OGH 14Os100/96

OGH14Os100/969.7.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Juli 1996 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer, Dr.Ebner, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Hawlicek als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Catalin B***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßig schweren Bandendiebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und 2, 130 zweiter Fall und 15 StGB sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Cristian I*****, über die Berufung des Angeklagten Constantin C***** sowie über die Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Catalin B***** gegen das Urteil des Landesgerichtes St.Pölten als Schöffengericht vom 18.März 1996, GZ 25 Vr 819/95-137 a,

1. nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Schroll, sowie der Verteidiger Dr.Bernhauser und Dr.Herzig, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten Cristian I***** und Constantin C*****, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Cristian I***** wird verworfen.

Den Berufungen der Angeklagten Cristian I***** und Constantin C***** wird nicht Folge gegeben.

Den Angeklagten Cristian I***** und Constantin C***** fallen auch die Kosten des Verfahrens über ihre Rechtsmittel zur Last.

2. in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Die Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Catalin B***** wird zurückgewiesen.

Dem Angeklagten Catalin B***** fallen auch die Kosten des ihn betreffenden Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten Cristian I*****, Constantin C***** und Catalin B***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßig schweren Bandendiebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und 2, 130 zweiter Fall und 15 StGB (US 2, 6, 20) sowie des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 (und Abs 2) Z 2 StGB sowie darüber hinaus Catalin B***** des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB schuldig erkannt und zu je vier Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.

Als Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 (und Abs 2) Z 2 StGB liegt den Angeklagten (lt.Punkt III des Urteilssatzes) zur Last, am 1.September 1995 in Klosterneuburg in verabredeter Verbindung den Alfred G***** durch Versetzen mehrerer Schläge, auch mit einem Eisenrohr gegen den Kopf, vorsätzlich am Körper verletzt zu haben, wobei die Verletzung, nämlich ein Schädelbruch, an sich schwer ist.

Rechtliche Beurteilung

Nur diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte Cristian I***** mit einer auf die Z 5, 5 a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, den Strafausspruch ficht er mit Berufung an. Der Angeklagte Constantin C***** hat lediglich Berufung ergriffen. Der Angeklagte Catalin B***** hinwieder hat - der Sache nach - Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung angemeldet.

Da der Angeklagte Catalin B***** jedoch nach dem ungerügt gebliebenen Hauptverhandlungsprotokoll (in Anwesenheit seines Verteidigers und einer Dolmetscherin für die rumänische Sprache) einen Rechtsmittelverzicht abgegeben hat (S.321/V), war die Anmeldung dieser Rechtsmittel - insoweit in nichtöffentlicher Sitzung - gemäß §§ 285 a Z 1, 285 d Abs 1 Z 1; 294 Abs 4 StPO zurückzuweisen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Cristian I***** ist ihrerseits unbegründet.

Im Rahmen der Mängelrüge behauptet der Beschwerdeführer eine unzureichende Begründung der festgestellten Verabredung zu einer vorsätzlichen Körperverletzung. Er übergeht dabei die dazu im Urteil dargestellten Beweggründe für die Annahme eines bereits vor der Tat verabredeten tätlichen Vorgehens, welches auch die bedingt vorsätzliche Verletzung anderer Personen mitumfaßte. Die Tatrichter stützten nämlich die konstatierte Verabredung aller drei Angeklagten auf die Angaben der Zeugen K*****, Cz*****, L***** und Sch***** (US 17 f) sowie auf die von den Angeklagten selbst eingestandene Vereinbarung zu gegenseitiger und umfassender Unterstützung bei den jeweils verübten Straftaten (US 16). Soweit der Beschwerdeführer darauf verweist, daß das Erstgericht Zweifel an seiner aktiven Mitwirkung hegte, übergeht er den Sinngehalt dieser beweiswürdigenden Urteilspassage, die nur den Anklagevorwurf seiner Alleintäterschaft betrifft (US 18 und 20).

In der Tatsachenrüge (Z 5 a) wiederholt der Beschwerdeführer lediglich die schon zur Mängelrüge dargestellten Einwände, ohne auf die gesamte Urteilsbegründung abzustellen. Erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der vom Erstgericht dem Ausspruch über die verabredete Verbindung aller drei Angeklagten zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen ergeben sich daraus allerdings nicht.

In der Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet der Beschwerdeführer, daß er auf das Tatopfer G***** nicht eingeschlagen und daher an dieser strafbaren Handlung nicht teilgenommen habe. Er setzt sich dabei über die Urteilsfeststellungen hinweg, wonach alle drei Angeklagten "sich vorher zur Begehung einer solchen Tat" (# d.h. zu einer zumindest bedingt vorsätzlichen Körperverletzung) "verabredet haben" (US 18 - vgl auch US 14 und 20). Ein einheitliches Auftreten im Sinne des § 84 Abs 2 Z 2 StGB setzt aber keine unmittelbare Tatausführung aller Beteiligten voraus; vielmehr genügt jede Mitwirkung im Umfang einer Täterschaft nach § 12 dritter Fall StGB (Leukauf-Steininger Komm3 § 84 RN 21; Kienapfel, BT I3, § 84 RN 65).

Entgegen den weiteren Beschwerdeausführungen umfaßt die Urteilsbegründung auch die subjektive Tatseite, kann doch ein Beistehen unter Verwendung einer Eisenstange, mit der die Flucht ermöglicht werden soll (US 14), in Verbindung mit der Urteilskonstatierung, wonach "die unmittelbare Täterschaft desjenigen der drei Angeklagten, der auf den Kopf des Alfred G***** einschlug, nicht feststellbar war, jedoch eindeutig eine vorherige Verabredung aller Täter vorlag" (US 20), nur bedeuten, daß der gemeinsame Tatentschluß aller drei Angeklagten und damit auch der des Beschwerdeführers die Möglichkeit einer Verletzung eines die Tatbegehung und die Flucht störenden Dritten und ein Sichabfinden mit einer solchen Verletzung umfaßte, wobei hinsichtlich der schweren Tatfolge im Sinn des § 84 Abs 1 StGB Fahrlässigkeit ausreicht (§ 7 Abs 2 StGB).

Der Beschwerdeführer bringt daher den geltend gemachten materiellen Nichtigkeitsgrund, der stets ein Festhalten am Urteilssachverhalt voraussetzt, in diesem Punkt nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Cristian I***** war daher zu verwerfen.

Aber auch den Berufungen der Angeklagten Cristian I***** und Constantin C***** konnte kein Erfolg beschieden sein.

Das Schöffengericht wertete bei beiden Angeklagten die Begehung zahlreicher Taten mit einer sehr hohen Schadenssumme und das Zusammentreffen mehrerer (verschiedener) Straftaten als erschwerend; als mildernd hingegen das teilweise Geständnis, daß es oftmals beim Versuch geblieben ist und ein beträchtlicher Teil des Diebsgutes sichergestellt werden konnte; bei I***** nahm es außerdem seine gerichtliche Unbescholtenheit in Österreich und sein Alter unter 21 Jahren, bei C***** dessen bisher ordentlichen Lebenswandel als mildernd an.

Damit hat das Erstgericht die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig und vollständig aufgezählt, aber auch zutreffend bewertet. Die vom Angeklagten Cristian I***** zusätzlich ins Treffen geführten mildernden Umstände, nämlich eine Verleitung durch die Mittäter, seine untergeordnete Beteiligung an den strafbaren Handlungen, zu denen er nur durch eine nicht auf Arbeitsscheu zurückzuführende drückende Notlage bestimmt worden sei, liegen nicht vor.

Der Angeklagte Constantin C***** hinwieder beschränkt sich in seiner schriftlichen Berufungsausführung darauf, das Gewicht der vom Schöffensenat angenommenen Milderungsgründe herauszustreichen, vermag aber im übrigen nichts zu seinen Gunsten vorzubringen. Auch der im Gerichtstag vorgetragene Einwand seines Verteidigers, daß angesichts der konstatierten Banden- und Gewerbsmäßigkeit der Tatbegehung die Annahme einer vielfachen Wiederholung der diebischen Angriffe mit einem sehr hohen Schaden dem Doppelverwertungsverbot zuwiderliefe, ist unberechtigt. Die Tatwiederholung kann auch bei einer derartigen Konstellation nicht außer Betracht bleiben (vgl Leukauf-Steininger Komm3 § 33 RN 5), und die hier die maßgebende Wertgrenze um ein Vielfaches übersteigende Schadenshöhe ist jedenfalls gesondert in Anschlag zu bringen. Im übrigen hat das Erstgericht bei beiden Angeklagten übersehen, daß auch noch die mehrfachen Qualifikationen sowohl der Diebstähle als auch des Verletzungsdelikts als erschwerend anzuführen gewesen wären.

Aus all diesen Erwägungen hat sich der Oberste Gerichtshof nicht bestimmt gefunden, dem Berufungsbegehren der Angeklagten auf Herabsetzung des Strafausmaßes zu entsprechen. Damit scheidet aber eine vom Angeklagten I***** beantragte bedingte Nachsicht eines Teiles der Freiheitsstrafe schon nach dem Gesetz (§ 43 a Abs 4 StGB) aus.

Der Ausspruch über die Kostenersatzpflicht aller drei Angeklagten ist in § 390 a StPO begründet.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte