OGH 2Ob2099/96g

OGH2Ob2099/96g30.5.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Gerald Kopp und andere Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagten Parteien 1.) Firma M*****, GesmbH & Co KG, und 2.) Firma M***** GesmbH, beide *****, vertreten durch Dr.Fritz Schneider und andere Rechtsanwälte in Bludenz, wegen S 87.425,60, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgerichtes vom 6.Februar 1996, GZ 3 R 15/96w-36, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Bludenz vom 31. Oktober 1995, GZ 2 C 326/94m-28, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien mit S 6.695,04 (darin enthalten Umsatzsteuer von S 1.115,84, keine Barauslagen) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei begehrte die Zahlung von S 87.425,60 als restlichen Werklohn für die Errichtung von Rolltoranlagen.

Die beklagten Parteien erhoben die Einrede der mangelnden Aktivlegitimation weil die eingeklagte Forderung an die R*****bank B***** abgetreten worden sei. Überdies sei die klagende Partei mit den in Auftrag gegebenen Arbeiten in Verzug geraten, weshalb die Einschaltung eines Drittunternehmers notwendig geworden sei. Dieser habe den beklagten Parteien zusätzliche Kosten von S 45.225,60 verursacht, welche aufrechnungsweise eingewendet wurden. Darüber hinaus sei die Rechnung der Klägerin um S 43.920,- überhöht.

Das Erstgericht stellte fest, daß die Klagsforderung mit S 76.625,60 zu Recht bestehe, nicht hingegen die von den beklagten Parteien eingewendete Gegenforderung. Es verurteilte daher die beklagten Parteien zur Zahlung von S 76.625,60 sA und wies das Mehrbegehren auf Zahlung von S 10.800,- samt Zinsen ab.

Das Erstgericht traf dabei (soweit es die Frage der Aktivlegitimation betrifft) folgende Feststellungen:

Mit Globalzessionsvertrag vom 13.5.1992 hat die Klägerin unwiderruflich und rechtsverbindlich sämtliche Forderungen, die ihr aus dem Betriebe ihres Unternehmens gegenüber dritten Personen entstanden sind oder in Zukunft entstehen sollten, zahlungshalber an die R*****bank B***** abgetreten. Der R*****bank wurde es frei gestellt, Drittschuldner von der Abtretung zu verständigen. Mit Schreiben vom 24.2.1995 wurden die beklagten Parteien von der Zession informiert. Mit Schreiben vom 7.3.1995 teilte die R*****bank B***** den Beklagtenvertretern mit, die Klägerin sei berechtigt, Klage im eigenen Namen zu führen, zumal die Abtretung der Forderungen unter Vorbehalt des Klagerechtes erfolgt sei.

Die Klägerin legte über die von ihr erbrachten Leistungen am 18.2.1993 eine Rechnung über S 1,079.475,60, worauf die beklagten Parteien insgesamt S 992.050,- bezahlten.

Das Erstgericht bejahte die Aktivlegitimation der klagenden Partei weil die R*****bank B***** der Prozeßführung ausdrücklich zugestimmt habe. Es bestehe daher für die beklagten Parteien nicht die Gefahr, von der R*****bank B***** neuerlich in Anspruch genommen zu werden.

Das hinsichtlich des klagsstattgebenden Teiles dieser Entscheidung von den beklagten Parteien angerufene Berufungsgericht änderte das angefochtene Urteil dahingehend ab, daß das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen wurde; die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt.

Das Berufungsgericht stellte folgenden weiteren Sachverhalt fest:

Das Schreiben der R*****bank B***** vom 7.3.1995 an die Vertreter der beklagten Parteien hatte unter anderem folgenden Wortlaut:

"Wir beziehen uns auf unser Schreiben vom 24.2.1995 bezüglich der Abtretung der darin angeführten Forderungen und halten ausdrücklich fest, daß die Abtretung der Forderung unter Vorbehalt des Klagerechtes erfolgte, und die Firma T*****gesellschaft mbH berechtigt ist, Klage im eigenen Namen zu führen. Im Falle des Zuspruches der Forderung bleibt die Abtretung aufrecht."

Im Globalzessionsvertrag vom 13.5.1992 findet sich keine Bestimmung, daß die Abtretung der Forderung(en) unter Vorbehalt des Klagerechtes erfolgt.

In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, es sei davon auszugehen, daß die eingeklagte Forderung auf Grund des Globalzessionsvertrages vom 13.5.1992 an die R*****bank B***** reg GenmbH als neuen Gläubiger übergegangen sei. Es sei nicht erwiesen, daß die Abtretung "unter Vorbehalt des Klagerechtes" erfolgte. Überdies sei eine derartige Rechtsfigur dem österreichischen Recht, welches eine Abspaltung des Einziehungsrechtes nicht kenne, fremd.

Die Klägerin könne sich aber auch nicht auf eine seitens der R*****bank B***** als Zessionar erteilte Einziehungsermächtigung berufen. Die Klagebefugnis als öffentlich-rechtlicher und unverzichtbarer Anspruch könne nicht ohne den zugrundeliegenden materiell-rechtlichen Anspruch abgetreten werden; sie stehe im untrennbaren Zusammenhang mit dem Hauptrecht. Aus Gründen des sachenrechtlichen Typenzwanges dürfe die Befugnis der Eintreibung aus dem Forderungsrecht nicht ausgeschieden werden. Auf dem Gebiete der Verfügungsgeschäfte komme den Parteien keine Vertragsfreiheit zu, die Rechtszuständigkeit müsse auch bezüglich von Forderungsrechten einigermaßen übersichtlich bleiben. Daß eine bloße Ermächtigung durch den Gläubiger dem Schuldner ohne sein Zutun keinen weiteren Gläubiger aufzwingen könne, zeige im übrigen auch die Anweisung gemäß §§ 1400 ff ABGB. Mit diesen Bestimmungen solle offenkundig den Interessen des angewiesenen Schuldners und nicht etwa denen des Anweisenden gedient werden. Dem Schuldner werde nicht zugemutet, daß er sich ohne sein Zutun mit zwei forderungsberechtigten Personen auseinandersetzen müsse. Gerade diese vom Gesetzgeber nicht gebilligte Konstellation sei aber im vorliegenden Fall gegeben. Die Klägerin mache als ehemaliger Gläubiger die Forderung im eigenen Namen geltend und verlange auch die Bezahlung an sie; hingegen betone die R*****bank B***** im Schreiben vom 7.3.1995, daß im Falle des Zuspruches der Forderung die Abtretung aufrecht bleibe. Diese Überlegungen hätten unabhängig davon zu gelten, ob der Übertragung der Prozeßführungbefugnis eine materielle Rechtsbeziehung zugrundeliege oder nicht. Sei das Verfügungsgeschäft nicht zulässig, komme es nicht darauf an, ob diesem eine materielle Rechtsbeziehung (Titel) zugrundeliege. Es fehle daher an der Aktivlegitimation der klagenden Partei zumal eine Rückzession zum Inkasso von der Klägerin weder behauptet wurde noch aus den Beweisergebnissen ableitbar sei.

Die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt, weil die jüngst ergangene Entscheidung des Obersten Gerichtshofes JBl 1995, 721 mit älteren Entscheidungen (SZ 42/105, 43/21, 47/46) im Widerspruch stehe.

Dagegen richtet sich die Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, daß das Urteil des Erstgerichtes wieder hergestellt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagten Parteien haben Revisions- beantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel der klagenden Partei nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

Die klagende Partei vertritt in ihrem Rechtsmittel die Ansicht, es sei grundsätzlich richtig, daß die bloße Übertragung des Prozeßführungsrechtes allein, also ohne Bestehen irgendwelcher sonstiger materiellrechtlicher Beziehungen zwischen dem Zedenten und dem Zessionar, nach österreichischem Recht unzulässig sei. Anders sei die Rechtslage aber dort, wo es materiellrechtliche Beziehungen zwischen dem Zessionar und Zedenten, wie im Falle des Kreditverhältnisses mit Besicherung durch eine Globalzession in Form der stillen Zession, gebe. Die Grenzen seien dort zu ziehen, wo durch eine Vereinbarung die Rechtsposition des debitor cessus verschlechtern würde. Da aber bei der stillen Zession dem Schuldner kein Nachteil durch die Einziehungsermächtigung entstehen könne, weil er an seinen Gläubiger mit schuldbefreiender Wirkung zahlen könne, sei die Erteilung einer Einziehungsermächtigung rechtswirksam. Erkläre der Zessionar darüber hinaus dem Schuldner auch noch ausdrücklich, daß er mit der Einziehung der Forderung durch den Zedenten einverstanden sei, so sei der Schuldner nicht beschwert. Da es im vorliegenden Fall ein materiellrechtliches Verhältnis zwischen Zedent und Zessionar gebe, nämlich den Kreditvertrag mit einer Besicherung durch eine Globalzession, sei kein vernünftiger Grund erkennbar, warum die vom Zivilrecht eingeräumte Gestaltungsmöglichkeit, dem Zedenten treuhändig die Einziehung der Forderung zu gestatten, für unzulässig erklärt werden sollte.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden:

Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß im vorliegenden Fall keine stille Zession vorliegt; unter einer stillen Zession ist im Sinne der moderneren Terminologie nur eine solche zu verstehen, bei der der Schuldner (vorerst) von der Zession nicht verständigt werden soll (JBl 1995, 721 mwN). Im vorliegenden Fall war aber nicht vorgesehen, daß der Schuldner nicht verständigt werden solle, vielmehr wurde es im Globalzessionsvertrag vom 13.5.1992 dem Zessionar freigestellt, den debitor cessus von der Abtretung zu verständigen, er hat dies mit Schreiben vom 24.2.1995 auch getan. Die Globalzessionsvereinbarung vom 13.5.1992 führte, wie sich aus dem klaren Wortlaut des § 1392 ABGB ergibt, zu einer Änderung der Rechtszuständigkeit (JBl 1995, 721; ÖBA 1990, 220; SZ 43/21; SZ 42/105 uva). Die Abtretung erfolgte auch nicht "unter Vorbehalt des Klagerechtes", es hat lediglich die Zessionarin nach der Abtretung erklärt, daß die Zedentin berechtigt sei, die Klage im eigenen Namen zu führen, daß aber im Falle des Zuspruches der Forderung die Abtretung aufrecht bleibe. Diese Erklärung kann - sofern sie nicht überhaupt nur als Wissenserklärung zu verstehen ist - nur als Einziehungsermächtigung verstanden werden. Wie der dritte Senat des Obersten Gerichtshofes aber erst jüngst in

der Entscheidung vom 22.2.1995, 3 Ob 522/95 (= JBl 1995, 721 = ecolex

1995, 554 = ÖBA 1995, 906) ausgeführt hat, ist aus zwingenden

rechtlichen Gründen die Möglichkeit einer dem Zedenten vom Zessionar nach erfolgter Abtretung erteilten Einziehungsermächtigung ausgeschlossen, weil die Klagebefugnis als unverzichtbarer öffentlich-rechtlicher Anspruch nicht ohne den ihr zugrundeliegenden materiellrechtlichen Anspruch abgetreten werden kann (so auch 3 Ob 515/95). Auch der erkennende Senat schließt sich dieser Ansicht an. Gerade diese von der Rechtsprechung und auch der herrschenden Lehre (Fasching, LB2, Rz 344; Rechberger/Simotta4 Rz 169; Bajons, Zivilverfahren, Rz 61 ua) abgelehnte Trennung der Klagebefugnis vom materiellrechtlichen Anspruch wird im vorliegenden Fall angestrebt, hat doch die Zessionarin ausdrücklich erklärt, weiterhin Gläubiger zu sein.

Die in der Entscheidung SZ 42/105 als "stille" Abtretung bezeichnete Zession ist keine im Sinne der neueren oben wiedergegebenen Terminologie (JBl 1995, 721). Für den Fall der mittelbaren Stellvertretung (die in dieser Entscheidung als "stille" Abtretung bezeichnet wird) besteht auch im Sinne der Entscheidung JBl 1995, 721 die Klagslegitimation des "Zedenten" (in Wahrheit des indirekten Stellvertreters), weil eben keine Änderung der Rechtszuständigkeit erfolgte und zumindest vorläufig auch nicht erfolgen soll. So wie aber von vornherein die Rechtszuständigkeit beim "Zedenten" als indirekten Stellvertreter verbleiben kann, kann auch nach Abtretung der Forderung die Rechtszuständigkeit wieder an den Zedenten rückübertragen werden. Davon ist im vorliegenden Fall aber keine Rede, weil die Zessionarin weiterhin die zedierte Forderung als ihre betrachtet.

Das Berufungsgericht hat daher zu Recht die aktive Klagslegitimation der klagenden Partei verneint.

Insoweit die Revision vom Vorliegen einer stillen Zession ausgeht, und die Meinung vertritt, der Schuldner könne doch ohnehin an den Zedenten leisten, ist ihr entgegenzuhalten, daß der Schuldner im vorliegenden Fall von der Zession verständigt wurde und er nun von jemandem belangt wird, der nicht sein Gläubiger ist; es käme also zu der in der Revision bestrittenen Schlechterstellung des debitor cessus.

Der unberechtigten Revision der klagenden Partei war somit ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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