OGH 6Ob640/95

OGH6Ob640/9523.5.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Ehmayr, Dr.Schiemer und Dr.Prückner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz G*****, Landwirt, ***** vertreten durch Mag.Dr.Michael Michor, Rechtsanwalt in Villach, wider die beklagte Partei Rupert A*****, Landwirt, ***** vertreten durch Dr.Ludwig Druml, Rechtsanwalt in Villach, wegen Einwilligung in Grundbuchshandlungen (Streitwert 5.000,- S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgerichtes vom 7.August 1995, GZ 2 R 175/95-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Villach vom 1.Februar 1995, GZ 9 C 1289/94a-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit 2.031,36 S (darin 338,56 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger ist Eigentümer der Liegenschaft EZ 354 Grundbuch *****, der Beklagte Eigentümer der Liegenschaft EZ 115 desselben Grundbuches. Die Liegenschaft EZ 100 Grundbuch ***** an der Gail steht im Alleineigentum der Theresia S*****. Unter LNr 1a war zu TZ 135/1905 eingetragen: "Stammsitzliegenschaft bezüglich 2/315 Anteilsrechte am Gemeinschaftsbesitz Nachbarschaft F***** EZ 116."

Mit dem vor Notar Dr.Peter Z***** in Villach errichteten Kaufvertrag vom 25.1.1993 verkaufte Theresia S***** an den Kläger neben einem Grundstück und Weiderechten auch die 2/315 Anteilsrechte an der EZ 116 um einen Kaufpreis von 5.000,- S. Die Vertragsteile erklärten unter anderem ihre Einwilligung, daß in EZ 100 die Übertragung von 2/315 Anteilsrechten der Liegenschaft EZ 116 auf die EZ 354 und in EZ 354 das Anteilsrecht am Gemeinschaftsbesitz Nachbarschaft F***** EZ 116 zu weiteren 2/315 Anteilen ersichtlich gemacht werden kann.

Am 2.8.1993 schloß Theresia S***** mit dem Beklagten vor dem Notar Dr.M***** in Arnoldstein einen Kaufvertrag, womit sie dem Beklagten die mit ihrer Liegenschaft EZ 100 realrechtlich verbundenen 2/315 Anteilsrechte an der Agrargemeinschaft Nachbarschaft F***** EZ 116 mit allen mit diesen Anteilen verbundenen Rechten und Pflichten verkaufte und ihre Einwilligung zu folgenden Grundbuchshandlungen erteilte:

Bei der Liegenschaft 116 Agrargemeinschaft Nachbarschaft F*****, und zwar bei den 2/315 Anteilen der jeweiligen Eigentümer der EZ 100 die Einverleibung des Eigentumsrechtes für die jeweiligen Eigentümer der Liegenschaft EZ 115; bei der Liegenschaft 100 die Löschung der Ersichtlichmachung des Miteigentumsrechtes zu 2/315 Anteilen an der Agrargemeinschaft Nachbarschaft F***** EZ 116 und bei der EZ 115 die Ersichtlichmachung zu zusätzlichen 2/315 Anteilen an der Agrargemeinschaft Nachbarschaft F*****, EZ 116. Der Notar erwirkte eine Ranganmerkung für die beabsichtigte Veräußerung bis 21.5.1994.

Die Agrarbezirksbehörde Villach hat beiden Kaufverträgen die Genehmigung nach § 49 Kärntner FLG erteilt.

Während zum Kaufvertrag vom 25.1.1993 die Bezirkshauptmannschaft Villach die Bestätigung erteilte, daß für das gegenständliche Rechtsgeschäft eine Genehmigung nach dem Grundverkehrsgesetz nicht erforderlich sei, wurde der Kaufvertrag vom 2.8.1993 durch die Grundverkehrskommission Villach-Land der Bezirkshauptmannschaft Villach mit Bescheid genehmigt.

Am 20.9.1993 überreichte der den Beklagten vertretende Notar das Grundbuchsgesuch hinsichtlich des Vertrages vom 2.8.1993, dem stattgegeben wurde.

Das vom den Kläger vertretenden Notar am 19.8.1993 überreichte Grundbuchsgesuch wurde unter anderem deshalb abgewiesen, weil diesem der Rangordnungsbeschluß nicht angeschlossen worden war.

Theresia S***** war bei der Unterfertigung des Vertrages mit dem Beklagten nicht bewußt, daß es sich um dieselben Anteilsrechte handelte, die sie mit Kaufvertrag vom 25.1.1993 bereits an den Kläger veräußert hatte. Dem Beklagten war dieser Umstand beim Vertragsabschluß nicht bekannt.

Am 23.8.1993 nahm der Notar des Klägers mit dem Notar des Beklagten telefonisch Kontakt auf und ersuchte um Aushändigung des Ranganmerkungsbeschlusses zur bücherlichen Durchführung des Kaufvertrages vom 25.1.1993. Erst durch dieses Telefonat und die daran anschließende Übersendung einer Abschrift des Vertrages vom 25.1.1993 erlangte der Vertreter des Beklagten von der Doppelveräußerung der Anteilsrechte an der Nachbarschaft F***** Kenntnis und informierte den Beklagten sowie die Verkäuferin. In der Folge teilte er dem Vertreter des Klägers mit, den Rangordnungsbeschluß zur Übertragung der Weiderechte und des verkauften Grundstückes, nicht jedoch zur Absonderung der Anteilsrechte an der Nachbarschaft F***** auszufolgen. Er reichte das Grundbuchsgesuch für den Beklagten ein, das am 26.9.1993 bewilligt wurde.

Der Kläger begehrt, in seiner mit 5.000,- S bewerteten Klage, die beklagte Partei schuldig zu erkennen in nachstehende Grundbuchshandlungen einzuwilligen:

1.) In EZ 116 Grundbuch ***** Bezirksgericht Villach Eigentümer Agrargemeinschaft Nachbarschaft ***** die Einverleibung der Übertragung der 2/315tel Anteilsrechte der Liegenschaft EZ 115 Grundbuch ***** auf die Liegenschaft EZ 354 Grundbuch *****;

2.) In EZ 354 Grundbuch ***** - Eigentümer Franz G*****, geboren 27.4.1944 - die Ersichtlichmachung des Anteilsrechtes am Gemeinschaftsbesitz Nachbarschaft F***** EZ 116 ***** zu weiteren 2/315tel Anteilen;

3.) In EZ 115 Grundbuch ***** - Eigentümer Rupert Abuja, geboren 15.9.1940 - die Ersichtlichmachung der Löschung der 2/315tel Anteilsrechte am Gemeinschaftsbesitz Nachbarschaft F***** EZ 116 Grundbuch *****.

Der Kläger brachte dazu vor, der Beklagte und der ihn vertretende Notar seien vollständig informiert gewesen, daß Theresia S***** die strittigen Anteilsrechte bereits an ihn verkauft habe. Gutgläubigkeit und Redlichkeit zum Zeitpunkt der Überreichung des Grundbuchsgesuches seien auszuschließen, der Beklagte müsse daher dem besseren Recht des Klägers weichen.

Der Beklagte wandte ein, er habe zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vom Kaufvertrag zwischen Theresia S***** und dem Kläger keinerlei Kenntnis gehabt, die Verkäuferin weder zum Vertragsbruch verleitet noch im schlechten Glauben zum Nachteil des Klägers gehandelt, ein Besitz des Klägers sei keineswegs offenkundig gewesen.

Das Berufungsgericht gab der nur wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung des Klägers keine Folge. Es sprach aus, daß der Wert der betroffenen Agraranteile im Hinblick auf ihre wirtschaftliche Bedeutung 50.000 S übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes insbesondere zu der Frage, ob agrargemeinschaftliche Anteile als bewegliche oder unbewegliche Sachen zu behandeln seien und auf welchen Zeitpunkt die Redlichkeit des Zweiterwerbers abzustellen sei, fehle.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig.

Der Kläger hat seinen nicht in Geld bestehenden Anspruch mit S 5.000,- bewertet. Dies entspricht dem von ihm nach dem Kaufvertrag vom 25.1.1993 (u.a) für die strittigen Anteilsrechte gezahlten Kaufpreis. Eine Bemängelung des Streitwertes in erster Instanz ist nicht erfolgt. Entsprechend § 501 ZPO hat der Kläger das Ersturteil auch nur aus dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung angefochten.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß die Revision gegen ein Urteil des Berufungsgerichtes unzulässig ist, wenn das Erstgericht nur über einen Streitgegenstand entschieden hat, der an Geldeswert S 15.000,-

nicht übersteigt und daß ein höherer Bewertungsausspruch durch das Berufungsgericht den Obersten Gerichtshof nicht bindet. Hat das Erstgericht über einen Streitgegenstand entschieden, der an Geldeswert S 15.000,- übersteigt, dann, aber nur dann, kommt § 500 Abs 3 ZPO zum Tragen, daß das Gericht zweiter Instanz nicht an die Geldsumme gebunden ist, die der Kläger als Wert des Streitgegenstandes angegeben hat. Im ersteren Fall steht es daher dem Gericht zweiter Instanz nicht frei, abweichend von der Bewertung des Klägers auszusprechen, daß die im § 500 Abs 2 Z 1 ZPO genannte Wertgrenze überschritten wurde, ausgenommen es liegt eine offensichtliche Unterbewertung vor. Der Oberste Gerichtshof ist, wenn für eine solche offensichtliche Unterbewertung keine Anhaltspunkte vorliegen, auch nicht an einen unrichtigen Ausspruch der zweiten Instanz gebunden (SZ 59/199; EvBl 1987/110; RZ 1993/80 u.a.). Eine offensichtliche Unterbewertung liegt schon im Hinblick auf den vom Kläger gezahlten Kaufpreis und das Fehlen eines Vorbringens oder Beweisergebnisses über den tatsächlichen Wert der strittigen Anteilsrechte nicht vor.

Die Aussprüche des Berufungsgerichtes nach § 500 Abs 2 ZPO sind daher im Sinne der obigen Ausführungen bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision nicht zu berücksichtigen, die unzulässige Revision ist zurückzuweisen.

Der Ausspruch über die Kosten der Revisionsbeantwortung, in der auf die Unzulässigkeit der Revision ausdrücklich hingewiesen wurde, beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO (Bemessungsgrundlage 5.000 S).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte