OGH 6Ob1534/96

OGH6Ob1534/968.5.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Zechner und Dr.Prückner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Rudolf K*****, vertreten durch Dr.Othmar Slunsky, Rechtsanwalt in Wien, Nebenintervenientin auf seiten der klagenden Partei Johann K***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Peter Schmautzer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ö*****, vertreten durch Dr.Stefan Gloß und Dr.Hans Pucher, Rechtsanwälte in St.Pölten, wegen 108.864,-- S und Feststellung, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 22.November 1995, GZ 17 R 229/95-29, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Der Antrag des Revisionsgegners auf Zuspruch von Kosten des Revisionsverfahrens wird gemäß § 508 a Abs 2 Satz 3 ZPO abgewiesen.

Text

Begründung

Die Nebenintervenientin mietete beim beklagten Verein eine Tennisanlage zur Durchführung eines Tennisturniers, an dem der Kläger teilnahm und sich bei einem Sturz über einen 5,5 m hinter der Grundlinie des Spielfeldes befindlichen Betonsockel verletzte.

Rechtliche Beurteilung

Ob der Kläger zur Geltendmachung von Ansprüchen aus der Vertragshaftung gegenüber der Beklagten aktiv legitimiert ist, hängt von der Schutzwirkung des Mietvertrages zugunsten Dritter ab. Gegen eine uferlose Ausdehnung des Schutzzweckes von Verträgen hat die Rechtsprechung verschiedene Abgrenzungskriterien entwickelt (Auflistung mit zahlreichen Hinweisen aus Lehre und Rechtsprechung in SZ 58/4), ua muß der Dritte der vertraglichen Leistung nahestehen, weiters muß für den Schuldner (hier: für die Vermieterin) der Kontakt dritter Personen mit der vertraglichen Hauptleistung vorhersehbar sein. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Beklagten war völlig klar, daß nicht ihre Vertragspartnerin (eine Gesellschaft mbH), sondern die von dieser Eingeladenen Tennis spielen, also die Hauptleistung in Anspruch nehmen werden. Es mag zutreffen, daß in manchen, hier aber nicht entscheidungswesentlichen, Fragen der Schutzwirkung eines Vertrages zugunsten Dritter die oberstgerichtliche Rechtsprechung nicht ganz einheitlich ist. Insoweit die Beklagte zur Begründung der Zulässigkeit ihrer Revision auf Entscheidungen verweist, die keinen Mietvertrag zum Gegenstand hatten (beispielsweise SZ 58/7 und 59/189 zum Werkvertrag), ist eine Vergleichbarkeit nicht ohneweiteres gegeben. Der Schutzzweck eines Mietvertrages umfaßt jedenfalls auch andere Personen (Mitbenützer; Besucher des Mieters), was in Lehre (Reischauer in Rummel ABGB2 Rz 32 zu § 1295 mwN) und Rechtsprechung (MietSlg XXXVIII/51) unstrittig ist. Wenn die Revisionswerberin auf oberstgerichtliche Judikatur verweist, wonach der geschädigte Dritte dann keinen Anspruch aus fremdem Vertrag hat, wenn er gegen einen der Vertragspartner einen Anspruch aus eigenem Vertrag hat (SZ 51/176; JBl 1990, 376; weiters auch SZ 62/173), ist ihr entgegenzuhalten, daß ein solcher Sachverhalt im Verfahren erster Instanz nicht einmal behauptet wurde. Die Beklagte hat nur vorgebracht, daß der Kläger die Tennisanlage aufgrund einer Einladung der Mieterin benutzt habe (ON 2). Ausgehend von den Feststellungen des Erstgerichtes kann von einem direkten Vertragsverhältnis des Klägers zur Mieterin der Tennisanlage keine Rede sein.

Gegen die Annahme einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht führt die Beklagte den Umstand ins Treffen, daß 50 Jahre lang auf der Tennisanlage kein Unfall passiert sei. Selbst wenn derartiges festgestellt worden wäre, könnte deswegen noch nicht die Vorhersehbarkeit von Unfällen der gegenständlichen Art ausgeschlossen werden. Die Existenz eines Betonsockels am hinteren Rand eines Tennisspielfeldes ist a priori eine Gefahrenquelle. Bei welchem konkreten Abstand (in Metern) des Sockels von der Grundlinie ein Unfall als nicht mehr vorhersehbar erachtet werden könnte, ist eine Frage des Einzelfalls. In der Bejahung der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten durch die Beklagte liegt jedenfalls keine aus Gründen der Rechtssicherheit vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende rechtliche Fehlbeurteilung.

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