchstmengen zu liefern, und zwar bis zum Jahr 2001. Für den Fall, daß die klagende Partei höhere Abfallmengen besitzen sollte, als den vereinbarten Höchstmengen entspreche, sollte für diese Mehrmengen keine Lieferpflicht bestehen.

Die klagende Partei vertritt den Standpunkt, daß die Kündigung des Vertrages vom 7.7.1987 zu Unrecht erfolgte. Sie dehnte ihr am 23.8.1990 angebrachtes Begehren auf Feststellung des aufrechten Vertragsverhältnisses und der Rechtsunwirksamkeit der Auflösungserklärung mit Schriftsatz vom 10.7.1991 dahin aus, daß (2.) die klagende Partei in Entsprechung des genannten Vertrages schuldig sei, das bereit gehaltene Deponiegut zu übernehmen und daß (3.) festgestellt werde, daß die beklagte Partei der klagenden Partei für sämtliche Schäden aus der vertragswidrigen Nichterfüllung hafte. Das Leistungsbegehren begründete sie damit, daß sich die beklagte Partei nunmehr weigere, Deponiegut zu übernehmen.

Zum Begehren auf Feststellung der Schadenhaftpflicht der beklagten Partei führte die klagende Partei aus, daß ernsthaft zu befürchten sei, daß die klagende Partei einen erheblichen Schaden erleide.

Die beklagte Partei beantragte Klagsabweisung und sprach sich gegen die Zulassung der Klagsänderung aus. Sie wendete im wesentlichen ein:

Die am 2.4.1990 ausgesprochene Auflösung des Vertragsverhältnisses sei rechtswirksam, weil folgende wichtige Auflösungsgründe vorlägen:

Die klagende Partei habe sich zu Unrecht geweigert, den am 1.1.1990 eingeführten Altlastensanierungsbeitrag zu zahlen. Die klagende Partei habe ihre Verpflichtung, lediglich rund 60.000 t jährlich Müll zu liefern, nicht eingehalten. Die Müllmengen hätten sich jährlich um etwa 20 % erhöht, wodurch vermehrt Probleme mit Bürgerinitiativen entstanden seien. Die beklagte Partei sei auch auf Grund des Umstandes, daß die G***** GesmbH den Vertrag mit der klagenden Partei rechtswirksam aufgelöst hätten, zur Vertragsauflösung mit der klagenden Partei berechtigt und betriebsintern hiezu verpflichtet gewesen. Zudem sei ein diese Rechtssache beendender außergerichtlicher Vergleich zustande gekommen. Die klagende Partei habe die Klage vereinbarungswidrig nicht zurückgezogen, weshalb sich die beklagte Partei gezwungen gesehen habe, die Abnahme von Müll einzustellen. Der klagenden Partei fehle weiters jegliches Rechtsschutzinteresse an der Fortführung des Verfahrens, weil sie sich im Vertrag vom 5.2.1992 mit der G***** GesmbH verpflichtet habe, den gesamten bei ihr anfallenden Müll auf der Mülldeponie F***** zu deponieren. Das Rechtsschutzinteresse der klagenden Partei sei auch deshalb zu verneinen, weil die klagende Partei nach § 6 Abs 1 und 2 des Steiermärkischen Abfallwirtschaftsgesetzes, das am 5.10.1990 in Kraft getreten sei, nicht mehr Eigentümerin des Mülls sei. Der Hausmüll stehe vielmehr ex lege im Eigentum des Abfallwirtschaftsbandes Graz-Umgebung.

Die klagende Partei bestritt diese Ausführungen und wies hinsichtlich des Einwandes der verglichenen Rechtssache insbesondere darauf hin, daß das Anbot vom 18.12.1990 nicht rechtswirksam zustande gekommen sei, weil es nur von einem ihrer beider Geschäftsführer unterfertigt worden sei. Es sei auch nicht rechtswirksam angenommen worden, weil die Annahmeerklärung seitens der beklagten Partei unannehmbare Bedingungen enthalten habe.

Mit dem in die Urteilsausfertigung aufgenommenen Beschluß ließ das Erstgericht die Änderung (Erweiterung) des Klagebegehrens zu. Es wies das gesamte Klagebegehren aber zur Gänze ab. Wer Eigentümer des Mülls sei, sei ohne Belang. Die klagende Partei habe jedoch zur vorzeitigen Vertragsauflösung berechtigende Gründe gesetzt, weil sie ständig die vereinbarten Höchstmengen mißachtet und die Zahlung des Altlastensanierungsbeitrages an die beklagte Partei verweigert habe, obwohl sie diesen bereits am 1.1.1990 auf die "Müllverursacher" durch entsprechende Erhöhung der Müllgebühren überwälzt habe. Außerdem könne die klagende Partei aufgrund der gegenüber der G***** GesmbH eingegangenen Lieferverpflichtung keinen Anspruch auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Kündigung des Vertrages vom 7.7.1987 erheben. Die klagende Partei wäre auch aufgrund des rechtswirksam zustande gekommenen Vergleiches mit der beklagten Partei verpflichtet gewesen, das vorliegende Verfahren "einzustellen", sodaß auch deshalb jegliches Rechtschutzinteresse an der Fortsetzung des Verfahrens fehle. Die beklagte Partei sei wegen Nichteinhaltung des außergerichtlichen Vergleiches berechtigt gewesen, jede weitere Müllabnahme bis zur "Einstellung" des Verfahrens durch die klagende Partei abzulehnen.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei.

Der Vertrag vom 7.7.1987 sei als Dauerschuldverhältnis zu werten, das aus wichtigen Grund jederzeit durch außergerichtliche Kündigung aufgelöst werden könne. Solche Gründe lägen vor, weil sich die klagende Partei auf den Standpunkt gestellt habe, zu einer Zahlung des Altlastensanierungsbeitrages nicht verpflichtet zu sein. Beitragsschuldner sei zwar nach § 4 Ziffer 1 des Altlastensanierungsgesetzes der Betreiber der Deponie. Nach den Gesetzesmaterialien sollte der Altlastenbeitrag bei den Deponiebetreibern deshalb eingehoben werden, um den Kreis der Beitragspflichtigen aus Gründen der Einfachheit der Vollziehung möglichst klein zu halten. Andererseits sei es unter anderem Zielsetzung gewesen, durch die finanzielle Belastung des Deponieerwerbers einen sinnvollen Anreiz zur Verwertung und Wiederverwendung von Abfällen bzw zur Deponieraumschonung und zur Abfallvermeidung zu schaffen. Daraus folge aber, daß der Altlastensanierungsbeitrag wirtschaftlich nicht die Deponiebetreiber treffen sollte und daß ihnen die Beitragspflichten nur aus Gründen der vereinfachten Vollziehung auferlegt worden sei. Damit sei die beklagte Partei nicht gehalten gewesen, diesen nicht unwesentlichen Kostenbestandteil zu tragen. Da bei der Frage der Berechtigung der Auflösungserklärung auf den Zeitpunkt ihrer Abgabe abzustellen sei, sei nicht entscheidend, ob die klagende Partei den Altlastensanierungsbeitrag in der Folge ohne Vorbehalt oder unpräjudiziell ihres Standpunktes bezahlt habe. Schon deshalb seien sämtliche Begehren zu Recht abgewiesen worden. Aber auch die Auflösung des mit der G***** GesmbH geschlossenen Vertrages aus dem Jahr 1987 bedinge, daß auch die von der beklagten Partei ausgesprochene Auflösungserklärung als gerechtfertigt anzusehen sei, weil ein Vertrag allein für sich nicht bestehen könne und die beklagte Partei keine Möglichkeit mehr habe, den Mengenausgleich zu verwirklichen. Dem Erstgericht sei auch dahin beizupflichten, daß die mengenmäßige Überschreitung der Müllmengen als berechtigter Auflösungsgrund anzusehen sei. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil die Frage, wie weit der erst nach Vertragsabschluß eingeführte Altlastensanierungsbeitrag einen wichtigen Grund zur vorzeitigen Vertragsauflösung darstelle.

Die in der Revision zunächst geltend gemachte Nichtigkeit des Berufungsurteiles nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO liegt nicht vor.

Rechtliche Beurteilung

Als nichtig sieht die Revision das Urteil des Gerichtes zweiter Instanz im wesentlichen deshalb an, weil sich das Gericht zweiter Instanz nicht mit allen in der Berufung enthaltenen Ausführungen auseinandergesetzt und zudem aktenwidrig "festgestellt" habe, daß die Auflösung des Vertragsverhältnisses mit der beklagten Partei schon infolge der Auflösung des mit der G***** GesmbH geschlossenen Vertrages gerechtfertigt sei. Die Revision macht somit unter dem Revisionsgrund des § 503 Z 1 ZPO in Wahrheit vermeintliche Begründungsmängel geltend. Die Frage, ob ein außergerichtlicher Vergleich zustande kam, konnte das Gericht zweiter Instanz aufgrund seiner Rechtsansicht, daß das Klagebegehren schon aus anderen Gründen unberechtigt sei, dahingestellt lassen. Von einer mangelnden Überprüfbarkeit des Berufungsurteiles kann daher überhaupt keine Rede sein. Darin, daß das Berufungsgericht die erstgerichtlichen Feststellungen übernimmt und hinsichtlich der Einzelheiten auf die Ausführungen des Ersturteiles verweist, liegt ebenfalls keine Nichtigkeit (SZ 52/196). Eine allenfalls unrichtige rechtliche Beurteilung kann keinen Nichtigkeitsgrund bilden.

Die Revision war daher, soweit sie Nichtigkeit geltend macht, zu verwerfen.

Im übrigen ist die Revision der klagenden Partei zulässig, aber letztlich nicht berechtigt.

Die geltend gemachten Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der Aktenwidrigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Die hier nochmals gerügte "Feststellung" des Berufungsgerichtes über die Auflösung des Vertrages zwischen der klagenden Partei und der G***** GesmbH fällt in den Bereich der rechtlichen Beurteilung, wobei es nicht zweifelhaft sein kann, daß das auf dem Vertrag von 1987 beruhende Vertragsverhältnis mit der G***** GesmbH nicht mehr aufrecht ist, weil es ja im Dezember 1990 und schließlich am 5.2.1992 zum Abschluß jeweils anderslautender Vereinbarungen zwischen der klagenden Partei und der G***** GesmbH kam.

Daß der Müll von der klagenden Partei nicht selbst zur Deponie H***** gebracht, sondern in Graz, S*****gasse, übergeben wurde, war im Verfahren ohnehin kein Streitpunkt, sodaß die an anderer Stelle des Ersturteiles etwas unklare Formulierung (der Abfall sei an die Deponie übergeben worden) nicht zu Mißverständnissen Anlaß geben kann. Ob Höchstmengen vereinbart wurden, fällt in den Bereich der Beweiswürdigung, die das Gericht zweiter Instanz insoweit mit ausführlicher Begründung gebilligt hat.

Auch die Rechtsrüge erweist sich im Ergebnis als nicht berechtigt.

Das Gericht zweiter Instanz hat das aus dem streitigen Vertrag resultierende Rechtsverhältnis zwischen den Parteien zutreffend als Dauerschuldverhältnis beurteilt (EvBl 1980/175). Ungeachtet des Umstandes, daß der Vertrag bis 1.7.1995 unkündbar sein und das Vertragsverhältnis nur "aus Gründen höherer Gewalt" für den betreffenden Zeitraum sistiert werden sollte (§ 4 des Vertrages vom 7.7.1987), können Dauerschuldverhältnisse nach ständiger Rechtsprechung aus wichtigen Gründen vor Ablauf der vereinbarten Zeit ohne Rücksicht auf sonst einhaltbare Kündigungsfristen und Kündigungstermine aufgelöst werden (EvBl 1961/294 uva). Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn einem Teil die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unzumutbar ist, insbesondere dann, wenn die Vertrauensbasis zwischen den Vertragsparteien weggefallen ist (Rummel in Rummel2 I, Rz 27 zu § 859 ABGB und Würth in Rummel2 I, Rz 3 zu § 1118 ABGB je mit Judikaturbeispielen).

Der Umstand, daß sich die klagende Partei (zunächst) nicht bereitfand, den Altlastensanierungsbeitrag zu übernehmen, stellt keinen solchen Grund dar. Der Gesetzgeber hat den Deponiebetreiber als Beitragsschuldner (§ 4 Z 1 Altlastensanierungsgesetz). Dessen Vermögen sollte abgeschöpft werden. Eine Überwälzung der Vermögensnachteile vom Deponiebetreiber auf den Zulieferer (und bis zurück zum Gemeindebürger) ist gesetzlich nicht vorgesehen. Die vom Gericht zweiter Instanz zitierten Gesetzesmaterialien (Blg 898 XVII GP zu Art I § 4 und Allgemeiner Teil der Erläuterungen zur RV, Seite

10) legen zwar die spekulativen Erwartungen des Gesetzgebers über die wirtschaftlichen Auswirkungen der betreffenden Bestimmung dar, erlauben es jedoch nicht, entgegen dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut eine andere Person als Kostentragungspflichtigen ansehen. Eine gesetzlich normierte Überwälzungsmöglichkeit wäre im übrigen im Hinblick darauf, daß damit in bestehende Verträge eingegriffen worden wäre, problematisch gewesen. Ob eine ergänzende Vertragsauslegung im Hinblick auf den von den Vertragsparteien nicht bedachten Umstand, daß eine solche Abgabe eingeführt werden könnte, zur Bejahung der Überwälzung der Abgabe auf die klagende Partei zwinge, kann hier dahingestellt bleiben. Selbst unter diesem Aspekt ist der Rechtsstandpunkt der klagenden Partei, zur Zahlung dieser Abgabe nicht verpflichtet zu sein, zumindest vertretbar, weil sie ja den Bestimmungen des Altlastensanierungsgesetzes entspricht, sodaß vor dem Vorliegen einer gerichtlichen Entscheidung, die die klagende Partei zur Zahlung eines um die Abgabe erhöhten Entgeltes an die beklagte Partei verpflichtet, in der Zahlungsverweigerung der klagenden Partei kein treuwidriges Verhalten erblickt werden kann (vgl MietSlg 37.196).

Darauf, daß durch die Einführung dieses Beitrages Leistungsunmöglichkeit bzw Unerschwinglichkeit für die beklagte Partei vorgelegen sei, weil die eigene Leistung außer jedem Verhältnis zur Gegenleistung gestanden sei (vgl hiezu Reischauer in Rummel2 I, Rz 4 und 8 zu § 920 ABGB mwN; MietSlg 37.179), hat die beklagte Partei im Verfahren erster Instanz weder behauptet noch unter Beweis gestellt. Die Erwägungen des Gerichtes zweiter Instanz, daß die Abgabe immerhin etwa 9 % des vereinbarten Entgeltes erreicht habe, lassen keinen zwingenden Schluß auf ein solches Mißverhältnis von Leistung und Gegenleistung zu, daß der Aufwand der beklagten Partei seit Einführung der Abgabe jedenfalls als unvernünftig und wirtschaftlich sinnlos erscheinen müßte.

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen gingen die Parteien zwar im Zeitraum des Vertragsabschlusses vom 7.7.1987 von einer vereinbarten Höchstmenge von 60.000 t pro Jahr, die zu je 50 % auf die G***** GesmbH und die beklagte Partei aufzuteilen war, aus. Weiters steht fest, daß diese Menge laufend überschritten wurde. Die Revision verweist aber zutreffend darauf, daß die klagende Partei den Müll nicht einfach ohne Kenntnis der beklagten Partei auf der Deponie abgeladen hat. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen übernahm vielmehr die beklagte Partei von der klagenden Partei die jeweils zur Übernahme bereitgehaltenen Müllmengen und entsorgte diese auf der Deponie, wenn sie auch mehrmals eine Verringerung der Müllmenge forderte. Es wäre der beklagten Partei freigestanden, nicht mehr Müll als 50 % von 60.000 t jährlich zu übernehmen. Durch die Übernahme der jeweils übersteigenden Menge zur Deponierung (und bestimmt auch Verrechnung der entsprechenden Kosten) hat sie sich aber schlüssig mit der Deponierung dieser größeren Menge einverstanden erklärt. Eine andere Deutung ließ ihr Verhalten nicht zu. Sie kann sich daher nicht darauf berufen, die klagende Partei habe durch die vermehrte Müllübergabe einen Vertrauensbruch begangen, der die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unzumutbar erscheinen lasse.

Der Einwand der verglichenen Rechtssache ist ebenfalls unberechtigt. Es spricht zwar alles dafür, das Mag.Norbert G***** trotz der Bestellung zweier gemeinsamer vertretungsbefugter Geschäftsführer zumindest im Rahmen einer Anscheinsvollmacht befugt war, wirksam das Vergleichsanbot vom 18.12.1990 für die klagende Partei zu unterfertigen und die diesbezüglichen Verhandlungen alleine zu führen. Dessen ungeachtet wurde dieses Anbot von der beklagten Partei nicht wirksam angenommen, weil die Annahmeerklärung nicht dem Anbot entsprach, sondern in wesentlichen Punkten offenbar nicht abgesprochene Bedingungen vorsah (Höchstmengen von 60.000 t, Vertragsdauer nur bis 31.12.1993, bestimmte Listenpreise), sodaß in Wahrheit ein neues Anbot vorlag (Rummel in Rummel2 I, Rz 4 zu § 861 ABGB), das von der klagenden Partei aber ausdrücklich nicht angenommen wurde. In der schließlich im Februar 1991 erfolgten Unterfertigung des ursprünglichen Anbotes der klagenden Partei ohne weitere Bedingungen kann zwar ein abermaliges Vertragsanbot der beklagten Partei an die klagende Partei erblickt werden. Eine schlüssige Annahme kann der klagenden Partei aber nicht unterstellt werden, weil sie auch in der Folge die ihr vorgeschriebenen Müllgebühren nur "unpräjudiziell" zahlte und die Klage nicht zurückzog. Auch die beklagte Partei nahm den Müll nur "unpräjudiziell" an und wollte damit offenbar ihrerseits zum Ausdruck bringen, daß eine endgültige Einigung nicht erfolgt ist. Abgesehen von diesen Erwägungen, die der Annahme einer außergerichtlichen, prozeßbereinigenden Einigung entgegenstehen, mangelte es den wechselseitigen Anboten offenbar auch an der notwendigen Bestimmtheit, weil die Feststellungen des Erstgerichtes hiezu eher darauf hindeuten, daß die Parteien um die Jahreswende 1990/1991 zunächst nur eine vorläufige Regelung ins Auge gefaßt hatten und weitere Verhandlungen über einen endgültigen Vertragsabschluß führen wollten, der jedoch in der Folge scheiterte. Die diesbezüglichen Unklarheiten in den Feststellungen bedürfen aber keiner weiteren Aufklärung, weil ein den Prozeß beendender Vertrag mangels wirksamer Anbotsannahmen ebenso auszuschließen ist wie ein Anerkenntnis des Prozeßstandpunktes der beklagten Partei, wie die ausdrücklichen Vorbehalte beider Parteien bei Erbringung ihrer Leistungen zeigen.

Wer Eigentümer des Mülls ist, kann entgegen der auch noch in der Revisionsbeantwortung aufrecht erhaltenen Ansicht der beklagten Partei keine Bedeutung haben. Die klagende Partei ist unstrittig jene Gesellschaft, die mit der Entsorgung des Grazer Mülls betraut ist. Zur teilweisen Erfüllung dieser ihr übertragenen Aufgabe hat sie ihrerseits den Deponievertrag mit der beklagten Partei geschlossen. Auf die Frage der Rechtswirksamkeit und des Weiterbestandes dieses Vertrages hat die Frage, ob die Bestellung der klagenden Partei zur Müllentsorgung seitens der Stadt Graz und deren Umlandes gesetzeskonform erfolgte, keinen Einfluß. Daß sich der Abfallwirtschaftsverband Graz und Graz-Umgebung (der gemäß § 17 Abs 1 des Steiermärkischen Abfallwirtschaftsgesetzes in der Fassung der Wiederverlautbarung im Steiermärkischen LGBl 1991/5 aus der Landeshauptstadt Graz und den Gemeinden des politischen Bezirkes Graz-Umgebung gebildet wird) gegen die Betrauung der klagenden Partei mit der Müllentsorgung gewandt hätte, ist im Verfahren nicht hervorgekommen.

Die vereinbarte Endigung des Vertragsverhältnisses durch Zeitablauf am 1.7.1995 (vgl § 4 des Vertrages vom 7.7.1987), hat entgegen der Ansicht der Revision auf dieses Verfahren keinen Einfluß, weil die Verhandlung erster Instanz am 1.3.1993 geschlossen wurde und bei der Frage der Berechtigung des Klagebegehrens ausschließlich auf diesen Zeitpunkt abzustellen ist.

Ungeachtet all dieser Erwägungen ist das Begehren auf Feststellung der Haftung der beklagten Partei für Schäden von den Vorinstanzen im Ergebnis schon deshalb zu Recht abgewiesen worden, weil sich die Ausführungen der klagenden Partei hiezu darin erschöpfen, daß ernsthaft zu befürchten sei, daß die klagende Partei durch die Nichtübernahme des Abfalles einen erheblichen Schaden erleide. Es wurde aber nicht einmal behauptet, welche Schäden der klagenden Partei aus welchen Folgen der Nichtabnahme des Mülls drohen. Mangels konkreter Behauptungen läßt sich nicht beurteilen, ob überhaupt mit einem Schadenseintritt gerechnet werden konnte und ob die Möglichkeit offen bleibt, daß das behauptete (Fehlverhalten der beklagten Partei einen künftigen Schadenseintritt verursachen kann (vgl ZVR 1980/289; EFSlg 55.030). Dieses Feststellungsbegehren entbehrt daher entsprechend schlüssiger Klagsbehauptungen, sodaß es mangels Schlüssigkeit abzuweisen war.

Nicht richtig ist die von den Vorinstanzen übernommene Ansicht der beklagten Partei, daß schon die Auflösungserklärung seitens der G***** GesmbH bzw diese Auflösungserklärung im Zusammenhang mit der Rückziehung der Klage gegen die G***** GesmbH zwangsläufig die Auflösung des Vertragsverhältnisses auch mit der beklagten Partei zur Folge haben müsse. Eine derartige Rechtsfolge läßt sich weder aus Punkt 4. des Vertrages (worin die beklagte Partei unter anderem erklärt, den Vertrag nach Ablauf der 8-jährigen Vertragsdauer nur dann zu kündigen, wenn auch die G***** GesmbH den Vertrag aufkündigt) noch aus dem Umstand ableiten, daß die G***** GesmbH und die beklagte Partei je zur Hälfte den Müll entsorgen sollten und ein entsprechender Mengenausgleich im Fall der Verhinderung des einen oder anderen Deponiebetreibers vorgesehen war. Das Argument der Revisionsbeantwortung, die beklagte Partei wäre nicht imstande gewesen, den gesamten Grazer Müll zu übernehmen, weshalb die Auflösung des einen Vertrages zwangsläufig die Auflösung des anderen Vertrages nach sich ziehen müsse, ist schon damit zu entkräften, daß die klagende Partei nie versucht hat, den gesamten Müll auf der Deponie H***** zu entsorgen. Vielmehr übernahm die G***** GesmbH auch nach ihrer Auflösungserklärung und nach Rückziehung der Klage auf Feststellung, daß diese Auflösungserklärung zu Unrecht erfolgt sei, weiterhin Müll und übernahm es schließlich sogar, den gesamten Müll zu entsorgen.

Die beklagte Partei hat dem Klagebegehren allerdings auch entgegengehalten, daß die klagende Partei nun ohnehin verpflichtet sei, den gesamten Müll der G***** GesmbH zur Entsorgung zu übergeben, weshalb der klagenden Partei das Rechtsschutzinteresse an der Fortsetzung dieses Verfahrens fehle. Dieser Einwand erweist sich letzlich als berechtigt.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß ein Feststellungsbegehren infolge Subsidiarität nicht von Erfolg sein kann, wenn bereits eine Leistungsklage erhoben werden kann, deren Erfolg die Feststellung des Rechtsverhältnisses gänzlich erübrigt (Rechberger in Rechberger ZPO Rz 11 zu § 228 ZPO mwN). Hingegen ist nach ständiger Rechtsprechung die Feststellungsklage überall dort zulässig, wo mit der Leistungsklage nur einzelne aus einem Dauerschuldverhältnis resultierende Ansprüche geltend gemacht werden können. Die Möglichkeit, einzelne Ansprüche bereits mit Leistungsklage geltend zu machen, schließt in einem solchen Fall die Annahme eines rechtlichen Interesses an der Feststellung des gesamten Rechtsverhältnisses zumindest im Zweifel nicht aus (MietSlg 31.689 mwN). Im vorliegenden Fall könnte die klagende Partei mit ihrer Leistungsklage nur den Abtransport des jeweils tatsächlich zur Abholung bereitgehaltenen Mülls erreichen, womit die künftige insbesondere über den Schluß der Verhandlung erster Instanz hinausreichende Abnahmepflicht nicht abschließend geklärt wäre. Insofern kann daher das Feststellungsbegehren (aufrechtes Vertragsverhältnis) neben dem Leistungsbegehren Bestand haben.)

Im Zuge des Verfahrens trat aber durch den Abschluß des Deponievertrages zwischen der klagenden Partei und der G***** GesmbH im Jahr 1992 eine wesentliche Änderung des rechtlich relevanten Sachverhaltes ein. Die Schließung der Deponie H***** seitens der beklagten Partei und deren endgültige Weigerung, Müll von der klagenden Partei anzunehmen, setzte zwar die klagende Partei unter Druck. Sie war - da sie ihrerseits vertragliche Verpflichtungen einzuhalten hatte - gezwungen, für die bisher in H***** entsorgte Müllmenge einen anderen Abnahmepartner zu finden, wobei sich die Möglichkeit eröffnete, nunmehr den gesamten Müll an die G***** GesmbH zur Entsorgung zu übergeben. Dies führte zum Abschluß eines entsprechenden Vertrages mit der G***** GesmbH, der schon infolge der Weigerung der beklagten Partei, Müll anzunehmen, nicht auf die ursprüngliche Koppelung des einerseits mit der G***** GesmbH und andererseits mit der beklagten Partei geschlossenen Verträge, wie insbesondere auf die Verpflichtung zur Lieferung des Mülls je zur Hälfte und auf den vereinbarten Mengenausgleich Rücksicht nehmen konnte. Da sich die klagende Partei aber nunmehr vertraglich verpflichtete, ab 1.1.1992 den gesamten Müll, wenn auch bis zu bestimmten Höchstgrenzen, über die G***** GesmbH zu entsorgen, wäre es an ihr gelegen gewesen, zu behaupten und zu beweisen, daß sie dessen ungeachtet über von der G***** GesmbH nicht entsorgte Müllmengen verfüge, etwa weil die vereinbarten Höchstmengen überschritten würden und die G***** GesmbH nicht bereit sei, diese zu übernehmen. Mangels diesbezüglicher Behauptungen ist davon auszugehen, daß im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz (1.3.1993), auf den bei der Frage der Berechtigung der vorliegenden Begehren abzustellen ist, der gesamte Müll der G***** GesmbH zur Entsorgung übergeben wurde und von dieser - mangels gegenteiliger Behauptungen - offenbar auch entsorgt wurde. Es ist daher weiters davon auszugehen, daß kein von der klagenden Partei zu entsorgender Müll vorhanden und die gesamte Müllentsorgung auch bis zum Ablauf des Vertragsverhältnisses aus dem Vertrag vom 7.7.1987 sichergestellt war. Infolge der eingegangenen Verpflichtung der klagenden Partei zur Übergabe ihres Mülls an die G***** GesmbH und deren Verpflichtung zur Abnahme wurde das Leistungsbegehren obsolet, weil kein Müll vorhanden war, der nicht ohnehin von der G***** GesmbH entsorgt wurde. Hinsichtlich des auf Feststellung des aufrechten Bestehens des Vertragsverhältnisses vom 7.7.1987 abzielenden Begehrens mangelte es der klagenden Partei nunmehr am rechtlichen Interesse an der alsbaldigen Feststellung, weil sie nun selbst nicht mehr in der Lage war, den Vertrag mit der klagenden Partei zuzuhalten. Das Interesse an der begehrten Feststellung würde voraussetzen, daß die klagende Partei weiterhin die Hälfte ihres Mülls an die beklagte Partei zu übergeben beabsichtigte. Der Annahme einer solchen Absicht steht aber die inzwischen der eingegangenen Verpflichtung, das gesamte Deponiegut an die G***** GesmbH zu übergeben, entgegen.

Die Entscheidung der Vorinstanzen waren daher im Ergebnis zu bestätigen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41 und 50 ZPO.

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