Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 21.482,50 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 3.580 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Eine Ende 1990 zahlungsunfähig gewordene Gesellschaft mbH (im folgenden Gemeinschuldnerin), über deren Vermögen am 5.Februar 1993 der Konkurs eröffnet wurde, erhielt von ihrer nun beklagten Hausbank am 28.November 1988 einen - in der Folge weder aufgekündigten noch fällig gestellten - revolvierenden Kontokorrentkredit über 350.000 S (am 10.September 1990 auf 1,15 Mio S erhöht) eingeräumt. Die Laufzeit bis ursprünglich 30.September 1991 wurde mehrfach verlängert, zuletzt bis 31.Mai 1992. Eine der im Kreditvertrag vereinbarten Sicherstellungen war eine Mantelzessionsvereinbarung mit der Verpflichtung der Gemeinschuldnerin, der beklagten Partei für den jeweils 100.000 S übersteigenden Kreditteil existente Forderungen gegenüber bonitätsmäßig einwandfreien Kunden im Ausmaß von 125 % der jeweiligen Kreditinanspruchnahme abzutreten, wobei sich die beklagte Partei Zensur und Verständigung der Drittschuldner vorbehielt. Die Gemeinschuldnerin nutzte den Kredit mit einem wesentlich höheren Betrag als vereinbart aus, sodaß der Sollstand am 31.Dezember 1991 bereits mehr als 4,8 Mio S betrug. Da auf Wunsch der beklagten Partei die Mantelzessions- in eine Globalzessionsvereinbarung abgeändert werden sollte, erstattete die Gemeinschuldnerin der beklagten Partei am 30.Dezember 1991 folgendes Anbot:
"Betrifft: Globalzession
Wir stellen Ihnen nachstehendes Anbot, wobei wir an unser Anbot einen Monat ab heute gebunden bleiben:
Gemäß Punkt 1. der Zessionsverpflichtungserklärung vom 30.11.1988 sind wir verpflichtet, Ihnen existente Forderungen gegen Ihnen genehme Kunden mittels Separatschreiben zur Zession anzubieten.
Um die Zessionsgestion zu vereinfachen, treten wir Ihnen nunmehr im Sinne der Zessionsverpflichtungserklärung vom 30.11.1988 auch alle künftig existent werdenden Forderungen im Rahmen unseres Geschäftsbetriebes gegenüber sämtlichen Kunden ab. Die oben nur angebotene Globalzession wird mit Ihrer schriftlichen Annahme dieses Anbotes wirksam."
Die mit 4.Februar 1992 datierte Annahmeerklärung langte innerhalb der Jahresfrist des § 30 Abs 2 KO am 6.Februar 1992 bei der Gemeinschuldnerin ein. Am 20.Jänner 1992 gestattete die beklagte Partei der Gemeinschuldnerin die letzten Abbuchungen von derem Konto; danach wurden keine Abhebungen oder Abbuchungen gestattet, der Kontostand betrug zu diesem Zeitpunkt rund 5 Mio S. Am 4.Februar 1992 übergab die Gemeinschuldnerin der beklagten Partei eine Zessionsliste mit in keiner Weise der Realität entsprechenden Kundenforderungen über 6,779.667,30 S. Die Verständigungsschreiben an die Drittschuldner in Ansehung der nun angefochteten Zessionen wurden in der Zeit zwischen 8.April 1992 und 8.Mai 1992 abgeschickt.
Der Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Gemeinschuldnerin begehrte die Feststellung, daß eine Reihe näher bezeichneter - von der beklagten Partei außer Streit gestellter - Zessionen (Zessionserklärungen ab 4.Februar 1992) von Forderungen der Gemeinschuldnerin gegen Kunden über Rechnungen im Zeitraum zwischen 25. Februar 1992 und 8.Juli 1992 mit einem Gesamtvolumen von 539.318,59 S an die beklagte Partei den Gläubigern im Konkurs der Gemeinschuldnerin gegenüber unwirksam seien, sowie Zahlung dieses Betrags an die Masse. Der beklagten Partei hätte die Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung der Gemeinschuldnerin ebenso bekannt sein müssen wie die Begünstigungsabsicht der Gemeinschuldnerin bei Abtretung der nun angefochteten Kundenforderungen. Die beklagte Partei habe durch die Zession dieser Kundenforderungen und die folgenden Zahlungen Sicherstellung bzw Befriedigung erlangt, die ihr nicht in der Art und Zeit zugestanden sei, und sei dadurch auch vor den anderen Gläubigern begünstigt worden.
Die beklagte Partei wendete ein, durch die Umwandlung der bereits seit 1988 bestehenden Mantelzessions- in eine Globalzessionsvereinbarung keinen zusätzlichen Sicherungsanspruch erworben zu haben; es habe sich nur aus Vereinfachungsgründen die Art der Zessionsabwicklung geändert. Die angefochtenen Zahlungen hätten ausschließlich der Abdeckung einer Kontoüberziehung gedient und seien schon deshalb nicht inkongruent. Weder habe die Gemeinschuldnerin Begünstigungsabsicht noch die beklagte Partei von einer solchen allfälligen Absicht Kenntnis gehabt.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren sowohl wegen Inkongruenz der Globalzessionsvereinbarung als auch wegen erwiesener Begünstigungsabsicht der Gemeinschuldnerin und Kennenmüssens der beklagten Bank davon statt.
Das Berufungsgericht bestätigte die erstgerichtliche Entscheidung, billigte die Rechtsauffassung zur Inkongruenz, nahm zum Anfechtungsgrund nach § 30 Abs 1 Z 3 KO nicht Stellung, und ließ die ordentliche Revision zu.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der beklagten Partei ist nicht berechtigt.
a) Nach § 30 Abs 1 Z 3 KO (Anfechtung wegen [vermuteter] Kenntnis der Begünstigungsabsicht) ist eine nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit ... - in den Fällen des § 67 Abs 1 KO ist ihr Überschuldung gleichzuhalten (SZ 65/143, SZ 61/122) - vorgenommene Sicherstellung oder Befriedigung eines Gläubigers anfechtbar, wenn sie zugunsten anderer als der unter Z 2 genannten Personen vorgenommen worden ist und diesen die Absicht des Gemeinschuldners, sie vor den anderen Gläubigern zu begünstigen, bekannt war oder bekannt sein mußte (sogenannte subjektive Begünstigung). Im vorliegenden Fall änderten die (spätere) Gemeinschuldnerin als Kreditnehmerin und die beklagte Gläubigerbank die bestehende Mantelzessionsvereinbarung innerhalb der Jahresfrist des § 30 Abs 2 KO in eine Globalzessionsvereinbarung ab. Es handelt sich um ein neues Sicherungsmittel. Denn bei der Mantelzession werden zunächst keine künftigen Forderungen abgetreten, sondern es wird nur die Verpflichtung übernommen, künftig solche künftig entstehenden, aber auch schon genau beschriebenen Forderungen (JBl 1990, 255 = ÖBA 1990, 387 [Koziol]; ÖBA 1988, 284; Ertl in Rummel2, § 1392 ABGB Rz 4 mwN) abzutreten. Bei der Globalzession werden dagegen sofort alle künftigen Forderungen abgetreten, sodaß es anders als bei der Mantelzession einer Einzelabtretung bei Entstehen der Forderung nicht mehr bedarf. Die Globalzession wird vielmehr wirksam, wenn die Forderungen ausreichend individualisiert sind; das ist dann der Fall, wenn alle Forderungen abgetreten werden, die aus einem Vertrag mit einem bestimmten Schuldner entstehen werden. Anfechtungsrelevante Rechtshandlung ist damit nicht mehr die Einzelzession, sondern der Publizitätsakt (Buchvermerk oder Schuldnerverständigung) als modus (JBl 1990, 255; Ertl aaO). Die Rechtsprechung vertrat die Auffassung, es entstehe höchstens die Frage, ob nur die Globalzession oder auch das künftige Entstehen der schon abgetretenen Forderungen anfechtungsrelevant ist (JBl 1990, 255; ÖBA 1988, 284; JBl 1987, 48 = ÖBA 1987, 186 [Koziol]). Damit besteht ungeachtet der Diktion in der hier zu beurteilenden Vereinbarung der Kreditnehmerin mit der beklagten Partei "um die Zessionsgestion zu vereinfachen", der Tatsache, daß Mantel- wie Globalzession Unterarten der Sicherungszession sind (Ertl aaO) und die beklagte Partei bei beiden Sicherungszessionsarten eine allfällige Überdeckung herauszugeben hatte, materiellrechtlich keine Identität dieser beiden Sicherungsmittel.
Die Feststellung der Begünstigungsabsicht, somit die Absicht des späteren Gemeinschuldners, den sichergestellten oder befriedigten Gläubiger vor anderen Gläubigern zu bevorzugen (EvBl 1969/329; Petschek/Reimer/Schiemer, Insolvenzrecht 303; Bartsch/Pollak, Konkurs-, Ausgleichs- und Anfechtungsrecht3 I 207; König, Die Anfechtung nach der Konkursordnung2 Rz 257) - wobei dolus eventualis genügt (König aaO Rz 257) - ist Tatsachenfeststellung (SZ 64/37 = ÖBA 1991, 826 [Koziol] ua; König aaO Rz 257). Der Beweis der Begünstigungsabsicht ist erbracht, wenn Tatsachen bewiesen werden, aus denen auf die Begünstigungsabsicht zu schließen ist (SZ 58/205). Schon die im Bewußtsein der eigenen Überschuldung getätigten oder ermöglichten Sicherstellungen und Befriedigungen werden als hinreichend zur in Begünstigungsabsicht erfolgt angesehen (König aaO Rz 257 mwN in FN 156).
Im vorliegenden Fall hat die Erstrichterin im Rahmen ihrer rechtlichen Beurteilung die Begünstigungsabsicht der Gemeinschuldnerin festgestellt ("... die Begünstigungsabsicht der nunmehrigen Gemeinschuldnerin liegt auf der Hand ... " ON 18 AS 101).
Beweiswürdigend wurde dies damit begründet, die Gemeinschuldnerin habe aufgrund der Tatsache, daß ihr weitere Dispositionen über das Kreditkonto nicht mehr gestattet waren, in Kenntnis ihrer finanziellen Situation auch wissen müssen, daß durch die Globalzession die beklagte Partei, der sämtliche Einnahmen aus den zedierten Fakturen zufließen werden, begünstigt werde. In der Berufung der beklagten Partei wurden die Feststellungen nicht bekämpft.
Ob dem Anfechtungsgegner diese Begünstigungsabsicht des Schuldners bekannt war, ist Tatfrage, ob sie ihm bekannt sein mußte (SZ 58/205, SZ 40/96 ua; König aaO Rz 257), hingegen Rechtsfrage. Im vorliegenden Fall mußte der beklagten Gläubigerin die Begünstigungsabsicht ihres Kreditkunden bekannt sein, war es doch evident, daß die Gemeinschuldnerin noch Verbindlichkeiten bei weiteren Gläubigern hatte, zumal nach den erstgerichtlichen Feststellungen - im Rahmen der rechtlichen Beurteilung - Leasingraten vom Kreditkonto abgebucht wurden. Die anderen Gläubiger der Gemeinschuldnerin mußten aber schon nach allgemeiner Lebenserfahrung leer ausgehen, wenn die beklagte Partei einerseits ihrem Kreditnehmer, der keine anderen Bankverbindlichkeiten eingehen durfte, durch die Sperre des Kreditkontos für Sollverfügungen in finanzieller und wirtschaftlicher Hinsicht jegliche Dispositionsmöglichkeit nahm und andererseits damit im zeitlichen Zusammenhang mit der ihr neu eingeräumten Globalzession die Disposition über sämtliche Forderungen der Gemeinschuldnerin erhielt, während sie beim vorhergehenden Sicherungsmittel Mantelzessionsvereinbarung auf eine Überdeckung von 125 % beschränkt war.
Die sogenannte abweichende oder inkongruente Deckung ist nicht Anspruchsvoraussetzung (ÖBA 1987, 193; SZ 57/87 ua; Bartsch/Pollak aaO I 207; König aaO Rz 253), die erforderliche Befriedigungstauglichkeit als Teil des Anfechtungsbedürfnisses der Konkursmasse (vgl JBl 1990, 666 zu § 30 Abs 1 Z 2 KO; SZ 59/114, SZ 57/87 ua; Petschek/Reimer/Schiemer aaO 303; König aaO Rz 102) im Verfahren erster Instanz von keiner Partei in Zweifel gezogen. Die Abgrenzungskriterien zu § 28 KO und § 31 KO (vgl dazu Petschek/Reimer/Schiemer aaO 336 f; Doralt in ÖBA 1995, 346 ff) sind hier nicht zu untersuchen.
b) Ob auch die Voraussetzungen des § 30 Abs 1 Z 1 KO (Anfechtung wegen objektiver Begünstigung oder Gratifikation des Gläubigers) zufolge Inkongruenz vorliegen, muß nicht mehr geprüft werden.
Der Revision ist nicht Folge zu geben. Die Kostenentscheidung fußt auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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