OGH 8ObS2112/96p

OGH8ObS2112/96p13.6.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Adamovic sowie die fachkundigen Laienrichter Dipl.Ing.Dr.Hanspeter Bobek und Dr.Anton Wladar als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Gerfried E*****, Geschäftsführer, ***** vertreten durch Dr.Gerhard Hiebler, Rechtsanwalt in Leoben, wider die beklagte Partei Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen Steiermark, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, wegen Insolvenzausfallgeld S 56.705,--, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 14.März 1996, GZ 7 Rs 40/96y-10, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 28.September 1995, GZ 37 Cgs 107/95a-5, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seiner Revision selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger hat sein Arbeitsverhältnis als Geschäftsführer der (späteren) Gemeinschuldnerin zum 31.10.1992 gekündigt, nachdem ihm zuvor die Gewährung einer freiwilligen Abfertigung in der Höhe von 5 Monatsentgelten zugesagt worden war. Auf diese Abfertigung hat er bis zur Konkurseröffnung am 19.9.1994 S 177.900,-- (netto) erhalten.

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat zutreffend begründet, daß eine freiwillige Abfertigung nicht zu den gesicherten Ansprüchen des § 1 Abs 4 a IESG gehört; es genügt daher, auf diese Begründung zu verweisen (§ 48 ASGG).

Die Revision wurde gemäß § 46 Abs 1 ASGG für zulässig erklärt, zumal es an Rechtsprechung fehle, ob eine freiwillige Abfertigung nach dem IESG gesichert sei.

Der Kläger hat geltend gemacht, er sei zur Kündigung gedrängt worden und ihm stehe aufgrund der Art der Beendigung des Arbeitsverhältnisses daher auch eine gesetzliche Abfertigung zu. Da die Revision bei einem S 50.000,-- übersteigenden Streitgegenstand im Verfahren "über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses" gemäß § 46 Abs 3 Z 1 ASGG" jedenfalls "zulässig ist", war der berufungsgerichtliche Zulassungsausspruch überflüssig. In der Frage der Zulässigkeit der Revision ist in Sozialrechtssachen gemäß § 65 Abs 1 Z 7 ASGG die Bestimmung des § 46 Abs 3 Z 1 ASGG (Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, insgesamt S 50.000,-- übersteigt oder wenn der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses strittig ist) auch dann anzuwenden, wenn die Berechtigung der Beendigung oder die Art der Beendigung des Arbeitsverhältnisses für Grund und Höhe des gesicherten Anspruches und damit für den Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld von Bedeutung ist (vgl JAB 1849 BlgNR 18. GP 2). Es ist nicht erforderlich, daß die Frage des § 46 Abs 3 Z 1 ASGG als Hauptfrage zu klären ist (9 ObA 87/95 unter Hinweis auf Fink, ASGG 111).

Gemäß dem eindeutigen Wortlaut des § 1 Abs 4 a IESG gebührt Insolvenzausfallgeld für eine Abfertigung nur im Falle einer gesetzlichen Abfertigung. Eine solche "gesetzliche" Abfertigung könnte einem Arbeitnehmer auch dann zustehen, wenn er aus einem Austrittsgrund unter Hinweis auf diesen gekündigt hätte (vgl ZAS 1993/2, 65). In diesem Falle läge in Wahrheit keine "freiwillige" Abfertigung vor. Nicht hingegen handelt es sich um eine als "gesetzliche" Abfertigung geltende Abfertigung, wenn der Arbeitnehmer einer angedrohten Entlassung durch eine Selbstkündigung begegnet.

Der Geltendmachung einer Abfertigungs- forderung nicht mehr als "freiwillige" sondern als "gesetzliche" stünde im Prozeß überdies, worauf in der Revisionsbeantwortung zutreffend verwiesen wird, das sich aus der sukzessiven Zuständigkeit in Zusammenhalt mit der gemäß § 86 ASGG in Sozialrechtssachen nach § 67 Abs 1 Z 7 ASGG (siehe § 10 erster Satz IESG) normierten Unzulässigkeit einer Klagsänderung ergebende Prozeßhindernis der Rechtsweg- unzulässigkeit entgegen.

Es genügt, hiezu auf die Entscheidungen 8 Ob S 26/94, 8 Ob S 41, 1016/94 und insbesondere 8 Ob S 7, 1001/96 zu verweisen.

Fink, Die sukzessive Zuständigkeit im Verfahren in Sozialrechtssachen, geht zwar "nur am Rande" auf das Verfahren für IESG-Sachen unter Hinweis auf die nicht unerheblichen Abweichungen ein (9), führt aber für die "übrigen" Sozialrechtssachen ebenfalls aus, es liege keine zulässige Klagsänderung im Sinne des § 86 ASGG vor, "wenn der Kläger .... im gerichtlichen Verfahren sein Begehren auf einen, bislang nicht geltend gemachten Versicherungsfall stützt oder auf eine andere Leistungsart umsteigt" (461).

Der Kläger hat in seiner im Akt erliegenden Anmeldung bei der beklagten Partei als Rechtsgrund eine "freiwillige" Abfertigung - Zusicherung einer Abfertigung im Falle der Arbeitnehmerkündigung - geltend gemacht. Machte er nunmehr geltend, hinter der freiwilligen Abfertigung stehe ein Anspruch auf eine gesetzliche Abfertigung (im Falle der Kündigung durch den Arbeitnehmer aus einem Austrittsgrund), so stellte dies im Sinne der vorstehenden Ausführungen somit eine unzulässige Klagsänderung dar.

Schließlich begründete die Vereinbarung einer freiwilligen Abfertigung des Klägers im Hinblick auf seine Eigenschaft als Organ der (späteren) Gemeinschuldnerin gemäß § 1 Abs 6 Z 2 IESG keinen Anspruch auf Insolvenzausfallgeld, worauf schon das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen hat.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG; besondere Billigkeitsgründe zu seinen Gunsten hat der Kläger nicht geltend gemacht, solche können auch der Aktenlage nicht entnommen werden.

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