OGH 4Ob2079/96f

OGH4Ob2079/96f30.4.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf.Dr.Gamerith als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Graf und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl H*****, vertreten durch Dr.Josef Lechner und Dr.Ewald Wirleitner, Rechtsanwälte in Steyr, wider die beklagten Parteien 1. Helmut A*****, vertreten durch Dr.Christoph Rogler, Rechtsanwalt in Steyr, 2. Michael R*****, vertreten durch Dr.Alfred Thewanger und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen S 516.000,--, Feststellung und Rente (Gesamtstreitwert S 904.000,--), infolge außerordentlicher Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 29.Februar 1996, GZ 6 R 231/95-33, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision des Klägers wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Für zufällige Beschädigungen haftet, wer ein Gesetz übertreten hat, welches diesen Beschädigungen vorzubeugen sucht (§ 1311 ABGB). Schutzgesetze sind (ua) Bestimmungen der Bauordnungen (SZ 34/39; Reischauer in Rummel, ABGB**2 § 1311 Rz 4 mwN). Die Ersatzpflicht setzt Rechtswidrigkeitszusammenhang voraus: Es müssen Schäden eingetreten sein, welche die übertretene Norm verhindern wollte (SZ 61/43 mwN; SZ 62/73 uva; Reischauer aaO § 1311 Rz 10 mit mwN). Die generelle Begrenzung der Schadenszurechnung nach dem Normzweck ergibt sich ganz allgemein daraus, daß bei der Auslegung von Normen teleologisch vorzugehen ist. Bei der Frage, welche Schadensfolgen dem Haftenden noch zuzurechnen sind, muß deshalb stets untersucht werden, aus welchen Gründen die die Haftpflicht anordnende Norm aufgestellt wurde und welche Schäden nach dem Zweck des Gesetzes von der Ersatzpflicht noch erfaßt werden sollen (ua SZ 49/102 = JBl 1977, 205 = EvBl 1977/28; Koziol, Haftpflichtrecht**2 I 151f mwN).

Mit dieser Rechtsprechung und Lehre steht die angefochtene Entscheidung im Einklang:

Nach der im Unfallszeitpunkt maßgebenden Fassung des § 54 Abs 3 OÖ Bauordnung 1976 hat der Bauführer für die bewilligungsgemäße und fachgerechte Ausführung und für die Einhaltung der bezüglichen Sicherheitsvorschriften zu sorgen. Diese Vorschrift will sicherstellen, daß der Bauherr bei bestimmten bewilligungspflichtigen Bauvorhaben einen befugten Bauführer einsetzt, weil das werkgerechte Herstellen und Abtragen dieser Anlagen regelmäßig ein gewisses Maß bautechnischer Kenntnisse erfordert, wenn eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen nach Möglichkeit ausgeschlossen werden soll (s Ausschußbericht des OÖ Landtages in Neuhofer/Sapp, Oberösterreichisches Baurecht3, 234).

Der Kläger wurde verletzt, weil auf der Baustelle eine Handgranate explodiert ist. Die Arbeiter, welche sie beim Wegräumen von Schutt gefunden hatten, haben ihre Gefährlichkeit nicht erkannt. Grund dafür war nicht ein Mangel an bautechnischen Kenntnissen, wie sie die Bestellung eines Bauführers sichern soll, sondern die Unkenntnis, daß es sich beim gefundenen Gegenstand um eine Handgranate handelte. Die daraus entstandenen Schäden werden vom Schutzzweck des § 54 Abs 3 OÖ Bauordnung nicht umfaßt.

Nach § 28a Abs 8 WaffG hat, wer wahrnimmt, daß sich Kriegsmaterial offenbar in niemandes Obhut befindet, dies ohne unnötigen Aufschub einer Sicherheits- oder Militärdienststelle zu melden. Schon nach dem Gesetzeswortlaut trifft die Meldepflicht nur denjenigen, der erkennt, daß es sich um Kriegsmaterial handelt; eine Verpflichtung, sich schon bei zweifelhaften Gegenständen an eine Sicherheits- oder Militärdienststelle zu wenden, legt das Gesetz nicht auf. Angesichts des klaren und eindeutigen Gesetzeswortlautes liegt keine erhebliche Rechtsfrage iS des § 502 Abs 1 ZPO vor, auch wenn keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Auslegung des § 28a Abs 8 WaffG besteht (s Kodek in Rechberger, ZPO § 502 Rz 3 mwN).

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