Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben; die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß der vom Vater, Hans S*****, für den mj. Andreas monatlich zu leistende Unterhalt ab 1.9.1995 mit 3.900 S festgesetzt wird.
Text
Begründung
Der Vater war aufgrund des Beschlusses des Erstgerichtes vom 9.8.1995 verpflichtet, für den mj.Andreas einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 3.300 S zu zahlen. Nachdem der Unterhalt für den am 7.5.1979 geborenen Gerald S***** wegen eigener Einkünfte als Lehrling auf 1.500 S herabgesetzt worden war, beantragte die Mutter, den Unterhaltsbeitrag für den mj.Andreas auf 4.000 S zu erhöhen.
Das Erstgericht setzte den monatlichen Unterhaltsbeitrag des Vaters ab 1.9.1995 mit 3.600 S fest und wies ein Mehrbegehren von 400 S monatlich ab, davon 100 S unangefochten.
Es stellte fest, daß der Vater als ÖBB-Bediensteter ein monatliches Durchschnittseinkommen von 20.677.44 S bezieht und außer für den mj.Andreas noch für dessen älteren Bruder Gerald 1.500 S monatlich zu zahlen hat.
Die Mutter, in deren Haushalt der mj.Andreas betreut wird, ist Hausfrau und verfügt über kein eigenes Einkommen. Sie hat insgesamt für fünf minderjährige Kinder zu sorgen.
Rechtlich führte das Erstgericht aus, die Bemessung des Unterhaltes sei nach dem Bedarfs-Leistungsprinzip vorzunehmen. Im allgemeinen seien Unterhaltsbeiträge im Bereich der Prozentkomponente festzusetzen. In der Altersgruppe von 10 bis 15 Jahren betrage der prozentuelle Unterhaltssatz 20 %, für die weitere Sorgepflicht des Vaters sei ein Prozentpunkt abzuziehen. Rechnerisch ergäbe sich eine Unterhaltsverpflichtung des Vaters von rund 3.920 S. Der Unterhalt des Kindes habe sich aber an den Lebensverhältnissen beider Elternteile zu orientieren, es seien daher nicht nur die Leistungsfähigkeit des Vaters, sondern auch die Lebensumstände der Mutter zu berücksichtigen. Diese verfüge als Hausfrau über kein eigenes Einkommen, ihr Lebensstandard liege sohin unter jenem des Vaters. Diese Tatsache dürfe nicht außer Betracht bleiben. Der Unterhalt sei daher nicht in voller Höhe des sich nach der Prozentkomponente ergebenden Betrages, sondern geringer auszumessen. Es sei ein Betrag von 3.600 S angemessen, der knapp über dem Regelbedarfsatz für Kinder in der Altersgruppe von 10 bis 15 Jahren liege.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Minderjährigen keine Folge.
Die Erwägungen des Erstgerichtes entsprächen der ständigen Rechtsprechung des Rekursgerichtes, daß der geringere Lebensstandard der das Kind pflegenden Mutter zu berücksichtigen sei. Das Rekursvorbringen, die Mutter habe ihren früheren Lebensgefährten geheiratet, der schon vor der Eheschließung für ihren Unterhalt aufgekommen sei, sei nicht aktenkundig. Es seien keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß der Lebensstandard der Mutter jenem des Vaters entspreche. Der einzige aktenkundige Hinweis auf Tätigkeit und Verdienst des nunmehrigen Ehemannes der Mutter finde sich in einer Mitteilung des Gemeindeamtes aus dem Jahr 1994, wonach jener bei einer Baufirma beschäftigt sei und monatlich 11.000 S netto verdiene. Daraus lasse sich nicht ableiten, daß die Mutter aufgrund der Alimentation durch ihren nunmehrigen Ehemann auch bloß annähernd denselben Lebensstandard habe wie der geldunterhaltspflichtige Vater des Minderjährigen.
Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG nicht zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Minderjährigen ist zur Wahrung der Rechtseinheit und Rechtssicherheit zulässig und auch berechtigt.
Die Eltern haben zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes unter Berücksichtigung seiner Fähigkeiten, Neigungen, Anlagen und Entwicklungsmöglichkeiten nach ihren Kräften anteilig beizutragen. Der Elternteil, der den Haushalt führt, in dem er das Kind betreut, leistet dadurch seinen Beitrag. Für die Bemessung des Unterhaltsbeitrages des in Geld Unterhaltspflichtigen stellt die Prozentkomponente für durchschnittliche Verhältnisse eine brauchbare Handhabe dar, um den Unterhaltsberechtigten an den Lebensverhältnissen des Unterhaltspflichtigen teilnehmen zu lassen (EFSlg 61.818 ua). Sie bietet die Gewähr, daß gleichgelagerte Fälle im Interesse der Rechtssicherheit und Vergleichbarkeit auch gleich behandelt werden (RZ 1991/50). Das unter Anwendung der Prozentkomponente gewonnene Pauschalierungsergebnis ist nur bei besonderen, atypischen Verhältnissen zu korrigieren (6 Ob 566/90). Bescheidenere Verhältnisse des betreuenden Elternteiles sind nur im Extremfall von Bedeutung, wenn ein krasses Mißverhältnis zwischen dem Kind und dem Elternteil, in dessen Haushalt es aufwächst, vermieden werden soll (Purtscheller/Salzmann Unterhaltsbemessung Rz 13 mwN). Die bloße Tatsache, daß die Mutter im Haushalt tätig ist und über kein eigenes Einkommen verfügt, rechtfertigt, ganz abgesehen davon, daß die tatsächlichen Lebensverhältnisse gar nicht erhoben und festgestellt wurden, noch keineswegs eine Kürzung des prozentuell errechneten Geldunterhaltes, dies umso weniger als ein monatlicher Geldunterhaltsbeitrag von 3.900 S für einen Minderjährigen im Alter von 14 Jahren nur unerheblich über dem Regelbedarf liegt, der als Mindestbedarf anzusehen ist und die zunächst maßgeblichen Einkommensverhältnisse des Geldunterhaltspflichtigen nicht berücksichtigen kann. Von einer "Überalimentierung" kann keine Rede sein.
In Stattgebung des Revisionsrekurses war daher der monatliche Unterhaltsbeitrag des Vaters ab 1.9.1995 mit 3.900 S festzusetzen.
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